Sonnenrot 2010: Wetterkapriolen inklusive

News am 26. Juli 2010 von Yoda

Noch verkatert auf ein Festival zu fahren, ist nicht unbedingt die ideale Voraussetzung für einen 13-stündigen Konzertmarathon. Wenn das Festival aber direkt vor der Haustür stattfindet und sogar bequem mit der S-Bahn erreichbar ist, gibt es definitiv keine Ausreden, die einen Tag auf der Couch rechtfertigen würden.

Festivalhopperin Silvia berichtet vom Sonnenrot Festival 2010, die Fotos steuerte Lukas bei.

Aber der Reihe nach: Das Sonnenrot Festival ist der Pflichttermin für alle Münchner und diejenigen, die eher kleine Festivals mit hochkarätigem Lineups bevorzugen und keine Lust auf riesige Massenveranstaltungen haben. Nur 22 Kilometer nördlich von München liegt das Festivalgelände am schönen Echinger See und bietet damit die perfekte Location für coole Konzerte und heiße Sommertage. Und so einer war auch der erste Tag des zweitägigen Festivals: Bei ziemlich genau 36 Grad war schon die Anreise mit S-Bahn und Shuttel-Bus ziemlich schweißtreibend. Da aber noch genug Zeit bis zum ersten musikalischen Highlight des Tages blieb, gesellten wir uns zu den unzähligen Festivalbesuchern am See. Der bot die perfekte Abkühlung und war überraschenderweise nicht überfüllt sondern angenehm klar und direkt neben dem Campingplatz gelegen.

Nach einer Runde im See gings aber dann endlich auf das gemütliche Festivalgelände zu Itchy Poopzkid. Trotz der frühen Nachmittagsstunde, hatten sich schon einige hundert Fans vor der Bühne versammelt und feierten trotz der glühenden Sonne. Die Jungs rockten die East Stage und boten mit ihrem Sound viel Gelegenheit zum Tanzen. Damit standen sie ganz im Gegensatz zur nächsten Band: Get Well Soon. Konstantin Gropper versetzte die Besucher mit seinen ruhigen und vielschichtigen Klängen in eine Art Rausch. Völlig fasziniert lauschten schätzungsweise 2000 Musikliebhaber den einzigartigen Songs des letzten Albums VEXATIONS und genossen das Gefühl zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Sehr wohlwollend wurde von den bayrischen Fans auch die Tatsache aufgenommen, dass Verena, die einzige Frau der Band an der Violine, passend zum Veranstaltungsort ein Dirndl trug. Obwohl die Shootingstars der letzten zwei Jahre sicher nicht als klassische Festivalband zu bezeichnen sind, waren die würdevollen und trotzdem mitreißenden Songs von Get Well Soon der perfekte musikalische Soundtrack für diesen Sommernachmittag.

Nach dem Konzert waltete zur Freude aller überhitzen Festivalbesucher die Feuerwehr ihres Amtes und kühlte alle mit einer kräftigen Dusche etwas ab. Jetzt war es Zeit das Gelände näher zu erkunden und uns von der Qualität der kulinarischen Angebote zu überzeugen. Da alles sehr überschaubar war und es keine großen Distanzen gibt, konnten wir so auch die Shows der Stereophonics und der Kilians genießen, ohne auch nur einen Track zu verpassen. Die erste große Überraschung des Abends folgte um 20:30Uhr mit Flogging Molly, einer Band die bis Dato noch keine Spuren in unseren Plattenkoffern hinterlassen hatte. Die sieben Amerikaner überzeugten mit einer außerordentlich gelungenen Mischung aus keltischen Folk und schnellem Rock. Auch wenn wir uns erst etwas einhören mussten, war Flogging Molly definitiv die erste Band, die fast alle Besucher richtig zum Tanzen animierten konnte. Die große Bandbreite des Sonnenrot Lineups zeigte sich auch wieder im Kontrast zur nächsten Band: Mit 2raumwohnung startete die Nacht elektronisch. Auch einige der alten Popsongs gab das Duo in neuen, viel elektrolastigeren Versionen zum Besten. Inga Humpe klingt live genauso high wie auf Platte. Wer’s mag ist bei den loungigen Songs gut aufgehoben. Alle anderen haben einfach die chillige Atmosphäre genossen.

