Der Bohemien Style – kurz Boho oder auch Boho Chic genannt – ist ein wahrer modischer Dauerbrenner. Besonders als Festivalstyle ist der Look beliebt wie nie. Aber was versteht man eigentlich genau unter Boho?
Boho ist die Kurzform des französischen Wortes „Bohème“. In Frankreich werden so seit dem frühen 20. Jahrhundert Intellektuelle, Künstler und Freigeister bezeichnet, die zwar selbst meist aus bürgerlichen Verhältnissen stammen und eine hohe Bildung genossen haben, sich aber in ihrem legeren Lebenswandel vehement gegen das spießige Bürgertum abgrenzen – unter anderem durch ihren exzentrischen Modestil. Ursprünglich geht das Wort noch weiter zurück, nämlich auf das fahrende Volk der Sinti und Roma aus Böhmen. Beide Herleitungen fassen zusammen, wofür der Begriff auch heute noch steht: für einen exzentrischen, unkonventionellen Modemix, der die individuelle Selbstverwirklichung über gesellschaftliche Konventionen stellt. Das macht den Style natürlich zu einem idealen Festival-Look.
Der Boho Chic – ein Kind der 68er
Eine der strahlendsten Vorreiterinnen des Boho-Stils ist sicherlich Picassos Muse Dora Maar, die sich mit langen persischen Gewändern und Federn schmückte und den Maler mit ihren ausgefallenen und theatralischen Looks begeisterte. Auch Romy Schneider kann als frühe Vertreterin des Boho Chic gelten. Doch zu einem modischen Massenphänomen wurde das Ganze erst mit der Hippiebewegung der 60er- und 70er-Jahre, die den Individualismus feierte und die westliche Popkultur für Ethno-Einflüsse aus Asien und Lateinamerika öffnete.
Aus Retro mach Boho
Der Boho ist ein wilder Stilmix, der man kaum klar abgrenzen kann. Die Hauptzutaten sind aber ornamentale Ethno-Elemente, die manchmal eine fast orientalische Anmutung haben können, fröhlich-verspielte Hippie-Styles, Anklänge aus der Gipsy-Kultur, mit Mut zu Farbkontrast und Mustermix, sowie selbstbewusst rockige Fashion-Items. Wichtig beim Boho Chic ist dabei immer, die verschiedenen Stilelemente mit einem Hauch von Dekadenz und Luxus zu kombinieren:
Der Bohemian Style ist nichts für Mauerblümchen, sondern eher für Drama-Queens, die einen starken Auftritt zu schätzen wissen. Darüber hinaus ist vieles, ja sogar fast alles erlaubt, denn der Bohemian Style zeichnet sich dadurch aus, dass er bestehende Stile mit Leichtigkeit aufnimmt und zu individuellen und exzentrischen Looks kombiniert.
Feminine Blümchenblusen und hippieske Schlaghosen gehören genauso zum Boho-Repertoire wie wild gemusterte Oversized-Kleider und voluminöse Pelzmäntel, schwarze Working Boots genauso wie golden glitzernde Sandaletten. Die Haare werden bevorzugt zu langen Zöpfen geflochten oder mit kunstvollen Blumenkränzen, Federn und Spangen hochgesteckt.
Sienna Miller und der Nullerjahre-Boho
Anfang der Nullerjahre kam dann die vorerst letzte große Boho-Trendwelle auf und machte die Mode besonders als Festivalstyle populär. Das verdankt sich zu einem Großteil der Schauspielerin und Modedesignerin Sienna Miller, die dem neuen Boho Chic durch einen legendären Auftritt auf dem Gatsbury Fastival 2004 zu enormer Popularität verhalf. Die frische Belebung des Styles nahm im Londoner Stadtteil North Kensington ihren Lauf, in dem Sienna Miller damals lebte. In Anlehnung an die Trendsetterin wurden die Anhänger des Bohemian Styles, der bis 2005 ganz London erfasst hatte, in der Presse auch „Siennas“ genannt. Ihr Einfluss war zeitweise so groß, dass ihre Bevorzugung von fußlosen Strumpfhosen und Leggins zu einer Halbierung der Verkäufe von Kniestrümpfen in Großbritannien führten.
Der Bohemian Style erobert die Welt
Der neue Boho Chic, der sich von London rasend schnell in den USA und Europa ausbreitete, ist urbaner geworden und hat nur noch wenig mit Strandurlaub auf Ibiza oder der 70er-jahre Hippienostalgie ala Woodstock gemeinsam. Dennoch wird er von vielen bevorzugt auf Festivals getragen, wo man sich gerne ausgelassen, lebensbejahend und exzentrische gibt, während man sich im Alltag vielleicht lieber etwas bedeckter kleidet. Der Boho Chic ist längst keine Ausnahmeerscheinung mehr, sondern zu einem festen Bestandteil der Modewelt geworden. Große Fashion Labels wie Street One bieten ganz selbstverständlich eine eigene Abteilung mit Boho Styles an, und aus Hollywood ist der Trend ohnehin nicht mehr wegzudenken, ganz zu schweigen von den großen Modeschauen von New York bis Paris.
Einen tollen Eindruck, wie vielfältig der Modetrend heute rund um den Globus ausgelebt wird, kann man bekommen, wenn man Boho Chic bei Pinterest eingibt. Wer Inspiration für seinen nächsten Festival-Loook sucht, wird hier garantiert fündig.