Mit noch weniger Schlaf als am Freitag begann der Samstag beim 17. Melt Festival in Ferropolis.
Am bisherigen Tagesablauf änderte sich jedoch nicht viel (mehr dazu im ersten Teil des Melt Berichts), außer das sich immer ausgefeiltere Strategien und Techniken ausgedacht wurden, wie man seinen Körper auf normaler Betriebstemperatur hält.
Während die einen wieder den Gang zum See bevorzugten, nutzten andere die freie Zeit für einen Ausflug nach Dessau zum Einkaufen. Der Lohn bestand aus leckerem Speiseeis und Eiswürfeln, um die mittlerweile stets erhitzten Getränke herunterzukühlen. Ein wahrer Genuss.
Bleibt abzuwarten ob nach dem Green Camping, Campingplus „Mein-Zelt-steht-schon“ und Campingplus „Podpads“ als nächstes das Camping Deluxe mit Kühlschränken und festinstallierten Duschen kommt. Da wir alle nicht jünger werden, freundeten sich bereits einige mit dem gemütlichen Gedanken an. Wie dekadent. Aber bei dieser Hitze sehnt sich einfach jeder nach einer kleinen Oase.
Die Belohnung für das Durchhalten wartete ab dem Abend in Form von hochkarätigen Acts auf dem Festivalgelände. Auf dem Weg dahin sorgten die Organisatoren mit lustigen Botschaften auf den LED-Tafeln für so einige Schmunzler. Mit Sprüchen wie „Heut Nacht ist hier Schatten“ und „Der nächste Aufguss kommt in einer Stunde“ bewiesen sie eine gesunde Portion Selbstironie. Den Beginn machte auf der Gemini Stage die nun wieder in der Urbesetzung spielende Band Paula, die sich sichtlich über ihre Rückkehr auf die Bühne und über den Festivalbesuch freuten. Nach einer kleinen Stärkung stand auf der Mainstage ein wahrer Marathon mit heißerwarteten Bands an. Den Beginn machten FM Belfast.
Was soll man sagen, selten hat eine Band um 20:00 Uhr die Mainstage schon so zum Tanzen gebracht. Die Isländer haben mit einem irrwitzigen Mix aus eigenen Tracks, 90er Jahre Hits („Wonderwall“ von Oasis – herrlich), einem kurzen Dubstep-Ausraster, jeder Menge Spaß auf der Bühne und einem nicht ganz ernstgemeinten Video auf der Leinwand einen absoluten Höhepunkt des Festivals gesetzt. Gerade diese Leichtigkeit sorgte für ausgelassene Freude bei dem sich manchmal zu ernstnehmenden Melt Festival und insbesondere dem Publikum. Es sollte sich im Verlauf des Abends die Frage aufwerfen, warum diese geniale Band nicht einfach hätte später spielen können.
Auf der anderen Seite des Geländes sorgte Future Islands im Intro Zelt mit ihrem Mix aus Post-Wave, Indie- und Synthie-Pop und ihrem charismatischer Frontmann Sam Herring für eine extravagante Show. Fast parallel sorgte ein Dauergast auf dem Melt!, Dillon, mit ihrer schüchternen und zurückhaltenden Art für ein gewohntes Konzerterlebnis. So konnte man sich entspannt auf den Weg zurück auf die Mainstage machen, auf der Milky Chance ihre Ferropolis-Premiere feierten.
Für die aus Kassel stammenden Jungs sicher ein weiteres Highlight in diesem Superjahr. Der Andrang war in der Tat sehr groß, obwohl wahrscheinlich nicht jedem die doch sehr eintönige Darbietung gefallen hat. Zu sehr überwiegt die, zwar gute, aber auf Dauer etwas eintönige Stimme von Sänger Clemens Rehbein. Zu ihrer Hitsingle „Stolen Dance“ füllte sich dennoch, in Anbetracht des beachtlichen Weges der Jungs, zurecht die komplette Mainstage bis auf die letzten Meter.
Im Anschluss blieben viele Festivalbesucher direkt auf der Mainstage, sofern sie denn The Notwist sehen wollten. Die Indieband aus Deutschland zeigte, was sie in 25 Jahren alles an Erfahrung gesammelt hat und lieferte ein toll inszeniertes Konzert ab. Parallel warteten aber Panda Bear auf der Gemini Stage und Addison Groove auf der Desperados Melt!Selektor Stage auf einen Kurzbesuch. Letzter heizte den Strand mit einem Mix aus Techno, Dubstep und Drum’n’Bass so richtig ein. Abkühlung suchten trotz fortgeschrittener Stunde einige im See, mutig!
Auf dem Weg zu Metronomy zurück auf die Mainstage durfte in der kleiner Abstecher zum Bloc Party-Mastermind Kele Okereke nicht fehlen. Bereits zum zweiten Mal legte er beim Melt Festival auf und zeigte seine elektronischen Finessen von der beat-lastigen Sorte. In Anbetracht von schwindenden Kräften, wohl der Hitze und dem Schlafmangel geschuldet, machten wir es uns zur Londoner Band Metronomy auf den Seitentreppen mit Rundumblick auf die beeindruckend angestrahlten Bagger und Bühne gemütlich. Richtige Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Denn so recht wollte hier der Funke nicht überspringen. Die Band spielte zwar ein breites Spektrum ihrer Songs, aber der Partyfaktor blieb leider aus. Wie war das noch mal mit FM Belfast zu einer späteren Zeit? Dies hätte bestimmt so manch erschöpften Festivalbesucher wieder wachgerüttelt.
