Am 19. und 20. August 2016 fand zum vierten Mal das Destruction Derby Festival in Roßlau bei Dessau statt. Neben der Wasserburg, als wirklich ausgefallene Location, gab es wieder zahlreiche gute Bands auf zwei Bühnen. Für gerade einmal 50 Euro bekamen die knapp 3000 Besucher eine ordentliche Ladung Hardcore, Punk und Metal in den verschiedensten Variationen.
Ein Bericht der Festivalhopper Anne und Gabriel.
Der Freitag glänzte mit perfektem Festivalwetter, 28 Grad und Sonnenschein. Der Zeltplatz neben dem Festivalgelände füllte sich rasch und so gab es auch recht zeitig die Information, dass die Besucher doch bitte auf den zweiten Zeltplatz am Schwimmbad ausweichen sollten. An der Wasserburg selbst, gibt es kaum Parkmöglichkeiten, sodass man eine gewisse Strecke bis zum Parkplatz laufen musste und von dort aus nochmal ein Stück bis zum zweiten Zeltplatz. Da sich an dieser Situation vermutlich nichts ändern lässt, muss man auch in Zukunft einen kurzen Fußmarsch in kauf nehmen oder etwas zeitiger anreisen, insofern man an dieser tollen Location festhält.
Auf dem Festivalgelände selbst gab es wieder zwei Bühnen, die Mainstage und eine etwas kleinere Tentstage schräg gegenüber, selbstverständlich auch eine Menge Merch, Getränke und einen extra Platz mit allerhand Köstlichkeiten.
Musikalisch ging es auf der Tentstage bereits zeitig los mit I Declare War. Die Bands wechselten immer zwischen den beiden Bühnen, um unnötige Umbaupausen zu vermeiden. Weiter ging es mit Imminence, WSTR, I Killed The Prom Queen, ROAM, Giants, welche kurzfristig für Casey eingesprungen waren und As It Is.
Für uns waren Risk It die Ersten und legten gleich eine Wahnsinns Hardcore-Show auf die Bretter. Es gab ordentlich Beteiligung im Pit, einige Crowdsurfer und der Sänger suchte viel Nähe zum Publikum unter welches er sich zeitweise mischte. Zu hören gab es neben einigen Songs von der neuen Scheibe auch ein dickes Dankeschön mit den Worten: „Vielen vielen Dank, deshalb ist Hardcore die geilste Scheiße, die es gibt!„. Es folgten Polar, diese jedoch verschwanden regelmäßig in dichten Staubwolken, welche sich durch die rege Beteiligung im Moshpit und der Wall of death hartnäckig vor der Bühne hielten.
Bei den State Champs zeigte sich, dass das Publikum an diesem Wochenende zum Teil sehr jung war. Dieser Auftritt erinnerte uns musikalisch an Highschool Abschlussbälle wie in American Pie, wo am Ende meist eine HC-Pop-Punk Band auf der Bühne steht und alle Teenies komplett ausrasten. Verdammt staubig wurde es dann wieder bei Wolf Down, die direkt bei ihrem ersten Song einen Circle Pit forderten. Klare Statements, wie „Fuck AFD!„, „Tiere sind nicht zum essen da!“ oder „Religion ist die größte Lüge aller Zeiten!“ bekamen großen Zuspruch und Applaus und im Fall der AFD, ein Meer aus Mittelfingern.
Etwas dürftiger fiel die Beteiligung bei Heart Of A Coward aus und das trotz eines gefüllten Platzes und eines guten Auftritts. Bei Adept funktionierte das ganze schon wieder deutlich besser und von der Band war, auf Grund des vielen Staubes, zeitweise nicht viel zu sehen.
