TFF Rudolstadt 2012 – Der Samstag

News am 8. Juli 2012 von Teliko

Am Samstag stand schon der dritte und damit vorletzte Tag  des 22. Tanz- und Folkfestivals in Rudolstadt auf dem Programm. Doch das war noch lange kein Grund zur Schwermut, denn der Samstag stellt den umfangreichsten und längsten Programmtag unter Anderem mit der Verleihung der RUTH 2012 dar. Gleichzeitig ist es aber auch, wie gewohnt, der mit Abstand vollste Tag auf dem TFF. Man musste also etwas mehr Zeit für die Strecken zwischen den einzelnen Veranstaltungsorten einplanen.

Auf Grund der Fülle des Festivals und des Veranstaltungsplans haben sich am Samstag unsere Festivalhopper aufgeteilt. Hier lest ihr also den ersten (Teil-)bericht zum Samstag. Weitere Berichte und Bilder folgen!

An dieser Stelle sei zunächst kurz eine auffällige Änderung und sicherheitstechnische Anpassung des TFF erwähnt. So war einer der großen Engpunkte auf dem TFF traditionsgemäß der Tunnel unter den Bahnschienen, um von der Stadt auf Höhe der August-Bebel-Straße in den Heinepark und zurück zu kommen. Wurde in den letzten Jahren bereits versucht der Situation dort mit Security-Kräften Herr zu werden. Wurde in diesem Jahr der Transport von Fahrrädern und Kinderwagen durch den Tunnel verboten. Wer also damit unterwegs ist, muss im Zweifelsfall einen seeeehr langen Umweg in Kauf nehmen, da diese Regel nur an den Eingängen des Tunnels und des Heineparks zu lesen war. Dennoch sorgt diese Anordnung und der Einsatz einer Art Schleusensystem für einen nahezu reibungslosen und schnelleren Durchgang durch den Tunnel.

Konzerttechnisch begann der Tag für unsere Festivalhopper auf der Burgterasse mit dem Konzert von Nikola Parov & Ágnes Herczku auf der Burgterrasse, Heidecksburg. Diese stellten mit einer Sammlung osteuropäischer Liedern – mit dem Schwerpunkt Bulgarien und Ungarn – eindrucksvoll unter Beweis, dass es auf dem TFF 2012 zumindest auf den kleineren Bühnen doch Folkmusik der klassischeren Sorte gibt. Die einzelnen Lieder und ihre Herkunft wurden dabei umfangreich von Nikola Parov erklärt. So konnte man nicht nur einiges über den Ursprung des jeweils vorgetragenen Liedes, sondern auch über die Geschichte des jeweiligen Landes oder speziellen Musikinstrumentes erfahren. Ein Konzert mit Vorlesungscharakter!

 

Annähernd zeitgleich zu diesem Konzert bot sich im Tanzzelt, Heinepark und auf der Großen Bühne, Markt, die Gelegenheit sich auf viele verschiedene Arten mit dem diesjährigen Tanzschwerpunkt Straßentanz zu beschäftigen. Einen der wohl inzwischen bekanntesten und weitverbreittesten Straßentänze führte die Gruppe Tangará auf. Während Capoeira inzwischen hochstilisiert in nahezu allen Tanzstudios der Welt getanzt wird, zeigte Tangará schon durch ihre Outfits, die eigentliche Herkunft dieses Tanzes – die Sklavenzeit. So waren die Tänzer mit Leinenhosen bekleidet und mit schweren Eisenketten behangen. Um diese tanzten prächtig gekleidete Frauen mit Wasserbehältern, die zwischendurch die „Sklaven“ auch mit Wasser bespritzen. Welcher kulturelle oder geschichtliche Ursprung dahinter steckte, können wir euch allerdings nicht sagen.

