Viele haben Monate lang darauf und der Last-Minute-Ausverkauf sorgte für noch viel mehr Vorfreude: Endlich wieder Highfield! So pilgerten erneut 35000 Rockfans an den Störmthaler See im Leipziger Süden. Mit einem ausgewogenen Line-Up Mix aus Rock-Bands und Hip-Hop-Künstlern versprach das Wochenende vom 17. – 19. August wieder legendär zu werden.
Die erste Band die wir unbedingt sehen wollten, waren die ehrwürdigen Highfield-Veteranen von „The Subways“. Doch da die A14 mehr Flickenteppich als Autobahn ist, und man wie Super Mario von einer Stau-Baustelle zur nächsten sprang, verpassten wir leider die Briten. Aufgeheitert wurden wir dann aber doch noch vom hauseigenen Festivalradio „Camp FM„, welches im Radius von 10 km zu hören war und immer die neuesten Infos an die Festivalrocker in die Mittelwelle sendete.
Mit den 257ers kam uns dann der erste Act vors Auge. Die Spaßrapper aus dem tiefsten Kohlenpott des Ruhrgebiets drehten auf der Blue Stage komplett auf. Doch damit nicht genug: Kurz vor Set-Ende zündeten die Essener die Badebombe und starteten eine ausufernde Schaumparty.
Lokalmatador Clueso flowte gleichzeitig auf der Green Stage. Der Erfurter Junge erinnerte die Festival-Gemeinde auch gleich daran, dass das Highfield eigentlich eine Thüringer Erfindung ist und der Name Highfield sich vom im Erfurter Süden gelegenen Stausee Hohenfelden ableitet, dem FK Scorpio aus Platzgründen 2010 den Rücken kehrte. Mit alten und neuen Hits vom Album „Neuanfang“.
Zum späteren Abend erlitten eingefleischte Highfield Fans ein Déjà-vu: Unwetterwarnung auf allen Leinwänden und prasselnder Regen auf dem Festivalgelände. Doch bei so einem Wetter drehen Bands wie die Dropkick Murphys erst richtig auf. 75 Minuten rockten die windgestählten Männer aus Boston mit irischen Wurzeln die Bühne und fühlten sich augenscheinlich mehr als wohl. So packte Sänger Ken Casey an und schnappte sich den Bodenwischer und fegte das Wasser von der Bühne, während er die Dropkick Murphys Hymnen durch das Mikrofon schmetterte. Die Fans feierten diese Aktion, auch wenn dabei leider die Kamerafrau im Bühnengraben nass gemacht wurde.
Wortakrobat Alligatoah beendete den Festival Freitag auf der Blue Stage, bevor die Kanadier von Billy Talent als Freitags-Headliner die Blue Stage betraten. Diese hatten noch eine Rechnung mit dem Highfield offen, wurde doch ihr Konzert im vergangenen Jahr wegen Unwetter abgesagt. Nun zuckten die Blitze aber nur um den Störmthaler See herum und sorgten für eine beeindruckende Kulisse. Sänger Benjamin Kowalewicz bedankte sich auch sofort wieder dabei sein zu dürfen und legte auch sofort mit harten Gitarren Riffs los. Ein großartiges Finale für den ersten Tag des Highfields.
Der Regen war auch dringend nötig um wenigstens etwas gegen die Staubwolken auf dem Festivalgelände zu wirken.
Doch leider war die Freude nur von kurzer Dauer, denn am Samstag lachte die Sonne wieder über dem Störmthaler See und trocknete den Boden kräftig aus. Wer konnte, erfrischte sich zwischen seinen Lieblingsacts im See und lauschte den Klängen der Beach Stage. Wir starteten mit Swiss & die Anderen in den Festival-Samstag und lauschten den herben Punker-Klängen, gefolgt von den Ska-Punkern von Sondaschule aus dem Ruhrpott. Auf der Green Stage machten sie keinen Gefangenen und rockten bei ballerndem Sonnenschein mit den Festival-Besuchern um die Wette.