Auf die nächste Band waren wir sehr gespannt, wir kannten Our Last Night nur von YouTube, dort gibt es zahlreiche Coverversionen der verschiedensten Popsongs, welche in den meisten Fällen wirklich gut sind. Leider spielten sie keinen der erhofften Songs, sondern überwiegend eigene Stücke, was zumindest bei den zahlreichen jungen Damen gut ankam und mit Schreien und Kreischen erwidert wurde. Die Jungs können wirklich gut singen, das steht außer Frage, uns war das alles aber doch etwas zu poppig. Wir gingen in der Zeit einen Happen essen, wo uns das krasse Gegenteil zum gerade stattfindenden Auftritt begegnete, ein junges Mädel, welches nicht kreischend vor der Bühne stand, sondern mit blutiger, mehrfach getapter Nase vor der Pommesbude.
Es gab eine gute Auswahl an Speisen, egal ob herzhaft, süß, vegan, asiatisch, ungarisch oder mexikanisch, für jeden war etwas dabei, leider waren zum Teil die Preise selbst für ein Festival recht hoch. Ähnlich sah es bei den Getränken aus, 2,50 Euro für ein Bier sind ja okay aber eigentlich für einen halben Liter und vor allem sollte ein Wasser nicht genauso viel kosten wie ein Bier.
Weiter ging es mit einer emotionsgeladenen Hardcoreshow von Dead Swans auf der Tentstage. Leute waren nicht ganz so viele gekommen aber die, die da waren, haben diesen Auftritt genossen und die Band gefeiert. Bei der nächsten Band hieß es dann headbangen was das Zeug hält und die Frisur hergibt. Deathmetal von The Black Dahlia Murder und Sänger Trevor, dessen Weste scheinbar nur aus Patches besteht. Das Aufregendste bzw. das Uberflüssigste jedoch, war ein junger Mann, welcher mehrmals versuchte vom unteren Bühnenrand über das Absperrgitter zu springen um dort evtl. zu crowdsurfen. Der erste Versuch endete mit dem Absperrgitter zwischen seinen Beinen, da er nicht darauf zum stehen kam und auch Versuch Nummer vier endete kläglich, als er im Flug mit seinen Schienbeinen gegen die Absperrung knallte und dort hängen blieb.
Mit einer wahren Clubband, welche perfekt auf die Tentstage passte ging es weiter und so sorgten auch Defeater für eine Menge Staub und viel Arbeit bei den Securities, welche die zahlreichen Crowdsurfer in Empfang nehmen mussten. Es ist immer wieder Wahnsinn, wie viel Emotionen diese Band in ihren Auftritt steckt und wie sich diese Gefühle auf das Publikum übertragen.
Den Abschluss machten Emmure und füllten das gesamte Festivalgelände mit Menschen. In dem riesigen Pit wurde ausgelassen gefeiert und nach dem letzten Song „when keeping it real goes wrong“ lautstark nach einer Zugabe gefordert.
Der Samstag startete eher ruhig und zum Teil recht dürftig besucht mit Monasteries, To Kill Achilles, Wound Spreader, Empires Fade und Human Touch aber immerhin noch gutem Wetter, obwohl der Wetterbericht für diesen Tag nicht viel gutes voraus gesagt hatte. Auch bei Feed Her To The Sharks sah alles noch recht gemütlich aus, hier und da eine Staubwolke, dort ein Mosher und vielleicht im Ansatz ein kleiner Circle Pit. Mehr zu sehen gab es hingegen bei I Am Revenge und ihrer Mischung aus Hardcore und Beatdown. Ein großer Pit lud alle Twostepper und Mosher zum Tanz. Was hin und wieder gefährlich aussah und vermutlich auch nicht ganz ungefährlich war, wurde trotzdem immer mit der nötigen Rücksicht auf andere praktiziert. Und dann war da noch diese Gürteltasche direkt vor der Bühne, welche von einem recht unschönen Logo geschmückt und vom Besitzer dort dummerweise gut sichtbar abgelegt wurde. Es handelte sich um eine Tasche der, bei Neonazis beliebten, Marke Thor Steinar. Diese wurde nach kurzer Rücksprache mit dem Besitzer, wo man ihm erklärte, warum diese Marke auf einer Hardcoreveranstaltung ein absolutes No Go ist, von der Security erfolgreich vernichtet. Man kann den Leuten immer wieder nur sagen: „Informiert euch, informiert andere, unterstützt diese Ideologie weder finanziell noch mit dem was ihr sagt oder tut und haltet Hardcore frei von Nazis!„.
