Lollapalooza 2019 – das Hauptstadtfestival im Rückblick

News am 9. September 2019 von awi

Letztes Wochenende ging das fünfte Lollapalooza in Berlin über die Bühne – die zweite Ausgabe am selben Ort. Obwohl das Festival auch dieses Jahr wieder im Vorhinein in den Schlagzeilen bezüglich der Location war (zum Thema Hotelübernachtungen für Anwohner*innen), merkte man dem Ablauf und der Organisation an, dass das Lolla Team das erste Mal kleine Fehler des letzten Jahres (wir berichteten) verbessern konnte, statt wieder Hals über Kopf woanders hin zu ziehen.

Um so etwas wie das von Besucher*innen wohl nicht so liebevoll getauftes #GuettaGate 2018 zu vermeiden (David Guetta Fans wurden wegen Überfüllung nicht mehr ins Stadion gelassen), hat das Lollapalooza zusätzliche Sitzplätze im Olympiastadion eingeplant. Bessere RFID-Chip Aufladeinfrastruktur verhinderte lange Schlangen, ebenso wie das fast schon mantrahafte Wiederholen auf Social-Media Kanälen, doch bitte vorher schon Geld auf das Ticket zu laden. Probleme gut gelöst! Stattdessen beschwerten sich Besucher*innen (zurecht) über andere Punkte: Chaotische Einlässe an den „Lolla-Circles“, speziellen Bereichen für Inhaber*innen von teureren Ticket-Kategorien („Experience-Ticket“), doch noch viel mehr über den katastrophalen Sound auf der Main Stage North und teilweise auf der EDM Stage („Perry’s Stage“) im Olympiastadion.

Das Soundproblem hatte zwei Aspekte: Häufig war die Anlage viel zu leise. Bei Tom Walker konnte man sich direkt vor den zweiten Boxentürmen unterhalten, als würde man die Musik im Nebenzimmer über eine nur mittellaute Stereoanlage laufen lassen. Ein Facebook-Kommentar bemerkt, dass es bei Scooter fast schon lauter war, den Livestream über seine iPhone Lautsprecher laufen zu lassen. Dieses Problem zog sich über den ganzen ersten Tag, teilweise noch über einige Acts am zweiten Tag. Zweitens: Der Sound, der ankam, war häufig nicht gut gemischt. Der Bass teilweise arg undefiniert, die Stimmen viel zu leise. Dass es auch anders ging, zeigte an beiden Tagen der jeweilige Headliner: TWENTY ØNE PILØTS drehten am Samstag richtig auf und Kings of Leon zeigten am Sonntag noch mal, was für einen glasklaren, ausgewogenen Klang man eigentlich aus der Soundanlage kitzeln kann. Das Lolla versprach nach dem ersten Tag, nachzubessern, schaffte das aber nur bedingt: So waren Olli Schulz und Khalid immer noch nur mäßig abgemischt. Ein absoluter Fauxpas auf einem so großen Festival!

Das Booking des Lollapalooza war hingegen, trotz des (leider noch immer!) enormen Männerüberschusses im Line Up, clever und passend für das Publikum bei einem Stadtfestival: Vom vorausschauend gebuchten Goldgriff Billie Eilish über Pop-Acts, die sonst selten auf Festivals zu sehen sind (z.B. Rita Ora, Khalid), EDM-Größen wie Swedish House Mafia und Martin Garrix bis hin zu etablierten Stimmungsacts (Casper & Marteria, einziger Festivalauftritt von Kraftklub in diesem Sommer).

Shooting Star Billie Eilish ist ein Phänomen. Wie sehr die 17-Jährige gefeiert wird, hört man am Kreischen beim gut platzierten Opener „Bad Guy“, bei dem kurz mal das gesamte Gelände ausrastet als mit dem Start des Beats Billie Eilish die Bühne betritt. Dass zum Teenager Pop-Phänomen eigentlich eher ruhigere, vertracktere Songs wie „Bury A Friend“ gehören, merkt man in der Mitte des Set, wo die Spannungskurve einen argen Knick bekommt. Für eine Künstlerin, die bereits im Januar die Milliarden-Stream-Marke geknackt hat, fährt Billie Eilish insgesamt wenig Show auf. Man darf gespannt sein, wie sich ihre Bühnenproduktion in Zukunft noch entwickelt!

TWENTY ØNE PILØTS fahren deutlich mehr Show auf – nicht nur dadurch, dass Tyler auf der Bühne verrät (und zeigt!), dass seine Frau schwanger ist. Josh und Tyler haben Feuer mit im Gepäck, Crowdsurfing-Drums und große Showgesten, die manchmal schon fast an die EDM Kollegen drüben im Olympiastadion erinnern. Eine beeindruckende Dramaturgie, die den Headliner-Status der amerikanischen Band zementieren.

 

2016 berichteten wir von einem ambivalenten Auftritt der Kings of Leon beim Lollapalooza mit einer eher lieblosen Setlist, durch die sich Sänger Caleb Followill hangelte. Dieses Jahr überraschte Caleb mit guter Laune und der gesamte Followill Clan mit einer Playlist und Reihenfolge, die eher auf Fan-Gigs als auf Festivalauftritte zugeschnitten schien: Mit dem mittlerweile sehr raren „Cold Desert“, ebenso wie mit „Black Thumbnail“ als furiosen Abschluss, wie es die Jungs aus Nashville über lange Zeit in der Setlist platziert hatten.

Besser mitsingen als 2016 konnte das Berliner Publikum zwar immer noch nicht (außer natürlich bei den Überhits „Sex On Fire“ und „Use Somebody“, was lautstärketechnisch fast mit Billie Eilish gleichziehen konnte), aber Caleb schien es deutlich weniger zu stören. Nach all den Soundproblemen des Wochenendes war es außerdem wie bereits erwähnt eine Offenbarung, den (wie immer) ausgezeichneten Klang von Kings of Leon über die Anlage zu hören – da kann Olli Schulz noch so viel schlecht über Kings of Leon kalauern, soundmäßig und musikalisch spielen KOL einfach in einer anderen Liga.

Wir sind gespannt, was das nächste Jahr beim Lollapalooza bringt, sowohl bezüglich des Bookings, der Location als auch des Sounds. Zur Sicherheit bringen wir vielleicht nächstes Jahr einfach eine Bluetooth-Lautsprecherbox mit.

Das nächste Lollapalooza wird 5. & 6. September 2020 an gleicher (!) Location stattfinden.

Ein Kommentar zu “Lollapalooza 2019 – das Hauptstadtfestival im Rückblick”

  1. Nummer 1: Lolla Berlin 2020: Termin & Location sagt:

    […] Der Vorverkauf fürs LollaBerlin 2020 hat noch nicht gestartet. Den Rückblick 2019 der Festivalhopper Jana und Aaron gibt es hier: Lollapalooza 2019 – das Hauptstadtfestival im Rückblick. […]

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