Masters Of Rock, das größte tschechische Rockfestival auf dem Areal des wallachischen Obstbrand-Königs, Rudolf Jelinek, in Vizovice. Nach 2008 (u.a. mit Amon Amarth, Gotthard, Volbeat, Sabaton, Def Leppard) und 2010 (Manowar, Gamma Ray, Unisonic, Lordi, Doro, Accept, Sabaton) hat es uns nun zum dritten Male ins malerische Tal am Rande der Beskiden verschlagen. Vom 10. bis 13.Juli 2014 fand die mittlerweile 12. Auflage dieses Festes mit dem wohl besten Preis- Leistungsverhältnis statt (Haltestelle Woodstock mal außen vor gelassen). Festivalhopper Axel berichtet von seinen Erlebnissen beim Masters Of Rock 2014.
Für einen unschlagbaren Ticketpreis von 40 Euro für eine 4-Tagesorgie in Rock und Metal geben sich alljährlich große Namen in bester Spiellaune vor den knapp 30.000 Besuchern die Ehre.
Donnerstag am Morgen gegen 8 Uhr in Sachsen los, standen unsere Zelte bereits 14 Uhr auf mährischem Boden. Wir wählen immer ein privates Areal im Ort, es ist einfach gemütlicher auf einer kleineren Wiese zwischen Bäumen und Sträuchern zu campieren als auf den beiden großen kostenlosen Camping-Grounds direkt um das Konzertgelände. Dennoch sind es kaum 5 Minuten von unserem Standort bis dahin, 1 Euro je Person und Nacht für den Besitzer der Wiese sind es uns wert, auch weil die Autos am Zelt stehen dürfen.
Nach Willkommens-Bier und kurzer Einweisung unserer Masters-Frischlinge in der Clique ab zum Bändchen-Tausch (2 min.) und rein ins Vergnügen. Erstes Achtungszeichen, im Areal fließt kein Pilsner Urquell für lächerliche 35 Kronen (1,30 Euro) je halbem Liter mehr, der Veranstalter hat die Brauerei gewechselt. Das nicht weniger schmackhafte Radegast fließt aus den zahlreichen Zapfanlagen, an denen man nie länger als 2 Minuten steht … für 30 Kronen (ca. 1,10 Euro). Kneift mich bitte einmal, im Zeitalter der allgemeinen Inflation gibt es Veranstalter, welche den Bierpreis, der ohnehin schon kaum zu unterbieten ist, SENKT? Darauf gaben wir uns mit den handlichen und robusten Henkelbechern (1,80 Euro Pfand) an der Kutte eine ordentliche Portion Russkaja. Zum Warmwerden kommen die österreichischen Russen-Klamauk-Rocker (Russkaja) gerade recht. Gutgelaunt und spielfreudig brachten sie das Publikum mit ihrer erfrischenden Russenrock Persiflage in beste Laune. Als Metaller nimmt man solch eine Partyband gern mal mit. Den Gig von Axxis haben wir nur nebulös beim Erkunden des Areals registriert. Zu oft gesehen, es klang dennoch solide und taugte allemal dazu, die hervorragende Stimmung am Köcheln zu halten.
Im Anschluss enterte Joel mit seinen Aussi-Rockern von Airbourne die Ronny James Dio Stage. Lauf- und spielfreudig wie man es von ihm kennt und erwartet, brachte er das mittlerweile gut gefüllte Areal zum Brodeln. Kein Wunder, zu markant sind die Riffs, zu energiegeladen die Show, um dabei auch nur eine Sekunde ruhig zu stehen. Airbourne bleibt sich treu, grundsolider Auftritt und jederzeit eine verlässliche Größe.
Progessive Metal ist nicht jedermanns Geschmack entweder man liebt ihn abgöttisch oder hört ihn konsequent nicht. Wer ihn dennoch „zwangsweise“ auf die Ohren bekommt und dann noch von den Primussen des Genres erwischt sich beim Erstarren in Ehrfurcht vor dem, was das Theater der Träume auf der Bühne zelebriert. Monsieur La Brie und Mr. Petrucci mit Dream Theater und großer Show. Virtuos und episch, auch für die Nicht-Fans hatte der Auftritt etwas Erhabenes. Jedoch nur mit „Pull me under“ ein Song, der noch Stunden später prägnant im Kopf herumspukt.
