Und da sind wir wieder. Wir befinden uns in Barcelona, mitten in der Stadt. Nur 5km vom Stadtkern entfernt findet das alljährliche Primavera Sound Festival statt.
Für mich eines der größten (und besten) Festivals, auf dem ich je war.
Am Ende des Festivals, also nach 3 Tagen soll ich laut Apple Health App über 50km gegangen sein. Ich werde über 21 Konzerte gesehen haben und insgesamt 28h auf dem Festival verbracht haben.
Festivalhopperin Annika berichtet vom Primavera Sound Festival 2018.
Das Primavera Sound findet im Parc del Forum statt. Einem weitläufigen Gelände mit architektonisch interessanten Gebilden, welches dem Festival eine ganz eigene Atmosphäre mitgeben.
Das Festival beginnt schon einige Tage vor der Eröffnung im Parc del Forum – mitten in der Stadt finden viele kleine, auch kostenlose, Konzerte statt.
Mittwochabend wird dann unter Anderem mit [fhband]Belle und Sebastian[/fhband] das Festival langsam eröffnet. Ab Donnerstag geht es dann so richtig los. Das Besondere und Entspannte am Primavera ist, dass es so weitläufig ist und es viele kleine Orte zu entdecken gibt. Man kann sich jederzeit zurückziehen, wenn man mal etwas Ruhe benötigt. Aber eigentlich ist das nicht möglich – das LineUp lässt uns keine Ruhe.
Wir starten am Donnerstag mit (Sandy) Alex G auf eine der Hauptbühnen. Die beiden Mainstages liegen sich gegenüber, sodass man entweder zwischen den Bühnen hin und her schlendern kann, oder aber man vor der einen Bühne auf seine Band wartet und über die großen Screens an den Seiten, die anderen Acts auf der anderen Seite bequem ansehen kann.
Ein guter Start. (Sandy) Alex G ist uns schon positiv auf der Primavera Spotify Playlist aufgefallen. Weiter geht es mit Warpaint, mit kurzer Bierpause zwischendurch.
Wie auch vor zwei Jahren, ist das Festival ziemlich gut organisiert. Was bei so manch anderen Groß-Festivals nicht funktioniert hat, ist auf dem Primavera kein Problem.
Hier ist das Motto: Lieber zu viele Bierstände, als zu wenig. Teilweise mussten wir nicht mal warten und wurden sofort bedient.
Zumindest bei den größeren Ständen kann man immer mit Karte zahlen, was Bargeld so gut, wie überflüssig macht.
Spanien ist Deutschland da einen großen Schritt voraus. Man erinnere sich da nur an das Bändchen-Chaos in Berlin.
5€ für ein großes Bier ist definitiv auch ein fairer Preis.
20:50 Uhr und The War on Drugs stehen auf der Bühne. Gänsehaut!
Die amerikanische Indie-Rock-Band um Kurt Vile, auf die wir uns so gefreut haben, enttäuscht nicht. „Pain“, „Red Eyes“, „Strangest Thing“ – alles dabei. Von rockig, bis melancholisch.
Weiter geht’s: Die Main-Acts folgen Schlag auf Schlag. Björk, die isländische Ikone ist vorallem für die „ältere Generation“, der wichtigste Grund, zum Primavera zu kommen. Björk lieferte eine wahnsinnige Bühnenshow ab, die für uns eine isländische mysthische Welt aufzeigt.
Shame on us: Wir verpassen Nick Cave and the Bad Seeds. Stattdessen ziehen wir uns Fever Ray rein und werden nicht enttäuscht. Was für eine Power-Frau + Power-Crew. Karin Elisabeth Dreijer, die schwedische Sängerin des Duos „The Knife“ war mit ihrem Soloprojekt Fever Ray auf dem Primavera unterwegs. Die Kostüme sowohl verstörend, als auch anziehend – die Musik extrem tanzbar und ein Gute-Laune-garant.
Zurück zu den Mainstages: CHVRCHES erwartet uns. Die bezaubernde Lauren Mayberry hat mich aufjedenfall gewonnen. Ein starker Auftritt der Band aus Glasgow mit einem meiner Lieblingslieder: „The Mother we share“ – kurz bevor ich schnell zu Nils Frahm rüberhuschen wollte, wurde es noch angestimmt.
Und dann wird’s auch schon knapp. Von der Hauptbühne zur Apple Stage, wo Nils Frahm auftritt, ist es schon eine kleine Ewigkeit. Irgendwann fand ich mich rennenderweise wieder – um keinen Preis wollte ich ihn verpassen.
