Freitagmorgen auf dem Wacken Open Air und was ist das denn? Die Sonne scheint! Ob Metal Yoga oder doch lieber Livemusik zum Frühstück, das bleibt jedem Fan selbst überlassen. Um 11 Uhr ist das Infield noch relativ leer, nur der Matsch ist geblieben. Ein paar Fans schlittern schon auf die Faster Stage zu und feiern die Briten der Old School Death Metal Band Memoriam. Memoriam haben sich 2016 gegründet und bestehen aus alten Mitglieder der Bands Bolt Thrower, Cerebral Fix und Benediction. Während ihrer „Breakfast Show“ spielen Memoriam unter anderem den Song „Nothing Remains“. Sänger Karl Willetts hat ihn seiner Mutter gewidmet, die vor Kurzem an Demenz erkrankt ist.
Für wen Death Metal am Morgen nichts ist, kann einfach zwei Bühnen weiter nach rechts gehen. Auf der Louder Stage spielen die drei Berliner von Kadavar. Ihre Musikrichtung wird als Proto-, Stoner- und Psychedelic-Rock klassifiziert. Zahlreiche Fans stehen im Schlamm vor der Bühne und bangen mit Kadavar mit. Selbst wenn einem die Musik nicht zusagt, bieten die drei auch ordentlich was für die Augen. Gitarrist Christoph „Lupus“ Lindemann und Schlagzeuger Christoph „Tiger“ Bartelt rasten völlig aus. „Lupus“ springt energiegeladen über die Bühne und „Tiger“ gibt an seinen Drums alles. Die Jungs sind definitiv keine Morgenmuffel. Das frühe Aufstehen der Fans wird bei ihnen auch auf jeden Fall belohnt.
Kontrast zu Death Metal und Rock bringen Lacuna Coil auf der Harder Stage im Anschluss um 12 Uhr mit Ambient Goth. Bei leichtem Regen covern sie unter anderem den Evergreen von Depeche Mode „Enjoy the Silence“. Ihre Fans, die sich schon Stunden vorher ihren Platz in der ersten Reihe gesichert haben, werden mit einem einstündigen Set beglückt.
Zwar fängt der zweite Tag sonnig an, aber die Unwetterwarnung für heute wurde natürlich nicht ohne Grund rausgegeben. Um 14 Uhr gießt es wie aus Eimern mit starken Windböen. Zum Glück ist das Unwetter nicht so heftig wie gestern, allerdings hat der Acker keine Chance zu trocknen, die Pfützen werden immer größer und der Matsch immer tiefer. Wer keine Stiefel dabei hat, bekommt dieses Wochenende wohl keine trockenen Füße mehr.
Trocken ist es aber im Pressezelt, wo die Gewinner des diesjährigen Metal Battles bekannt gegeben werden. Zum 14. Mal findet das Metal Battle statt und zum ersten Mal sind Bands aus Indonesien und den USA mit am Start. Den ersten Platz belegen Jet Jaguar aus Mexiko, den zweiten E-AN-NA aus Rumänien und den dritten Platz holen Inferum aus den Niederlanden.
Draußen ballern Grave Digger den Metalheads im Infield Powermetal auf die Ohren. Die Glasbecker Band ist mittlerweile schon eine Institution im Metalbereich, seit bald 40 Jahren Rocken sie die Bühnen der Welt und dürfen auch in Wacken mal wieder zeigen was noch alles in ihnen steckt. Und das ist noch eine ganze Menge. Sänger Chris Boltendahl gibt auf der Bühne alles und zieht das Publikum damit schnell auf Seite. Auch die Songauswahl scheint die Headbanger zu überzeugen. Anstatt ihre neuesten Alben zu promoten spielen sie hauptsächlich Lieder aus ihren Berühmten Konzeptalben „Tunes of War“, „Knights of the Cross“ und „Excalibur“. Am Ende darf aber auch „Heavy Metal Breakdown“ fehlen, mit diesem Song beenden schließlich schon immer ihre Konzerte.
Nach einigen Regenschauern zeigt sich nun endlich mal die Sonne am Himmel, passend um die Power Metaller von Sonata Arctica zu begrüßen. Mit ihrer Mischung aus Power Metal, starken Balladen und jeder Menge mitgröhl Refrains haben sie ein leichtes spiel beim Publikum. „Full Moon“, „8th Commandment“ und „Dont say a word“ laden zum mitsingen ein.
Nachdem Sonata Arctica die Stimmung auf dem Gelände schon ordentlich angeheizt haben, steht nun ein Ausflug ins Mittelalter an. Denn Saltatio Mortis laden zum Totentanz. Mit Dudelsäcken und Schalmeien, rocken sie das Wacken Publikum und die Stimmung steigt auf ihren bisherigen Höhepunkt. Sänger „Alea der Bescheidene“ springt sogar zum Crowdsurfen in die Menge und schafft es dabei auch noch weiter die Töne zu treffen.
Währenddessen gehtes im Zelt mit Dog Eat Dog rund. Die Crossover Pioniere aus Amerika laden ihre Fans ein in Erinnerungen der Bandgeschichte zu schwelgen und erzählen immer wieder Anekdoten aus ihrem Tourleben der 90er während sie auch ihre älteren Songs zum Besten geben. Das Zelt feiert ausgiebig und wandert nach dem Gig zur Headbanger Stage im Bullhead City Circus, auf der in wenigen Minuten Grand Magus stehen. Kein Crossover mehr, dafür Stoner-Doom. Mit ihren Songs „Steel versus Steel“ und „Iron Will“ ziehen sie die Fans voll mit und bringen das Zelt zum Beben. Leider schafft das nicht die nachfolgende Band Steak Number Eight. Mit ihrem Mix aus Sludge Metal und Post-Rock überzeugen sie nur wenige Metalheads vor der Bühne zu bleiben.
