Nach einem standesgemäßen Summer Breeze Einstand am Warm Up Mittwoch, der traditionellen „Nuclear Blast Label Night“, sahen wir am Donnerstag Morgen das restliche Summer Breeze Festival vor unserem geistigen Auge schon davon schwimmen, denn es regnete wie aus Eimern. Blauer Himmel – Fehlanzeige!
Doch Mimimi und Metal vertragen sich nicht, also stiegen wir und zahlreiche andere hartgesottene Metalheads mit „Kambrium“ in den Festival-Donnerstag ein. Mit ihrem Mix aus symphonischem Power Metal und Melodic Death hatte die Band das Publikum schnell auf ihrer Seite und Circle Pit bei schönem Wetter kann ja jeder! So ein bisschen Schlamm gehört doch zu einem geilen Festival auch irgendwie dazu. Für „Iron Reagan“, die an diesem Tag die Main Stage eröffneten, ging es noch genauso feucht fröhlich von oben weiter. Davon ließ die Band sich ihre gute Laune aber nicht vermiesen, sondern machte es sich eher zur Aufgabe, etwas Liebe unter die Menschen zu bringen. Und so schmetterten sie dem Publikum ihren „Love-Song“ namens „Fuck The Neighbours“ um die Ohren. Wenn man sich die stetig wachsende Menge vor der Bühne ansah, konnten sie mit ihrer Interpretation von Romantik eindeutig punkten.
Lange Pausen zwischen den einzelnen Bands fürchtet man auf dem Summer Breeze umsonst, denn mit der neuen Main Stage, die mit einer Drehbühne ausgestattet ist, wurden die Umbaupausen seit 2017 stark verkürzt. Somit ging es Schlag auf Schlag weiter und „Lord Of The Lost“ schafften es mit ihrem düsteren Sound sogar, die dunklen Wolken am Himmel zu vertreiben und immer mehr Metalheads an die Main Stage zu locken. So voll haben wir das Infield zur frühen Mittagsstunde noch selten gesehen.
Mit „Versengold“, die ihr neues Album „Nordlicht“ im Gepäck hatten, ging es deutlich weniger mystisch in die nächste Runde, was der Stimmung im Publikum aber keinen Abbruch tat. Eher im Gegenteil – Das Infield war inzwischen bis weit hinter die FOH-Türme gefüllt und Songs wie „Niemals sang- und klanglos“ wurden textsicher mitgegröhlt. Auch die Crowdsurfer waren aufgewacht und die Grabenschlampen bekamen langsam wieder alle Hände voll zu tun.
Bei „Avatar“ aus Schweden gab es nicht nur was auf die Ohren, sondern auch etwas fürs Auge. Die Aufmachung der Band ähnelt irgendwie einer ziemlich abgedrehten Zirkusnummer, was durch Sänger Johannes Eckerström mit seinem exzentrischen Make-Up noch verstärkt wird. Mit dem Opener „Hail The Apocalypse“ und seiner charismatischen Ausstrahlung hatte er das Publikum von Anfang an auf seiner Seite und die musikalische Bandbreite der Band von Melodic Metal bis zu moderner Härte kam ebenfalls richtig gut an. Nach diesem gelungenen Einstand, haben wir „Avatar“ bestimmt nicht das letzte Mal auf dem Battlefield in Dinkelsbühl gesehen.
Unsere erste Reaktion, als wir die
nächste Band im Line-Up entdeckten, war: „Ach, die gibt’s noch?“ – Ja, das tut es! „Clawfinger“ sind vielen sicher noch aus den 90ern ein Begriff. Die Skandinavier sind in der Zwischenzeit aber keinesfalls eingerostet und lieferten eine energiegeladene Show, bei der sich Sänger Zak Tell zwischendurch sogar selbst ins feiernde und tanzende Publikum stürzte. Mit dem für die Band typischen „fucking“ Rap Metal (um im Jargon zu bleiben), brachten sie die Fans mächtig in Wallung und nach ihrem letzten Song und Dauerohrwurm „Do What I Say“, lag vor der Bühne kein Stein mehr auf dem anderen. Erwartungen übertroffen, würden wir sagen! Weiter ging es mit den Thrash-Metal Urgesteinen von „Testament“, die wieder einmal bewiesen, dass sie zurecht schon seit so vielen Jahren aus dem Genre nicht mehr wegzudenken sind. Bei ihrem Auftritt sah man im Publikum auch verstärkt Gesichter aus anderen Bands, die es sich wohl nicht nehmen lassen wollten, Legenden bei der „Arbeit“ zuzuschauen.