Ehrlicherweise hatte ich lange nicht mehr in Nils Frahms Platten reingehört, umso glücklicher war ich, als ich an der Bühne ankam und er seine sehr besonderen Elektro-Piano-Klänge erzeugte. Fast verloren wirkte er mit seiner Schiebermütze, zwischen seinen riesigen E-Pianos und elektronischen Musikinstrumenten, mit denen er, wie kein Zweiter sein Gespür für Musik zeigt. Glückselig, mit geschlossenen Augen lausche ich seiner Musik. Nils Frahm, du bist ein Ausnahmetalent.
Noch leicht benommen und mit diesem typischen Grinsen auf dem Gesicht, schlendere ich zur nächsten Bühne. Es ist mittlerweile kurz vor 3:00 Uhr nachts. Die Uhr tickt in Spanien etwas anders…
Im Gegensatz zu deutschen Festivals, startet man hier spät. Dafür kann man bis in die Morgenstunden vor einer der 14 Stages feiern und der Musik lauschen. Z.B Four Tet: Unserem letzten Konzert des Tages.
Morgens um 4.00 Uhr geht es heimwärts. Die Tram ist überfüllt, die Bahn fährt nicht mehr. Taxen gibt es zu wenige. Ein einziges Manko dieses Festivals: Der Weg zurück in die Innenstadt dauert oftmals ewig an, teilweise sind wir sogar zu Fuß gelaufen, da es keine Taxen gab.
Freitag! Wir sind etwas spät dran. Die vorherige Nacht hinterlässt ihre Spuren. Allerdings kommen wir rechtzeitig zu Father John Misty. Ich muss gestehen: Kannte ich jetzt noch nicht. Ist aber sehr lohnenswert. Starker Auftritt von einem starken Charakter.
Allerdings „müssen“ wir vorzeitig unseren Platz verlassen, damit wir groupie-like in den ersten Reihen von The National Platz finden. Eine halbe Stunde vor dem Konzert stehen wir aufgeregt, wie Teenager bei ihrem ersten Konzert, in der Menge. Und dann stimmt Matt Berninger an…Gänsehaut, Sprachlosigkeit. Ich habe selten so einen guten Auftritt gesehen. „The system only dreams in total darkness”, “Day I Die”…melancholisch und tiefgründig, aber definitiv Konzertgeeignet. 1 Stunde und 15 Minuten dauerte das Konzert an. Und meinem Geschmack nach hätte es noch ewig weiter gehen könnten. Für mich persönlich der wichtigste und beste Act des Festivals. Um das schon einmal vorab zu nennen.
Ein Glück gab es nach diesem Auftritt erst einmal eine kleine Pause inkl. Hot Dog Stärkung.
Auf dem gesamten Gelände gibt es auch immer wieder Food Trucks, die von Thai, über Mexican Food, bis zu Poké Bowl alles bieten, was das Gourmet-Herz benötigt.
Um kurz vor 1.00 Uhr machen wir uns auf den Weg zur Bühne am Meer, wo Cigarettes after Sex auftreten. Wer die New Yorker Band nicht kennt: Die Musik ist sehr langsam, sehr eintönig, sehr melancholisch…generell höre ich mir deren Album immer gerne an, wenn man aber gerade von einem The National „Hoch“ kommt, ist mir der Auftritt etwas zu langsam, weshalb ich schnell wieder zurück zur Mainstage und zu Haim zurückflitze.
Richtig Entscheidung: Die drei Rock-Schwestern aus L.A. zünden das Feuer wieder an. Die Lieder hören sich herrlich old-school an. Was aber täuscht, denn die Band hat erst 2012 ihre erste EP heraus gebracht. The Wire ist das wohlbekannteste Lied und eine Masse von ca. 40.000 Zuschauern (vielleicht auch weniger oder mehr) flippt aus und singt „It felt great, it felt right, oh. But I fumbled him when I came down to the wire„
Der Energie-Tank ist wieder aufgeladen. Wir schlendern richtig Elektro-Bühnen, um Chromeo zu sehen. Man könnte denken, dass sich das Festival-Gelände so langsam leert…aber falsch gedacht. Das Primavera hat einen langen Atem. So auch wir: Shakey Shakey zu Chromeo! Gefühlt ziehe ich meine Rollschuhe an und drehe meine Runden am Strand von L.A. – daran erinnert mich zumindest ihr Sound.
Es ist irgendwie schon wieder früher Morgen…eigentlich wollen wir Heim. Aber dann bleiben wir doch nochmal an der Ray-Ban Bühne am Meer hängen, wo The Black Madonna auflegt.
