Dass man Ostern nicht nur mit seiner Familie in den eigenen vier Wänden feiern sollte, sondern auch mit Freunden und Bekannten, dachten sich auch die Leute von Impericon und luden am Samstag, dem 15.04.2017 zum siebten Impericon Festival in Leipzig.
Aus dem recht kleinen Festival, das 2010 in Leipzig mit einer Handvoll Bands seinen Ursprung nahm, ist mittlerweile eine beachtliche Festivalreihe in vier verschiedenen Ländern geworden, welche regelmäßig ausverkauft ist. Nach dem Auftakt in Wien (14.04), ging es in den Heimathafen, nach Manchester (17.04) und folgen werden noch Festivals in Zürich (21.04), Oberhausen (22.04) und das Finale in München am 30.04.2017.
Nicht nur weitere Städte folgten nach 2010, auch die Anzahl der Bands und die Zuschauer stiegen von Jahr zu Jahr. In Leipzig wurde das Impericon Festival mittlerweile so groß, dass man sich für die Halle eins der neuen Leipziger Messe als Location entschied und somit über 10000 Besucher vor zwei Bühnen Platz hatten, um die 18 angereisten Bands zu feiern.
Ein Bericht der Festivalhopper Anne und Gabriel.
Der Samstag war grau, es war recht kühl und eher regnerisch aber kein Grund zur Sorge, das Festival war ja zum Glück kein Open Air, sondern fand in der Halle eins des Messegeländes statt. Mal wieder viel zu spät dran, suchten wir uns einen Parkplatz und liefen zur Halle, schnell noch die Bändchen geholt und ab nach drinnen. Dort angekommen standen wir erst einmal auf der Rückseite von zwei großen Tribünen und waren etwas verwundert, dass es heute auch Sitzplätze gab, welche sich aber später als recht praktisch und angenehm herausstellen sollten. Gegenüber der Tribünen befanden sich die beiden Bühnen, die Marshall- und die Monster-Stage, auf denen immer abwechselnd die Bands spielten und man keine langen Umbaupausen hatte. Als wir zwischen den Tribünen ankamen, spielten Carnifex gerade ein Cover vom Slipknot Song „The Heretic Anthem“ und wir waren wirklich begeistert, so wie unzählige andere vor der Bühne auch, wie gut diese Deathcore Band diesen Klassiker umgesetzt hatte. Leider verpassten wir die Auftritte von Casey, Science Of Sleep, In Hearts Wake, Miss May I und den Astroid Boys, welche nach und nach den Anfang in diesen sehr langen Festivaltag machten. Auch dieses Jahr wurde wieder daran festgehalten den kompletten Tag mit Bands vollzustopfen und so ging es bereits kurz nach 10 Uhr los, nachdem 9.30 Uhr der Einlass begann.
Nach Carnifex folgten Wolf Down, welche zum ersten Mal bei einem Impericon Festival dabei waren und eine ordentliche Portion Politik mitbrachten. Die Beteiligung war an diesem frühen Nachmittag schon erstklassig, als Sänger Dave allerdings mit den Worten: „Scheiß AfD, scheiß PEGIDA, scheiß Nazis, haltet eure Stadt sauber“ dazu aufrief die Mittelfinger hochzuhalten, jubelte die Menge und brüllte „Nazis raus!„. Weitere deutliche Statements, wie „this is for animal liberation“ und dass die Leute hier ihre Szene frei von dieser ganzen Scheiße halten sollen, „free of fascism, free of racism, free of homophobia, free of sexism„, wurden lautstark angenommen und bleiben hoffentlich auch nach der Show und außerhalb dieser Halle bei dem ein oder anderen in Erinnerung.
Bei Breakdown Of Sanity gab es Metalcore mit verdammt tiefen Bässen, welche den ersten Reihen des Publikums vermutlich heute noch in den Knochen sitzen.
Es folgte eine Band, die für ein Metal/Hardcore Festival eher untypisch ist, allerdings prima in den Tag gepasst hat und die Partystimmung auf ein neues Level hob. Swiss + die Andern kommen aus Sankt Pauli machen eine Mischung aus Punkrock und Rap, haben einen DJ, zeigen gerne Haut und hassen die AfD vermutlich genauso sehr wie Wolf Down. Sänger Swiss fragte das Publikum „Wer hasst die AfD mehr als ich?“ und erzählte, dass die Band bei jeder Show ein Foto von sich, dem Publikum und ihren Mittelfingern macht und es der AfD Hamburg zukommen lässt. Nach einer kurzen Pose mit Foto ging es weiter mit der Party-Pogo Gruppe, einer Wall Of Death, Polonese statt Circle Pit und der Feststellung von Sänger Swiss „Wir sind hier auf einem riesigen Metalfestival und die Leute gehn zu Schmusepunks ab„.