Mit Rap, aber nicht weniger wütend, ging es auf der Blue Stage und Zugezogen Maskulin weiter. Die beiden Jungs aus dem hohen Norden zappelten nicht lange und ließen ihre Fans bereits beim Soundcheck ordentlich Staub aufwirbeln. Dadurch gab es fast 25 % mehr von Zugezogen Maskulin als erwartet.
Anschließend machten wir einen Streifzug über den Camping Platz um Eindrücke von der ausgelassenen Stimmung mit einzufangen. Aufgefallen ist uns dabei, dass die Zelte und Pavillions sehr eng beieinanderstanden und jeder Quadratzentimeter effektiv genutzt wurde. Trotz der Enge war die Stimmung grenzenlos und an jeder Biegung hätte man in ein neues Flunky Ball Turnier einsteigen können. Gekühlten Nachschub gab es beim Campingplatzeigenen Supermarkt, der den täglichen Festivalbedarf abdeckte.
Zurück auf dem Festivalgelände hörten wir uns Kettcar an. Die Elder Statesmen der Hamburger Schule meldeten sich diesen Festivalsommer mehr laut als leise wieder zurück und rockten die Green Stage. Man merkte es Ihnen an, dass sie sich gefreut haben in Sachsen spielen zu dürfen, besonders mit ihren politisch wichtigen Songs „Löcher im Zaun – Sommer 89“ und „Der Tag wird kommen“.
Unser persönliches Highlight folgte danach mit den Donots. Die Münsteraner Band war kurzfristig (drei Tage vorher!!!) für Bad Religion eingesprungen, die aufgrund eines familiären Notfalls absagen mussten. Das Booking war sogar so kurzfristig, dass die Band keinen Bus buchen konnte, sondern mit dem ICE anreisen musste und somit das neue Sub-Genre ICE-Punk geboren wurde. Und der kannte keine Bremsen! Die Donots schmetterten ihre Deutschen und Englischen Hits, das Publikum bedankte sich mit minutenlangem skandieren des Bandnamens und Mosh Pits bei fast jedem Song. Bad Religion würdigten sie mit einem Cover des Songs „Do What You Want“. Die Antilopen Gang ließ es sich ebenfalls nicht nehmen und stürmten die Bühne um beim Song „Kaputt“ mit aller Sangeskraft zu unterstützen. Um die Familienfeier komplett zu machen, kam beim Song „Problem kein Problem“ Nathan Maxwell von Flogging Molly auf die Bühne und übernahm die Gitarre. Nach einer Stunde war der Zauber leider auch schon wieder zu Ende. Die Band stand mit offenen Mund auf der Bühne und konnte diesen magische Augenblick nicht in Worte fassen, hatte Gänsehaut und war den Tränen nahe. Bestes Konzert auf dem Highfield bis jetzt.
Mit der nachfolgenden Band waren die Donots bereits gemeinsam auf Tour: Flogging Molly standen auf dem Plan. Die kalifornischen Granden des Irish-Folk Punk fingen da an, wo die Donots aufgehört haben und rockten die Green Stage hart. Aber auch hier sollte die Familienatmosphäre nicht zu kurz kommen. Gitarrist Nathan Maxwell hatte am 18.8.18 Geburtstag und bekam vom Team eine Geburtstagstorte spendiert. Neben dieser schönen Geste coverte die Band auch R.E.S.P.E.C.T. von der kürzlich verstorbenen Soul-Legende Aretha Franklin.
The Hives waren leider der erste Downer des Festivals. Sänger Per Almqvist verschwendete gefühlt die Hälfte der Zeit mit Moderation und Anfeuerungen des Publikums, sodass kein richtiger Flow in das Konzert kam. Sehr schade, trotz der tollen Songs.
Der Samstagsheadliner waren die Broilers, die mit Sachsen und ganz besonders Leipzig ihre zweite Heimat gefunden haben. Mit harten Riffs und mitfühlenden Texten fesselten sie das Publikum und sorgten für die größte Feierei des Wochenendes, welches in einem großartigen Feuerwerk mündete. Schöne Geste der Broilers: sie spielten zum Abschluss ihres Konzertes ihr aller erstes Lied, das unter dem Bandnamen Broilers komponiert wurde.
