Am letzten Festivaltag des W:O:A war wieder mal auf das berüchtigte „Wacken Wetter“ Verlass. Der Metalhead wurde heute von einem kurzen aber starken Gewitter inklusive Hagel geweckt. Wer Samstagmorgen schon seine Zelte abbauen wollte, überlegte sich beim Groll des Donners dreimal wann wohl die beste Zeit dafür sein mochte.
Der Vorverkauf fürs W:O:A 2017 läuft, erste Bands stehen bereits fest. Der Ausverkauf wird nicht lange auf sich warten lassen – hier Wacken Tickets kaufen.
So plötzlich wie das Gewitter kam, verschwand es auch schon wieder und hinterließ bloß den allseits bekannten Matsch. Der Weg vom Zelt glich einer Wattwanderung. Fans von oben bis unten besudelt mit Matsch und mit teils Kniehohen Gummistiefeln ausgestattet, trotzten den Gegebenheiten und fanden sich vor der Black Stage ein. Bei strahlendem Sonnenschein eröffneten die britischen Powermetaller von Dragonforce den letzten Spieltag. 1 Stunde 15 gaben sie alles. Sie gaben ihr Cover von Johnny Cashs Klassiker „Ring of Fire“ in ihrem Style zum Besten, gefolgt von ihrem eigenen ‚Klassiker‘ „Through the Fire and Flames“. Definitiv ein gelungener Start in den dritten und letzten Festivaltag.
Das Wacken Open Air bietet nicht nur für den Musikfan Unterhaltung. Neben den 6 Bühnen, die jeden Festivaltag von mehreren Bands bespielt werden, wurden auch dieses Jahr wieder das Wackinger Village inklusive ‚Waste Land‘ errichtet. Das Waste Land ist bereits bekannt für seine Bewohner, die ‚Waste Land Warriors‘, die in ihren aufwendigen Kostümen in Endzeit Kulissen fast jeden Abend Feuershows darbieten. Im Wackinger Village findet der Metalhead einen Mittelaltermarkt, der viel fürs Auge und auch für den Bauch bietet. „Sau am Spieß“ im Ganzen oder mit Stockbrot, Hanftaschen oder Köstlichkeiten aus dem Orient werden den Vegetariern geboten. Frisch gestärkt kann man sich dann in mittelalterlichen Spielen messen, wie dem Axtwerfen zum Beispiel. Angrenzend an das Wackinger Village steht ein Wrestling Zelt. In den Jahren zuvor wurden die Wrestlingkämpfe in der Bullhead City ausgetragen. Dieses Jahr bekamen die Wrestler ein eigenes Zelt. Den Ring jedoch mussten sie sich dieses Jahr mit den besten Poetry Slammern Norddeutschlands teilen. Erstmalig in der Geschichte des Festivals gab es ein ‚Slam Battle‘. Von Mittwoch bis Freitag trugen die Poeten ihre selbstverfassten Texte vor und durch Publikumsentscheid zogen 6 Slammer in die Finalrunde am Samstag ein. Um 13 Uhr fing das Finale an, um den Wacken Slam Champion zu finden. Von Texten über Surfern und Atomkraft, das Problem mit dem Alter 30, über Texte für „Germanistik Bitches“ war alles dabei. Am Ende gewann Koslowski mit seinem Text „Lied von der Pocke“ in Anlehnung an Schiller’s „Lied von der Glocke“ und stach Kontrahenten Michel Kühn aus.
Vom schattigen Zelt ging es zurück in die knallende Nachmittagssonne zu Devil Driver auf der Party Stage. Die kalifornischen Jungs lassen sich nicht gern in Schubladen stecken, weswegen man sie keinem Subgenre fest zuordnen kann. Dies bewiesen sie indem sie nicht nur die gewohnten harten Songs erklingen ließen, sondern auch ihr Cover des Songs „Sail“ der Indie-/ Electronicband Awolnation zum Besten gaben. Das Publikum pogte durch den Schlamm und feierte die Band auch trotz kleinerer technischer Probleme. Sänger Dez Fafara scherzte „this song is called technical difficulties, I’ve never heard this song before“. Sie ließen sich die Show definitiv nicht nehmen und spielten trotz Aussetzer der linken Leinwand ein hammermäßiges einstündiges Set.
