Vom 6. bis 8. August 2015 fand das 18. Endless Summer Festival am Entenfang in Torgau statt. Mit schätzungsweise 4000 Besuchern, zählt dieses etwas kleinere Festival, zu den Hauptanlaufpunkten für Punks und Skins im Osten.
Die familiäre Atmosphäre, die ausgewogene Mischung aus Punk, Hardcore, Oi! und Ska und die Tatsache, dass die Veranstalter kein abgehobenes Festival anstreben, welches Jahr für Jahr immer größer wird und alle zu reichen Menschen macht, gibt dem Endless Summer den Charm, den es zu dem macht was es ist.
So hieß es an drei Tagen, feinste Musik, leckeres Essen und nette Leute bei hochsommerlichen Temperaturen jenseits der 30 Grad Marke.
Das Festival startete bereits am Donnerstag mit einer Handvoll Bands um sachte in das Wochenende zu starten. Neben The Cunninghams, Maximum Penalty, Johnny Wolga und Touche Amore sorgten auch First Blood für die ersten musikalischen Ergüsse. Wem das alles noch nicht reichte, der konnte überschüssige Energie bei der Aftershow Disse im Partyzelt loswerden.
Für mich begann das diesjährige Endless Summer leider erst am zweiten Tag, dem Freitag. Dafür gleich mit der vollen Ladung Sonnenschein und keinem einzigen lauen Lüftchen, welches den triefenden Schweiß zu einer angenehmen Abkühlung hätte verwandeln können. Die Anreise zum Festival gestaltete sich, bis auf eine fiese Umleitung von Leipzig nach Torgau, als recht angenehm. Am Veranstaltungsgelände angekommen, wartete auf alle, die ihr Ticket gegen ein Bändchen getauscht hatten, erstmal eine kleine Fahrzeugkontrolle. Dort wurde geschaut, dass keine Glasflaschen, Waffen, Haustiere oder gar Nazis mit auf’s Festival geschmuggelt werden.
Der Zeltplatz, welcher eine frisch abgemähte Wiese war, bot ausreichend Platz für alle Angereisten und deren Fahrzeuge. Direkt neben dem Zeltplatz lag das Festivalgelände, auf welches man, der hohen Temperaturen geschuldet, einen Liter Wasser im ungeöffneten Tetrapack mitnehmen durfte. Auf dem Weg durch das Zelt der Tentstage, gelangt man zum ausreichend dimensionierten und mit allerhand Merch-, Food- und Getränkeständen gespickten Festivalgelände mit Mainstage. Ebenfalls zwei Kickertische und das Spiel Bier Ping Pong konnten entweder zum Zeitvertreib oder zum erhöhten Bierkonsum genutzt werden.
Musikalisch eröffnet wurde der Freitag von Out Of Order im Zelt und Dirthsheath auf der Mainstage, welche auf Grund von Uhrzeit und Temperatur mehr als dürftig besucht waren. Die Leute suchten lieber Abkühlung im Schatten des Zeltes, im angrenzenden Bach am Wald oder im Torgauer Freibad. Wem das alles zu umständlich oder zu weit war, der konnte sich auch ganz bequem auf dem Zeltplatz vor das Löschfahrzeug der Torgauer Feuerwehr stellen und sich das kühle Nass mit Hochdruck ins Gesicht sprühen lassen.
Auf der Tentstage folgte Hardcore von Tobende Ossis, als Ersatz für Burning Lady, welche kurzfristig ihre Show absagen mussten, weil sich Bandmitglied Alex den Arm gebrochen hatte. Die folgende Band schaffte es, trotz der prallen Sonne, die Fläche vor der Mainstage mit einigen Leuten zu füllen. So gab es eine geballte Ladung Baltic Sea Hardcore von den Crushing Caspars aus Rostock und dank des Wasserschlaucheinsatzes der Security direkt vor der Bühne sogar das ein oder andere Circle-Pit. Mit „Wir hassen auch 2015 nichts mehr als Nazis und Rassisten!„ gab es auch noch ein klares Statement der Band. Hardcore-lastiger ging es im Zelt mit Coldburn aus Leipzig weiter. Wer lieber eine Runde Pogo zu Oi!-Punk bevorzugte, der war im Anschluss bei Soifass genau richtig.
