Dass Money Boy auf dem splash! Festival sein wird wussten wir nicht. Umso erfreuter waren wir, als er plötzlich mit seinen Leuten die Zufahrt zum Artist Infopoint herunter gelaufen kam. Da er polarisiert wie kaum ein zweiter, und von den meisten Menschen als verrückte, nicht weiter ernstzunehmende Randerscheinung im Rapgame abgetan wird, war es mir eine Freude, ihm ein paar Fragen zu stellen.
Festivalhopper: Money Boy hier auf dem splash! Bist du zum ersten Mal hier?
Money Boy: Ja, das ist mein erstes splash! Festival
Festivalhopper: Das erstaunt mich aber jetzt ein bisschen. Du bist ja eigentlich schon ein riesengroßer Hip-Hop Fan und für einen Hip-Hop Fan in Deutschland ist das splash! ja eigentlich schon ein Pflichttermin?
Money Boy: Ja. Ich kenn das splash! natürlich schon sehr lange, und ich habe auch immer darüber gelesen und mir die ganzen splash! Rundgänge etc. angesehen. Ich habe mir auch immer gedacht dass das sicher nice ist, dabei zu sein. Aber im Endeffekt hat es sich nicht ergeben. Die Homeboys von mir waren jetzt nie so down mit reinen Hip-Hop Festivals.
Festivalhopper: Von deiner Seite aus wäre es vielleicht auch erwünscht gewesen, vielleicht mal vom splash! gebucht zu werden. Du schaust schon ein bisschen kritisch. Warum?
Money Boy: Ich guck mir natürlich die Lineups von den Hip-Hop Festivals an. Da treten ja extrem viele Artists auf verschiedenen Bühnen zu verschiedenen Zeiten auf. Da könnte man Money Boy meiner Meinung nach schon irgendwo unterbringen. Unter dem Strich gesehen macht der Boy ja eine gute Liveshow und hat auch schon viel Liveerfahrung. Es ist ja nicht so dass ich dann auf die Bühne komme und keinen Plan habe wie ich die Crowd rocke oder was ich überhaupt anfangen soll. Ich habe da schon viel Erfahrung gesammelt und kann auf die Bühne gehen. Ich habe auch Tracks, die die Leute kennen, wie „Dreh den Swag auf“, „Gucci und Prada“ oder „Dicke Eier“. Außerdem habe meine Fanbase auch hier am splash! Ich könnte auf jeden Fall ein Set spielen, auch auf anderen Hip-Hop Festivals. Das kommt aber dann alles mit der Zeit. Ich bin jetzt schon so hier Special Guest, und letztes Jahr habe ich für das splash! Mag eine Werbung gemacht. Ich denke mal es sieht gar nicht so schlecht aus, vielleicht spielt Money Boy im nächsten Jahr dann so um 11.30 auf der Jungle Culture Exchange Bühne.
Festivalhopper: Hast du schon ein bisschen was gesehen vom Gelände oder dir schon Künstler angeschaut?
Money Boy: Nein, Live Performances habe ich noch nicht gesehen, aber ich habe schon einige Künstler gesehen, z.B. Kollegah, Prinz Pi, Olexesh und ein paar andere. Das ist auf jeden Fall nice und es macht Spaß hier zu sein.
Festivalhopper: Wie reagieren die anderen Künstler auf dich? Habt ihr kleine Konversationen oder schaut man sich eher von der Ferne aus an und grüßt sich vielleicht? Hast du einige davon auch früher schon getroffen?
Money Boy: Ich habe manche Leute auch früher schon getroffen, kennengelernt oder irgendwie Kontakt gehabt, teilweise auch online. Ich weiß auch wer mit Money Boy cool ist, ihn feiert und vielleicht seine Sprache ein bisschen verwendet. Natürlich wechselt man dann ein paar Worte. Ich bin immer offen wenn ich jemanden erkenne. Zu mir kann jeder kommen, ich kann mit jedem ein paar Worte wechseln. Manche sind vielleicht zu cool, aber eigentlich war das bis jetzt gar nicht so. Wenn man jemanden sieht und erkennt, dann kann man ja reden. Eko soll ja auch da sein. Bei manchen Artists freut man sich, sie zu sehen / wiederzusehen, und ein bisschen mit ihnen zu quatschen.
