Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht, es schon Sonntag ist und wir über den vorletzten Festivaltag auf dem TFF Rudolstadt 2015 berichten. Nach einem tollen Eröffnungstag unter anderem mit Caravan Palace am Donnerstag und einem ereignisreichen Freitag, stand am Samstag der längste Festivaltag ins Haus. Es sollte auch ein extrem heißer sein, während Rudolstadt mit 38,7°C den Temperaturrekord des gestrigen Tages für Thüringen aufstellte. Eine absoluste Herausforderung für alle Gäste, Künstler, Mitarbeiter und auch unsere Festivalhopper.
Entsprechend der Temperaturen war es nicht verwunderlich, dass einige Zuschauer zum Teil Indoor-Veranstaltungen bevorzugten, um nicht die ganze Zeit der prallen Sonne ausgesetzt zu sein. Dadurch waren die langen Schlangen vor den Veranstaltungen im Theater oder Kirche gefühlt noch ein wenig länger als gewohnt.
Auch wir wählten den Gang in die Kirche und besuchten dort das Konzert von Germán Díaz und wurden von den Temperaturen in der Kirche aber vor allem von der Musik von Germán Díaz sehr positiv überrascht. Vor allem auf Grund der sehr ungewöhnlichen Instrumente die Germán Díaz nutzte, um die Grundmelodie seiner Lieder zu erzeugen. So kam unter anderem eine Langspielplatte für Kardiologen von 1933 zum Einsatz, auf der Herzschläge aufgezeichnet wurden. Ebenso spielte er verschiedene Loops über Lochkarten auf einer Drehorgel und Musikbox. Dazu wurde mit weiteren Instrumenten frei improvisiert. Sehr experimentell und gerade in der Kirche sehr atmosphärisch.
Danach ging es nach dem Prinzip des „Schattenhüpfens“ ein wenig auf Entdeckungstour durch die Stadt, die am Samstag Nachmittag voller Leben war. Überall stöberten Leute an einem der vielen Verkaufsstände, suchten Essen, lauschten Straßenmusikern oder bewunderten und interagierten mit einer der vielen tollen neuen Dekorationen. Immer wieder beeindruckend, was die Organisatoren des Festivals Jahr für Jahr auf die Beine stellen. Erfreulich beim Schlendern durch die Stadt war aber auch, dass es trotz der im Vorfeld angekündigten Einschränkungen für Straßenmusiker viele Ecken und Plätze gab an denen man sie antraf. Schwer zu sagen, ob es wirklich weniger Künstler und weniger Auftritte waren oder nicht.
Um 17:00 Uhr ging es dann auf die Burgterrasse zu Sés. Es erwarteten uns eine Gluthitze und mit einer der rockigsten Auftritte des Wochenendes. Schon im Programmheft angekündigt als die „Gianna Nannini Galizien“ bewies Sés vom ersten Lied an, dass sie wirklich mehr dem Rock und Pop zugeneigt ist, als der Folk- oder Worldmusik. Uns war es egal, denn die sehr sympathische Sés überzeugte mit ihren Liedern, ihrer Reibeisenstimme und den charmanten Zwischenmoderationen.
Von der Burgterrasse ging es dann zurück zur Großen Bühne im Heinepark zum Konzert von Méta Méta. Auf Grund des etwas größeren Zeitfensters verlief die Route dorthin aber nicht auf dem direkten Wege, sondern einmal in Schlangenlinie durch die Stadt. Dabei erlebte man eine der schönsten TFF-Besonderheiten: „Musik beim Vorbeilaufen entdecken“. So blieb man kurz an der Großen Bühne auf dem Marktplatz hängen und lauschte dem Energie-geladenen Auftritt von Kalàscima. Man setzte sich mit einer großen Schale Kirschen vor die Bühne am Theatervorplatz und ließ sich davon überzeugen, dass es auch in Thüringen tolle Weltmusiker gibt. Passenderweise hatte die Erfurter Band Tagamea sogar ein Lieder über Kirschen dabei. Auf der Brücke über die Saale konnte man unzählige Leute beobachten, die bei diesen Temperaturen das kühle Nass den musikalischen Darbietungen bevorzugten. Und abschließend zeigte man sich dann beim Konzert von Oratnitza auf der Konzertbühne beeindruckt, wie groovig und tanzbar Musik, begleitet von einem Didgeridoo, sein kann.
Beim Konzert von Méta Méta auf der Großen Bühne Heinepark angekommen erlebte man dann ein fast zwiegespaltenes Konzert. So wurden die mit einer Prise Afro-Beat versehenen typisch südamerikanischen Samba-Klänge immer wieder durch harte Punk-, Jazz- fast sogar Metallelemente und Lieder unterbrochen. Musikalisch extrem spannend aber mitunter bei der Hitze und den vielen anderen Eindrücken sehr schwer sich komplett darauf einzulassen.