Als Abräumer des Abends die Thrash Legende Anthrax. Amerikanisch, kompromisslos und über dem handwerklich soliden Geknüppel hallte die Stimme von Joey Belladonna durchs Tal. Trotzdem die Tschechen wohl eher Freunde des melodischen und Powermetal sind, war die Stimmung bei der geballten Ladung Thrash fantastisch. Man feiert um des Feierns willen. Fazit des ersten Tages: Solide Gigs aller Bands, ordentlicher Sound und die Loyalität des Publikums gegenüber allen Bands sucht wie immer seinesgleichen. Selbst die Betthupferl, welche auf der Hauptbühne nach dem Headliner noch abräumen dürfen, werden morgens halb 2 (am ersten Tag Stryper) noch gebührend abgefeiert.
Freitag: Bereits 10 Uhr geht es auf der Hauptbühne los, lokale Bands wie die Tech Metal-Slowaken von Embryo, die Prager The Snuff, welche Grunge und Experimental kreuzen und Doga, die sich überraschenderweise vom Spaßrock in die Melodic Death Ecke bewegt haben. Ihr Publikum feiert sie ab und es ist immer wieder eine Freude, dem beizuwohnen. Gespannt waren wir zur besten Mittagszeit auf Chris Bowes (Alestorm) neues Projekt Gloryhammer. Klamauk, Fantasy, Powermetal. Kostümreich präsentiert, überzeugend vorgetragen. Netter Gig, nette Jokes, nett aber kein „must have“. Aber das ist das Schöne an Festivals, man bekommt nebenbei solche Nettigkeiten gratis dazu, zu denen man allein nie gehen würde.
Visions of Atlantis und Die Happy sind einem kollektiven Zwischenschläfchen zur Regeneration zum Opfer gefallen, auch geschuldet einer ausgiebigen Metverkostung vor dem Areal. Nach unserem Befinden kein Verlust, man muss nicht alles hören und Festivals sind hart. Marta Jandova mit Orchester hat mich dann doch noch interessiert, von der Virtuosität und der Epic stark. Tschechen sind eben Freunde der Kunst, diese genießt man aber weniger euphorisch.
In neuer Frische dann auf zu Korpiklaani, binnen 13 Monaten der 3. Gig der Folklore Finnen, dem wir nach Geiselwind und Dresden beiwohnen. Hat uns Bassist Jarkko nach dem letztjährigen (schlechten) Beastival Auftritt auf unsere Frage, warum „Happy Little Boozer“ nicht gespielt wurde noch geantwortet, „It´s a shit song„, musste er ihn aufgrund der Aufnahmen für ihre neue Live DVD zelebrieren. Und sie waren wieder gut, wie man es sonst von ihnen gewöhnt ist. Ein „Best of…“ ihrer Gassenhauer in 75 Minuten. Schöne Sache.
Warum geht man eigentlich zu Epica? Klar, wegen der Simone. Nett anzusehen, nett anzuhören und nach der beinharten Folklore Pogo-Polka von Korpiklaani, genau richtig um neue Kraft für die Band der letzten Jahre schlechthin zu tanken.
Sabaton! Ich gebe zu, nach meinem ersten Kontakt mit Joakim und seinen Kriegstreibern hier auf dem Masters 2008 bin ich den Schweden hoffnungslos verfallen. Meine Altersgenossen die im Normalfall bei Deep Purple und AC/DC eingefroren wurden und meine oldschool-death-thrash-black Metal-Freunde rollen ob des geschichtsbildenden marschmäßigen Rattenfänger-Powermetals meist die Augen, aber wer ehrlich zu sich selber ist, der kann sich Sabatons Aura nicht wirklich entziehen. Ich habe in den letzten Jahren keine andere Band erlebt, die mit so viel Fleiß, Kreativität und Spaß sich in die Geschichtsbücher des Heavy Metal gearbeitet hat. Bei keinem der bisher 6 Gigs, die ich genossen habe, wurde ich enttäuscht. Das Masters ist angesichts einer mütterlicherseits tschechischen Abstammung von Joakim ein Heimspiel. Er hatte 2010 nicht nur die Festivalhymne mit Salamandra eingespielt, auch die Uraufführung von „Far from the fame“ (auf dem 2014er Heroes enthalten), ein Song über den tschechischen „Roten Baron„, fand im letzten Jahr hier auf dieser Bühne statt. Pompös, spaßig, pyromanisch, kraftvoll, melodisch, authentisch. Haben wir Joakim 2013 beim Beastival noch mit dem Choral „Noch ein Bier“ zum Weitersaufen animiert, brüllen 30.000 Kehlen in Vizovice „jeste jedno pivo„. Als Dank gehen dir das Intro von „Swedish Pagans“ oder die Rattenfänger Pfeifferei von „To hell and Back“ niemals mehr aus dem Kopf. Sabaton ist eine Bank, Sabaton ist ein „must have“, aus und PUNKT.
Die Tickets für den 7. Februar 2015 in Prag hängen bei uns schon an der Pinnwand.
