Nach einem gelungenen Start am Warm-Up Mittwoch, konnte die Metalgemeinde gut in den offiziellen ersten Tag starten. Dieser stand klar im Zeichen des Deutschrocks. Immer häufiger finden sich in den letzten Jahren schon Bands dieses Musikstils im Summer Breeze Line-Up wieder, worüber die Meinungen sehr gespalten sind. Aber die Veranstalter wollen eben ein möglichst breites Spektrum an Geschmäckern bedienen und das Infield ist bei den Deutschrockern durchwegs recht gut besucht.
So auch am Donnerstag Morgen um 11 Uhr. Trotz verdammt wenig Schatten und bei einigen auch verdammt wenig Schlaf in der Nacht zuvor, hatte sich eine beachtliche Menge an Fans vor der Main-Stage eingefunden, um die Summer Breeze Premiere von „Toxpack“ mitzuerleben. Die Berliner Band wurde freudig empfangen und man sah Frontmann Daniel „Schulle“ Schulz und seinen Kollegen die Spielfreude sofort an. Bei Songs wie „Bastarde“, „Niemand“ oder „Was uns verbindet“ verflog die 45minütige Spielzeit wie im Handumdrehen.
Zeit also, sich auf den Weg zur „Pain Stage“ zu machen, auf der es eindeutig düsterer weitergehen sollte. „Lord of the Lost“ ballerten dem versammelten Publikum gehörig die Gehörgänge frei. Trotz brutaler Hitze gaben Band und Fans alles und feierten, als gäbe es kein Morgen mehr. Sänger Chris Harms erwies sich dabei als absoluter Entertainer und hatte das Publikum fest im Griff – sogar mit einer knallharten Coverversion von „Backstreet’s Back“ von den Backstreet Boys, die stimmungsmäßig den Höhepunkt des Sets bildete.
Wieder zurück vor der Main Stage hatten sich die Reihen vor der Bühne noch weiter verdichtet. Die nächste Band fiel zumindest frisurentechnisch klar aus dem Raster, erinnerte die Matte des Sängers doch eher an ein Afrika-Festival als an knallharten Heavy Metal. Den gab es von „Monuments“ aber dann trotzdem auf die Ohren. Mit ihrem gelungenen Set brachten sie das Publikum so richtig in Fahrt und man sah die ersten Circlepits und sogar schon eine kleine Wall of Death.
Vor der nächsten Band auf der Main Stage, machten wir noch einen kurzen Abstecher ins Zelt zur T-Stage, wo „Ohrenfeindt“ aus St. Pauli Vollgas gaben. Trotz kleinerer aber trotzdem nerviger Tonprobleme am Anfang der Show, ließen sich die Jungs nicht beirren und zogen ihren Gig im gewohnten AC/DC Style durch. Mit im Gepäck hatten sie Songs wie „Zeit für Rock’n’Roll“, „Auf die Fresse ist umsonst“, „Spiel mit dem Feuer“ oder „Harley-luja“ und das Publikum war restlos begeistert.
Leicht gehetzt ging es für uns dann aber bald wieder zurück vor die Main Stage, um den Auftritt von „Exodus“ nicht zu verpassen. Inzwischen waren nochmal locker einige 100 Leute mehr zum Publikum dazugekommen – kein Wunder, wenn wahre Rocklegenden auf der Bühne stehen.Um die Menge bei den heißen Temperaturen etwas abzukühlen, packten die Grabenschlampen wieder einmal ihren berüchtigten Feuerwehrschlauch aus und ließen kühles Wasser auf die ersten Reihen regnen.
Die „Exodus“ Fans feierten ihre Band und sangen textsicher Zeile für Zeile mit. Und als Frontmann Steve „Zetro“ Souza dann auch noch verkündete, dass er sich in Dinkelsbühl wohler fühle als auf einem anderen, recht bekannten Metal-Festival, was mit dem Buchstaben W beginnt, hatte er auch die Letzten im Publikum auf seiner Seite.
Im Anschluss an die „Exodus“-Rockshow zog es uns wieder schnurstracks zur Pain Stage, denn hier sollte nun eine Band aufspielen, die die lieben Grabenschlampen einmal so richtig ins Schwitzen brachte. Bislang hatte man von Crowdsurfern jedenfalls noch recht wenig gesehen (eigentlich ungewöhnlich fürs Summer Breeze). Doch jetzt hieß es: Bühne frei für „Equilibrium“, die inzwischen wieder eine reine Männermannschaft sind. Der weibliche Part am Bass wurde durch ein ehemaliges Crewmitglied ausgetauscht und das ist auch gut so.
Ab dem ersten Ton rastete das Publikum vollends aus und eine Monsterwelle aus Crowdsurfern setzte sich in Bewegung, sodass die Schonphase für die Grabenschlampen abrupt beendet wurde. Die harten Riffs von Equilibrium peitschten das Publikum immer mehr auf, sodass die Stimmung für „At the Gates“ perfekt angeheizt war. Mit deren Melodic Death Metal ging es im Anschluss auf der Main Stage weiter. Die Reaktion im Publikum war zwar am Anfang des Gigs noch leicht verhalten, aber im Endeffekt konnte der leidenschaftlichen Spielfreunde dieser Band keiner lange widerstehen, was mit dem einen oder anderen Circle Pit vor der Bühne belohnt wurde.
