Auf dem Rudolstadt Festival kann man sich treiben lassen. Vor allem in der Innenstadt erwarten die Besucher viele Kleinkünstler, die sich an jeder Straßenecke zusammenfinden. Von leichten, zarten Klängen bis zu den wildesten Melodien findet sich hier alles. Es ist früher Abend. Ich bin auf dem Weg zum Güntherbrunnen, wo mich die vierköpfige Band Ramm Tamm Tilda erwartet.
Festivalhopperin Ulrike berichtet vom Rudolstadt Festival, der Freitag.
Da ich an jeder Ecke zum Lauschen angehalten war, bin ich etwas zu spät. Doch von Weitem kann ich schon erkennen, dass die Menschenmenge um das Leipziger Quartett bebt. Wie ein Sog zieht es mich in die Menge und ohne dass ich es merke, bin ich eins mit den wippenden und an der Front wild tanzenden Rudolstadtgästen. Bei dieser Band hält kein Fuß still und das wollen die vier auch ganz klar bewirken. Die Textzeile: „Hat man euch die Schuhe angeklebt oder könnt ihr nur nicht tanzen“ hat die Luft mit Lust an Bewegung gefüllt. Eno, der Frontsänger mit Gitarre in der Hand, animiert nicht nur durch seine so wortwitzigen Texte, er hält das Publikum auch immer wieder dazu an, mitzusingen. So bringt er uns kurze, gängige Melodien bei, die uns zum gemeinsamen Musizieren bewegen und das Gefühl vermitteln, eine große gemeinsame Musikerfamilie zu sein. Das tolle an dieser groovigen, jazzigen und poppigen Musik ist: Sie holt jede Altersklasse ab. Vom Kleinkind bis zum alten Greis ist jeder angetan. So sollen Songs wie „Das Lied der Spinne“ humorvoll die Angst vor den so viel gemiedenen Krabbeltieren nehmen. Aber auch für sehr viel Tiefgang ist gesorgt. Erstmals waren ihre Texte in Englisch.
Eno erklärte in einem Interview mit thürigen24, dass er sich früher nicht getraut habe, die Message so direkt an den Kopf zu knallen. Heute sieht das anders aus: Die deutschsprachigen Texte kann und soll auch jeder verstehen. Unverblümt, authentisch und ohne viel Schnickschnack nennen sie die Dinge beim Namen. Und das kommt echt gut an: Während ihrer Show zwängt sich ein Mann durch die eng stehende Menge und wedelt mit einer CD in der Hand wild umher. Er wirbt damit, dass dies die letzte sei, die zu kaufen ist. Ganz schnell ist auch diese in begeisterten Händen und zusätzlich gibt`s aus Jux und Tollerei noch einen Fingernagel von ihm grün lackiert. Was ein buntes Treiben. Komplettiert wird Eno durch den Geiger Lukas, den Kontrabassisten Johannes und Chris am Schlagzeug. Auch wenn ich nicht gleichzeitig überall sein konnte: Von allen Straßenkünstlern, die ich bewundern durfte, war Ramm Tamm Tilda die Straßenband am Freitag, die die Menge am meisten ins Schwitzen brachte.
Ganz nah dran kamen auch 2ersitz. Diese ebenso aus Leipzig stammende Band hatte es aber auch etwas schwerer, weil die Sonne noch höher und praller dem Publikum im Nacken lag. Das sechsköpfige Gespann war schon oft auf dem Rudolstadt Festival zu Gast. Doch diesen Freitag mussten sie sich nicht wie die Jahre zuvor selbst ein Ticket kaufen, um hier ihr Musiktalent zum Besten zu geben. Diesmal waren sie ganz offiziell dabei. Am Nachmittag auf der kleinen Bühne in der Freiligenrathstraße und abends sogar auf dem Marktplatz. Sie bilden mit Schlagzeug, Gitarre, Saxofon, Bass und Keyboard eine bunte Truppe, die Hiphop, Singer/Songwritertum, Pop und Reggae vereinen und dabei ungeziert die Dinge von einem ganz neuen Blickwinkel betrachten. Man kann nur hoffen, dass es weiterhin so steil bergauf geht und eines Tages sogar die Konzertbühne, wenn nicht sogar die große Bühne im Heinepark rufen.
Der wohl in der Bühnenbildgestaltung am einprägsamsten und kuriosesten, war der Auftritt der Band Jazzmaschine. Inzwischen ist es dunkel geworden und die Köpfe der Zuschauer müssen weit empor schauen. Eine geschätzt fünf Meter hohe Bühne aus metallischen Rohren, Zahnrädern und Drahtgeflechten ragt ins dunkle Himmelszelt. Ganz weit oben stehen die vier Künstler und auf den ersten Blick gar nicht zu entdecken: Ein fünfter unten in der Bühne, die selbst für Klang und Rhythmus sorgt, indem sie von innen gesteuert wird – eine echte „Jazzmaschine“ eben. Das aus Schrott selbstgebaute Kunstobjekt verschmilzt mit den oben stehenden blasenden und trommelnden Künstlern zu einer Gesamtperformance, die für ein unvergesslich visuelles aber auch tonales Erlebnis sorgte.
Es war ein ganz verzauberter Freitag, bei dem die hohen Temparaturen immer wieder in Vergessenheit gerieten. Wer noch nicht genug hatte, konnte den Abend mit sphärischen Klängen des Musikers Òlafur Arnalds, der klassische und elektronische Musik auf der Großen Bühne im Heinepark vereinte, ausklingen lassen. Zur absoluten Befriedigung führte aber auch das vielfältige Programm der Straßenmusiker, die klein, aber fein letztendlich alles zu bieten hatten, was auch die großen können.
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Weitere Rückblicke mit vielen Bildern aufs Rudolstadt Festival gibt es hier „Rudolstadt Festival Samstag “brillante Mischung aus Humor und Musikalität auf höchstem Niveau”„, “Freitagabend im Heinepark mit Habib Meftah und Ólafur Arnalds“. Ausserdem gibt es hier die Übersicht der kommenden Radio- und Fernsehtermine “Rudolstadt Festival 2019 bei WDR, MDR, BR, DLF und weiteren“. Oder auch: “Ein lauschiges Interview mit Erik Manouz – “Flugticket nach Havanna”“
12. Juli 2019 um 18:59
An Uli:
Ramm Tamm Tilda, ein Leipziger Quartett??? Liebe Ulrike, als Festivalhopperin bitte besser recherchieren! RTT kommt aus Erfurt (Eno, Johannes, Chris) und aus Braunschweig (Lucas – aber auch ein Thüringer). Glen.
19. September 2019 um 16:05
[…] Infos zum Programm geben. Bis dahin sei auf unsere Berichterstattung aus diesem Jahr hingewiesen: Ramm Tamm Rudolstadt!, “Rudolstadt Festival Samstag “brillante Mischung aus Humor und Musikalität auf höchstem […]