Bei dem Sänger von A Night In Texas hatte man immer etwas Angst, dass ihm jeden Moment seine Halsschlagader platzt, so sehr wie er ins Mikro schrie. Viel los war aber auch dort nicht, außer fünf/sechs Leute im Pit und ein paar Headbanger in der ersten Reihe. Das gleiche Bild zeigte sich leider auch wenig später bei Promethee, irgendwie schien etwas der Wurm drin gewesen zu sein, denn auch bei Aegaeon zeigte sich nach wie vor ein Publikumsmangel und dann kamen auch noch dicke Wolken mit den ersten Regentropfen. Es mussten erst The Browning die Mainstage betreten, damit die Leute es auf’s Festivalgelände schafften. Ihre Mischung aus Metalcore und Elektro ließ den Pit wachsen und in Verbindung mit dem kurzen Regenschauer,blieb kaum ein Auge trocken.
Eine der letzten zehn Shows, bevor sich ihre Band auflöst, spielten Gone To Waste und sorgten für ordentlich Bewegung im Publikum. Nicht so bei den zwei Kartenspielern, die sich am Rand vom Moshpit niederließen, was dem Sänger so gar nicht passte und er sie nach mehrfacher Aufforderung mit den Worten: „macht das im Zelt, ihr gefährdet hier Leute„, seines Pits verwies. Nicht nur das Publikum sandte zahlreiche Crowdsurfer in Richtung der Bühne, sondern der Sänger selbst ließ sich auf den Händen der Zuschauer tragen. “ Wir machen das hier für euch, nicht mehr für uns!“ war eine gelungene Einladung von Sänger Lukas nochmal alle Kräfte im Pit zu mobilisieren. Die Stimmung wurde aggressiver, es wurde deutlich weniger Rücksicht auf die anderen genommen, was hin und wieder zu kurzen Rangeleien führte aber alles in allem blieb es doch erstaunlich ruhig, lediglich die gewünschte Zugabe blieb aus, da die Band mit zwei Leuten spielte, die sonst nicht zur Band gehören.
Für uns waren die Astroid Boys vollkommen unbekannt und um so überraschter waren wir von dem was da folgte. Ein DJ, ein Schlagzeuger, ein Gitarrist und zwei Sänger/Rapper machen ein Crossover aus Hardcore und Rap, mit dicken elektro Beats und es klang einfach sehr geil. Musikalisch war es zwar nicht unbedingt das, was sonst beim Destruction Derby aus den Lautsprechern kam aber die Leute feierten eine riesige Party. Nach den ersten Liedern schaute einer der Sänger zielgerichtet ins Publikum und rief: „someone grap this guy, someone grap this guy for me“ und wir dachten uns erst …was ist denn nun los?… als er jedoch sagte: „give me a spliff“ wurde plötzlich alles klar, er hatte jemanden gesehen, der eine Zigarette rauchte und wollte unbedingt ein paar Züge abhaben. Dies tat er auch, nahm ein paar Züge und die Show ging unter tosendem Applaus weiter. (Anm. d. Red.: Natürlich wurden dort keine Drogen konsumiert, Drogen sind nicht gut, genauso wie Alkohol!) Die Securities schienen etwas überfordert mit der Situation und der Masse an Crowdsurfern, die plötzlich wie eine Welle auf sie zurollte. Anstatt „Zugabe“ riefen alle „Taylor Swift„, was die beiden Sänger zumindest zu einer kurzen akustischen Rapeinlage veranlasste, was es jedoch mit Taylor Swift auf sich hat, können wir leider nicht beantworten, vielleicht äußert sich dazu jemand in den Kommentaren.
