Das 28. Wacken Open Air neigt sich dem Ende zu. Am letzten Festivaltag geben nicht nur die Bands noch einmal alles, auch das Wetter gibt sich von seiner besten Seite. Kein Regen, wenig Wolken, strahlend blauer Himmel. Perfektes Wetter, um vor den Bühnen den Bands ordentlich Tribut zu zollen.
Lest auch die anderen Rückblicke unserer Reporter: „Wacken 2017 – Bergfest am Freitag„, sowie „So läuft Wacken 2017 – Metal, Matsch und Yoga„. In unserer Galerie gibt es auch schon reichlich Bilder aus Wacken 2017 Wacken 2017 Mi / Do und Wacken 2017 Fr / Sa – weitere folgen noch!
Doch bevor auf den großen Bühnen ein musikalisches Abschlussfeuerwerk gezündet wird, kann der Metalhead mit Metal Yoga ein letztes Mal in den Tag starten. Im „Welcome To The Jungle“ Zelt bringt Saskia Thode von Yoga Metal Bones die zahlreichen Frühaufsteher zum Schwitzen. Wer danach direkt rüber in den Bullhead City Circus stolpert, erhascht noch die letzten Töne von Victims of Madness, die den Grave Digger Klassiker „Rebellion“ covern. Ganz anders als klassischer metallisch klingt die nächste Band The Hirsch Effekt. Die drei Hannoveraner lassen sich nicht gern in eine Genreschublade stecken und bezeichnen ihren Stil als Indielectro-Post-Punk-Metal-DIY. Klingt abgefahren, ist es auch. Obwohl der Durchschnitts-Wackenbesucher mit Metalhymnen begeistert werden kann, schaffen The Hirsch Effekt, dass immer mehr Metalheads ihren Kopf ins Zelt stecken und neugierig ihrer Musik lauschen. Harte Songs mit groovigen Einlagen und deutschen Texten kommen gut an beim Publikum. Leider ist nach einer halben Stunde bereits das Ende ihrer Spielzeit erreicht.
Aber kein Grund zum Trübsal blasen, denn das gute Wetter vorm Zelt lädt ein zu einem Spaziergang über das Festivalgelände oder gar um einen letzten Ausflug ins Dorf Wacken selbst zu unternehmen. Noch einmal durch das kleine Dorf schlendern und im legendären Edeka einkaufen gehen, bevor es heißt „Goodbye Metalheads, See you in Wacken 2018“!
Oder man schlendert einfach zur Louder Stage, denn dort gibt es Rage auf die Ohren. Obwohl die Mannschaft um Frontmann & Bassist Peter „Peavy“ Wagner bereits 2 mal, seit der Gründung, komplett ausgetauscht wurde, merkt man dies dem Sound und der Stimmung nicht an. Mit neuen Liedern, die an den Sound der 90’er Alben anknüpfen und altbekannten Liedern wie „Black in mind“ oder „Higher than the Sky“ bringt Rage die Meute vor der Bühne zum Beben. Bei „Leave it all behind“, kann man auch mal Metal Yoga sausen lassen und dafür die Nackenmuskeln weiter trainieren.
Um 14.30 Uhr stehen Max und Iggor Cavalera auf der Bühne. Im Rücken der beiden Gründer der Thrash Metal Band Sepultura hängt ein Banner mit der Aufschrift „Return to Roots“. In diesem Sinne spielen sie das gesamte Roots Album. Trotz des nach wie vor tiefen Matschs im Infield können die Fans sich bei „Dictatorshit“ nicht halten und starten einen Circle Pit. Die Cavalera Brüder bringen mit Leichtigkeit die Menge zum Toben. Beeindruckende Bilder für das Publikum in den hinteren Reihen – tausende Arme und Köpfe wippen im Takt der brasilianischen Konstellation. Gegen Ende erzählt Max noch eine Anekdote, wie er von Lemmy Kilmister mit einem Whiskey getauft wurde und leitet somit das Cover von „Ace of Spades“ ein. Die Menge rastet völlig aus und grölt lauthals mit. Die Ekstase findet ihren finalen Höhepunkt beim Kracher „Roots Bloody Roots“. Die Cavalera Brüder geben auf jeden Fall Lust auf nächstes Jahr, denn Sepultura sind eine der bereits bestätigten Bands für das W:O:A 2018.
