Von Donnerstag bis Sonntag fand am letzten Wochenende in Übersee die mittlerweile 19. Ausgabe des Chiemsee Reggae Summer statt, das rot-gelb-grüne Festival in malerischer Kulisse am Fuße der Alpen.
Rund 30.000 Besucher waren angemeldet, um das Wochenende über zu Reggae, Dancehall, HipHop und Ska zu feiern.
Das Wetter hat sich – zunächst – von seiner besten Seite gezeigt und den Besuchern einen wunderschönen Anreisetag beschert, wie schon am Tag zuvor beim Chiemsee Rocks. Dies dürfte besonders die Teilnehmer der Chiemsee Reggae Cruise gefreut haben, die alljährliche Party-Bootsfahrt auf dem Chiemsee. Die Besucher konnten schon einmal den Campingplatz und das Festivalgelände erkunden, denn es gab viel zu entdecken, unter anderem eine Grillstelle, viele Lebensmittelstände, einen Biergarten, viele kleine Shops für Piercings, Hüte, Klamotten, Pfandautomaten, kostenlose WCs und Duschen, ein Riesenrad und eine zweistöckige Aussichtsplattform eines bekannten Energy-Drink-Herstellers. Mit dem Ticket für das Festival konnte man umweltfreundlich mit der Bahn anreisen, es wurden extra Sonderzüge und Busse eingerichtet, um in die Stadt zu fahren. Zur Abkühlung konnte man sich an den nahe gelegenen Fluss Tiroler Achen setzen und planschen, die hart gesottenen schwammen sogar in dem kalten Wasser.
Doch bereits am Donnerstag, bevor das Festival so richtig losging, gab es eine schlechte Nachricht. Headliner Elephant Man setzte sich wohl mit einer größeren Summe an Vorauszahlungen für Gagen fluchtartig nach Jamaica ab. Da mit T.O.K. aber schnell ein würdiger Ersatz gefunden wurde, tat das der Stimmung keinen Abklang.
Am Freitag wurde das Festival von der örtlichen Blaskapelle Übersee-Feldwies eröffnet, die in ihr Programm auch Hits wie No Woman, No Cry und Buffalo Soldier gepackt haben. Daraufhin spielten Ganjaman und Busy Signal, jeweils mit Band, und wurden von einem gut aufgelegten Junior Kelly abgelöst. Im Anschluss begeisterte Patrice die Menge mit einem coolen, wenn auch vergleichsweise ruhigen Auftritt. T.O.K. beerbten den Slot von Elephant Man standesgemäß und legten eine super Show hin. Sie heizten die Menge von Beginn an ordentlich ein, baten Gäste zum Tanzen auf die Bühne und legten so einen würdigen Abschluss des ersten Festivaltages auf der Hauptbühne hin, während im Zelt und auf dem Campingplatz noch bis spät in die mittlerweile kalte Nacht gefeiert wurde.
Am Samstag gab es wieder strahlenden Sonnenschein, Grund genug, noch einmal einen Spaziergang zum Auto zu machen und für Lebensmittel-Nachschub zu sorgen, sowie schon mal die Gummistiefel und Regenmäntel bereitzuhalten, schließlich waren die Wettervorhersagen nicht so gut. Daraufhin ab zur Hauptbühne und Bradley’s H anschauen, eine Band aus Übersee, die an diesem Tag die Haupttribüne eröffnen durfte. Daraufhin gab es feinen Reggae von Uwe Banton und Dancehall von Ce’Cile.
