Nachdem am 28. März 2024 die Festivalreihe vom Leipziger Onlineshop Impericon bereits in Hamburg startete, folgte das Impericon Festival am 30. März nun auch in dessen Heimatstadt. So zog es wieder bis zu 10.000 Menschen in die neue Messe in Leipzig, um bei herrlichstem Osterwetter bei einem der größten Indoorfestivals Europas zu feiern.
Neben Hamburg und Leipzig macht das Festival auch in Wien, Zürich, Oberhausen und München halt.
Ein Festivalbericht von Festivalhopper Gabriel.
Nach der großen Jubiläumssause im letzten Jahr, ging es heute nun also zur elften Auflage des Impericon Festivals in Leipzig, in die neue Messe. Frühlingshafte Temperaturen und feinstes Osterwetter, welches lediglich durch etwas Saharastaub eingetrübt wurde, erwarteten mich, als ich den Parkplatz der Messe erreichte. Auf diesem wurde schon in den frühen Vormittagsstunden Flunkyball gespielt und ein gewisser Grundpegel mit Hilfe von allerlei alkoholischen Getränken aufgebaut.
Vorbei an einer langen Schlange der Bändchenausgabe, ging es auch für mich zum Checkin und direkt in die akribische Einlasskontrolle der Security.
In der Messehalle begegnete einem dann das bekannte Bild und alles hatte seinen festen Platz. Die Tribünen, Getränkestände, Merch von Impericon und der Hardcore Help Foundation, Pizza, Pommes, die zwei großen Bühnen, ja selbst der kleine Kaffeestand war dort, wo man ihn erwartet hat. Man hätte meinen können, der Veranstalter hat einfach alles so stehen lassen, als das Festival im letzten Jahr zu Ende war. Auch draußen wusste man sofort wohin man gehen musste, wenn man ein Handbrot, ein Steak, etwas Veganes oder ein Knobibrot essen wollte.
Das diesjährige Festival eröffneten Don`t Try auf der American Socks Stage und im Anschluss Mental Cruelty auf der Monster Stage. Ich selbst bin leider erst während der Show von Paledusk in der Messehalle eingetroffen, habe mir aber noch einige Songs der Japaner angeschaut und war überrascht, wie viele Leute schon vor Ort waren und sich für den langen Tag warm gemacht haben, sei es mit Crowdsurfen, Moshen oder zärtlichem Pogen. Auch auf der Bühne war eine Menge Bewegung, was den japanischen Metalcore auch noch visuell untermalte.
Auf der Monsterstage folgten die vier Schweden von Thrown, welche der Crowd zwar ebenfalls Metalcore auftischten, das ganze aber etwas düsterer angerichtet hatten, was für die Headbanger ein gutes Aufwärmtraining war, um den Nacken zu lockern, der über den Winter vermutlich etwas steif geworden war.
Was auch heute wieder erfreulich anzusehen war, wie viele verschiedene Menschen das Impericon Festival jedes Jahr zusammenbringt. Sein es die Metalheads, die Punks & Skins, die Hardcorekids und das ganze in jung und alt und allem was dazwischen liegt.
Wem es drinnen zu dunkel, zu laut oder zu kühl war, der konnte ganz entspannt nach draußen gehen, wurde dort von gleißendem Sonnenlicht empfangen und konnte eine Auszeit vor der Karaokestage von Radio Bob machen oder gar selbst seine gesanglichen Künste zum besten geben.
Drin ging es ein wenig ruhiger weiter mit Thornhill aus Australien. Ruhiger heißt aber nicht ruhig, denn böse Growls, hämmernde Bässe und fiese Breakdowns animierten doch den ein oder anderen zum Crowdsurfen und verbreiteten eine geile Stimmung im Pit, mit dem ersten Versuch einer Wall of death.
Mit Emma Boster von Dying Wish stand heut die erste Frau auf den Brettern der Monster Stage. Als Sängerin der Metalcoreband aus Oregon schrie sie den kompletten Saal in Grund und Boden. Die Leute feierten es und dankten es ihr mit zahlreichen Circlepits, viel Bewegung im Moshpit und kräftiges wirbeln der langen Haare.
Auf der American Socks Stage ging es weiter mit Future Palace aus Berlin, eine der wenigen Bands, welche auf allen Impericon Festivals in diesem Jahr vertreten sind.
Und mit Maria Lessing stand auch direkt die nächste Sängerin vor tausenden Musikhungrigen, welche nur darauf warteten wieder wild im Kreis rennen zu dürfen. „Leipzig ist immer sick“ sagte sie und wie recht sie mit diesen Worten haben sollte, bewies die Crowd in den kommenden 30 Minuten.