Die Running-Order ließ kaum Zeit zu verschnaufen, denn als nächstes standen „In Flames“ auf dem Zettel. Mit „Voices“ wählten sie als Einstieg direkt ein Stück ihres aktuellen Albums „I, The Mask“ und lösten schlagartig die ersten Circle-Pits unter den Fans aus. Mit zunehmender Stunde, kam die eindrucksvolle Light-Show, die man von den Schweden kennt, auch immer besser zur Geltung und die Kondition des Publikums und der Grabenschlampen wurde durch exzessives Moshen und Crowdsurfen auf eine harte Probe gestellt.
Gut, dass beim ersten Headliner des Abends dann etwas seichtere Töne angeschlagen wurden. Tobias Sammet war mit seinem Metal-Oper-Projekt „Avantasia“ erstmalig nach Dinkelsbühl geladen worden. Die Reaktionen des Publikums auf die ersten Songs fielen im Vergleich zu den Bands vorher dann allerdings eher verhalten aus. Woran das lag, mag man jetzt spekulieren – an mangelndem Enthusiasmus des Künstlers kann es zumindest nicht gelegen haben. „Avantasia“ hat jedenfalls beim Summer Breeze Publikum eindeutig polarisiert.
Während auf der Main Stage mit „Meshuggah“ danach wieder härtere Töne angeschlagen wurden, versammelten sich alle Freunde des gepflegten Power Metal vor der T-Stage, denn die Finnen von „Battle Beast“ gastierten ein weiteres Mal in Dinkelsbühl. Wie man es von der Band gewohnt ist, gaben Frontfrau Noora und ihre Jungs wieder alles und brachten die Fans mit einem Mix aus Songs des aktuellen Albums und diversen älteren Klassikern zum Ausrasten. Die Frau ist und bleibt einfach ein wahres Energiebündel und auch nach einer Stunde nonstop-Durchpowern saß beim Finale mit „Beyond The Burning Skies“ noch jeder Ton, wofür sie von den Fans zurecht tosenden Applaus erntete.
Den Abschluss des Donnerstags bildeten „Cradle of Filth“ auf der Main Stage. Zur großen Begeisterung des Publikums, überraschten sie das Summer Breeze mit einer ihrer seltenen Special Shows, bei der sie ihr Meisterwerk „Cruelty And The Beast“ aus dem Jahr 1998 an einem Stück durchspielten – selbstredend, dass die Pyrotechnik dabei auch nicht zu kurz kam. Damit bescherten sie ihren Anhängern ein unvergessliches Erlebnis und konnten sicherlich auch den einen oder anderen Skeptiker überzeugen.
Nach einer eher kurzen Nacht, ließen wir uns von „Harpyie“ auf der Wera Tool Rebel Stage und „Turbobier“ auf der T-Stage erst einmal vernünftig wachrütteln.