Wer sich von Steak Number Eight verscheuchen lässt, kann sich vor der Louder Stage einfinden. Dort stehen die Engländer von Paradise Lost auf der Bühne und spielen neben ihren bereits bekannten Songs wie „True Belief“ auch einige Songs vom neuen Album „Medusa“, welches am 01.09. erscheint. Die beiden bereits ausgekoppelten Singles „Blood and Chaos“ und „Longest Winter“ werden von den Fans nicht minder gefeiert als die altbekannten Hits.
Wer nach Paradise Lost noch keine Pause braucht, kann durch den Matsch zur Harder Stage waten, dort gibt es nun Apocalyptica auf die Ohren. Eine Band die durch die Liebe zu Metallica bei einer Abschlussprüfung ab der „Sibelius Akademie“ in Helsinki entstanden ist, feierte kürzlich ihr 20. Bühnenjubiläum. Mit ihren Violon-cellos sorgen die vier Jungs unter anderem mit Metallica-Coversongs für eine ganz besondere Atmosphäre. Stehen sie sonst auch mal mit verschiedenen Sängern auf der Bühne, kommen sie heute auch ohne aus. Bei Covern von „Nothing else matters“, „For whom the bell tolls“ oder „Seek & Destroy“ heißt es zurücklehnen und genießen.
Nach dem Metallica Set von Apocalyptica zieht es Fanmassen vor die Faster Stage. Mit Einbruch der Dunkelheit kommt die Black Metal Legende Emperor auf die Bühne. Black Metal scheint in diesem Jahr bei dem Publikum super anzukommen, erst Mayhem am Donnerstag und Freitag Emperor. Die Fans sind äußerst textsicher und bangen ordentlich mit. Mit ihrem letzten Song „Inno a Satana“ feiern die Norweger die Freiheit, die alle in Wacken miteinander teilen – Musik gemeinsam zu genießen. Nach über einer Stunde zeigt sich die Band äußerst glücklich und bedankt sich mehrmals bei den Fans, die knöcheltief im Matsch stecken vor der Bühne.
Setlist Emperor:
Intro – Alsvartr (The Oath)
Ye Entrancemperium
Thus Spake the Nightspirit
Ensorcelled by Khaos
The Loss and Curse of Reverence
The Acclamation of Bonds
With Strength I Burn
The Wanderer
Curse You All Men!
I Am the Black Wizards
Inno a Satana
Outro – Opus a Satana
Nach Emperor wird den Fans keine Pause gegönnt, denn es geht auf der Louder Stage direkt weiter mit Megadeth. Die Thrash Metal Pioniere müssen nicht lange vorgestellt werden und legen sofort mit „Hangar 18“ und „Wake up dead“ richtig los. Vor der Bühne fliegen die Haare und der Moshpit dreht voll auf. „Symphony of Destruction“, „Mechanix“ und „Peace sells“ beenden das Konzert und so mancher Headbanger wird wohl noch ein paar Nackenschmerzen als Erinnerung mitnehmen.
Letzter Act auf der Faster Stage ist am Freitag Marilyn Manson. Das Infield ist rappelvoll, am Eingang gibt es kein Vor und Zurück mehr. Menschenmassen versuchen noch ihren Weg vor die Bühne zu finden. Mit einer Viertelstunde Verspätung, um viertel vor 1, tritt Manson endlich vor die Fans. Anfangs scheint er gut drauf zu sein und haut direkt als zweiten Song „This is the new shit“ raus. Die Fans geben sich jedoch eher verhalten, was Manson mehrmals stark kritisiert – „Ihr hört euch an wie ein Kindergarten“. Anfang dieses Jahres sollte Mansons neues Album Heaven Upside Down erscheinen, doch bisher ist kein genaues Erscheinungsdatum bekannt. Dennoch spielt Manson einen Song davon „SAY10“. Ähnlich verwirrend wie die Umstände der Erscheinung des 10. Studioalbums ist auch Mansons Auftritt. Er wirkt lustlos und unzufrieden. Mehrmals geht er von der Bühne und lässt die Fans im Unklaren, ob er nochmal wiederkommt oder nicht. Mit Songs wie dem Cover des Eurythmics Cover „Sweet Dreams (Are Made of This)“, „The Dope Show“ und „The Beautiful People“ schafft er es zwar viele Fans mitzureißen, allerdings verlassen unzählige Fans bereits weit vor Ende des Konzerts das Infield. Um 2 Uhr verlässt Manson zum letzten Mal die Bühne und hinterlässt enttäuschte Fans. Leider hat er über die letzten Jahre deutlich abgebaut und kann live nicht mehr das bieten, was sich seine Fans so sehr wünschen. Durch den Matsch schlittern einige zurück zu den Zelten, andere zur Harder Stage, auf der ASP den Freitag ausklingen lassen.
Setlist Marilyn Manson:
Revelation #12
This Ist he New Shit
Disposable Teens
Great Big White World
The Dope Show
No Reflection
Sweet Dreams (Are Made of This)
We Know Where You Fucking Live
SAY10
The Beautiful People
Irresponsible Hate Anthem
Text: Frauke Papencort, Martin Pöpel, Melanie Nommensen
7. August 2017 um 11:58
[…] auch die anderen Rückblicke unserer Reporter: “Wacken 2017 – Bergfest am Freitag“, sowie “So läuft Wacken 2017 – Metal, Matsch und Yoga“. In unserer Galerie […]