Weiter ging es mit melodischem Metalcore von Silent Planet aus Los Angeles auf der Monster Stage und den Samurai Pizza Cats aus Castrop-Rauxel auf der American Socks Stage. Die noch recht neue Band, welche sich erst 2021 gründete, spielt eine Mischung aus Metalcore und Deathcore mit elektronischen Parts. Mit dem Wunsch „ich will den ganzen, verdammten Laden ausrasten sehen“ und guter Musik, gelang es die Messehalle zum ersten Mal so richtig zu füllen und in eine riesige Party mit Crowdsurfern, Wall of death`s und hunderten rudernden Menschen zu veranstalten.
Casey zeigten sich unglaublich glücklich und dankbar heute hier zu sein und waren mit ihrem Posthardcore genau das richtige, um wieder etwas runter zu kommen und einfach mal stiller Zuhörer einer Energie- und Emotionsgeladenen Show zu sein. Vor allem in Anbetracht der folgenden Band, war es gut bei Casey nochmal kurz etwas Energie zu tanken, denn es folgte eine halbe Stunde, auf die Fresse Beatdown-Hardcore von Nasty aus Belgien. Sänger Matthias wurde, wie immer, nicht müde, die Leute zum Crowdsurfen aufzufordern und somit der Security einiges an Arbeit zu bescheren. Ab dem ersten Song brauchten auch die Fotografen im Bühnengraben einen Menschenschirm, da es ununterbrochen Leute aus dem Pit regnete. Da es bei so viel Bewegung im Moshpit nicht selten zu Verletzungen kommt, pausierte die Band die Show unter großem Applaus, vor dem eigentlich letzten Song, da es zu einem Einsatz der Sanitäter kam. Ihr letztes Lied, ein „anti Arschloch-Song“ spielten Nasty dann zeitlich bedingt nicht mehr, obwohl er heutzutage wichtiger denn je sei.
Viel Zeit zum durchatmen blieb den Leuten nicht, da es auf der Monster Stage direkt mit Breakdown Of Sanity aus der Schweiz weiter ging. Metalcore vom feinsten hieß es dort und nicht nur die Band freute sich riesig hier zu sein, die Freude war sichtlich auch auf Seiten des Publikums, welches diese durch riesige Circle Pits und Massen an Crowdsurfern zum Ausdruck brachte.
Wer sich ein unvergessliches Andenken an das Festival mitnehmen wollte, der konnte sich ein Foto in der Fotobox machen, ein Autogramm seiner Lieblingsband holen oder am Stand von Beast Parlour und Monster direkt eine kleine Tätowierung für die Ewigkeit machen lassen.
Mit Neaera folgte ein wahres Urgestein in Sachen Metalcore aus Deutschland und so war es nicht verwunderlich, dass Genrekollegen von Maroon und Heaven Shall Burn zu Besuch gekommen waren. Sänger Benny Hilleke zollte zu Beginn gleich seinen „Respekt für alle, die hier schon den ganzen Tag alles geben„. Ab dem ersten Song fühlte er sich im Publikum auch sichtbar wohler als auf der Bühne und so stellte er sich inmitten einer Wall Of Death oder ließ sich beim Crowdsurfen von seinen Fans auf Händen tragen. Erst als ihm eine zu große Portion Lasagne einen Strich durch die Rechnung machte, blieb er für einige Songs auf der Bühne und holte sich stattdessen die Leute einfach mit nach oben zum Feiern. Spätestens nach diesem Auftritt kann man sagen, dass Neaera einen Kultstatus über die Jahre erlangt haben, den es erst einmal zu erreichen gibt.
Ebenfalls von einem Kultstatus kann man bei der folgenden Band sprechen. Auf die Bühne traten Terror aus Los Angeles und wie man es von Sänger Scott Vogel kennt, beschwerte dieser sich als erstes über den Bühnengraben mit den Worten „we hate this barricades„. Normalerweise fordert er bei jeder Show „more stagedives!“ aber nicht heute, heute forderte er Reverse Stagedives. „Put these guys to work! Barricades sucks, securities are cool, put these guys to work.“ Und natürlich folgte das Publikum seiner Aufforderung die Männer und Frauen vor der Bühne Arbeiten zu lassen.
Nebenan ging es weiter mit Callejon, welche als Gründerväter des deutschsprachigen Metalcores zählen. Gleich mit ihrem ersten Song zeigen die fünf Düsseldorfer, auf welcher Seite sie sich positionieren und singen lautstark „Ole, Ole, ganz Deutschland hasst die AfD„. Mit dicken Bässen, Rapgesang und einer dicken Portion Metalcore ist für jeden etwas dabei und es kann getanzt, gemosht oder geheadbangt werden. „Das nächste Lied ist gegen scheiß Nazis“ kündigt Bastian den nächsten Song an und der Großteil aus dem Publikum weiß, das jetzt Schrei nach Liebe folgt. Jubel und lautstarke Beteiligung untermauern diesen Klassiker von die Ärzte. Bei dem Song Porn from Spain II erhielt die Band tatkräftige Unterstützung von Benny von Neaera.