Festivalhopper: Hast du dir eine Show vorgenommen für heute Abend, die du auf jeden Fall ansehen willst?
Money Boy: Ich hab mir das Lineup angesehen. Es gab nichts was mir direkt ins Auge gestochen ist. Wenn jetzt Eminem hier wäre oder Lil‘ Wayne, dann wäre ich total crazy, wie ein Fan. Wie für die anderen eben Outkast, die großartige Rapper sind und unbestritten gute Musik machen. Sie sind aber nicht gerade aktuell und nicht so die Dudes die ich anhimmele. Früher habe ich die auch viel gepumpt. Ich bin also bei niemandem so richtig crazy. Von allen, die heute da sind, am ehesten Kollegah, da habe ich mich gefreut, ihn zu sehen. Ich würde mich selbst jetzt auch nicht als großen Fan bezeichnen, da ich selbst schon seit ein paar Jahren Rapper bin. Außerdem höre ich mittlerweile auch nicht mehr viel Deutschrapmusik. Es hat mich aber sehr gefreut, dass er mich auch erkannt hat. Er hat auch die Versace Kette am Start gehabt, das war richtig fresh.
Festivalhopper: Du bist ja, was die Musik angeht, die du auch selbst hörst, mehr in der Downsouth Südstaaten Ecke zuhause. Gibt es da im deutschen Raum auch noch andere Künstler wie dich?
Money Boy: Ehrlich gesagt, ich glaube nicht. Ich bin jemand der das wirklich so aufsaugt, der das wirklich so lebt und sich richtig da reinputtet. Ich sehe da gar keine Distanz, ich verschmelze mit dem Shit, so wie man das hört natürlich. Im Endeffekt ist alles Entertainment, und viele haben auch ein Image. Man kennt die Leute ja jetzt nicht, sie rappen über dies und das und du weisst gar nicht ob die vielleicht auf einer Kunsthochschule waren und jetzt diese Rapmusik machen. Im Endeffekt geht es darum was sie in die Musik putten und den Vibe und das Feeling. Ich bin jemand der das schon seit ewig langer Zeit aufsaugt, für den das das wichtigste und coolste ist. Ich mach das nicht mit so einer ironischen Perspektive oder einer Distanz. Ich war auch schon überall in den meisten Gegenden, ob Atlanta oder New Orleans. Ich kann so ein bisschen den Vibe rekreieren, und selbst wenn ich es nicht hundertprozentig treffe dann ist es zumindest so wie ich das fühle. Ich sehe niemand anderen der das macht. Ich verfolge das alles schon seit No Limit Records und Cash Money, jemanden, der 22 ist und jetzt neu rappt und A$AP Rocky feiert kann man nicht wirklich mit mir vergleichen. Die sind auch entstanden aus Dipset und dem ganzen Swag aus Harlem, die können das nie so rüberbringen wie ich. Teilweise treffen nicht einmal Amirapper den Vibe so wie ich. Ich schau immer wer real ist, und ob es sich auch lohnt, in das alles, was er kreiert, einzutauchen. Jeder kann einen Trap Hit machen, aber entscheidend sind die Artists, an denen sich auch die US Artists orientieren. Da gibt es ein paar mit Swag und unendlich viele, die das nur abkupfern. Ich sehe, was real und was fake ist. Ich bin Money Boy, ich bin ein Artist, ich mach mein Ding, ich bin ein Original.
Festivalhopper: Nichtsdestotrotz versuchst du gerade, ein paar junge Dudes hier in Deutschland zu introducen, die musikalisch auch in dieselbe Richtung gehen. Wir können das ja mal kurz machen.