Auf der True Metal Stage ging es mit Metal Church weiter, die Band ist mittlerweile eine Institution im Metal Bereich, natürlich dürfen sie da auch in Wacken nicht fehlen. Die fünf Jungs aus Seattle haben eine lange Geschichte hinter sich. Insgesamt hat sich Band schon zweimal aufgelöst, aber jedes mal fanden sie sich wieder zusammen. Ihre Musik ist irgendwo zwischen Thrash- und Speedmetal angesiedelt. Eine Mischung die überzeugt, denn viele Fans versammelten sich vor der Bühne um die Show zu sehen. Mit Songs wie „Start the Fire“, „No tomorrow“ und „The Human Factor“ boten sie das besten aus über dreißig Jahren Bandgeschichte.
Wer jetzt noch keine Pause brauchte, konnte wieder zurück zur Party Stage, um Callejon zu sehen. Zugegebenermaßen ist Metalcore mit deutschen Texten etwas gewöhnungsbedürftig. Wer sich darauf aber einlässt kann mit dieser Band viel Spaß haben. Das zeigte schon der zweite Song, denn sie coverten „Schwule Mädchen“ von Fettes Brot. Ebenfalls ein ungewöhnliches Cover für eine Metalband, aber die Fans hatten sichtlich Spaß daran. Auch mit Songs wie „Veni, Vidi, Vici“, „1000PS“ oder dem He-Man Song „Snake Mountain“ heizten sie die Meute vor der Bühne weiter an. Beim Die Ärzte Cover von „Schrei nach Liebe“ wurde das berühmte „Arschloch“, im Refrain, noch bis in die letzte Reihe mit gegrölt.
Im Bullhead City Circus spielten zur gleichen Zeit die deutschen Thrash Metaller von Drone auf der W.E.T. Stage. 2006 traten sie im Metal Battle gegen zahlreiche andere Bands aus der ganzen Welt an und setzten sich gegen ihre Konkurrenten durch. Dieses Jahr durften die Jungs ihre eigene fast einstündige Show spielen. Für den Song „Into Darkness“ holten sie Britta Görtz (Sängerin der Band Cripper) mit auf die Bühne. Mit ihr hatten sie auch ihr letztes Album „Drone“ (ÖV: 2014) aufgenommen. Leider schafften Drone es nicht das Zelt komplett zu füllen – Potenzial haben sie aber allemal.
Anders war es bei Gloryhammer, die direkt nach Drone auf der Headbangers Stage spielten. Das Zelt platzte aus allen Nähten, als die Powermetaller die Bühne betraten. Die Band nahm das Publikum mit auf eine Reise ins Jahr 1992 als der Krieg in die Galaxie zurückkehrte. Sie spielten eine Mischung aus ihren beiden Alben „Tales from the Kingdom of Fife“ und „Space 1992: Rise of the Chaos Wizard“. Das gesamte Konzert orientierte sich stark an der Konzeptgeschichte der beiden Alben. Das Publikum war voll in ihrem Bann. Wer jedoch Steel Panther auf der True Metal Stage nicht verpassen wollte, durfte sich von Gloryhammer nicht zu sehr entführen lassen, da sich die Spielzeiten leicht überschnitten.