Direkt nach den Cavalera Brüdern geben Heaven Shall Burn auf der Harder Stage alles. Schnelle Blastbeats, aggressive Stimme, mehrere Circle Pits in der Menge. Die Band versteht ihre Fans zu verausgaben. Für alle, denen Metalcore zu hart ist, gibt’s im Wacken Biergarten astreine Volksmusik. Die Wacken Firefighters eröffnen mit ihrer Blaskapelle nicht nur das Festival, sie spielen auch das gesamte Wochenende über auf der Beergarden Stage. Klassische Volkslieder wie „Die Fischerin vom Bodensee“ bringen auch den hartgesottensten Metalhead zum Schunkeln und mittönen.
Wenn der eigene Alkoholpegel jedoch nicht hoch genug ist, um sich mit Volksliedern bedudeln zu lassen, tritt man doch lieber den Rückzug aus dem Biergarten an und findet sich wieder vor den großen Bühnen ein. Denn nach Heaven Shall Burn laden Powerwolf zur schwarzen Messe ein.
Und dieser Einladung folgen die Fans sehr gerne, dicht gedrängt stehen sie auf den heiligen Acker vor der Bühne um ihn gemeinsam mit der Band umzupflügen. Powerwolf bieten wie immer ein stimmiges Gesamtbild. Mit einer Bühne in Kirchenoptik und Powermetal Hymnen zum mitsingen, erwartet Wacken die Segnung durch Frontmann Attila Dorn. „Coleus Sanctus“, „Army of the night“, „Werewolfs of Armenia“ und „All we need is Blood“ gehören genauso zum feiern wie „We drink your blood“. Treu nach der Devise: „Erst zuhören, dann mitsingen!“ heizen sie die Menge an, ihre Stimmen zu erheben. Am Ende gibt es dann noch ein dickes Lob von Sänger Attila Dorn an die Fans: „Besser als die Wiener Sängerknaben“.
Nach Powerwolf ist es Zeit für eine Legende, Alice Cooper betritt die Bühne und zieht allein mit seiner Ausstrahlung das Publikum in seinen Bann. Obwohl er nicht mehr der jüngste ist, hat er eine enorm Aufwändige Show im Gepäck. Bei „Feed my Frankenstein“ wankt ein riesiges Monster über die Bühne und während „Only Woman bleed“ verwandelt sich eine Puppe in eine Tänzerin, welche am Schluss des Songs, vom Sänger, erdolcht wird. Wem das zu brutal ist, der sollte lieber wieder zurück ins Zelt gehen, denn es kommt noch schlimmer. Gegen Ende des Konzertes lässt sich Alice selber von einer Guillotine enthaupten. Eine absolut beeindruckende Show doch noch ist nicht alles vorbei, denn auch Alice Cooper zollt seinem Freund Lemmy noch einmal Tribut und covert den Motörhead Hit „Ace of spades“.
Bereits bei der Pressekonferenz kurz vor seinem Konzert erinnerte er sich an die Letzten Worte, die Lemmy zu ihm sagte: „Alice, ich habe aufgehört Whisky zu trinken. Ich trinke jetzt nur noch Vodka“. So kannte und liebten die Fans Lemmy und er wird bestimmt noch lange ein Teil dieses Festivals bleiben.