Eine schöne Runde Hardcore gab es von Lionheart, welche das Zelt füllten und die Stimmung und Bewegung nach oben trieben. Einzig und allein die Erbostheit des Sängers, dass es nicht genügend Applaus für Coldburn gab, waren dann doch etwas überflüssig. Ein paar Crowdsurfer versuchten sich ihren Weg in Richtung Bühne zu bahnen, wurden aber durch die Securitys, nicht wie üblich über die Absperrung gehoben, sondern einfach wieder zurück ins Publikum geschoben, ein Bild was mir so bei noch keiner anderen Veranstaltung geboten wurde.
Tanzen, tanzen, tanzen oder zumindest mit irgendeinem Körperteil mit wippen, hieß es bei Buster Shuffle und ihrem etwas poppigem Ska aus London. Die ganz große und berechtigte gesellschaftskritische Keule schwangen die vier Rügener von C.O.R. und teilten allen ihre Wut, über das was falsch läuft, mit einer ordentlichen Portion Hardcore-Punk mit. Die Leute sollen kleine Bands in Clubs und AJZ’s unterstützen und nicht die gepushten Bands der Musikindustrie. Kritisiert wurde ebenfalls die Lebensweise der Menschen, welche durch den Kauf von Billigklamotten Kinderarbeit unterstützen oder aber das Länder ausgebeutet und zerstört werden, um dort Rohstoffe abzubauen.
Das schnellste Circle-Pit der Welt wünschte sich Dennis, Sänger der Hardcore-Band Ryker’s, auf dem Platz vor der Mainstage und versprach dem ersten der fällt, ein Gratisshirt. Er bedankte sich mit den Worten, dass es jede Minute, seiner sechs stündigen Zugfahrt, Wert gewesen sei, vor diesem tollen Publikum zu stehen. Seinen Dank drückte er dadurch aus, dass er selbst das ein oder andere Mal über die Crowd surfte und immer ganz nah beim Publikum war anstatt auf der Bühne. Sentimental wurde es, als er für seinen an Krebs erkrankten Freund Frank, eine Videonachricht aufnahm, wo er und das gesamte Publikum das Victory Zeichen machten und „surrender denied“ riefen, um Frank mitzuteilen, dass alle hinter ihm stehen und er vor dieser schrecklichen Krankheit nicht kapitulieren darf.
Nach einer kurzen Umbaupause folgte wieder Hardcore, diesmal von der New Yorker Legende Madball. Der verdiente Headliner an diesem Tag waren Dritte Wahl aus Rostock. Deutscher Punkrock der etwas älteren Schule aber nach wie vor sehens- und vor allem hörenswert. Ein schöner Mix aus Liedern vom neuen Album „Geblitzdingst„, bis hin zu Hits aus dem Jahr 1996 füllten den Platz vor der Mainstage. Bei dem Song „So wie ihr seid“ gab es neben viel Konfetti auch einen Komplettausfall der Soundtechnik, welcher aber rasch behoben und die Show fortgesetzt werden konnte.
Um diesen doch recht anstrengenden und heißen Tag gemütlich ausklingen zu lassen, gab es auf der Tentstage noch eine Runde Ska von The Interrupters und Punk von Grade 2. Für alle, denen das dann immer noch nicht reichte, hatte natürlich auch heute das Partyzelt wieder geöffnet.
Der Samstag begann ähnlich heiß wie der Vortag, jedoch schon eine halbe Stunde zeitiger und diesmal mit Lord James auf der Mainstage und Get Dead im Anschluss im Zelt. Weiter ging es mit Punk von The Filaments und den Eastside Boys, bei welchen sich das Zelt so langsam füllte und die ersten der Sonne strotzten.
Getanzt werden konnte natürlich auch am Samstag wieder mit Ska Punk aus Moskau von Distemper. Und auch hier nochmal dicken Respekt für das wohl coolste Maskottchen bzw. denjenigen, der bei 35°C in einem riesigen Hundekopf steckt und die ganze Zeit auf der Bühne tanzt. Im Gegensatz zu Peter Pan Speedrock, wo das Publikum recht dürftig angesiedelt war, wurde bei Sondaschule eine große Party gefeiert, was bei einer schönen Mischung aus Ska und Punkrock auch nicht schwer fällt.