Money Boy: Ja klar, Medikamenten Manfred und Hustensaft Jüngling von der Glo Up Dinero Gang, das ist das Movement. Ich connecte auch mit den Leuten, ich entwickle Leute, die diesen Vibe auch haben, um etwas neues ins Rapgame zu bringen. Die großen, bekannte Rapper pushen ihre Leute, und ich pushe das, von dem ich denke dass es fehlt im Game. Das ist sowieso immer das Beste. Es gibt eh schon alles mögliche im Rapgame – um bekannt zu werden oder Erfolg zu haben ist es eine einfache Strategie dann etwas anderes zu bringen. Auf der einen Seite kennen die Leute jetzt alles, z.B. Tyga und diese Beats, auf der anderen Seite ist es aber trotzdem nicht so, dass es in Deutschland Rapper gibt, die das auch so rüberbringen. Vielleicht macht mal irgendein etablierter Rapper auf so eine Art DJ Mustard Beat irgendeinen Track a la „Currywurst mit Hasseröder“. Aber diese Jungs leben das halt auch so real. Diese Welt, die von der Musik produziert wird, ist genauso real wie irgendwas anderes. Leute sagen oft „Yo, du machst irgendwas, das ist hier gar nicht“. Aber im Endeffekt hören die Leute hier genauso den selben Shit wie in den USA. Es ist Musik im Endeffekt, wir bringen diesen Flavor rüber, und putten unseren eigenen Spin drauf. Wenn ich vom Können der beiden nicht überzeugt wäre würde ich vielleicht ein Feature machen, aber die nicht noch zusätzlich pushen. Da sie auch noch jung sind, kann man ihnen auch noch zeigen, in welche Richtung sie gehen sollen, und somit entstehen neue Artists die wirklich cool sind, nicht so wie die anderen.
Festivalhopper: Da ich euch gerade da habe, vielleicht könnt ihr euch einfach auch noch einmal schnell vorstellen. Money Boy hat eure Namen ja schon genannt, aber erzählt doch mal, seit wann ihr rappt, und wer eure Vorbilder sind.
Hustensaft Jüngling: Mein Name ist Hustensaft Jüngling. Ich höre seit ich klein bin Rap, und ich habe auch schon immer den amerikanischen Style gefeiert. Privat höre ich Gucci Mane, Soulja Boy, in letzter Zeit auch Migos. Als Money Boy so auf Deutsch gekommen ist war das die Musik die ich immer schon gefeiert habe. Aber sie ist halt auf Deutsch, damit habe ich mich dann sofort auch ein Stück weit identifizieren können. So ist die Zusammenarbeit zustande gekommen. Das ist super gelaufen und ich denke wir passen auch musikalisch gut zusammen.
Medikamenten Manfred: Ich seh das genauso wie Hustensaft Jüngling. Ich feiere auch schon seit ziemlich langer Zeit den amerikanischen Rap. Rick Ross, Gucci Mane, also eigentlich komplett alles. So sind wir dann halt zusammen gekommen. Money Boy hat angefangen, den American Style auf Deutsch zu bringen, und das habe ich dann natürlich auch total gefeiert.
Festivalhopper: Dann wünsche ich euch beiden auf jeden Fall viel Erfolg. Schön dass ihr hier mit dabei wart.
Festivalhopper: Money Boy, ein großes Mittel von dir ist diese extreme Übertreibung. Du machst das ja hoffentlich bewusst, du hast beispielsweise eine neue Sprache entwickelt, die auch sehr stark adaptiert wird von den Jugendlichen. Du machst deine Hood News die ja auch sehr unterhaltsam sind, alles immer übertrieben. Viele von deinen Tweets darf man nicht ernst nehmen, weil sie sonst auch schon in die illegale Ecke gehen würden. Gibt es für dich Tabus?