Behemoth genießen wir dann noch bis um 2 beim Absackerbier vom Rande aus.
Sonnabend: Vorfreude bei der Jugend auf Alissa, Spannung für wiedergeborene Helloween, denen man zuletzt nachsagte, dass sie ohne Kiske mittlerweile vor jedem 2. Dönerstand für ne Kiste Bier muggen würden. Aber zuerst wieder schlendern übers großzügige Areal. Ich hab als seniler Bettflüchtling bereits eine Morgenrunde um den großen Camping-Ground und mir mal die Mühe der Zählung der kulinarischen Stände gemacht. Nicht weniger als 28 Bierstände mit insgesamt 18 verschiedenen tschechischen Biersorten (jeweils der halbe Liter pfandfrei für 95 Cent) und 19 Freßbuden um die Zeltstadt. Wohlgemerkt VOR dem Festivalgelände. Dahinter das gleiche nochmal in Quantität und Qualität für den zweiten Ground. Auf dem Festival Gelände selbst gut 50 Imbissstände, vom üppigen Früchtebecher über Indisch, Döner, mährische Speckwurst und gebratenen Nudeln bis zur leckeren Steinpilzkartoffelpfanne. Unser teuerstes Gericht war ein halbpfündiger Fleischspieß für umgerechnet 4,80 Euro mit soviel Meerrettich auf der Pappe, dass man damit eine kleine Feierlichkeit ausstatten könnte.
Nach zwei lokalen Bands, dann die regionalen Helden und Interpreten der Festival Hymne. Salamandra kommen aus Mähren und tourten bereits mit Iron Maiden. Kraftvoller, epischer und melodiöser Powermetal der Marke Kiske meets Tarja und Bruce Dickinson grüßt die beiden. Mit dem lokalen Bonus und einer Session zusammen mit ihren beiden vorhergehenden Sängern sowie dem Frontmann von Freedom Call gab’s einen abgefeierten Mittagsauftritt. Ich gebe zu, ich hab mir beim meet and greet alle 7 Unterschriften der Salamander zwischen Trollmännen und Christus auf die Innenseite setzen lassen. Allein die großen Augen von Frontfrau Hanna, daß sich da ein Deutscher um ihre Gunst bemüht waren eine Augenweide.
Oldschool Rock von Tony Martin, immerhin 10 Jahre Frontmann von Black Sabbath, danach die griechischen Thrasher von Suicidal Angels und die Prager Metall-Legenden von Citron mit ehrlichen aber unaufregenden Auftritten. Grand Magus haben wir uns nicht angetan, bei Freedom Call gottseidank nur den Schluß mitbekommen. Der Auftritt war so „nett“, daß ich jederzeit fürchten mußte, daß eventuell David Hasselhoff mit einer Flying V auf die Bühne gehoppelt kommt. Hatte bißchen was von Karl Moik, wenn er ein Rockstadtl verbrechen würde – egal, aber auch das gehört zum Masters mit dazu. Familiennachmittag eben.
Die Scorpions, die Idole meiner Jugend. Was habe ich in den 80ern für Unsummen in ihre Schallplatten investiert. Trotzdem noch nie live erlebt, auch weil sie mit zu den Preistreibern der Live-Gigs gehörten und Klaus Meine irgendwann mal abdrehte. Bei Michael Schenkers neuem Projekt standen immerhin 50% Urskorpione auf der Bühne. Alt sind die geworden, aber noch gut in Spiellaune, handwerklich akkurat. Interessant das mal erlebt zu haben, gefeiert wurden sie ohnehin, auch wenn „Rock you like a hurrican“ ohne Klaus Meine eher zu vorgerückter Stunde in ein provinzielles Bierzelt passt.
Nachdem beim meet and greet aufgrund des enormen Andranges keine Chance bestand, ein Autogramm von Alissa zu erwischen, war die Erwartung bei uns allen sehr hoch. Der Frontfrauenwechsel bei den Erzfeinden sorgte für Aufsehen und mit dem gepiercten, growlenden Blauhäuptchen scheint mir etwas mehr Struktur in die Band gekommen zu sein. Nichts gegen Angela Gossow, sie ist und bleibt eine Legende, aber das, was Alissa White-Gluz da tut, da verschlägt’s dir die Sprache. Mein Gott, nicht nur dass sie die Aura einer schönen Elfe hat, solange der Mund geschlossen bleibt, nein, diese Kraft, diese Stimme, dieser Druck. Unglaublich, faszinierend und die neuen Songs Weltklasse. Ganz, ganz starker Auftritt von Arch Enemy.
