Castle Party 2010 – Einmal Polen und zurück

News am 9. August 2010 von sway

logosw09_1 Wie schon die letzten Jahre, fand auch dieses Jahr vom 30. Juli bis 01. August in Bolkow (Polen) die Castle Party statt. Es war ein Ereignis, welches sich im Vergleich zu deutschen Festivials durchaus sehen lassen kann. Für alle die schon einmal hin wollten und sich nicht getraut haben, hier nun ein Bericht, der keine Fragen offen lassen sollte.

Es berichtet Festivalhopper Sway, hier gehts zur Castle Party Fotogalerie.

Schon im Vorfeld der Castle Party überlegten wir uns, wie wir denn am besten Hinkommen sollen? Ob wir in Euro bezahlen können? Falls nicht, wie wir am besten Geld wechseln. Ob die normale Krankenversicherung auch im Ausland gilt und was wir mit unseren Autos dort machen?

logosw09_1 Unseren Recherchen erbrachten, dass man mit der Bahn deutlich teurer kommt und sich die Fahrzeit verdoppelt. Es existiert auch kein Bahnhof direkt in Bolkow, sondern nur in Breslau, welches 80 km von Bolkow entfernt ist. Die restliche Strecke kann man nur mit einem Bus überbrücken. Also fiel unsere Entscheidung auf das Auto. Mit einer deutschen Krankenversicherungen ist man zwar im Ausland versichert, das heißt aber nicht, dass man z.B. zum Zahnarzt kann oder nicht auf einem Teil der Kosten des Arztes, welchen man in Bar bezahlen muss, sitzen bleibt. Auch der Rücktransport ist nicht inklusive. Deswegen sollte man eine zusätzliche Auslandskrankenversicherung abzuschließen. Diese bekommt man kurzfristig bei seiner Krankenkasse oder auch einer Bank. Sie kosten auch nicht mehr als zehn Euro. Die Frage mit dem Geld blieb offen, aber wir nahmen alle unsere Visa- und Masterkarten mit.

Und so starteten alle zusammen donnerstags Morgen ins Ungewisse. Als wir die Grenze passierten, fiel uns auf, dass alle Autos nun Licht an hatten. Gesagt, getan. Licht an. So fuhren wir nun auf der polnischen Autobahn mit einer Geschwindigkeit von 130 km. Es ist schon lustig, dort sind nicht alle Leuchtschilder automatisch an, sondern erst wenn man knapp unter der Richtgeschwindigkeit fährt, blinken sie wie verrückt auf und zeigen die Maximalgeschwindigkeit an. Nachdem wir schon an der ersten Tankstelle, kurz nach der Autobahn feststellten, dass wir hier mit Euros nicht weit kommen, beschlossen wir einen Geldautomaten aufzusuchen und mit den Kreditkarten Geld abzuheben. Der Umrechnungskurs an den Wechselstuben betrug 1 Euro zu 3,90 Zloti, mit den Kreditkarten 1 Euro zu 4,00 Zloti. Also einfach in Polen mit der Kreditkarte Geld holen, so bekommt man den besten Wechselkurs.

logosw09_1 In Bolkow angekommen, fuhren wir direkt zur Burg, um unsere Eintrittskarten in Bändchen zu verwandeln. Von dort aus fuhren wir direkt zu unserer Mietwohnung und packten erst einmal aus. Nun kam das größte Problem, wohin mit den Autos? Man hört ja immer viel, aber mal als eine kleine Nebeninformation, in Italien werden mehr Autos geklaut als in Polen. Wir stellten unsere Autos auf einen öffentlichen Parkplatz neben das Haus, so dass links ein Haus war, vorne ein Eisenzaun, rechts ein Baum und dahinter ein Auto quer, welches wir mit einem zusätzlichen Lenkradschloss mit integrierten Bewegungssensor ausstatteten.
logosw09_1 Nun hieß es erst einmal die Stadt erkunden und etwas Essbares finden. Man kam sich vor wie in Leipzig zum WGT. Die komplette Fußgängerzone war mit schwarzen Menschen besiedelt und alle saßen herum und tranken Bier, Wein oder Wodka. Einfach herrlich. Wir fanden auch ein schönes Restaurant welches Schnitzel und Pommes anbot, das Ganze für 20 Zloti. Wir hatten eigentlich beschlossen gleich am ersten Abend einmal ordentlich polnisch Essen zu gehen, doch der Hunger obsiegte.

logosw09_1 Nach dem Essen beschlossen wir auf die Eröffnungsparty ins „Old Cinema“ zu gehen. Diese Location hatte es wahrlich in sich. Die vorderen Sitzreihen waren herausgerissen und dort war nun die Tanzfläche. Vor der Leinwand stand der DJ, welcher eine gute Mischung aus Gothicrock und Electro auflegte. Somit war für jeden etwas dabei. Die hinteren Sitzreihen waren gefüllt mit Leuten, welche den tanzenden Massen zuschauten. Irgendwie ein bizarrer Anblick. Das war aber noch nicht die Krönung. Dies waren eindeutig die Toiletten. Sie waren aus der Steinzeit. Es gab kein Wasser, kein Toilettenpapier und sie waren teilweise überflutet. Man hätte hier locker den nächsten „Saw“ Teil drehen können. So neigte sich auch unser erster Tag mit vielen neuen Impressionen und einer langen Autofahrt dem Ende.

