Southside 2010 – Chronik einer angekündigten Schlammschlacht

News am 25. Juni 2010 von William

Nach unserer kurzen Wasserstandsmeldung vom Southside 2010 und dem ausführlichen zweiteiligen Bericht vom Hurricane (Freitag + Samstag und hier Sonntag + 2011) präsentieren wir euch hier noch einen Erfahrungsbericht eines Schlammside-Besuchers. Vielen Dank an William für die Bereitstellung von Text-, Bild- und Videomaterial.

(Ein weiterer Southside Rückblick 2010: Fieser Matsch vs. feinste Musik Southside 2010)

Here we go:

Mein zweites Mal Southside und es hätte fast nicht stattgefunden.

Donnerstag vor dem Southside

Alles war gepackt, und das Zelt war sogar schon auf dem Weg nur mein Ticket noch immer in der Post. Als dann der Kurier am Nachmittag kam, hab ich ihn glatt vor Freude umarmt. Bei SWR-DasDing gab es im Blog schon die ersten Bilder zu sehen. Besonders dieses Bild hat mir doch einen ordentlichen Schock verpasst.

Die Bühne stand noch nicht Mal komplett und es hatte sich schon ein Teich vor der Bühne gebildet.

Ich gucke im Fernsehen den Wetterbericht. Ben Wettervogel sagt: ‚Am Wochenende ist Herbst! Tut mir leid..‚ und zuckt mit den Schultern. Bei Temperaturen von 8-12 Grad musste ich dann nochmal umpacken. Sonnencreme raus, Regenschirm rein. Nachts erreichten mich die erste SMS: ‚Schlafen im Auto, Zeltaufbau unmöglich, Platzregen Nonostop!‚ Auweia!

Southside 2010 – der Freitag

Wir sind ganz umweltfreundlich mit der Mitfahrgelegenheit aus dem Southside Forum von Frankfurt nach Neuhausen gekommen. Die vier Stunden vergingen wie im Flug, und bevor es los ging hat man schon die ersten Leute kennen gelernt.  Bei Superwetter sind wir losgefahren, jedoch wurde das Wetter im Laufe der Fahrt immer bedrohlicher. Der Himmel war so schwarz, es kam uns vor als würden wir vom Auenland nach Mordor reisen.

Nachdem wir auf der Fahrt festgestellt haben, dass alle die Gummistiefel vergessen hatten, wurden auf der Fahrt alle möglichen Schuhläden, Baumärkte etc nach Gummistiefeln abgeforscht. Erfolglos gaben wir auf, um das Spiel Deutschland-Serbien nicht zu verpassen. Auf dem Parkplatz wurde uns klar, dass das das härteste Wochenende ohne Gummistiefel werden würde.

Lauter Menschen, die von oben bis unten in braunem Schlamm bedeckt waren. Selbst die Parkanweiser standen in dünnen Regenjacken und barfüßig da und fragten uns nach Gummistiefeln und Jacken, weil sie komplett durchnässt waren. Dafür war diesmal die Schlange echt klein und man kam super flott auf das Gelände.

Nachdem wir unsere Crew gefunden hatten, wurde erstmal das erste Bier des Tages geöffnet und schnell damit zum Public Viewing gelaufen. Vom Spiel haben wir leider nichts mitbekommen, weil es übertrieben voll war und die reinste Schlammschlacht obendrein. Zurück bei unseren Zelten musste ich feststellen, dass ich meine Tasche genau in die Pfütze in unserem Zelt geworfen hatte. Egal, es war ohnehin schon alles nass. Außerdem lies sich die Sonne blicken und für einen kurzen Moment war es T-Shirt Wetter.  Das haben wir dann auch richtig gefeiert mit Apfelwein.

Als ich total dicht vom Kotzen eines Kumpels wach wurde, war es bereits dunkel. Nach einem Blick auf den Timetable wurde mir klar, dass ich bereits einige tolle Acts verpasst hatte. Nun rannten wir schnell zum Festivalgelände, ich wollte unbedingt The XX sehen. Es gibt keine Band die schönere Musik macht, die ‚KonsensBand‘ schlechthin.  Alle lieben sie. (youtube)

Während des Konzert versank das Publikum immer mehr im weichen Matsch. Als ich meinen Fuß aus dem Schlamm ziehen wollte, blieb die Sohle meines linken Schuhs im Schlamm stecken. Schnell zum Zelt und mit Gaffa-Tape retten, was zu retten ist. Mittlerweile war meine Hose auch komplett von nassem Schlamm überzogen. Auf dem Rückweg hab ich dann einen Freund getroffen und ihn mit zur White Stage geschleppt.  Es war Zeit für den Auftritt von The Bloody Beetroots – Death Crew 77. Die legendäre Live Show der italienischen DJs mit Drummer und Live Synthies. Wie krass es abging. Die Meute ist konstant ausgerastet und es war grandios zu sehen wie fordernd die Crowd war. Wahnsinn!  Als ich kurz aufs Klo musste habe ich entdeckt, dass Massive Attack gerade ihren Überhit ‚Teardrop‚ spielten – das war so schön, da musste ich kurz inne halten und das genießen. Nun zurück zu den Beetroots. Als ich rein kam haben sie gerade New Noise von der schwedischen Punk Legende Refused angestimmt. Es war der Hammer wie die Leute auf der White Stage ausgerastet sind.