Ganz anders sah dies bei dem Konzert von Sorceress auf der Konzertbühne aus. Nicht zu unrecht wurde bei der Anmoderation für Sorceress an den Auftritt von Fat Freddy’s Drop beim TFF Rudolstadt 2013 erinnert. Sorceress klingen grundlegend mit ihren TripHop und Deep Electronic Soul sehr modern. Dazu kommen aber noch Einflüsse aus dem Funk, Dance Music, Afro-Beat und vielem mehr. Durch diese energiereiche Mischung hatte das Nachfolgeprojekt der Funkommunity das Publikum von der ersten Minute im Griff. Abwechslungsreiche Lieder, tolle Musiker. Man kann nur hoffen, dass man Sorceress noch öfter in Deutschland zu sehen bekommt. Aus unserer Sicht ein absoluter Tipp!
Nachdem am Samstag in Rudolstadt der Temperaturrekord aufgestellt wurde, wurde gefühlt auch der Besucherrekord gebrochen. Aber nicht wie zu erwarten beim letzten Konzert, sondern beim Konzert von Celtic Social Club, das subjektiv betrachtet halb Thüringen anschauen wollte. Noch weit hinter der großen LED-Leinwand am Technikturm drängten sich die Leute dicht an dicht. Etwas unverständlich, warum man selbst bei solchen Menschenmassen dann noch seine Decke ausbreiten, sich hinlegen muss und sich dann bei Leuten beschwert, die vorbeilaufen um einen Weg aus dieser Enge zu finden. Ein eher ungewöhnlicher Moment, da generell das TFF-Publikum zu den freundlichsten und rücksichtsvollsten im Festivalkalender zählt. Doch zurück auf die Bühne, denn dort spielte sich auch Spektakuläres ab. Celtic Social Club feiern keltische Musik. Doch als ob dies noch nicht für eine ausgelassen Feier genug wäre, wird diese immer wieder von Gastmusikern auch völlig anderen Musikrichtungen unterstützt. So befindet sich fast bei jedem Lied ein neuer Musiker auf der Bühne. Neugierig geworden? Dann empfehlen wir einen Blick auf ARTE, die auch dieses Konzert aufgezeichnet haben und den Stream auch noch eine Weile nach dem TFF 2015 zur Verfügung stellen.
Absolut spannend wurde es im Anschluß auf der Konzertbühne bei dem Konzert von Vassvik, den wir schon am Freitag bei der Norwegen Revue kurz erleben durften. Spannend zum einen, weil eine halbe Stunde vor dem Konzert von Vassvik extrem starkes Wetterleuchten angefangen hatte, was immer näher kam und unheilvolles zu verkünden schien. Spannend zum anderen, weil die samische Musik von Vassvik eine dieser musikalischen Besonderheiten auf dem TFF war, die man in gewisser Weise nur dort erleben kann. In Bezug auf das drohende Gewitter blieb es bis auf ein paar Regentropfen erfreulich trocken. In Bezug auf die Musik von Vassvik wurde man in fremde Welten entführt. Den traditionellen Kehlkopfgesang Joik kombiniert Vassvik mit seiner akustischen Gitarre und verschiedenen Streichern. Kaum zu glauben wie abwechslungsreich und mitreißend der zunächst einfach klingende Kehlkopfgesang sein kann.
An dieser Stelle müssen wir eine Kleinigkeit aus dem gestrigen Bericht richtig stellen: Die Aufführung Leahkit von Vassvik und dem Tänzer Hallgrim Hansgard (Frikar), die wir im Rahmen der Norwegen Revue ausschnittsweise bewundern durften, feiert kurzfristig doch Weltpremiere auf dem TFF. Wir beneiden alle, die am Sonntag morgen im Theater die Gelegenheiten hatten dieser beizuwohnen.
Das Bühnenprogramm am Samstag abschließen durfte Nomadic Massive auf der Großen Bühne im Heinepark. Und wow, wir sind ein klein wenig sprachlos!
Was für eine Party die Nomadic Massive für sich auf der Bühne und das Publikum davor veranstaltet haben. Modernster Hip Hop in fünf Sprachen von fünf Sängern. Extrem viel Tanz, Bewegung und Performance auf der Bühne. Da blieb keiner im Publikum ruhig stehen und das immernoch auftretende Wetterleuchten war vergessen. Mitunter auch weil Nomadic Massive bei all der Party auch immer wieder eine Botschaft in ihren Liedern und Ansagen rüberbrachte und weil Sängerin Meduza nebenbei zu ihrem Rap auch eine unglaublich beeindruckende Soulstimme aufweist, die ihres Gleichen sucht.
Wer nach diesem Konzert bei angenehmen Temperaturen über 20°C immernoch stehen konnte und Tanzen wollte hatte dazu bei der World Wide Clubculture in den Saalgärten bis früh in die Morgenstunden die Gelegenheit. Für uns ging es dagegen ins Bett, um für den leider schon letzten Festivaltag wieder fit zu sein.
Bericht und Fotos von unserem Festivalhopper Thomas „Teliko“ Helbig. Alle weiteren Fotos und Berichte findet ihr hier:
- Bilder unsere Festivalhoppers Frank „fRanKon“ Diehn
- Bericht vom Festival Donnerstag
- Bericht vom Festival Freitag
- Bericht vom Festival Samstag
- Bericht vom Festival Sonntag
- Magisch: Ramzailech beim TFF Rudolstadt und Gal Klein im Interview
- Bericht vom Festival Rückblick
6. Juli 2015 um 00:12
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