Wie in jedem Jahr galt es auch in diesem Jahr bei den Konzerten in der Stadtkirche, früh da zu sein. Sicherlich mit einer der schönsten und akustisch eindrucksvollsten Veranstaltungsorte sind die Plätze in der Kirche aus Sicherheitsgründen doch stark begrenzt. Wer also zu spät kam, musste damit rechnen, dass er das Konzert nur noch von außerhalb der Kirche verfolgen durfte. In der Kirche hieß es dann jedes Mal nach einer erklärenden Anmoderation, Handys aus und möglichst sitzen geblieben, um die doch meist ruhigeren Konzerte nicht zu stören. Ein Beispiel dafür war das Konzert von Las Hermanas Caronni am Samstag. Bei dem Konzert der zwei Schwestern fiel leider die schon seit Jahren schlechte Beleuchtung in der Kirche auf. Warum man die Künstler in dunkles orangenes Licht taucht ist und bleibt ein Rätsel. Ein Nachbessern der Veranstalter wäre hier sehr wünschenswert.

  

Wie bereits am Freitag sprach das Programm am Abend im Heinepark, dann vor allem das junge Publikum an. Während auf der der Heidecksburg die RUTH 2012 verliehen wurde und die Preisträger noch einmal geschlossen Konzerte gaben, regierten im Heinepark primär Pop, Rock, Hip Hop und Elektronische Musik. Zwar aus allen verschiedenen Ländern der Welt aber durchweg modern.

So spielte Dota & die Stadtpiraten auf der Konzertbühne, Heinepark deren Musik ein wenig an Künstler, wie Mia oder Juli erinnerten. Etwas „dreckiger“ und derber angehaucht, aber dennoch sehr Pop- und fast schon Chart-lastig. Getragen wurde das Konzert vor allem durch die charismatische Frontfrau Dota Kehr, die 2008 mit dem Förderpreis der Liederbestenliste ausgezeichnet wurde und früher als Solo-Künstlerin unter dem Namen „Die Kleingeldprinzessin“ aufgetreten ist – eine alte Bekannte auf dem TFF.

  

Nach dem kurzen Abstecher in deutsche musikalische Gefilde ging es dann auf der Konzertbühne wieder in die große weite Welt hinaus. Bei dem Konzert der Chilenen Pascala Ilabaca y Fauna konnte man aber nicht nur eine Mischung aus traditionell chilenischer Musik und modernen jazzigen und poppigen Einflüssen hören. Ihre Musik wurde zusätzlich mit Rhythmen aus dem Tango und Cuecas gemischt und sogar mit Elementen indischer Musik verfeinert. Dazu gab es in den Zwischenmoderationen von Pascala Ilabaca wieder viele geschichtliche Exkurse, die wie so oft die Würze an den Konzerten auf dem Tanz- und Folkfestival in Rudolstadt darstellen.

Nächster Punkt auf der musikalischen Weltreise an diesem Wochenende, war dann die Türkei. Mit der Musik von Baba Zula erhielt man einen Einblick in die moderne Club-Szene der Türkei. Bei ihrer Mischung aus elektronischem Dub, orientalischen Einflüssen und Rock fiel es nicht schwer, sich brechend gefüllte Clubs vorzustellen in denen junge Menschen bis in die Nacht tanzen. Als Besonderheit wurde das Konzert von Baba Zula von einer griechischen Bauchtänzerin begleitet. Völkerverständigung in Perfektion, für die sich Liedsänger Murat Ertel mehrfach in seinen Ansagen aussprach.

  

 

Auf der Großen Bühne des Heineparks ging es am Samstag äußerst bunt her. Nach dem Konzert von Strom & Wasser feat. The Refugees mit dem das Wohltätigkeitsprojekt von Heinz Ratz – er sammelt Geld, um Musikinstrumente für deutsche Flüchtlingslager zu kaufen – vorgestellt wurde, ging es auf der Großen Bühne sehr „archaisch“ zu.