In eine ganz andere Richtung als bei den Astroid Boys ging es bei Science Of Sleep, eher so direkt-auf-die-Fresse-Core mit viel Gemoshe. Das Einzige was jedoch wiederkehrte, waren auch hier wieder zwei Kartenspieler, welche am Pit saßen. Jedoch blieb Sänger Marcus nicht ganz so gelassen, als er die beiden dort unten sitzen sah, mit den Worten: „Das ist respektlos gegenüber der Band und gegenüber den Anderen, nehmt ihnen ihre scheiß Karten weg und steckt sie ihnen in den Arsch!„, warf er seine Wasserflasche in die Richtung und setzte irgendwann den Auftritt fort.
Annisokay folgten auf der Mainstage mit einem Cover von Michael Jacksons „beat it„, Post-Hardcore mit viel cleanen Gesang, einer Wall of death und zum krönenden Abschluss ließ sich Sänger Dave auch noch kniend vom Publikum auf Händen tragen. Bei Coldburn gab es neben permanentem Regen von oben auch klare Worte gegen Rassismus. Es wurde ein, für Dessau-Roßlau, sehr brisantes Thema angesprochen, als es um den, in einer Dessauer Polizeizelle verbrannten, Sierra Leoner Oury Jalloh ging. Sein Tod ist auch nach über zehn Jahren noch nicht geklärt.
Da es nach wie vor noch immer regnete, verschwand zwar auch der viele Staub vom Vortag aber leider auch eine ganze Reihe Besucher und so wurde es bei The Word Alive und Burning Down Alaska etwas übersichtlicher. Diese Übersichtlichkeit verzog sich recht schnell, als der Auftritt von Stick To Your Guns anstand und scheinbar jeder Festivalbesucher vor der Mainstage anzutreffen war. Der Regen verzog sich und die Durchnässten tanzten und feierten sich einfach trocken. Es war wirklich spektakulär was diese Jungs dort ablieferten und wie gut die Stimmung im Publikum war. Spätestens an diesem Punkt zeigte sich, dass die eingesetzte Security vor der Bühne absolut unterbesetzt war, als Leute nach dem Crowdsurfen einfach zu Boden fielen, da sie niemand in Empfang nahm.
Ein weiteres Highlight folgte im Anschluss mit Deez Nuts, welche jedoch etwas verärgert schienen. Von der Mainstage 2014, wurden sie in diesem Jahr auf die kleinere Tentstage verbannt, sie wünschten sich scheinbar eine bessere Stimmung im Publikum und als dann auch noch mehrfach die Beleuchtung ausfiel, zeigte sich zumindest der Gitarrist äußerst erbost darüber. Trotz alledem war es eine gute Show, „Band of Brothers“ gab es auch als letzten Song, lediglich die gewünschte Zugabe fiel aus.
Die letzte Band an diesem Abend und des diesjährigen Destruction Derby waren Comeback Kid und sie bescherten allen Verbliebenen einen wundervollen Abschluss eines wieder mal sehr gelungenen Festivals. Sänger Andrew verbreitete auch bei dieser Show wieder beste Laune, suchte die Nähe zum Publikum und bekam einige Circle Pits als Dankeschön.
Das Destruction Derby 2016 war wieder ein voller Erfolg mit neuem Besucherrekord und altem Charme. Wir sind auf das nächste Jahr gespannt und ob die Veranstalter dieses Line Up bei solch moderaten Eintrittspreisen halten können. Lediglich für mehr Personal vor der Bühne sollte gesorgt werden, um die Sicherheit Aller zu gewährleisten.
Wir freuen uns definitiv auf nächstes Jahr, wenn das Destruction Derby wieder in die Wasserburg lädt.
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