Von da an ging es Schlag auf Schlag weiter. Nach „Asking Alexandria“, „Airbourne“ und „Fear Factory“ gab es vor den beiden Hauptbühnen, trotz kurzem Regenguss zwischendurch, kaum noch ein Durchkommen. Denn DEN Headliner des ersten Abends wollte sich wirklich keiner entgehen lassen. In den ersten Reihen wurden fleißig schwedische Fahnen geschwenkt und man hörte schon vereinzelte Schreihälse „noch ein Bier!“ fordern. Und spätestens jetzt sollte jedem Metaller klar sein, welche Band nun die Main Stage betrat: Richtig, SABATON!
Mit ihrem neuen Album im Gepäck wurde die Band mit frenetischem Applaus begrüßt und von der ersten Minute an gefeiert. Schon bei den Openern „The March to War“ und „Ghost Division“ zischten die Flames in die Lüfte, sodass es in den vorderen Reihen kuschelig warm wurde. Sänger Joakim war sichtlich überwältigt von der Reaktion des Publikums und gab für seine Fans alles. Speziell von den weiblichen Fans konnte man immer wieder „Ausziehn! Ausziehn!„-Rufe hören und diesem Wunsch wollte der Sabaton Frontmann natürlich ebenfalls nachkommen. So riss er sich beherzt sein Oberteil vom Körper, doch statt einem gestählten Sixpack kam darunter (sehr zur Enttäuschung der Mädels) nur noch einmal dasselbe Shirt zum Vorschein. Die Lacher hatte er nach dieser Aktion jedenfalls auf seiner Seite. Ihr Power-Set beendeten die Jungs aus Schweden schließlich gebührend mit noch mehr Pyro und den Hits „Primo Victoria“ und „Metal Crüe“.
Wer nach diesem Mega-Gig noch immer nicht genug hatte, konnte sich noch vor der Pain Stage oder beim restlichen Programm auf Camel und T-Stage oder im Circuszelt bis in die austoben. Bands wie „Testament“, „Abbath“ und „The Black Dahlia Murder“ gaben hier bis in die frühen Morgenstunden noch ihr Bestes.
Der zweite offizielle Festivaltag ging für uns um 11:50 Uhr los. Nach einem schnellen Kaffee (danke an dieser Stelle für die tolle Arbeit, die die Crew im Pressezelt jedes Jahr leistet) ging’s ab zur Pain-Stage. Dort machten wir Bekanntschaft mit den legendären Rittern und Beschützern des heiligen Grals. Ja, bislang hatten wir nur die Verteidiger des wahren Blödsinns gekannt, doch ab diesem Tag hat sich unser Horizont um 5 neue Superhelden erweitert. Denn die „Grailknights“ kamen auf die Bühne und begannen zusammen mit dem Publikum die Suche und die Schlacht um den Heiligen Gral.
Zur Stärkung hatten sie für die Durstigen vor der Bühne direkt einmal ein Fässchen Bier im Gepäck, was von den Grabenschlampen fleißig unters Volk gebracht wurde. Der Frühsport kam ebenfalls nicht zu kurz, denn scheiß doch auf Zumba, wenn man auch „Grailnastik“ machen kann, was beim Publikum viele neue Anhänger fand (sieht auch viel „männlicher“ aus). Selbstredend wurde durch soviel Mühen die Schlacht letzten Endes gewonnen und der Gral wieder heil nach Hause geholt.
Perfekter kann man den Festival-Freitag eigentlich kaum starten und die gute Laune ging auf der Main Stage im Anschluss auch direkt in die nächste Runde. „Feuerschwanz“ übernahmen das Mikro und hatten viele Songs ihres brandneuen Albums „Sex ist Muss“ mit dabei. Die obligatorischen Anheizer-Miezen gaben wieder einmal alles und brachten somit auch wieder Leben in die letzten müden Knochen.
Womit es dann weiterging? „Blöde Frage, Saufgelage!“ Doch leider waren die 45min Spielzeit wie im Flug vorbei. Die Band kann sich aber getrost selbst auf die Schulter klopfen, denn sie haben definitiv einen geilen Job gemacht und es schafft auch nicht jeder, so früh am Tage das Infield schon nahezu voll zu bekommen.