Und es wird noch immer getanzt. 6:30 und ab nach Hause. Ich erinnere mich nun wieder, warum mein Artikel 2016 „Primavera – LET ME SLEEP“ hieß.
Samstag!
So langsam merken wir unsere Knochen. Ich bin eben keine 20 mehr. Man kann den Tag wunderbar am Strand verbringen und sich so für die erneut, lange Nacht ausruhen. Heute sind wir noch ein bisschen später dran, unsere Zeit verschiebt sich allmählich. Wir kommen allerdings passend zu Lykke Li und vorallem passend zu ihrem Superhit „I follow rivers“ – man merkt schon, welches Lied besonders bekannt ist.
Der Samstag ist der vollste Tag. Im Vergleich zu Donnerstag sind mindestens gefühlt doppelt so viele Besucher im Parc del Forum. Der Platz vor den Mainstages ist komplett gefüllt, und wir müssen einen weiten Weg gehen, damit wir noch einen Blick auf die Screens erhaschen können.
Anstatt zur anderen Hauptbühne zu Lorde zu gehen, ziehen wir in die Mitte vor die Mango-Stage. (Ja jede Bühne ist von einer großen Marke gesponsert) Wir machen uns schon einmal bereit für die Arctic Monkeys. Fast eine Stunde stehen wir dort und warten auf den Headliner des Festivals.
10 Minuten vor Mitternacht läuft die vierköpfige Indie-Rockband aus UK auf die Bühne. Wir sind in mitten der Hardcore-Fans gelandet. 6 kreischende Niederländerinnen hinter uns, ein tanzwütiger Italiener rechts von uns, vor uns grölende Spanier. Dieses Festival ist so international, wie kaum ein Anderes. Wenn jemand weiß, wie viele verschiedene Nationen zu Besuch waren: Lasst es mich wissen.
Arctic Monkeys reißt die Bühne ab – Klassiker und neue Songs werden gleichermaßen gemischt und jeder kennt die Texte. Fast 2 Stunden stehen sie auf der Bühne, bis sie von A$AP Rocky abgelöst werden.
Welcher uns wiederum nicht so umhaut. Für unseren Geschmack wird ein wenig zu häufig, das Maschinengewehrgeräusch genutzt. Ansonsten tritt der New Yorker Rapper energetisch auf. Seine Fans feiern ihn. Wir verpassen dafür leider Jon Hopkins, der grandios gewesen sein soll.
Uns zieht es nach kurzer Zeit zu Beach House, die auf der Apple Music Stage ein riesiges Publikum anziehen. Der komplette Platz vor der Bühne ist gefüllt und die Massen reichen sogar bis auf die Anhöhen/hinteren Ränge.
Um 3.00 Uhr wird es Zeit dem Festival „Gute Nacht“ zu sagen. Da wir dieses Mal etwas früher dran sind, haben wir auch keinerlei Probleme, ein Taxi zu bekommen.
Zusammengefasst kann man sagen, dass das Finale, also der Samstag, des Primavera Sounds dieses Jahr nicht so ganz meinen Ansprüchen gerecht wurde. Aber Musik ist nun mal auch Geschmackssache. Arctic Monkeys haben mich persönlich nicht umgehauen und A$AP Rocky hat mich fast etwas enttäuscht. Da der Freitag aber schon unser Herz zum Schlagen gebracht hat, gehen wir glücklich und zufrieden nach Hause. Und das Festival bleibt eines meiner Liebsten.
Ich möchte noch einmal hervorheben, wie gut organisiert das Festival ist (bis auf die Abfahrt).
Es gibt fast keine Warteschlangen: Weder im Eingangsbereich, noch an den Bierständen, noch bei den Toiletten. Die längste Schlange haben wir vor dem Burgerstand erlebt und auch das war mit 10/15 Minuten alles verträglich.
Die Lage ist perfekt, den Tag kannst du easy am Strand verbringen oder sogar Sightseeing machen.
Flüge aus Deutschland sind sehr günstig und das Leben in Barcelona selbst ist aufjedenfall bezahlar. Im nächsten Jahr steht dem Primavera also nichts mehr im Wege!
Das nächste Primavera Sound Barcelona findet vom 30.05. bis 01.06.2019 statt.
Vor zwei Jahren waren wir bereits auf dem Primavera Sound, hier gehts zum Festivalhopper-Rückblick 2016: „Primavera Sound Bericht 2016 – LET ME SLEEP!„.
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