Und bevor wir die Chance hatten von dem geilen Trip runterzukommen, genau da setzen weitere Helden meiner Jugend – Helloween – an. Autsch Andy, dieses „I Want out“ hat mich erst einmal brutal geerdet, meilenweit von Kiske entfernt. Ich befürchtete schon einen Leichen fleddernden Auftritt, aber bereits nach dem 3. Titel brachten „Mr. Weikath“ und Andi Deris die Monster wieder in die Spur zurück. Was danach kam war einfach nur Genuss. Jokes, Altes und Neues vom ganz starken 2013er Album. Bei „Dr. Stein“ der Wahnsinn, bei „Waiting for the thunder“ Gänsehaut. Helloween sind endlich wieder zurück in der 1. Liga des Heavy Metal.
Heißer und ausgelaugt haben wir dann den Auftritt der 4 im letzten Jahr von Joakim gechassten Sabatöner, die ihre musikalisch, historische Aufarbeitung nun unter dem Label Civil War zelebrieren verfolgt. Klingt immer noch wie Sabaton, melodisch, gigantisch aber es fehlt eben Joakim. Trotzdem aus der Ferne noch hörenswert.
Sonntag Endspurt oder besser Auspendeln, wohlwissend, daß die großen Nummern des Festivals Geschichte sind. Die Luft war dann irgendwie raus, einzig der Spannungsbogen für WM Finale und Krokus und Michael Kiske stand noch. Aber wenn’s denn kommt, kommt es ganz dicke, Absage Krokus wegen Schulterverletzung des Bassmanns, dafür Bonfire im Programm. Weißer Metal, so haben wir das früher immer genannt. Melodisch und bisschen bieder, aber handwerklich solide. Aber ich wollte Krokus haben, die konnten sie nicht ersetzen. Mike Terrana, das amerikanische Monster an der Schießbude mit seinem neuen Projekt. Der Packer mit dem markanten Irokesen ist einfach ein Tier an den Drums. Musikalisch genial, da bleiben seine Saitenmänner nur Statisten. Wurde zu Recht gut abgefeiert.
Eluveitie wie immer mit einem melodisch folkloristischem Auftritt, wer sie nicht kennt, würde sie eher im hohen Norden als bei den Eidgenossen ansiedeln. Schöner Auftritt, gute Stimmung. Es ist schwer, für sich zu entscheiden ob nun der 4. WM Titel für Deutschland oder Michael Kiske wichtiger ist. Ich konnte mich nicht entscheiden und bin also gependelt. Zwischen Leinwand und Bühne. So langsam kommt Unisonic auf Touren, nach schleppendem Start 2010 nun schon mit Material aus 2 eigenen Alben + die erwarteten Bonmots aus der Helloween Zeit. Bei allem Respekt Andi Deris, aber so, genau so klingt „I Want out„. Tja, das Original eben. Ein starker abgefeierter Auftritt, Kiske mit Unisonic darf man gern im Auge behalten. Der Abräumer des Festivals dann ein gewisser Herr Bach. Sebastian, ohne Johann. Gut, man schleppt den Namen seit dem frühen Erwachsensein immer mit sich rum, aber sicher nur, weil er nach barockem Musikgenie klingt und nicht weil er von einer ehemaligen Poserband namens Skid Row stammt. Die fand ich damals schon öde. Bach alleine macht’s nicht besser. Da hab ich dann doch meinen Platz im Zelt eingenommen, denn ich konnte mich darauf verlassen, dass das Masters-Publikum, jeden seiner Gäste, der ehrliche Mugge abliefert, gebührend feiert und unterstützt. Und das taten sie ganz offensichtlich, mindestens bei „Piece of me“ und „Slave to the grind“ wie man in den Kommentarpausen der WM Übertragung gut hören konnte.
Weltmeister und wieder ein geiles Festival. Was gibt´s Schöneres für deutsche Metalheads. Danke Vizovice, wir kommen wieder und empfehlen Euch aufs Wärmste. Line-up, Location, Publikum sind hier absolut stimmig, die unglaublichen finanziellen und kulinarischen Rahmenbedingungen, das Fehlen jeglicher Gängelei und die herausragende Sauberkeit (zweimal am Tag werden die Toi´s gemacht und bestückt!) machen das Masters OF Rock zu einem unvergesslichen Fest.
Fotos und Text: Axel Matthees
Weiteres zum letzten Masters Of Rock hier und auf www.mastersofrock.cz. Das nächste Masters Of Rock, die 14.Ausgabe wird vom 09.-12.07.2015 in Vizovic stattfinden.
Masters Of Rock ist ein „International Open Air Music Festival„, dass an vier Tagen Mitte Juli bei unseren Nachbarn in Tschechien, nahe der Grenze zu Österreich/Slowakei stattfindet.
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