Nach dem Knaller-Set von Alice Cooper wandern die unzähligen Fans von der Harder Stage zur Faster Stage rüber. Die Viking Death Metaller von Amon Amarth sind als nächstes an der Reihe. Zum siebten Mal sind sie zu Gast in Wacken und Johann Hegg freut sich nach wie vor, als wäre es sein erstes Mal vor den 80.000 Fans, die bis zum Horizont vor der Bühne stehen. Direkt als ersten Song hauen die Schweden ihren absoluten Kracher „The Pursuit of Vikings“ raus. Die Masse grölt mit und streckt der Band ihre Wacken-Horns entgegen. Neben den altbekannten Hits, die das Publikum immer mitreißen, wie „Cry of the Black Birds“, „Guardians of Asgaard“ und „Death in Fire“, spielen sie auch einiges von ihrem aktuellen Album Jomsviking. Passend dazu kommen Rollenspieler auf die Bühne, die Vikingerkämpfe oder Loki verkörpern. Zum Song „A Dream That Cannot Be“ kommt dann als ein Höhepunkt der Show Doro Pesch auf die Bühne. Die Metalqueen macht Johann Hegg sichtlich verlegen und verabschiedet sich nach dem Song von den Metalheads – aber nicht für lang, denn auch sie gehört zu den bereits bestätigten Künstlern für das kommende Wacken Open Air. Als Zugabe ertönt das altbekannte Gewitter und Amon Amarth kommen für „Twilight of the Thunder God“ zurück auf die Bühne. Nach dem 75 minütigen Set pilgern die Fans der harten Klänge glücklich und zufrieden vom Infield zurück auf das umliegende Festivalgelände.
Setlist Amon Amarth
- The Pursuit of Vikings
- As Loke Falls
- First Kill
- The Way of Vikings
- Cry of the Black Birds
- Deceiver of the Gods
- Father of the Wolf
- Death in Fire
- War of the God
- Rais Your Horns
- A Dream That Cannot Be
- Guardians of Asgaard
- Twilight of the Thunder God
Oder bleiben für Avantasia. Denn mit dem All-Star-Projekt holt sich Tobias Sammet die Stimmgewalt auf die Bühne. Während seiner 2 stündigen Show stehen dem Gründer der Metal-Band Edguy unter anderem Jorn Lande, Bob Catley, Eric Martin, Herbie Langhans und die treue Seele Amanda Sommerville zur Seite. Der Headliner des letzten Tages fordert alle Fans nochmals auf, die letzte Kräfte und die geschundenen Stimmbänder, nach dem Festivalmarathon, zu animieren. Spätestens bei dem Titel Avantasia aus dem aller ersten Album erwacht Wacken zu neuem Leben. Laut Tobias Sammet ist es eine Ehre, dass ausgerechnet Geoff Tate mit ihm heute diesen Song zum besten gibt.
Glückliche Avantasia Fans verlassen das Infield um Platz zu machen für die ankommenden Kreator Fans. Trotz der späten Zeit wollen viele Headbanger zum Abschluss des Festivals noch einmal richtig aufdrehen. Und dafür sind Kreator genau die richtigen, denn die haben bekanntlich nicht viel übrig für ruhige Töne und geben gleich von der ersten Minute an Vollgas. Schon bei den ersten beiden Songs „Hordes of Chaos“ und „Phobia“ dreht der Moshpit richtig auf und gönnt sich das ganze Konzert über keine Ruhe. Nur bei den Intros, welche die Band zwischendurch einstreut kann mal durchgeatmet werden. Doch dann geht es sofort wieder weiter. „Violent Revolution“ und „Pleasure to kill“ beenden den Abend. Die Fans ziehen erschöpft zurück in ihre Camps und bereiten sich auf die morgige Rückfahrt vor oder feiern noch ein wenig weiter.
Das war Wacken 2017, ein friedliches und Abseits der Bühnen ruhiges Festival geht zu ende. Das Berichten zumindest die Verantwortlichen auf der Abschluss Pressekonferenz. Die Einsätze bei Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst waren allesamt Rückläufig und besonders die Anzahl der Körperverletzungen ist stark geschrumpft. Insgesamt gab es nur 8 Körperliche Auseinandersetzungen bei der die Polizei einschreiten musste, was bei 75000 Besuchern eine beeindruckend geringe Zahl ist.
Wir freuen uns auf das nächste Jahr und wünschen allen Besucher eine gute Heimfahrt.
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