Wie hart die Party wirklich war, sahen wir auf dem Weg zu Thy Art Is Murder, ein Mädel lag auf einer Trage, daneben saß ein Mädchen, welches sich ihr Lippenbändchenpiercing herausgerissen hatte und zehn Meter weiter verteilte jemand seinen Mageninhalt beim Laufen mitten in der Halle. An der anderen Bühne angekommen ging es auch schon direkt los mit finsterem Deathcore von Thy Art Is Murder und Sänger CJ, welcher nach einer Pause wieder zurück in der Band war. Er selbst behauptete, dass überall da wo sie spielen, sie die härteste Band seien, was wohl in den meisten Fällen auch zutreffen dürfte. Dieser Auftritt zumindest war düster, die Bandmitglieder schauten verstörend grimmig und die Bühne wurde oft nur von Stroboskoplicht erhellt.
Während sich drinnen die Leute über das Comeback von CJ freuten, drehten wir eine Runde um zu sehen, was das Impericon Festival noch zu bieten hatte, außer guter Musik. In der Halle gab es einen großen Stand mit Merch der jeweiligen Bands, Getränke und ein paar Essensstände. Bei Ibanez konnte man diverse Gitarren testen, sich die Haare beim Monster-Barbershop schneiden lassen oder einfach eine Runde Konsole zocken. Verschiedene Organisationen stellten sich vor, verkauften Shirts oder verteilten Informationsmaterial, darunter Sea Shepperd, Hardcore Help Foundation, Peta Zwei oder Stay Alive. Einige Bands standen zur Autogrammstunde zur Verfügung und so zogen sich lange Schlangen durch die ganze Halle, vor allem bei Parkway Drive.
Draußen gab es ein großes Areal, wo man weitere Köstlichkeiten zur Auswahl hatte, von der Röster, für satte 3,50€ über Handbrot, Nudeln und zahlreichen vegetarischen und veganen Gerichten, ebenfalls konnte man dort eine Runde Minigolf spielen.
Wohl genährt ging es weiter bei Being As An Ocean, wo es direkt bei den ersten Songs Taschentücher für die jungen Damen in der vordersten Reihe gab, ausgeteilt von einem Security. Die Show war unglaublich emotional und Sänger Joel verbrachte mehr Zeit am oder im Publikum als auf der Bühne. Richtig voll wurde es bei Stick To Your Guns, welche mittlerweile schon zum Repertoir der Impericon Festivals gehören und auch heute wieder den Securities eine ganze Menge Arbeit bescherten und diese zum Teil sogar überforderten. Massen an Crowdsurfern rollten wie eine Welle in Richtung der Bühne und auch während der Spielpausen riss dieser Strom zum Teil nicht ab, während die fünf Kalifornier eine unglaublich agile Hardcoreshow ablieferten. Zu einer kurzen Unterbrechung kam es, als eine verletzte Person aus dem Pit geborgen werden musste. Auch STYG zählten am heutigen Tag zu den politischen Bands und machten dies deutlich, durch Aussagen wie „In this Scene, in this room, there is no space for fucking fascists, racists or homophobia„.
Als weitere musikalische Ausreißer galten neben Swiss + die Andern auch Anti-Flag für den heutigen Tag und genauso wie die Stimmung bei Swiss, war sie auch hier unglaublich gut und die Masse feierte mit Pogo anstatt dem üblichen Mosh. Zu hören gab´s zahlreiche bekannte Klassiker, welche zum Mitsingen animierten und zu sehen eine leicht chaotische Band, welche zum Teil samt Schlagzeug mitten im Publikum ihr Set spielte. Selbstverständlich gab es auch bei Anti-Flag klare Statements und Kritik, sowohl an der amerikanischen Regierung, Polizeigewalt, Homophobie, Sexismus und Rassismus.
Im Anschluss folgten Asking Alexandria mit einem tollen Bühnenaufbau und viel Licht, was von den Tribünen noch viel spektakulärer aussah. Leider wollte das Publikum nicht so richtig auf Touren kommen. Anders sah das ganze schon wieder bei Ignite aus, welche viel Zuspruch und Beteiligung bei bekannten Hits wie „bleeding, let it burn oder judgement day“ bekamen. Auch diese amerikanische Band sprach sich klar gegen den momentanen Kurs ihrer Regierung und die Kriege, die sie führt aus.