Der Auftritt von Steel Panther kann irgendwo zwischen Hommage an 80er Jahre Bands wie Mötley Crüe und Comedy Show, mit sehr derbem Humor, eingeordnet werden. Songtitel wie „Asian Hooker“, „Gloryhole“ oder „17 Girls in a row“ lassen bereits erahnen, das sich bei ihnen alles um das Thema Sex dreht. Regelmäßig wurden die Mädchen im Publikum, von Sänger Michael Starr aufgefordert ihre Brüste zu zeigen, einem Wusch dem einige gerne nachkamen. Ein paar ausgewählte Frauen wurden sogar von der Band auf die Bühne eingeladen. Diese sang ihnen im Anschluss ein spontanes Lied, in dem sie erzählten was sie, später alles mit ihnen anstellen möchten. Wer die Band nicht zu ernst nimmt, hat hier sehr viel zu lachen und Songs wie „Party like tomorrow is the end of the world“, „Community Property“ und „Party all day (Fuck all night)“ machen auch noch richtig viel Spaß. Kein Wunder also, dass beim Rückweg von den Bühnen, jeder Besucher ein kleines Grinsen im Gesicht hatte.
Der Headliner am Samstag, war eine der Bands, die von Steel Panther parodiert wurden. Denn Twisted Sister gehörten Anfang der 80er Jahre zu den ersten Bands, die mit übertrieben geschminkten Gesichtern und extremen Haarspray Frisuren die Bühne betraten. Vor 13 Jahren, bei ihrem ersten Auftritt in Wacken, spielten sie auch noch in ihrem klassischen Bühnenoutfit. Leider war heute nicht mehr viel davon übrig. Der Stimmung vor der Bühne schadete das allerdings nicht, bereits die ersten beiden Songs „Stay Hungry“ und „The Kids are back“ wurden ordentlich gefeiert. Dunkel wurde es beim Intro von „Burn in Hell“, das bei der Live Performance um noch einiges gruseliger wirkte als in der original Aufnahme von 1984. Eventuell hat sich Sänger Dee Snider von der Coverversion, der Norwegischen Black Metaller Dimmu Borgir beeinflussen lassen. Wie dem auch sei, die etwas härtere Interpretation tut dem Song sehr gut und verleiht ihm noch mehr tiefe. Weiter ging es mit dem Klassikern „Destroyer“, „Like a knife in the back“ und „You can’t stop Rock’n’Roll“. Die Stimmung kam auf ihren absoluten Höhepunkt als die Band „We’re not gonna take it“ anstimmte. Hier bekam man das Gefühl, dass sogar noch die Leute in ihren Zelten auf dem Campingplatz laut mitsangen. Beim nächste Song wurde es dann erstmal ruhiger. Mit „The Price“ wurde den vielen verstorbenen Rock Legenden der letzten Jahre gewidmet. Ganz besonders natürlich Lemmy von Motörhead aber auch A.J. Pero, dem ehemaligen Schlagzeuger der Band, der im letzten Jahr, während er auf Tour mit seiner anderen Band war, gestorben ist.
Beendet wurde das reguläre Set mit „I wanna Rock“ bei dem das Publikum, die Band erneut lautstark unterstützte. Als Zugabe spielte die Band noch „Come out and play“, „Tear it loose“ und „S.M.F.“. Twisted Sister lieferten am Samstag Abend eine solide Show ab, leider merkte man ihnen an, dass sie nicht mehr die jüngsten sind. Denn die an die Show vor 13 Jahren reichte ihr diesjähriger Auftritt nicht heran. Dennoch war es schön sie mal wieder auf der großen Bühne, in Wacken, spielen zu sehen.
Als nächstes waren Arch Enemy an der Reihe. Diese haben in den letzten Jahren einiges erlebt. 2014 verließ Lead-Sängerin Angela Gossow die Band, was viele Fans schockte. Arch Enemy ohne Angela war zu der Zeit einfach nicht vorstellbar. Zwar hatte Angela die Band auf der Bühne verlassen, sie ist aber seitdem immer noch als Managerin zuständig. Sie selbst fragte Alissa White-Gluz, die zur Zeit des Auftritts noch in der Band „The Agonist“ sang, ob sie in Angelas Fußstapfen treten will. Alissa, sagte direkt zu. Für sie war es ein natürlicher Übergang, wie sie in der Pressekonferenz am Freitag sagte, denn sie war schon vorher mit der Band befreundet. Michael Amott – Gitarrist und Mastermind von Arch Enemy – befürchtete, dass sie mit Alissa bei null anfangen müssten. Seine Sorgen zeigten sich als unbegründet, denn kurze Zeit nach dem Wechsel veröffentlichten Arch Enemy das Album „War Eternal“ mit dem sie bereits über 200 Shows gespielt haben – das ist die längste Tour in der Geschichte von Arch Enemy.