logosw09_1 Es war ein regnerischer Freitagmorgen, als wir in unseren Betten erwachten. Erst einmal duschen und sich zurechtmachen, ein paar frische Brötchen vom Bäcker geholt, noch einmal nach den Autos geschaut und schon ging es los auf die Burg. Das Wetter besserte sich mit jeder Stunde und nach einem Fußweg von fünf Minuten waren wir auch angekommen. Die übliche Security Kontrolle, war hier deutlich lascher als auf anderen Festivals. Erfreulich war der Bierpreis, mit umgerechnet 1,25 Euro auf dem Festivalgelände freuten wir uns auf die nächsten Tage.
Als einer der ersten Bands stand The Violet Tribe aus Deutschland auf der Bühne. Mit ihrer Bauchtanz-Ballerina Darbietung verzauberten sie schon gleich zum Auftakt des Festivals das Publikum. So etwas kann man nicht beschreiben. Die Verzauberung hielt an, denn nun standen Otto Dix auf dem Programm. Die russische Dark-Waveband, in deren Mitte sich Sänger Michael Draw schon fast zu einer Art Kunstfigur idealisiert. Mit ruhigen Klängen, in der Atmosphäre der Burg kam man sich vor, als wenn die Zeit still steht und man genoss jeden Augenblick. Voller Spannung warteten wir auf Zywiolak, welche einen riesigen Fankreis mitgebracht hatten. Die Stimmung war grandios. Sie hatten die Masse einfach unter Kontrolle.

logosw09_1 Darauf folgten Faith And The Muse, mit einer exklusiven Akustik Show. Es war zwar gute gemeint, aber so richtig kam keine Stimmung auf. Es fehlte einfach das gewisse Etwas. The Beauty Of Gemina schaffte es aber mit Leichtigkeit das Blatt zu wenden. So spielten sie fast alle Highlights der Bandgeschichte. Als Qntal mit dem Bühnenaufbau begannen, sollten sie eigentlich schon längst Spielen. Hier konnte man wieder einmal die Unterschiede zu anderen Festivals sehen. Die Bands geben gern auch mal eine Zugabe. Hier durften sie es, so dass sich der Zeitplan etwas nach hinten verschoben hatte. Es hieß also warten. Und warten. Und warten. Nach fast eineinhalb Stunden, war es dann endlich soweit. Es waren alle „technischen“ Probleme beseitigt und die Band betrat die Bühne. Der Sound war nicht der Hammer, aber es musste wohl so gehen. Man konnte sich endlich wieder zur Musik bewegen und die Kälte aus den Gliedern wischen. Es ist nun mal eine Burg und am Abend blies einem der Wind ganz schön um die Ohren. Es folgte Hit auf Hit. Nach 70 Minuten, war aber schon wieder alles vorbei. Die Uhr zeigte halb vier. Zugaben gab es keine. Sie waren zu müde. Wirklich etwas enttäuschend. So endete der erste Tag, Bands auf die man sich gefreut hatte, überzeugten nicht. Andere dafür um so mehr.

logosw09_1 Nach dem wir wieder beim Bäcker waren und uns fertig gemacht hatte, hieß es wieder auf zur Burg. Dieses mal ging es ja schon um 14:30 Uhr los, mit der wohl bekanntesten russischen Gothicrockband Doppelgänger. Eine Mischung aus Old School Gothicrock und Post Punk, brachte die Masse zum beben. Christ vs. Warhol taten dergleichen und das Publikum war nicht mehr zu bremsen. Es wurde getanzt als ob es kein Morgen mehr gäbe. Die Stimmung war da angekommen, wo sie hin sollte. Von dieser ausladenden Atmosphäre getragen, bekamen wir Hunger und gingen hinunter in die Stadt. Unser erstes wirklich polnisches Essen wartete auf uns. In alle Gärten und Einfahrten boten die Anwohner Essen und Trinken an. Wir entschieden uns für Pierogi (Maultaschen). Diese waren sehr lecker, auch wenn wir die vegetarische Variante erwischt hatten.
logosw09_1 Nach dem Essen ging es auf zu Theatres Des Vamires, welche mit ihren Kunstblutspielen auf der Bühne die Blicke der Massen auf sich zogen. Mit einer Mischung aus Black Metal, Gothicrock und dem Schauspiel auf der Bühne wirkte es wie ein Akt aus Interview mit einem Vampir. The Cassandra Complex eine wahre Legende folgte darauf. Die nun schon seit 1983 existierende Band, in immer ändernder Formation, bewiesen eindeutig warum man sie so bezeichnen darf. Diese Mischung aus Rock, Electropunk und Wave findet man nirgendwo anders. Leider ist Electro nicht immer gut. So waren Alec Empire viel zu laut und hatten dazu noch Soundprobleme, so dass viele Besucher sich erst einmal in den Burghof zurückzogen. Dort wartete man gespannt auf The Eden House mit dem Specialguest Monica Richards von Faith And The Muse. Zusammen ist diese Formation ein wahres Erlebnis.