Deutlich aggressiver war die Stimmung bei Discipline, dort kamen alle Skins auf ihre Kosten und konnten sich so richtig austoben. Zu hören gab es altbekannte Hits, welche lautstark mit gegrölt wurden. Auf der Mainstage folgten Deadline und auch hier hörte man sehr wenig neue Lieder. Während dem Auftritt von Deadline wurde es äußerst windig, jedoch die Befürchtung, das angekündigte Gewitter zieht bereits jetzt auf, bestätigte sich nicht.
Da es mittlerweile zur Tradition des Endless Summer gehört, gab es natürlich auch dieses Jahr den lang ersehnten und heiß begehrten Boxkampf auf dem Zeltplatz. Bei diesem Boxkampf kann jeder mitmachen der möchte, es gibt einen abgesperrten Ring, für jeden ein paar Boxhandschuhe und einen Ringrichter. Gekämpft wird natürlich nicht bis zur Bewusstlosigkeit sondern es bleibt soweit immer alles im Rahmen.
Ein ähnliches Bild wie bei Discipline bot sich einem auch bei Slapshot, der Bereich vor der Bühne glich Zeitweise einem Schlachtfeld. Teilweise war es erschreckend zu sehen, mit welcher Aggressivität und Egalität sich dort manche Leute bewegten und in Kauf nahmen, dass andere vielleicht verletzt werden. Zum Glück blieb es wohl bei kleineren Blessuren und einem gelungenen Auftritt des Hardcore-Punk Quartetts aus Bosten, welches mittlerweile eine 30-jährige Bandgeschichte vorzuweisen hat.
Auf der Mainstage ging es weiter mit Oi! von 4 Promille aus Düsseldorf bevor Walls Of Jericho mit 15 Minuten Verspätung ihre Show begannen. Candace, die Frontsängerin dieses unglaublichen Hardcore-Gespanns, bewies auch beim Endless Summer wieder was alles in ihr steckt und warum sie so perfekt in diese Szene passt. Sie hat ein unglaubliches Organ, mit dem sie jeden in Grund und Boden schreit und dann noch ihre Affinität zum Gewichtheben, welche aus ihr mittlerweile einen richtigen kleinen Hulk mit roten Haaren gemacht hat. Die Show war auf jeden Fall äußerst gelungen, der Platz vor der Bühne war voll und die neuen Tracks vom neuen 2016er Album kamen gut an.
Etwas schade war auch an diesem Abend wieder die zum Teil schlechte Bühnenbeleuchtung, wenn ich mir eine Band anschaue, dann möchte ich sie auch sehen, was aber nur bedingt möglich war, da die Beleuchtung im vorderen Teil oft so dürftig war, dass Bandmitglieder teilweise im Dunkeln standen. Den Abschluss dieses Festivals, zumindest was die Mainstage anbelangte, machten Toxpack aus Berlin und gaben eine ordentliche Portion Streetpunk zum besten.
Im laufe des Tages gab es bereits die traurige Nachricht, dass Oxo 86 ihren Auftritt kurzfristig absagen mussten, da Trompeter Chris im Krankenhaus liegt, da er wieder einmal von seinem Defibrillator geschockt wurde. Selbstverständlich konnten die Veranstalter so schnell keinen Ersatz organisieren, was ihnen wohl aber auch niemand übel nehmen konnte. Bad Co. Project und Death By Stereo wurden dafür nach vorn gezogen und das Endless Summer Festival 2015 endete so langsam mit vielen schönen Erinnerungen.
Alles in Allem war es wieder ein sehr gelungenes Wochenende, Das Line-Up war klasse und vor allem für jeden Geschmack etwas dabei. Mit der Hitze wurde super umgegangen und die Veranstalter bleiben sich und dem Endless Summer, auch nach so vielen Jahren, immer noch treu. Kleine Kritikpunkte wären wie schon erwähnt die ungünstige Bühnenbeleuchtung und der teilweise sehr laute und höhenlastige Sound. Ich hoffe aber trotz alledem, dass es dieses Festival noch viele Jahre gibt, weiterhin vielen Subkulturen eine Bühne bietet und dem DIY-Kult treu bleibt.
Wir alle freuen uns auf nächstes Jahr, wenn es Anfang August wieder heißt, auf zum Endless Summer Open Air 2016.
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