Dann noch schnell ein, zwei Kaffee in den Kopf, und wir waren fit für die Main Stage mit „Beast in Black“, die 2019 ihre Premiere auf dem Summer Breeze feierten. Diese verlief für die Power Metal Band um Anton Kabanen (Ex-Battle Beast) durchaus erfolgreich, denn die gar nicht mal so kleine Zuschauermenge ließ sich leicht zum Mitmachen animieren. Den ersten Stimmungshöhepunkt des Tages gab es aber im Anschluss bei bestem Festivalwetter mit den Rampensäuen von „Kissin‘ Dynamite“. Musikalisch zählen sie mit ihrem Motto „Bring Back Stadium Rock“ auf dem Breeze zwar fast schon zu den Exoten, das Publikum hatte aber eindeutig Bock auf die Jungs aus Schwaben und rastete schon in den frühen Mittagsstunden komplett aus. Textsicher wurden Klassiker wie „Sex Is War“, „Somebody’s Gotta Do It“ und „Love Me, Hate Me“ ebenso wie neueres Liedgut wie „I’ve Got The Fire“ oder „You’re Not Alone“ lauthals mitgesungen.
Und dieses Stimmungshoch sollte auch über den restlichen Nachmittag nicht mehr abreißen. Bands wie „Queensryche“, „Dragonforce“, „Skindred“ und „Airbourne“ gaben sich die Klinke in die Hand und wurden von einem gut gefüllten Infield durchgängig abgefeiert. Ein Erlebnis der besonderen Art war auch der Auftritt von „King Diamond“. Zwar kam der pompöse Bühnenaufbau bei Tageslicht nicht 100%ig so zur Geltung, wie man es sich gewünscht hätte, doch davon ließ sich The King nichts anmerken und zog seine Show professionell durch. Bei der kompletten Inszenierung, die einen Querschnitt seines musikalischen Werks zeigte, konnte es einem jedenfalls des Öfteren eiskalt den Rücken herunterlaufen.
Ehe man sich’s versah, war schon die Nacht und somit die Stunde der Headliner angebrochen. Und an diesem Freitag Abend erlebten wir erstmalig eine Band, die es schaffte, die Grabenschlampen an ihre Grenzen zu bringen. Die Rede ist von „Parkway Drive“, auf deren Show sich unzählige Besucher schon seit dem ersten Festivaltag gefreut hatten. Dementsprechend platzte das Infield auch aus allen Nähten. Ein Wunder, dass es die Band noch schaffte, mit viertelstündiger Verspätung und von Fackelträgern begleitet, seitlich durch die Menge zur Bühne einzuziehen. Dort angekommen, erfolgte direkt ein gewaltiger Kanonenschlag und die Schlacht konnte beginnen. Schon nach den ersten Tönen, gab es im Publikum kein Halten mehr und wohin man auch schaute, sah man nur noch Crowdsurfer. Selbst einen Tag später hörte man immer wieder Berichte von Leuten, die statt in den Armen der Grabenschlampen, direkt im Bühnengraben gelandet sind, weil die Flut an Crowdsurfern trotz fast übermenschlichem Körpereinsatz der Securities einfach nicht mehr zu bewältigen war. Doch dieses Risiko muss man für den Kick wohl in Kauf nehmen. Davon kann auch Parkway Drive Bassist Jia O’Connor ein Lied singen, der die ersten beiden Songs des Sets backstage und die restliche Show in einem Rollstuhl auf der Bühne bestritt. Nach 90min bombastischer Show und Pyrotechnik, war der Wahnsinn zu Ende und es konnte wieder durchgeatmet werden.
„Hammerfall“, unser persönlich letzter Programmpunkt des Tages, konnten durch die ganzen vorherigen Veschiebungen erst 30min später als geplant die Bühne betreten, doch das tat der guten Stimmung im Publikum glücklicherweise keinen Abbruch. Die Fans wurden für die Wartezeit mit vielen Hits aus guten alten Zeiten wie „Riders Of The Storm“, „Blood Bound“ oder „Templars Of Steel“ belohnt. Und obendrauf präsentierten Hammerfall auch noch die erste Single „One Against The World“ ihres neuen Albums „Dominion“.
Wer danach immer noch nicht genug hatte, konnte den Abend auf der Main Stage noch mit „Emperor“ ausklingen lassen.
Bilder : Florian Kolb / Handybild – Autogrammstunde : Marco Megner
Text : Florian Kolb / Sabine Dreher
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