Der Abend neigte sich langsam zum Ende und es versprach eine grandiose Nacht zu werden, denn immerhin standen noch Jan Delay und die Donots auf dem Programm. Vor allem auf die wilde Soul-Show des Meisters der nasalen Sprechweise hatte ich mich besonders gefreut. Doch dann nahm alles einen etwas anderen Lauf: Als wäre es Teil der Show, begann es zeitgleich mit den ersten Akkorden von Jans Band Disko No.1 in Strömen zu regnen. Innerhalb von Sekunden war die komplette Menschenmenge vor der Bühne bis auf die Knochen nass.

Einige versuchten sich noch mit Planen und Mülltüten zu schützen andere stürzten zu einer der wenigen Unterstellmöglichkeit an einem der Essensstände. Ungefähr zehn Minuten nach Konzertbeginn kam es noch krasser: Ein extrem heftiges Sommergewitter setzte ein und sorgte für besorgte Blicke bei den Technikern und Veranstaltern. Nachdem die Blitze in riesigen Feuerstangen regelmäßig links und rechts neben der Bühne einschlugen, war auch Jan Delay etwas irritiert und bat die Fangemeide seine Eltern zu grüßen falls er das nicht überlebt.

Nach etwas mehr als einer halben Stunde und ordentlich Donner beschlossen die Verantwortlichen das Konzert abzubrechen. Ironie des Schicksal: Wenige Minuten später war der Spuk vorbei und zurück blieben nur klatschnasse, frierende und etwas enttäuschte Fans. In diesem Zustand zogen wir es vor, auf die Donots zu verzichten und den Heimweg anzutreten. Shuttel-Busse fuhren zur Genüge, nur die bayrischen S-Bahnen ließen noch eine Stunde auf sich warten. Unter diesem Vorzeichen entschied sich die neu zusammengewürfelte Festivalgruppe dann sehr dekadent für ein Taxi. Für alle die es interessiert: München-Eching = 45 Euro.

Mit trockenen Sachen aber Regenjacke im Gepäck ging es am nächsten Tag gleich zu einem der persönlichen Highlights des Sonnenrot Lineups: Friska Viljor. Gnadenlose Euphorie beschreibt die rockigen Songs und den unbeschreiblichen Gesang von Daniel Johansson und Joakim Sveningsson wohl am Besten. Die beiden Schweden und ihr Band zeigten vollen Einsatz und spielten sowohl neue unbekanntere Songs als auch ihre großen Hits wie „Shotgun Sister“ und „Old Man“.

Das süddeutsche Publikum war scheinbar noch nicht so recht vertraut mit dem hymnischen Rock aus dem Norden und konnte sich nicht recht zum abgehen hinreißen lassen. Die richtigen Fans waren am Ende des Gigs trotzdem restlos glücklich und die Schweden haben jetzt wohl ein paar neue Fans dazu gewonnen. Nordeuropäisch ging es anschließend mit DÚNÉ weiter, auf die dann die Rocker von Danko Jones folgten. Ziemlich brachial starteten die drei Jungs ihr Konzert und so blieb es dann auch. Für Besucher, die sich nicht zu den eingefleischten Fans der Band zählten, war das auf Dauer recht eintönig, auch wenn das gnadenlose Gepose der Band durchaus etwas Unterhaltsames hatte. Soviel gespielte(?) Selbstüberschätzung macht nicht immer Freunde, genauso wenig wie der letzte Satz des Lead-Sängers: „We hope that it will rain for the rest of the day“.