Weiter ging es mit einem Aushängeschild der deutschen Metalcoreszene. Caliban reisten wieder mal mit einer tollen Bühnenkulisse an und lieferten eine erstklassige Show, welche ihnen bereits während der ersten Lieder mit einer großen Wall Of Death und einigen Circle Pits gedankt wurde. Beim Cover des Rammsteinsongs „Sonne“ bewiesen alle ihre Textsicherheit. Trotz der ein oder anderen Falte, des ein oder anderen grauen Haares und mittlerweile 30 Jahren Bandbestehen, sind die Herren von Sick Of It All unglaublich agil und lieferten eine fette Hardcoreshow. Leider fiel die Beteiligung des Publikums etwas mau aus, ob dies an der Band selbst lag oder einfach daran, dass viele schon seit zwölf Stunden auf den Beinen waren wissen wir nicht, aber immerhin gab es noch ein schönes Circle Pit am Ende der Show.
Da die Pause zum Headliner jetzt etwas länger war, gingen wir nochmal nach draußen, um uns ein Handbrot zu holen, leider dauerte das ganze gut 20 Minuten, da die Veranstalter zwar doppelt so viele Gäste hatten, aber leider nicht doppelt so viele Getränke- und Essensstände. Ein Grill war sogar schon geschlossen und drinnen gingen zum Teil die Getränke aus.
Nun war es aber endlich soweit und Parkway Drive standen auf der Bühne. Die australische Metalcoreband ist mittlerweile nicht mehr wegzudenken von den großen Festivals und auch heute verdienter Headliner, um den es schon im Vorfeld des Impericon Festivals viel Gerede gab. Jeder der jetzt noch vor Ort war, versammelte sich entweder vor der Bühne oder auf der Tribüne um einen tollen Ausblick auf dieses Spektakel zu haben. Auf der Bühne standen Podeste, Massen an Beleuchtung und in der Mitte befand sich ein riesiger Metallkäfig, in dem das Schlagzeug stand. Wir wechselten nach einigen Liedern auf die Tribüne, um die aufwändige Lichtshow, das Feuer, den Nebel und die Pyrotechnik zu sehen und es hat sich absolut gelohnt. Nach einer Weile begann Schlagzeuger Ben Gordon mit einem Schlagzeugsolo und die riesige Metallkonstruktion kam zum Einsatz. Als sich das Schlagzeug anfing zu drehen und zum Teil auf dem Kopf stand, wussten viele Zuschauer bereits was passieren würde. Die Reaktionen waren trotzdem unglaublich. Auch wenn es diese Idee schon vor knapp zehn Jahren bei Slipknot gab und dort auch deutlich besser umgesetzt wurde, so war es doch eine nette Geschichte. Mit viel Feuer, Licht und tollen Effekten war es ein absolut gelungener Auftritt, welcher mit einem lauten Knall endete und den krönenden Abschluss des Impericon Festivals 2017 darstellte.
Man kann diesen Samstag auf jeden Fall unter Erfolg verbuchen. Die Bandauswahl war klasse, der Sound sehr gut und die Organisation fast schon vorbildlich und das trotz neuer Location mit doppelt so vielen Besuchern. Die Osteraktion mit den 30 goldenen Umschlägen, in welchen sich Gutscheine für Merch bei Impericon befanden und welche auf dem Gelände versteckt wurden, war eine nette Aktion. Wie auch in den Jahren zuvor fanden wir den Tag zu lang aber das kann ja jeder für sich selbst entscheiden. Schade ist es nur, wenn Vormittags noch nichts los ist oder Abends bei Zeiten die Luft raus ist. Für das Jahr 2018 sollten auf jeden Fall mehr Versorgungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen, um unnötig lange Wartezeiten zu vermeiden.
Wie auch in den vergangenen Jahren war das Impericon Festival für uns und hoffentlich auch viele andere ein voller Erfolg. Wir freuen uns schon sehr auf das Jahr 2018, wenn es dann in die achte Runde geht und der Besucherrekord ein weiteres Mal gebrochen wird.
1. Mai 2018 um 14:33
[…] das ein oder andere politische oder gesellschaftskritische Statement der Bands, denn das hat uns in Erinnerung an das letzte Jahr ein bisschen gefehlt. In diesem Sinne hoffen wir, dass wir euch alle auch nächstes Jahr wieder vor […]