Der Rest der Nacht wurde damit verbacht, LKW-Planen über unsere Zelte zu hängen und dabei zu trinken. Es war Platzregen für den Morgen angekündigt. Neben uns wurden bereits die die Zelte abgebrochen und die Schweizer Nachbarn haben den Heimweg angetreten.

Der Samstag – Regen, Regen, Sonne

Als wir wach wurden, haben wir schon direkt den Regen gehört. Es war furchtbar. Nonstop 9 Stunden Dauerregen. Wir hatten alle gar keinen Bock in unsere Schlamm-Schuhe und Hosen zu steigen. Wir haben dann einfach weiter geschlafen bis fünf Uhr Nachmittags, wir hatten sowieso einen Hammerkater. Um sechs Uhr ging es dann mit dem Jägermeister Hochsitz in die Lüfte, ein Freund hatte beim SMS Gewinnspiel am Getränkestand gewonnen. (SIEHE VIDEO) Faszinierend wie grün es doch war um das Festivalgelände herum, das Gelände selber war braun.

Während wir oben in der Luft hingen, haben wir ein paar Mädels kennen gelernt die auch unbedingt zu Phoenix wollten.  Als wir uns beim Getränkestand Nachschub hohlen wollten, erlebten wir einen verzweifelten Versuch mit einem 500 Euro Schein zu bezahlen. Auf einem Festival! Da fiel ich zum ersten Mal mit dem Hintern in den Schlamm vor Lachen. Es war echt unfassbar wie schlammig es überall war. Es war als hätte man an jedem Fuß zehn Kilo Blei. Das Konzert von Phoenix war super. Es war warm, die Sonne schien und die Stimmung war super. (VIDEO)

Nach dem Konzert kam ein lang erwarteter Anruf. Ein Freund aus Stuttgart hatte uns Gummistiefel besorgt. Endlich. Es war auch echt die die Rettung. Mit den neuen Gummistiefeln konnte man dann super laufen und man war glatt doppelt so schnell. Es hat richtig Spaß gemacht durch die Badlands zu laufen. (VIDEO)

Am Abend waren wir alle schon heiß auf die Beatsteaks und Deichkind. Die beiden Bands hatten 2008 einfach die krassesten Sets gespielt. Die Beatsteaks waren super. Sie haben sogar neue Songs vom kommenden Album gespielt und viele schöne alte Klassiker zum pogen und abgehen. (VIDEO1, VIDEO 2)

Die Enttäuschung des Festivals war Deichkind. Es ging leider nicht so gut ab wie vor zwei Jahren. Das Material ist auch etwas ausgelutscht gewesen, da RemmiDemmi auf jeder Mallorca Fete läuft. Einziges Highlight war ein Gastsänger der ‚The Power of Love‚ sang.

Als dann immer mehr Leute um uns davon redeten, dass in der White Stage wieder voll der Punk abging, haben wir uns denen angeschlossen und sind zu Mr. Oizo. Mein Gott, diese kleine Franzose mit Bart hat absolut überrascht, total Festival tauglich hat der die Meute echt zum Tanzen gebracht bis der Schweiß von der Decke tropfte. Absolutes Highlight der Kerl. (Video)

Leider war es das auch schon für den Tag. Wir haben dann verzweifelt versucht, ins Partyzelt rein zukommen, aber die Schlange war viel zu lang. Auf dem Zeltplatz haben unsere Münchener Nachbarn gerade eine Geburtstagsparty gefeiert. Das Geburtstagskind hat ein Fass Bier gespendet. Danke Gunnar. Als es hell wurde konnten wir dann endlich einpennen.

Sonntag – viele Leute schon weg

Als ich Sonntag wach wurde, war ich erstmal unter Schock. 12 von 18 Leuten haben schon den Heimweg angetreten. Einfach so aufgegeben wegen dem Wetter. Ich habe dann erfahren, dass ein Freund im Schlamm ausgerutscht ist und gegen den Wellenbrecher gefallen ist und eine Platzwunde quer über Gesicht hatte und jetzt im Krankenhaus Tuttlingen liegt. Er schrieb in der SMS: ‚Naja wenigsten kann ich heute in Ruhe Fußball gucken‘. Gut zu wissen, dass er seinen Humor nicht verloren hatte.