Am letzten Festivaltag ließen es Arch Enemy – wie angekündigt – richtig krachen. Sie wollten auf dem Wacken Open Air die größte Show in der Geschichte Arch Enemys performen. Mit gewohnter Power betraten die 5 Musiker die Black Stage Freitagnacht um 0:40 Uhr. Von Beginn des Konzertes an ließ sich das Publikum von Alissa mitreißen – es gröhlte, headbangte und sprang was das Zeug hielt. Michael Amott kündigte an, dass sie einen Mix aus der Geschichte Arch Enemys spielen werden – „Arch Enemys Greatest Summer Hits“ wie er es nannte.
Setlist Arch Enemy
1. Yesterday is Dead and Gone
2. War Eternal
3. Ravenous
4. Stolen Life
5. My Apocalypse
6. You Will Know My Name
7. Bloodstained Cross
8. Under Black Flags We March
9. As the Pages Burn
10. Dead Eyes See No Future
11. Avalanche
12. No Gods, No Masters
13. We Will Rise
14. Nemesis
Egal ob alte oder neue Songs, die Band gab alles und das Publikum ging so sehr mit, dass man meinen konnte, es wäre erst der erste Festivaltag und nicht schon die letzte Band des W:O:A, die die große Black Stage bespielen durfte. Die Menge sprang bei „No Gods, No Masters“ mit, dass der Matsch nur so spritzte. Die beiden (in)offizielen Arch Enemy Hymnen „We Will Rise“ und „Nemesis“, brachten selbst die Fans in den hintersten Reihen zum Headbangen. Um 1:55 Uhr war Schluss. Das beste Konzert des Tages, wie es einige im Publikum nannten, ging zu Ende und tausende glückliche Wackenbesucher stapften ein letztes Mal durch den Matsch zu ihren Zelten.
Wacken 2016 ist vorbei. Unser Fazit: Wacken Fans sind die Härtesten, die es gibt, Regen ist vergänglich und wir freuen uns schon jetzt auf nächstes Jahr. Das diesjährige Wacken war außerdem ein ruhiges Jahr – keine großen Diebstähle, da eine Diebesbande schon am Dienstag gefasst werden konnte und kaum Verletzte (Blessuren aus dem Pit konnten nicht immer vermieden werden). Auch beim Wetter hatte das Festival noch Glück, verglichen mit andere Festivals. Es gab zumindest kein starkes Gewitter und da auf dem W:O:A noch immer direkt am Zelt geparkt werden darf, haben die meisten Besucher auch ein Auto als Schutz vor Blitzeinschlägen in der nähe des Camps.
Mit Spannung wird auf das nächste Jahr gewartet, wenn es wieder heißt: Wacken Rain or Shine, oder wie ein Fan es umformulierte: Wacken Rain or Rain. Egal, die Fans hält nichts ab zum größten Metal Festival der Welt anzureisen und ordentlich abzugehen – in mud we trust!
Text: Frauke Papencort, Melanie Nommensen, Martin Pöpel
Hier die komplette Liste unserer Wacken-Artikel, die während des Festivals entstanden sind: Start am Mittwoch und Iron Maiden am Donnerstag, Wacken 2016 – Halbzeit!, Wacken 2016 – Livestream & Videos, Wacken mit Tickets und ersten Bands für 2017!.
5. Januar 2017 um 17:41
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