Mit Narasirato standen eine Vielzahl leicht bekleideter Einwohner der Salomon Inseln auf der Bühne, die sonst als Fischer und Bauern ihren Tag verbringen, wenn sie nicht gerade auf internationalen Konzertreisen unterwegs sind. Ihr Auftreten und ihre Musik auf selbstgebauten Musikinstrumenten waren allerdings absolut mitreißend. So viel Bewegung, so viel Spaß und so viel Stimmung sieht man selten auf einer Konzertbühne. Zugegeben, so viel halbnackte Männerhaut auch nicht.

  

Das Konzert von Er Shou Mei Gui war dann wieder im Länderschwerpunkt China angesiedelt. Einen derart skurrilen Bühnenauftritt hätte man aber eher von Japanern erwartet. Der Gitarrist bei dem man an eine Reinkarnation von John Lennon denken musste, war dabei noch das harmloseste Beispiel. Der Bassist und der Liedsänger dagegen waren in Frauenkleider gehüllt, die so aussahen, als hätten sie sie ihrer Oma oder aus einem Shop für Transvestiten geklaut.

So abschreckend, wie der Auftritt selber klingt, so begeisternd war die Musik, die Er Shou Mei Gui spielten. Es gab modernen Rock mit komplexen Rhythmuswechseln, der von traditionellen Instrumenten begleitet und unterstützt wurde. Wenn sie so weitermachen, wird man wohl bald auch Chinesische Musik vermehrt auf dem europäischen Markt finden.

 

 

Den Abschluss der Konzerte am Samstag machte dann Blitz The Ambassador, der wohl einen der absoluten Höhepunkte auf dem diesjährigen TFF setzte. Der extrem funkige Hip Hop von Blitz The Ambassador war derartig groovig und mitreißend, dass der propper gefüllte Platz vor der Bühne zwischenzeitlich kochte.

Mitverantwortlich dafür war nicht nur der als Samuel Bazawulle geboren Blitz, der nahezu ununterbrochen die Verbindung zum Publikum suchte, sondern eine Band die derart auf den Punkt war, dass es fast schon unheimlich wirkte. Erst recht, wenn man betrachtet, welche Bühnenshow dabei hingelegt wurde. Bewegen sich andere Musiker kaum während des Konzerts, gab es hier keine Sekunde an der nicht eine durchchoreographierte Bewegung ausgeführt wurde. Davon können sich viele Bands gern eine Scheibe abschneiden.

 

Während einige Unersättliche anschließend nach einem langen und interessanten Tag, noch in die Saalgärten zum Feiern abwanderten, ging es für viele wohl das letzte Mal in die Zelte und Betten auf dem TFF 2012. Nicht nur sie, sondern auch wir dürfen auf den Sonntag gespannt sein, der mit Gentleman & The Evolution noch eines der Highlights dieses Jahres bereithält.

4 Kommentare zu “TFF Rudolstadt 2012 – Der Samstag”

  1. Nummer 1: Gentleman: “Free Tibet!” Chöre schallen vom TFF Rudolstadt | Festival News sagt:

    […] gab’s eine TFF-Zwischenbilanz von der Pressekonferenz, sowie die TFF-Rückblicke von Samstag (1/2), Freitag und Donnerstag. Weitere Rückblicke folgen in unseren Festivalberichten. […]

  2. Nummer 2: TFF Rudolstadt 2012 – Der Sonntag | Festival News sagt:

    […] TFF Rudolstadt 2012 – Der Samstag […]

  3. Nummer 3: micha sagt:

    Dota war das erste Mal auf dem tff!

  4. Nummer 4: TFF Rudolstadt präsentiert Programm 2013 sagt:

    […] wird von 3€ auf 5€ steigen. Zur erweiterten Vorfreude könnt ihr gern in unsere Rückblicke aus dem letzten Jahr schauen, auch das Interview mit Shantel “Wie ein Alien” ist zu […]

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