Um Kräfte für den restlichen Tag zu sammeln, ließen wir es am Freitag noch etwas langsamer angehen und fanden uns dann pünktlich zur nächsten Deutschrock-Runde wieder vor der Main Stage ein. „Kärbholz“ waren an der Reihe und obwohl die Sonne schon wieder ordentlich vom Himmel knallte, wurden die Jungs aus dem Rheinland von einem bestens gelaunten und ordentlich klatschenden und hüpfenden Publikum empfangen. Sogar eine kleine gratis Nachhilfestunde in kölschem Dialekt gab’s von Frontmann Torben Höffgen – die Verständigung ist im schönen Bayern ja nicht immer ganz so einfach. Als Überraschung hatten „Kärbholz“ dann noch das Motörhead–Cover „Killed by Death“ zu Ehren Lemmys im Gepäck, was bei den Leuten vor der Bühne super ankam.
Doch nun war erst einmal wieder Schluss mit Deutschrock und es ging wieder etwas Breeze-typischer weiter. „Dying Fetus“, „QUEENSRŸCHE“ und „Soilwork“ machten mit vielen verzerrten Gitarrenriffs ordentlich Dampf unterm Kessel. Bis um 18:20 Uhr dann auf der „Main Stage“ der erste Co-Headliner des Tages in den Startlöchern stand. Wenn man sich auf dem Infield so umschaute, hätte aber auch ohne weiteres schon der Top-Headliner auf der Bühne stehen können, denn die Fläche war komplett voll.
Von vielen schon sehnlichst erwartet, stürmten „Arch Enemy“ mit einer vollen Breitseite namens „Khaos Overture“ die Bühne. Glücklicherweise wurde vor diesem Gig die Zahl der Einsatzkräfte nochmals deutlich aufgestockt, denn das Crowdsurfing erreichte seinen vorläufigen Tageshöhepunkt. Nicht einmal die Mülltonnen hielt es mehr auf ihren Plätzen und so wurde von einer breit grinsenden Grabenschlampe auch eine grüne Tonne aus der Menge gezogen. Sängerin Alyssa White-Gluz fegte wie ein blauer Wirbelsturm über die Bühne und gab zusammen mit ihren Bandkollegen alles.
Nach diesem Auftritt war kurz Durchschnaufen angesagt und nach „Mastodon“ ging es dann schon weiter zum nächsten Highlight des Abends auf der Main Stage. Gerade erst zwei Jahre ist es her, dass „Carcass“ zuletzt am Summer Breeze bewundert werden konnten. Seitdem sind sie aber glücklicherweise kein bisschen eingerostet und lieferten mal wieder Death Metal vom Feinsten ab. Da grenzte es fast schon an Sport, als wir uns gegen Ende des Sets durch die Fanmassen zur Pain Stage durchkämpfen mussten, um das darauffolgende komplette Kontrastprogramm zum Gig von Carcass zu verfolgen.
Auf der Bühne wurde es schon leicht frostig, denn nach langen Jahren hatten „Eisbrecher“ endlich wieder einmal den Weg nach Dinkelsbühl gefunden. Frontmann Alex Wesselsky hat in der Zwischenzeit allerdings nichts an Ego und Charisma eingebüßt und lieferte mit seiner Band eine gewohnt spektakuläre Show, inklusive Konfetti-Schneesturm zu „Eiszeit“ ab. In den einzelnen Songpausen suchte er immer wieder den Kontakt zum Publikum, was ihm von Anfang an an den Lippen hing. Mit etwas weniger Smalltalk hätte man aber durchaus noch ein, zwei Songs mehr im Set unterbringen können, denn Eisbrecher liefern mit ihrem elektrolastigen Neue-Deutsche-Härte Sound eine willkommene Abwechslung im Line-Up des Summer Breeze.
Und dann war es endlich soweit. Begleitet von einem fröhlichen „Gehn ‚mer halt zu Slayer“ kämpften wir uns durch das hoffnungslos überfüllte Infield zurück vor die Main Stage. Denn kurz darauf sollten die lebenden Thrash-Legenden die Bühne in Schutt und Asche legen. Begleitet von einem gigantischen nicht enden wollenden Chor aus „SLAYER„-Rufen betrat die Band schließlich die Bühne und versohlte dem Publikum mit einem Mix aus alten und neuen Songs eineinhalb Stunden lang den Arsch. Die Fans feierten sich ausnahmslos in Extase und das Infield glich einem wahren Battlefield. Mit einem Backdrop-Wechsel wurde auch noch einmal dem 2013 verstorbenen Gründungsmitglied Jeff Hannemann gehuldigt, bevor Slayer ihre Show mit einem gebührenden Finale aus „Raining Blood“, „Black Magic“ und „Angel of Death“ beendeten. Für viele Festivalbesucher bildete diese Show sicherlich den absoluten Höhepunkt des Summer Breeze Open Air 2016, den sie so schnell auch bestimmt nicht mehr vergessen werden.
Für uns hieß es danach jedenfalls erst einmal wieder Kraft tanken für den letzten Festivaltag. Was am Samstag noch so alles auf dem Programm stand, könnt ihr im zweiten und letzten Teil unseres Summer Breeze Rückblicks nachlesen.
Fotos: Festivalhopper Florian
Text: Festivalhopper Florian und Sabine
Hier gibt es weitere Bilder von den ersten beiden Summer Breeze Festivaltagen.
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