Etwas enttäuscht ging es auf einem erneuten Rundgang über das Festivalgelände. Vorbei an der immer gut gelaunten Engtanz-Disco und der technolastigen Guess-Party ging es erneut an den Strand. Dieses Mal wartete Omar Souleyman mit seinem Shaabi-Straßensound auf. Geschmackssache, ganz klar. Dafür fuhr die Big Wheel Stage mit Jeff Mills noch einmal harte Geschütze auf. Im Gleichklang bewegten sich die „Raver“ von jung bis alt. Wieder war die visuelle Kulisse sehr beindruckend, wobei man den Eindruck hatte, dass der DJ gerade zu mit den Visuals harmoniert und passend zum jeweiligen Motto (Rot = Feuer, Blau = Wasser) sein Set abgestimmt hat.
Als „letzter“ Höhepunkt am Samstag wollte noch Whomadewho betanzt werden. Die Dänen boten dazu auch ideal die Möglichkeit und zeigten in ihrem Auftritt die große Liebe zum Melt Festival und generell zu Ferropolis, welches sie einst gar mit dem eigens komponierten Track „Fields Of Steel“ bedachten. Mit einer Spielzeit bis fast 4Uhr war die Mainstage nun auch wortwörtlich durch. Ein sehr ambitioniertes Programm wurde da aufgefahren.
Mit letzter Kraft wurde sich noch einmal auf den Sleepless Floor geschleppt. Kostantin Sibold bedankte sich für den sich stetig füllenden Dancefloor mit bassigen Schlussminuten, bevor Alle Farben die Schallplatten bzw. Controller übernehmen durfte. Mit der aufgehenden Sonne im Blick spielte der DJ in gewohnt harmonischer Art seine Tracks und versüßte dem einen oder anderen den Sonnenaufgang. Für uns aber der Zeitpunkt, Kraft für den letzten Festivaltag zu sammeln.
Der Sonntag – Die Qual der Wahl
Mit einer Mütze mehr Schlaf als Samstag begann der Melt-Sonntag. Über das Morgenritual muss hier nun nichts mehr geschrieben werden. Obwohl der Himmel etwas von Wolken bedenkt war, drückte die Hitze unvermindert und langsam wurden die Schreie lauter, endlich wieder ins heimische Bett zurückkehren zu können. Davor warteten aber mit Sohn, Moderat, Gesaffelstein und Portishead noch einige Kracher und mit Tensnake, Jungle und Tale Of Us einige „Geheimtipps“ auf die müden Füße. Für viele war die Absage von Chromeo der schwerste Verlust am Sonntag. Die Lücke konnte leider auch nicht adäquat gefüllt werden.
Die Namen lasen sich alle super, aber mit einem Blick auf die Running Order wurde einem schon etwas wehmütig. Da spielen Sohn parallel zu Tensnake, Moderat gleichzeitig mit Gesaffelstein, Jungle und Tale Of Us. Schade, dass hätte man sicher etwas entzerren können, aber so blieb nur die Qual der Wahl oder hektisches Stagehopping.
Mit viel Herzschmerz wurde sich schließlich für Sohn auf der Mainstage entschieden. Fast schon traditionell geht es sonntags dort zunächst gemütlicher zu. Was aber in Anbetracht der Musik des Trios auch sehr stimmig war. So konnte man sich bei dem sphärischen Klangteppisch an die letzten drei schönen Tage zurückerinnern, sich in die Arme der/des Liebsten sinken lassen oder einfach die letzten Selfies gen Sonnenuntergang machen.
Leider fielen die Auftritte von Gesaffelstein (ist ja aber regelmäßig beim Melt), Jungle und Tale Of Us der Aussicht auf gute Plätze bei Moderat zum Opfer. Man kann sich aber sicher sein, dass der ein oder andere Künstler erneut seinen Weg nach Ferropolis finden wird. Zum Berliner Trio um das Bündis von Modeselektor und Apparat muss nicht viel gesagt werden. Spätestens bei „Bad Kingdom“ hatten die Jungs sämtliche Herzen erobert und das Publikum tanzte. Die Masse bedankte sich mit frenetischem Beifall, die Band mit einer Zugabe oben drauf.
Mit der letzten Kraft schleppte man sich zum absoluten Headliner: Portishead. Der Abschluss des diesjährigen Festivals konnte nicht besser ausfallen. „Unbeschreiblich“, „Ich liebe es“, „Hammer“ und weitere Superlative fielen im Anschluss. Schade, dass das Trio nur so selten live zu sehen ist. Um ca. 1:00 Uhr endete das Konzert und die Belohnung war wie immer zum Abschluss ein beeindruckendes Bild des gesamten Festivalgeländes – sicherlich wieder das meist fotografierte Motiv des Wochenendes.
Zur Belohnung für all die durchgestandenen Strapazen, Hitzewellen, Freudentränen und Sonnenbrände gab es noch eine Runde barfuss tanzen auf dem Sleepless Floor zu The Martinez Brothers. Wobei sich jedes Jahr die Frage stellt, welche Irren sich dann noch bis 9:00 Uhr eigentlich die festen Größen eines jeden Melts, Ellen Allien und Monika Kruse, bis zum Ende anschauen? Nächstes Jahr wollen wir dazu gehören!
Melt Festival 2015 – wir werden uns wieder sehen, versprochen!!!
28. Juli 2014 um 12:35
[…] vom Melt! gibt es in unseren Rückblicken “MELT! 2014: We did it again!” und “Soo viele Highlights, so wenig Zeit“. Hier könnt ihr Euch durch weitere Festivalhopper Interviews wühlen, vom Melt! 2014 folgt […]
27. August 2014 um 18:17
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