logosw09_1 Als sich fünf Gestalten mit Skimasten auf die Bühne stellten, war es dann endlich so weit und Kirlian Camera luden zum Träumen ein. Ein faszinierender Hörgenuss war vor allem die Version von „Eclipse“, in welcher sie nicht an Gitarren sparten. Der Abend neigte sich mit der schon obligatorischen Stunde Verspätung dem Ende. Der Wind wurde immer kälter und es hieß Zähne zusammenbeißen und durch. Selbst die 10 Minuten Fussweg wären zu viel gewesen, man hätte ja dadurch vielleicht auch nur eine Minute von And One verpassen können.

logosw09_1 Sie lieferten wieder einmal eine großartige Performance ab. Auf dem Rückweg zu unsere Unterkunft, noch einmal schnell an den „Späties“, kleine Tante Emma Läden, die immer auf hatten, vorbei um noch ein paar Bier zu kaufen um sich dann zu Hause aufzuwärmen. So ging auch dieser Tag zu schnell vorbei.

Am dritten Tag, stand als erste Band Daimonion auf dem Programm. Es wurde auch schnell klar, warum sie auf nahezu allen Castle Party’s gespielt haben. Eine Mischungs auf Trance und Ambientfragmenten, verbunden mit Gitarren und der dunklen Stimme des Sängers, lässt einem die Nackenhaare zu berge stehen. Um 17 Uhr, mitten im Konzert wurde es auf einmal ruhig und eine Sirene ging im Hintergrund. Die Besucher standen da und sahen nach unten. Es waren definitiv Gedenkenminuten, aber wofür? Dieses Rätsel konnten wir leider erst lösen als wir wieder zu Hause waren. Seit am 1. August 1944 um 17 Uhr in Warschau der Aufstand gegen die deutschen Besatzer satt fand, Gedenken die Polen, jedes Jahr diesem Ereignis. Autos und Menschen bleiben stehen und die Sirenen fangen an zu heulen. Leider waren alle Durchsagen auf dem Festival in polnischer Sprache, so dass unsereins so etwas nur Erahnen konnte.

logosw09_1 Wie gespannt warteten man nun auf Faith And The Muse. Schon als der erste Klang aus den Boxen kam, war klar, dass dieses Konzert wohl zu den besten auf der ganze Castle Party gehören wird und somit das Missgeschick mit dem Akustikkonzert ausbügelt. Monica lief eindeutig zur Hochform auf. Etwas elektronischer wurde es als Anne Clark die Bühne betrat und das Publikum in einen rauschartigen Zustand versetzte und Teile der Besucher wie in Trance tanzten. Mit Clan Of Xymox war eine weitere Legende auf der Castle Party vertreten. Dieses Wort „Legende“ war übrigens eines der wenigen Worte, welches man bei den polnischen Ansagen verstehen konnte. Leider war ihr Gitarrist Mario krank. Ronny sagte das es zu persönlich werden würde mehr zu sagen und beließ es dabei. Trotz allem wurde es ein wunderschönes Konzert, welches uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Anmerkung: Von uns allen hier bei festivalhopper.de gute Besserung an Dich Mario!

logosw09_1 Damit war die Castle Party leider schon fast vorbei, nur eine Band fehlte noch. Die voller Spannung erwarteten Behemoth. Den Besuchern bot sich ein Pyrospektakel, welches man sonst nur von Rammstein erwarten würde. Für die Fotografen im Pressegraben war es reine Glückssache, ob man etwas abbekommen würde oder nicht. Brandschutzbestimmungen schien es nicht zu geben. Es wurde eines der am besten besuchten Konzerte auf der Castle Party. Da unsereins nach dem Konzert noch nicht richtig Müde war, beschlossen wir noch in einen anderen Club zu gehen. Der „Hacjenda Club“ im Vergleich zum „Old Cinema“ das genaue Gegenteil. Dort ließen wir die vergangenen Tag noch einmal bei einem Büffelwodka Revue passieren, bevor wir am nächsten Tag die Heimreise antraten.

Fazit:

Geil Geil. Geil. Zu meckern an Organisation des Festivals gibt es gar nichts. Nur eine kleine Anmerkung, die Ansagen einfach noch einmal auf Englisch zu wiederholen. Ansonsten war alles Top! Vom Aufbruch ins Unbekannte, blieb nicht mehr viel übrig. Es war einfach geniales Erlebnis, welches man mit keinem deutschen Festival vergleichen kann.

Ich schließe mich einfach den Worten von einem Mitreisenden an, als wir zu Hause waren: „Komm, wir fahren zurück!“ Vielleicht nicht mehr dieses Jahr, aber nächstes Jahr ganz bestimmt. Hier geht’s zum Vorbericht zur Castle Party 2010.

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