Nach einem etwas gedämpften Nachmittag bei Frank Turner und Biffy Clyro beim typischen Sonntag Nachmittag Blues auf dem Festival, wurden wir erst bei den Deftones wieder richtig heiß. Die neuen Songs sind richtig fett und Chino Moreno hat ca. 20 Kilo abgenommen. Wow. Danach hatte sich dann auch der Rest der Bande entschlossen, nach Hause zu fahren. Auf einmal war ich alleine. Aber ich wollte nicht aufgeben nur wegen so nem bisschen Schlamm und Regen.

Als ich allein war musste ich feststellen, dass mein HandyAkku leer war. (Das Southside braucht unbedingt Handy-Auflade-Stationen) Zum Glück habe ich alle Nummern auf einem Zettel aufgeschrieben von Freunden die auch noch auf dem Festival sind. So habe ich dann einen anderen Bekannten aus Stuttgart gefunden. Wir haben uns dann die Newcomer Two Door Cinema Club angesehen. Das war echt super Sommermusik, leider passte die Stimmung nicht so ganz, aber man konnte schon sehen, aus den Jungs werden mal ein paar ganz Große. Da bis dahin die beste Stimmung immer auf der WhiteStage war, haben wir uns zu Erol Alkan bewegt. Der war klasse, es war wohl auch die einzige Stage mit Frauenüberschuss.

Nachdem wir uns in Stimmung getanzt hatten, haben wir uns was zum Snacken gekauft und den HotDog in der Red Stage gegessen während Charlie Winston seine Hits als Zugabe sang. Dann endlich das Highlight des Sonntags: BoysNoize! Das deutsche Musik Aushängeschild vielen noch bekannt als Kid Alex.  Nachdem die News kam, dass er dieses Jahr die Abschlusskundgebung der Love Parade macht und der Auftritt am Samstag auf dem Hurricane abgesagt werden musste, da sich die Fans schon kurz vorher zu Frittenbude ins Zelt gezwängt hatten bis es Eskalationen gab, waren alle auf dem Festival schon sehr gespannt, was uns wohl erwartet. Es war der Mörder schon beim Intro stand das ganze Zelt Kopf und es war unfassbar heiß. Nach einer halben Stunde musste mein Freund mich vom Boden aufgabeln und raustragen.

Wir haben dann kurz bei La Roux relaxt und sind dann wieder rüber zu BoysNoize. Er hat echt die Bude gerockt. Irgendwann haben dann alle eine riesen Sitzlaola gestartet, es war herrlich. Am Ende hat er dann seinen neuen Remix von den Chemical Brothers ‚Swoon‚ gespielt. Just remember to fall in love, theres nothing else, there is nothing else……. Das waren die letzten musikalischen Töne auf dem Festivalgelände und es war super wie voll es war.

Zum Glück habe ich dann im Zelt auch noch eine Mitfahrgelegenheit zurück nach Frankfurt gefunden, da ich einen alten Schulkameraden getroffen hatte.  Zufälle gibt es manchmal.

Das Southside 2010 war ‚DAS Festival‘

Erst wenn man vor der Konzertstage immer mehr im Schlamm versinkt, der Regen von oben und unten gleichzeitig kommt und der kalte Wind dir in den Nacken bläst, fühlt man sich so lebendig wie selten zuvor im Leben. Die Crowd war der wahre Sonnenschein des Festivals. Es gab so viele positive Vibes wie auf einem Reggea Festival und die Leute waren total entspannt. Der Schlamm hatte so etwas vereinendes; egal ob Spießer oder Atze, alle hatten mit dem Schlamm zu kämpfen und wurden eine ganz große Festival Community.  Vor den Bühnen waren dann auch wirklich nur MusikLiebahber die gerockt haben. Es war vom Feeling das perfekte Festival.

Ich freue mich tierisch auf nächstes Jahr!

2 Kommentare zu “Southside 2010 – Chronik einer angekündigten Schlammschlacht”

  1. Nummer 1: Hurricane 2010 – ein gelungenes Fest | Festival News sagt:

    […] Nachdem im Vorfeld einige Pessimisten von einem völlig verregneten Wochenende ausgegangen sind, war das Wetter beim Hurricane Festival 2010 kein großes Problem. Okay allzuviel Sonne gab es nicht und die Nächte waren verdammt kühl, aber immerhin gab es neben den obligatorischen Schauern nur einen richtigen Regenguss für 15 Minuten am Sonntag Nachmittag bei Vampire Weekend. Das Southside 2010 war da wirklich um Welten schlechter dran… lest mehr bei den Festivalisten oder auch hier im Schlammbericht bei uns. […]

  2. Nummer 2: Southside 2011: ein Blick zurück! | Festival News sagt:

    […] Wettermäßig nahmen sich Hurricane und Southside dieses Jahr nicht viel – der Vergleich zum “Schlammside 2010” liegt nicht fern, auch wenn es dieses Jahr nicht ganz so schlimm war (Fieser Matsch vs. feinste Musik 2010 und Chronik einer angekündigten Schlammschlacht 2010). […]

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