Am Wochenende vom 11. bis 13. August 2016 fand das 19. Endless Summer Open Air in Torgau statt und zog wieder mehrere tausend Besucher der Punk-, Skinhead-, und Hardcore-Szene in den Osten. Auch nach so vielen Jahren hat dieses Festival keinen Funken von seinem familiären DIY Charakter verloren.
So gibt es keine übertriebenen Eintrittspreise, welche Jahr für Jahr ins Unermessliche steigen, es gibt auch kein wechselndes Freizeitangebot mit Hüpfburgen oder Bungee Jumping und es gibt vor allem auch keinen Anlass dies jemals ändern zu wollen.
Endless Summer bedeutet nicht die tollsten, neuesten und berühmtesten Bands auf einer riesigen Bühne zu sehen, begleitet von Feuer, einer Lasershow und Feuerwerk, vielmehr bedeutet es Freunde treffen, Party machen, tagelang auf dem Zeltplatz leben und einfach eine große gemeinsame Familie sein.
Das diesjährige Endless Summer Open Air startete bereits wieder am Donnerstag mit einer Handvoll Bands und 2016-typischen Wetterbedingungen, vom Sommer also weit und breit keine Spur. Trotz vereinzeltem Regen und Temperaturen unterhalb von 20 Grad lieferten New Hate Rising, Clowns, Strongbow und Defeater eine gute Show auf der Tentstage und einen musikalisch durchwachsenen Start in dieses Wochenende.
Wer danach noch Lust auf Party hatte, ging einfach ins Partyzelt zu DJ Ed Raider und Kai & Majo von Berliner Weisse und feierte bis in die frühen Morgenstunden.
Auf dem Festivalgelände war alles beim Alten. Zugang zum kostenlosen Zeltplatz bekam man samt Auto nach einer kurzen Kontrolle, damit weder Glasflaschen, Waffen oder gar Nazis mitgebracht wurden. Direkt an den Zeltplatz angrenzend befand sich das Festivalgelände mit dem altbewehrten Zirkuszelt, mit Tentstage und großer Bar.
Draußen gab’s dann die Mainstage und alles für das leibliche Wohl, sowie eine Menge Merch der jeweiligen Bands und verschiedensten Szenen, von Punk über Ska, zu Oi! und Hardcore. So vielfältig wie die Musik war auch das Angebot an Speisen und Getränken, ob Fleisch oder Vegan, Alkoholfrei oder eben mit, Burger oder Eis, für jeden sollte etwas dabei gewesen sein und das alles zu fairen Preisen.
Am Freitag ging’s zeitig los mit The One, High Society und Möped, im Wechsel auf der Main- und Tentstage. Für viele vermutlich etwas zu zeitig, da sich vor der Bühne lediglich gefühlte 50 Leute einfanden, um den ersten Bands zu lauschen. Bei der Hardcore-Show von Deluminator, welche kurzfristig für World Eater eingesprungen waren, wurde es dann vor der Mainstage etwas voller und die Leute wachten so langsam auf.
Weiter ging es im mittlerweile gut gefüllten Zelt mit Knuckledust und wieder gab es viel Bewegung, einige Mosher und Two-Stepper zu einer feinen Hardcore-Show. Draußen bereiteten sich währenddessen fünf Schweriner auf ihren Auftritt vor, welche große Anhänger des gelben Trunkenbolds Barney Gumble aus der Zeichentrickserie Die Simpsons sind und sich so vor über 15 Jahren den Namen Gumbles gaben. Vor der Bühne versammelte sich dann so ziemlich alles was eine Glatze oder einen Iro hatte, um biertrinkend eine große Oi! Party zu feiern.
Während es draußen etwas zu regnen begann, gab es drinnen wieder eine ordentliche Ladung Hardcore, diesmal von Miozän. Sowohl musikalisch, als auch wettertechnisch blieb an diesem Tag alles recht konstant, es war kühl, es gab immer mal etwas Regen und es gab viel Hardcore in den verschiedensten Variationen, so auch von der folgenden Band auf der Mainstage. Mit den Worten: „I hate this fucking barricades“ sprang Sänger Toby Morse von H2O von der Bühne und mischte sich für mehrere Lieder unter das feiernde Publikum. H2O sorgten auch beim Endless Summer wieder für gute Laune und wurden für ihren Auftritt dementsprechend gefeiert.
Eine etwas härtere Gangart herrschte bei Nasty vor der Tentstage. Eine Band welche kein Blatt vor den Mund nimmt, Leute zum Nachdenken anregt und Kritik an Gesellschaft und Politik übt, verpackt in aggressivem Beatdown Hardcore. Sänger Matthias fand wieder klare Worte gegen Rassisten, Leute die meinen sie wären etwas besseres, nur weil sie anders aussehen oder andere Klamotten tragen oder so manchen Kandidaten im amerikanischen Wahlkampf. Erstaunlich friedlich blieb es im gut besuchten Moshpit, wo normalerweise immer mal Leute aneinander geraten, da ihr Tanzstil eher einer Karateübung ähnelt und wenig Rücksicht auf andere genommen wird.