Der Sonntag began mit Maximo Park, Klassischer Brit-Indierock. Sänger Paul Smith der aus jeder Show mit seinen gewagten Sprungeinlagen eine Aerobic-Stunde macht. Großartige Show, wenn auch etwas zu früh für die Band.
Die Punker von ZSK hatten ein Tag zuvor noch einen Anruf von den Donots bekommen, die immer noch von ihrem gestrigen Konzert schwärmten. So ein Konzert wollten die Berliner natürlich auch auf die Bühne legen. Und das taten sie auch. Mit ihrem Nach-Vorne- Rock zeigten sie den Besuchern bereits, wie sehr sie sich auf diesen Gig freuen. Joshi der Frontmann nutze die Bühne zum Parkour laufen. ZSK machten das, wofür sie seit vielen Jahren bekannt sind, Punkpock.
Einen heftigen Genrewechsel gab es später mit den Hamburgern von Fünf Sterne Deluxe. Mit gutem deutschem Old-School-Rap zeigten sie dem Publikum und der Soundanlage wie Basslastig Hip-Hop sein kann. Auch wenn die Herren etwas in die Jahre gekommen sind lieferten sie trotzdem bravourös ab.
Nach einer kleinen Verschnaufpause gönnten wir uns die Editors, die mit ihren Synth-Balladen in andere Sphären beamten. Wer Sänger Tom Smith noch nie live Performern gesehen hat, sollte dies dringend nachholen. Voller Körpereinsatz und Gänsehaut-Timbre in Personalunion.
Bei den Nachfolgenden Mando Diao hatten wir gemischte Gefühle. Auf der einen Seite war es eine schöne Zeitmaschine in die zweite Hälfte der 00-Jahre und ließ einen nochmal in Jugendzeiten schwärmen. Doch leider ist das Fehlen von Sänger Gustaf Norén mehr als deutlich geworden, der die Band 2015 verlies. Wenn Björn Dixgard mit seiner schroffen Stimme den harten Part der Band innehatte, verlieh Gustaf mit seiner geschmeidigen, fast nasalen Stimme der Band etwas Weiches und sorgte somit für die großartige Mischung in der Band, die wir all die Jahre so gefeiert haben. Doch diese Zeiten sind leider vorbei, long before Rock’n’Roll. Schade.
Mit Marteria sollte das Festival zu Ende gehen, aber nicht ohne großen Knall. Der Buschfunk hatte es den Tag über schon gestreut: Casper ist mit Marteria auf dem Zeltplatz unterwegs. Somit war die Erwartungshaltung besonders groß. Und Marteria bediente sie! Einen geschmeidigen Abriss organisierte der Rostocker und bereitete die Bühne entsprechend vor bis Casper auf die Bühne trat. Die beiden performten „Champion Sound“, „Supernova“ und „Adrenalin“ von dem kommenden gemeinsamen Album und das versprach Lust auf mehr.
Und dann war es leider schon wieder vorbei. Das 21. Highfield war ein großes Fest. Das Wetter hat uns nicht im Stich gelassen, die Musiker hatten Bock auf das Festival und die Besucher waren gut drauf. Rundum ein sehr gelungenes Wochenende mit vielen wundervollen Erinnerungen an gute Livemusik.
Der Vorverkauf fürs Highfield Festival 2019 hat bereits begonnen. Wer also ein mit Sicherheit musikalisch großartiges Wochenende haben möchte sollte unbedingt zuschlagen.
Fotos: Nikolas Khurana
13. Dezember 2018 um 12:18
[…] Euch hier auch unseren Rückblick auf die letzte Festivalausgabe an: “Highfield 2018: …wie eine große Familienfeier“. Weiteres zum Highfield 2019 hier und auf http://www.highfield.de, hier könnt ihr Highfield […]
20. August 2019 um 09:25
[…] Highfield 2018: …wie eine große Familienfeier, […]