Mittlerweile hat das Impericon Festival einen Punkt erreicht, an dem es nur noch nach vorne geht und dieser bis jetzt schon sehr gelungene Tag immer und immer besser wird. Einen großen Teil dazu tragen Landmvrks aus Marseille bei. Ich bin immer wieder beeindruckt, wie gut Sänger Florent Salfati Rappen kann und wie geil das zum Rest der Musik passt. Das ich mit dieser Meinung nicht allein sein kann, zeigt die Crowd und die Flut an Crowdsurfern, welche sich ununterbrochen in Richtung Bühne schiebt. Ihr neuer Song Creature kommt bei den Leuten ebenfalls sehr gut an.
Auf der American Socks Stage nähert sich der Abend so langsam seinem Höhepunkt und inzwischen haben sich Polaris auf ihren Auftritt vorbereitet und auch dort sind die Leute nicht mehr zu bremsen und je länger die Band spielt, desto mehr kocht die Stimmung nach oben. Auch auf der Monsterstage wird es so langsam ernst und August Burns Red haben da noch eine Kleinigkeit vorbereitet, bevor der Headliner vom diesjährigen Impericon Festival die heiligen Bretter betritt. Es ist beeindruckend wie schwer einem das Atmen fallen kann, wenn eine Band wie August Burns Red die Bässe aufdrehen und das selbst mit guten Ohrenstöpseln die Trommelfelle anfangen zu schlackern. Viele nutzen die Gelegenheit der Gitarrenriffs direkt nochmal, um ihr Haupthaar in einer sauberen 360grad Bewegung umherzuwirbeln und so die Nackenmuskulatur für den Headliner zu lockern.
Den krönenden Abschluss auf der American Socks Stage machen niemand geringeres, als die Briten von While She Sleeps mit Sänger Lawrence ‚Loz‘ Taylor. Mit melodischen Gitarrenriffs heben sie sich und ihre Musik ein wenig ab vom normalen Metalcore und auch der Auftritt von Sänger Loz trägt einen großen Teil dazu bei. Alles andere als zur Standardausstattung dürfte auch die riesige Bühnenkulisse, die erstklassige Beleuchtung und das viele Feuer zählen, welches dem Besucher nicht nur ein Erlebnis für seine Ohren beschert. Es gibt zahlreiche kleine Momente, die den Auftritt von While She Sleeps zu einem großartigen machen, sei es die Nähe zum Publikum, Rosen für die Menge, der Gastauftritt von Florent von Landmvrks oder Songs vom neuen Album.
Der Headliner an dem heutigen Tag sind die fünf Kalifornier von As I Lay Dying um Sänger Tim Lambesis. In Sachen Bühnengestaltung und Feuer packen diese Herren nochmals eine ganze Schippe auf den Auftritt von While She Sleeps obendrauf und garnieren das ganze sogar noch mit Funken und Fontänen. Musikalisch untermalt wird diese Feuershow mit allerfeinstem Metalcore, welcher vor allem in Form von alten Songs lautstark vom Publikum mitgesungen wird. Wer nach so einem langen Tag immer noch Energie hatte, der war recht herzlich eingeladen, sich den anderen anzuschließen und fröhlich im Kreis zu rennen oder auf den Köpfen der Übrigen in Richtung Bühne getragen zu werden. Erfreulicherweise sind dieses mal mehr Leute bis zum Schluss geblieben, was wir in den vergangenen Jahren auch schon anders erlebt haben. As I Lay Dying beenden das Impericon Festival 2024 in Leipzig mit einer Menge Funken und tausenden glücklichen Menschen, nach einem langen Tag.
Abschließend bleibt mir nur noch Danke zu sagen, Danke für die gute Orga vom Impericon Team, den harten Job vor der Bühne von der Security Japo und Movement, das gute Essen, tolles Licht, und das gute Drumherum vom Team der Messe. Und natürlich Danke an all die Bands, welche allen das Osterwochenende versüßt haben. Und wenn es mit dem Fußball als Nationalsport nichts mehr wird, dann sollten wir Crowdsurfen als Sportart etablieren, denn darin waren heut 10.000 Menschen Meisterhaft.
Euer Festivalhopper Gabriel
Mehr zu den Impericon Festival hier und auf www.impericon.com.
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