Gleich am Mittwoch und Donnerstag sorgten AnnenMayKantereit und Freunde mit ihrer „Konzerte im Frühjahr“ Tour für ausverkauftes Haus in der Jungen Garde in Dresden. Zwei der 5.700 Fans am Donnerstag waren die Festivalhopper Maike und Daniel, die verzaubert von ihrem Konzerterlebnis berichten.
Kaum auf der Autobahn Richtung Dresden schüttet es aus Eimern, stürmt und hagelt ohne Pause – bis wir schließlich den Großen Garten erreichen und die Sonne sich durchkämpft. Perfekt. Wir befürchten, wer pünktlich 17.30 Uhr am Einlass war, ist jetzt schon durchnässt. Ein Großteil hatte aber sicher mit uns Glück.
Zum Start performt Her – das bedeutet seit Ende August der trauernde Victor Solf mit Band. Denn erst kürzlich ist sein Bandkollege Simon Carpentier mit nur 27 Jahren an Krebs verstorben. Wir trauern mit ihm, staunen aber auch voller Respekt, wie er offensichtlich über die Musik ein wenig Trost und Ablenkung findet. So spielt die französische Band in Dresden für Simon und seine Fans. Begleitet werden samtige Soulgesänge von starkem Gitarrensound, bei dem das Publikum es den Gitarristen gleichtut und gut in Schwung kommt.
Die nächsten „Freunde“ von AnnenMayKantereit gehen mit OK Kid auf die Bühne. Hinter ihnen prangt das Peacezeichen, bei dem der Ringfinger abgeschnitten ist. Dieses Cover des aktuellen Albums „Zwei“ verdeutlicht den schmalen Grat zwischen Mittelfinger und Frieden, wie sie später u.a. im Song „Gute Menschen“ erklären. Mit zum Teil doch nachdenklichen Texten und grundfröhlichem Sound bringen Raffi, Moritz und Jonas das Publikum zum Springen.
So gut das alles war – mit „Wohin du gehst“ setzen AnnenMayKantereit direkt beim ersten Song eins drauf. Die Kölner schreien sich die Seele aus dem Leib, schlagen in die Saiten und aufs Schlagzeug ein und setzen mit der so typischem Mundharmonika das i-Tüpfelchen. Ja, da spricht jetzt ein kleiner Fan. Wie alles im Amphitheater mit einem Schlag steht und kein Halten mehr findet, sollte aber für jeden mitreißend sein, denke ich.
Frontmann Henning May leitet mit vielen kleinen Anekdoten durchs bisherige Repertoire und das Debütalbum „Alles nix Konkretes“. Dabei bedankt er sich immer wieder für seine heutige Situation. Nach fünf Jahren im Bandgefüge AnnenMayKantereit ist er stolz darauf, seit etwa vier Jahren auf Tournee gehen und seit etwa drei Jahren davon leben zu können. Entsprechend widmen die jungen Musiker „Das Krokodil“ speziell ihrer Crew und geben damit Einblick in das spannende Tourneeleben.
Verzaubert lauschen wir dem einen Lied, das er der Frau widmete, „die es so gar nicht mochte – verständlich bei der Kernaussage „Mir wär lieber, wenn du weinst“ – und dem anderen, „das die gleiche Frau bekommen hat“ – „3. Stock“ müsste ihr dann doch gefallen haben – oder „Oft gefragt“ für seinen Vater. Gern betont Henning hier auch, dass diese Songs selbst geschrieben sind. Dabei sind auch die Cover der rockigen Kölner nicht zu verachten, wie sie u.a. mit „Sunny“ von Boney M. beweisen, während Gitarrist und Drummer zu zweit wie in Ekstase die Drums bearbeiten. Unterstützt werden die Kölner in Dresden von Ferdinand Schwarz, der den Folkpop mit seiner Trompete abrundet.
Auch, wenn das sicher einzigartige Momente sind, wünscht sich Henning, dass sein Publikum nicht alles mit dem Handy festhält. „Hände sind schöner als Handys“ erklärt er in „Du bist überall“ und empfiehlt, dass man auch ganz ohne Smartphone „einfach einmal viel zu teures Bier trinken, tanzen und an nichts anderes denken“ sollte.
So verschwinden zumindest für eine Weile die Dauerfilmer-Smartphones und die Kölner bedanken sich nach dem Konzert mit reichlich Zugaben. Dabei wird barfuss am Keyboard „Barfuss am Klavier“ gesungen, was zu kurzer Unterbrechung mit feiner Warteschleifen-Livemusik führt, da Henning mit seiner Sprunggelenksverletzung länger zum Socken-Wiederanziehen benötigt. Gute Besserung übrigens! Den krönenden Abschluss bildet „21, 22, 23“, bei dem nochmal „volle Auslastung“ gefordert und von allen bestens erbracht wird. Ein wunderbarer Abend – Vielen Dank dafür!
Wer AnnenMayKantereit diese Woche noch sehen möchte, ist übrigens auf dem Lollapalooza Berlin gut aufgehoben. Die „Konzerte im Frühjahr“ Tournee fand in Dresden ihren Abschluss.
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