Und genauso kam es: Sieben Stunden Dauerregen standen uns bevor. WhoMadeWho hatte es da noch leicht – denn alle waren sicher, dass sich das Ganze gleich auflöst und tanzten gut gelaunt vor der Bühne. Der Frontfrau von The Sounds gelang es durch ihr knappes Outfit und die aufreizende Show vor allem die männlichen Besucher auf sonnige Gedanken zu bringen.

Richtig spektakulär wurde es jedoch erst mit Bonaparte! Die Show der Superlative überzeugte nicht nur mit absolut partytauglichen und einzigartigen Hits, sondern vor allem auch durch die einzigartige Bühnenshow. Im Akkord wechselten die Bandmitglieder die Kostüme und traten in tausend Rollen gleichzeitig auf: Wahlweise etwa als Zebra, Computer mit Monitorkopfbedeckung oder als halbnackte Drag Queen mit Riesendildo. Als die verrückten Stars um den Schweizer Frontmann Tobias Jundt auch noch ihren Riesenhit „Too Much“ spielten, flippte das Publikum komplett aus.

Eine richtig gute Show ganz anderer Art boten die Jungs von Tocotronic ihren vielen tausend Fans am Abend. Völlig durchnässt und schlammverschmiert tanzten die Festivalbesucher in den kleinen Seen, die sich vor der Bühne gebildet hatten zu neuen Hits und den Klassikern aus den 90igern. Die Stimmung war auch nach fünf Stunden Regen immer noch grandios, auch wenn nach dem letzten Akkord viele eilig zu den Ausgängen stürmten. Völlig durchgefroren und komplett eingesaut entschieden auch wir uns schweren Herzens auf die eigentlichen Headliner des Festivals zu verzichten. Aber im nächsten Jahr kommen wir auf jeden Fall zurück, denn die Stimmung und die Location sind absolut sehens- und hörenswert. Und dann spielt hoffentlich auch das Wetter für die Headliner mit….

Hier gibt es weitere Bilder vom Sonnenrot Festival 2010!

Wir berichteten bereits im Voraus über das Sonnenrot und den Zeitplan des Festivals. Weiteres zum Sonenrot gibt es hier bei uns und auf www.sonnenrot.com.

UPDATE im AUGUST:

Aus einigen kurzen Videosequenzen, beim Sonnenrot 2010 aufgenommen hat Festivalhopper Lukas noch ein kleines Video Review zusammengeschnitten. Viel Spaß beim Anschaun!

5 Kommentare zu “Sonnenrot 2010: Wetterkapriolen inklusive”

  1. Nummer 1: die Festivalhopper sagt:

    Update mit einem schicken Videozusammenschnitt vom Sonnenrot ergänzt.

  2. Nummer 2: Was war dein Festival 2010? | Festival News sagt:

    […] nächste Festivaltipp kommt von unserem Reporter Lukas, der 2010 beim Sonnenrot, HopFarm, Frequency und Rock en Seine dabei war: Wer den Festivalsommer richtig schön […]

  3. Nummer 3: Sonnenrot Festival startet mit Weihnachts-Tickets | Festival News sagt:

    […] kurz zu den Wetterproblemen des Sonnenrot Festivals. Nachdem in 2009 bereits wegen starken Unwetterwarnungen das Gelände evakuiert werden musste, […]

  4. Nummer 4: Programmstart fürs Sonnenrot Festival 2011 | Festival News sagt:

    […] der Wetter-Kapriolen in den vergangenen Jahren (siehe Bericht vom Sonnenrot 2010), wird das Sonnenrot auch 2011 wieder stattfinden – diesmal am 15. und 16. Juli. Die […]

  5. Nummer 5: Sonnenrot 2011 – endlich mal gutes Wetter | Festival News sagt:

    […] Jahren wurde das Sonnenrot Festival extrem vom schlechten Wetter gebeutelt (Konzertabbruch wegen Blitzeinschlägen neben der Bühne bei Jan Delay letztes Jahr, Evakuierung des Zeltplatz wegen schwerem Unwetter im Jahr davor). Dieses Mal gab es schon zum […]

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