Während dann Julian Marley, ein Sohn des wohl bekanntesten Rastafari der Welt, seinen Auftritt hinlegte, zog der Himmel schon etwas zu, um dann nach Groundation so dunkel zu sein, dass der Auftritt von Max Herre zunächst um 15 Minuten verschoben wurde. Zeit, um noch schnell die Regenjacke zu holen. Bei der Ankunft am Zelt stürmte und regnete es schon ziemlich und ich fand ein nasses Zelt und einen zerlegten Pavillon vor, und es ging nicht nur mir so. Immerhin hatten wir die regenfesten Klamotten zur Hand. Kurz darauf wurde das Festivalgelände aus Sicherheitsgründen geräumt, da das Unwetter immer schlimmer wurde. Nach kurzer Zeit ließ der Sturm nach, der Regen allerdings nicht. Um das Camp zu richten und zu retten, was noch zu retten war, konnten wir leider nicht mehr auf das Ferstivalgelände an diesem Abend, haben die Künstler jedoch gehört. So kamen wir immerhin akustisch in den Genuss von Max Herre, bekamen spätestens bei Ska-P wieder gute Laune und haben den tollen Auftritt der Beginner mithören können.
Am Sonntag regnete es noch bis über den Mittag hinaus, zum Nachmittag hin ließ der Regen allerdings nach. Der Campingplatz war ein einziges Moor und viele Besucher haben ihre verbliebenen Habseligkeiten gepackt und sind nach Hause aufgebrochen. Im „Uncle Emma Shop“ waren die Gummistiefel längst ausverkauft, und wer entgegen jeder Wettervorhersage zu optimistisch war, entsprechend vorzusorgen, lief nun in schlammigen Chucks oder gleich barfuß herum. Doch die gebeutelten Gäste ließen sich in vielen Fällen die Stimmung nicht vermiesen und rutschen und kämpften einfach im Schlamm.
Als der Regen nachließ, haben wir alles bis auf das Nötigste zum Auto gebracht, um anschließend unser verwaistes Camp in Richtung Hauptbühne zu verlassen. Dort haben wir noch den Schluss von Wayne Wonder gesehen und anschließend Alborosie mit Band. Der italienischstämmige Reggaemusiker legte eine tolle Show hin, nutzte dafür seine ausufernde Haarpracht – Dreadlocks fast bis zum Boden – indem er mit ihnen den Helikopter machte, sie sich in die Hosentaschen steckte etc. Er verließ zeitweise die Bühne, damit das Publikum seiner Band die ganze Aufmerksamkeit schenkte, und lud zum Ende noch viele Gastmusiker ein. Leider konnte er das Publikum nur teilweise miteinbeziehen, da dieses zum großen Teil schon auf den nachfolgenden Act wartete. Als nächstes stand mit Cro der wohl polarisierendste Künstler des Festivals auf der Bühne.
Viele waren der Meinung, er habe dort nichts zu suchen. Nichtsdestotrotz war fast das ganze Festivalgelände gefüllt, als er auftrat, und er legte souverän sein Programm ab, inklusive toller Lichtshow und Konfettikanonen, außerdem augenzwinkernder Seitenhiebe auf Hater und die Tatsache, dass er auf einem Reggae Festival spielt. Den Abschluss machte Gentleman, der das Publikum wie alte Bekannte begrüßte. Kein Wunder, war er doch schon häufiger zu Gast. Der sympathische Kölner unterhielt die Menge und trat ihr wie auch seiner Band mit großem Respekt entgegen. Mit seinem Auftritt endete schließlich der diesjährige Chiemsee Reggae Summer, auch für uns, da wir uns noch abends auf den Heimweg machten, erschöpft, aber glücklich, denn alles in allem hat es sehr Spaß gemacht!
Neben der Hauptbühne gab es auch noch eine Zeltbühne, auf der unter anderem Makeshift Innocence, SDP, Ohrbooten, Mellow Mark, Django 3000 und das Kellerkommando die Leute zum Tanzen brachten. An der kostenlosen Grillstelle, die von den Veranstaltern betrieben wurde (ein kleiner Trost für das strikte Gaskocher-Verbot) gab es außerdem noch eine Open Decks Bühne, auf der sich junge DJs und Musiker beweisen durften, die sich vorher angemeldet haben.
Im nächsten Jahr steht dann das zwanzigjährige Jubiläum an – wir sind gespannt, was da auf uns wartet!
Kommentar schreiben