Money Boy: Ja, es gibt definitiv Tabus, aber da muss ich nie so überlegen, ist das jetzt ein Tabu für mich oder nicht. Die Sachen kommen mir gar nicht so in den Sinn. Es ist halt so eine Humor Sache. Ich werde oft von Leuten für meinen schwarzen Humor kritisiert, aber Comedians bringen auch solche Jokes. Vielleicht schauen die Leute diese Comedians nicht. Selbst ein Stefan Raab bringt dieselben Jokes wie ich auf Twitter. Aber er hat halt eine große Abendshow und dann sehen die Leute das anders. Außerdem wollen sie Money Boy sowieso haten, dann nehmen sie das halt zum Anlass. Der deutsche Humor ist eben anders als der in Amerika. Es gibt da sowieso kaum Grenzen. In Southpark oder Family Guy gibt es auch Jokes wo vielleicht ein krebskrankes Kind im Spital ist und irgendwelche Witze darauf basieren. Und das gar nicht selten. Das bedeutet dann ja aber nicht, dass ich diese Tatsachen super finden würde, oder dass ich total kalt in meinem Herzen bin. Das bedeutet einfach, dass ich der Realität ins Auge sehe und trotzdem den Humor bewahren kann. Ich habe natürlich Tabus. Ich würde niemandem etwas klauen der selbst nichts hat. Oder irgendwen vor allen Leuten fertig machen der sowieso von allen verarscht wird. Jeder hat seine normalen Tabus die er nicht überschreitet. Nur weil ich bei Twitter irgend etwas schreibe, mache ich ja noch niemanden in der Realität persönlich herunter. Vielleicht bin ich ja ein Vorreiter, ich war immer offen, manche lachen über solche Jokes und manche nicht. Ich finde es aber scheinheilig, das zum Anlass zu nehmen um auf mir herumzuhacken. Es macht unter dem Strich keinen Sinn, wenn ich einen Joke über eine ernsthafte Situation mache, und jemand kommentiert den dann mit „Jemand der solche Witze macht müsste eigentlich die Todesstrafe kriegen und vergast werden“. Ich versteh das nicht, ich schreibe etwas, und die sind total empört darüber, dass ich so etwas schreiben kann, und gleichzeitig wollen sie aber einem Menschen dafür die Todesstrafe geben. Wo macht das denn Sinn? Mein Tweet hat ja noch nichtmal Aggressivität drin, und trotzdem reagieren die Leute so. Das ist eine komplexe Sache, ich versuche es weniger zu erklären als zu machen. Manche Leute sehen es mit Humor und manche nicht, die kann ich aber auch verstehen. Ich weiß aber wie ich es meine und ich sehe es ja auch bei niemand anderem so eng wenn er das macht. Niemand soll irgendwen verurteilen, Freedom of Speech.
Festivalhopper: Abschliessende Frage, wo ordnest du deine Gesangsskillz auf einer Skala von 0 bis 10 ein?
Money Boy: Das ist natürlich eine gute Frage. Ich messe mich ja nicht an irgendwelchen ausgebildeten Sängern und Sängerinnen. Ich bringe einfach zum Ausdruck was ich zum Ausdruck bringen will. Ich gebe da Gefühl rein und Melodie, so wie es mir gefällt. Es haben auch schon Leute Sachen wie „Yo, bis jetzt fand ich das alles ein bisschen schief aber hey, auf dem neuen Track singst du wirklich gut“ über Tracks gesagt. Ich glaub ich bin gar nicht so schlecht von meinem natürlichen Talent und so, leider gibt man mir keine gute, professionelle Produktion um das dann auch zu zeigen. Ein Max B hat auch seine Hooks so gesungen dass sie Off-Key waren. Das ist ja auch ein Stilmittel. Ich mach mein Ding. Den Leuten geht es ja trotzdem ins Ohr. Natürlich war diese „Dreh den Swag auf“ Hook schief, sie ist den Leuten trotzdem ins Ohr gegangen, und alle singen sie mit. Darum geht es ja im Endeffekt. Ich bin natürlich nicht Whitney Houston, zumindest nicht vom Gesangstalent her (vom Drogenkonsum her schon), aber ich bin auch nicht ganz schlecht. Ich habe schon ein gewisses Grundtalent und mich über die Zeit auch verbessert.
Festivalhopper: Ich danke dir recht herzlich für dieses Interview und wünsche dir noch viel Spaß auf dem Festival.
Die Stage hat Money Boy dann spät nachts betreten. Als Teil der zweiten OK Kid Runde im Soundclash gegen Ronny Trettmann durfte er zum einen einen Song gegen Ronny Trettmann spielen. Und natürlich darf ein Money Boy Auftritt nicht ohne „Dreh den Swag auf“ über die Bühne gehen. Anfängliche Unsicherheiten bezüglich seines Erscheinens von OK Kid (hier nachzuempfinden: Toxic trifft OK Kid) konnte der Boy ohne Probleme beseitigen.
Hier geht’s zu Money Boy TV.
13. August 2014 um 15:00
[…] Hier geht es zu unserem Splash Rückblick 2014: “Willst du mit mir Duschen gehen?!“. Ausserdem gab’s ein spontanes Interview mit Money Boy: “Money Boy über das splash! 17, seine Gesangsskillz, Tabus in seinen Tweets, RAP in Deutschland R…“. […]
2. September 2014 um 19:10
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