Feucht fröhlich oder wohl eher feucht rotzig ging es im Anschluss auf der Mainstage mit The Baboon Show weiter, einer schwedischen Punkrock Band mit dem markanten Gesang von Sängerin Cecilia. Trotz des andauernden Regens war die Show der Schweden sehr gut besucht. In bester Punkrock Manier ging es nach kurzer Pause mit The Casualties weiter, statt Regen floss hier eine Menge Bier.
Wenn es um New York Hardcore geht, so gibt es nicht viele Bands, welche so lange Bestand haben und trotzdem noch so gute Shows liefern wie Agnostic Front. Ihr Auftritt beim diesjährigen Endless Summer sorgte für eine geile Stimmung mit einer Menge Beteiligung, einigen Crowdsurfern und Circle Pits und lauten Chören zu Songs wie „gotta go“ und „for my Family„.
Mit Bishops Green näherte sich der Freitag so langsam seinem Ende, bevor 1000 Löwen unter Feinden den Schlussstrich zogen. Vor der Tentstage war mittlerweile nicht mehr viel los, der Großteil war bereits auf dem Zeltplatz oder machte noch einen Abstecher zum Partyzelt. Zu hören gab es aber nochmal eine dicke Ladung Hardcore mit deutschen Texten, was zumindest für uns, etwas gewöhnungsbedürftig klang.
Von einem überwiegend hardcorelastigen Freitag, ging es dann in den Samstag, welcher sich bis auf wenige Ausnahmen der Skinheadkultur und endlich mal wieder dem Sommer gewidmet hatte. Perfektes Festivalwetter bei 28 Grad und Sonne ließen die Stimmung noch mal ein ganzes Stück steigen und der Tag startete mit Smart Attitude auf der Tentstage. Eine musikalische Ausnahme am heutigen Tag waren Punishable Act, die Hardcore-Kombo aus Berlin, welche kein neues Gesicht auf dem Endless Summer sind, zogen einige Leute vor die Mainstage.
Bei Jokerface, einer Ska-Band aus Südtirol, schienen die Leute das schattige Zelt der Tentstage irgendwie zu meiden und sich erst wieder bei Rude Pride und strahlendem Sonnenschein den Klängen des Oi! hinzugeben. Auch The Dwarves und The Judge Dread Memorial mussten auf einige Zuschauer verzichten, welche sich vor dem Festivalgelände trafen, um dem alljährlichen Boxen zuzuschauen. Seit Jahren gibt es dort einen kleinen Ring aus Absperrband, zwei Paar Boxhandschuhe und eine Art Ringrichter und dann heißt es nur – Freiwillige vor! Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, Jung gegen Alt, Punk gegen Skin, wer Lust hat boxt, alles fair und just for fun und immer unter den Augen der Johanniter.
Musikalisch ging es weiter mit The Movement, Mod-Punkrock aus Kopenhagen im Zelt und Old Firm Casuals auf der Mainstage. Im Anschluss spielte die zweite Hardcore Band am heutigen Tag, No Turning Back aus den Niederlanden füllten den Platz vor der Tentstage und lieferten eine gelungene Show, gedankt wurde ihnen dies mit einem sehr aktiven Pit, welches sich Sänger Martijn des Öfteren aus der Nähe ansah und auf der Bühne klare Worte gegen Nazis und Rassisten fand. Viel getanzt und gesungen wurde auch bei Booze & Glory, einer Oi! Band, welche ebenfalls aus dem zahlreich vertretenen England angereist kam.
Unser persönliches Highlight an diesem Wochenende war der Auftritt von Buster Shuffle, einer Ska-Band aus London. So voll war der Platz vor der Mainstage bei keiner anderen Band und wahrscheinlich wurde auch bei niemand anderem so viel getanzt aber es bleibt einem auch nichts anderes übrig als zu tanzen oder zumindest mit irgendeinem Körperteil mit zu wippen, wenn Sänger und Pianist Jet Baker sein Instrument mit jedem Teil seines Körpers bearbeitet. Die Leute forderten lautstark nach einer Zugabe, welche gern gespielt wurde. Die Band bedankte sich für die ausgelassene Stimmung und das Publikum für den grandiosen Auftritt. Voll wurde es nochmal bei Cock Sparrer, bevor Topnovil und Lost Warning den Abschluss dieses gelungenen Festivals auf der Tentstage spielten. Auch am Samstag konnte man nach all der Live Musik nochmal einen Abstecher ins Partyzelt machen und das Endless Summer Open Air ausklingen lassen.
Alles in allem war es wieder ein sehr gelungenes Wochenende mit guter Musik, leckerem Essen und vielen Freunden. Das Konzept vom Endless Summer ist Klasse so wie es ist und bedarf auch keiner Änderungen. Wir wissen um die vielen, jahrelangen Diskussionen einiger Oi! Bands und die Grauzone in der sie sich bewegen. Der Veranstalter und die anderen Bands, welche eine klare politische Ausrichtung haben, wissen dies auch und müssen für sich selbst entscheiden, wie sie damit umgehen.
Wir freuen uns ganz besonders auf das Endless Summer Open Air 2017, wenn der 20 jährige Geburtstag vor der Tür steht.
Kommentar schreiben