Am vergangenen Wochenende fand in unserer schönen Hauptstadt der krönende Abschluss der diesjährigen Berlin Music Week statt. Mit dem zweitägigen Berlin Festival zeigte sich die Metropole wieder einmal von seiner musikalischen Seite und das in voller Pracht. Wie gewohnt diente der stillgelegte Flughafen Tempelhof (seit 2009) als würdige und perfekt geeignete Location.
Um die 20.000 Besucher strömten an den zwei Tagen (6. und 7. September) auf das weitläufige Gelände, um Top-Stars wie Björk, Blur oder die Pet Shop Boys performen zu sehen. Um die 80 Acts traten beim Berlin Festival 2013 auf und lieferten Musikstile wie Pop, Indie, Techno, Electro, Alternative, Hip Hop und sogar Klassik.
Die Location
Berlins damaliger dritter Flughafen Tempelhof (wurde 2008 geschlossen) bietet ideale Voraussetzungen für ein Event mit mehreren tausend Besuchern. Die Infrastruktur ist hervorragend, die Größe des Geländes mehr als ausreichend und die Anziehungskraft sehr hoch.
Auf das Thema Flughafen haben sich die Veranstalter voll eingestellt. Die Crew bzw. das Einlasspersonal trug Flugbegleiter-/Pilotenkleidung. Vor dem Eingang lotsten freundliche Helferinnen die Gäste zum richtigen Eingang, in der Tempelhofer Eingangshalle saßen einige Empfangsdamen zum Bändchentausch bereit. Bevor es dann zu den Bühnen runter aufs Flugfeld ging, fiel mir die Abflugstafel auf, die, wie man es aus Flughäfen kennt, einige Meter über dem Boden an der Wand befestigt war. Darauf abgebildet: der kompletten Timetable. Sehr schöne Details und großer Einfallsreichtum an diesen Stellen.
Das Festivalgelände war sehr sehr groß und weitläufig. Insgesamt vier Bühnen und das Art Village gab es zu sehen, etliche Essenstände und Werbepavillons reihten sich aneinander. Die Besucher wurden quasi von Werbung erschlagen. Hier Promotion, da Promotion – ein bisschen zu viel des Guten. Die Entfernungen, die man zurücklegen musste, um von der einen Bühne zur anderen zu gelangen, waren sehr groß, geschätzte 1 km von der Mainstage zur Pitchfork Stage. Eng wurde es auf dem Festivalgelände nicht, abgesehen vor den Bühnen bei den Mainacts. Es gab genug Platz zum Schlendern, Essen, Sitzen und Chillen. Das war auf jeden Fall ein großer Pluspunkt dieser tollen Location. Sanitäre Anlagen, sprich Toiletten, gab es im Überfluss. Langes Anstehen war somit an diesen beiden Tagen gestrichen. Die Toiletten waren sauber und über das ganze Gelände gut verteilt.
Im letzten Jahr ist mir vor allem das Design bzw. die Gestaltung der Mainstage sofort ins Auge gefallen. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere Besucher an die Flügel rechts und links neben der Bühne und an das Flugzeug-Design. Leider war das dieses Jahr nicht vorhanden. Die Bühnen waren sehr schlicht und ein wenig einfallslos gestaltet. Auch soundtechnisch gibt es in jedem Fall noch Verbesserungspotential. Der Klang vor den Bühnen war nicht immer optimal. Alles in allem ist die Location aber immer wieder eine Reise wert! Wenn dann noch das Wetter stimmt und die Sonne sich ausgiebig sehen lässt, so wie das am Wochenende der Fall war, ist es umso schöner.
Der Freitag
Bereits am Nachmittag ging es schon los, der Startschuss des diesjährigen Berlin Festivals fiel gegen 14 Uhr. Die Band Bastille aus UK eröffneten mit ihrem Synthie-Pop-Sound die Mainstage. Mit im Gepäck hatten sie ihr neues Album „Bad Blood„. Vor der Bühne versammelten sich schon einige hundert Festivalgänger, um die vier Jungs live spielen zu sehen. Eine ganze Stunde performten die Briten und es wurde nie langweilig. Zum Schluss spielten sie ihr wunderbares Cover von Rhythm Of The Night und ihren wohl bekanntesten Song Pompeii. Von mir aus hätten Bastille auch später auf der Mainstage spielen können, das Potential dazu haben sie auf jeden Fall, tolle Band!
Um 16 Uhr spielten dann OK Kid auf der Zippo Encore Stage. Mit leichter Verzögerung (Soundcheck hat ein bisschen länger gedauert) fingen die Jungs aus Giessen an zu spielen. Ihr Sound erinnert an Casper, eine Mischung aus Indie, Rock und Rap. OK Kid zählen zu den Gewinnern in diesem Festivalsommer, wahre Newcomer. Auf etlichen Festivals war der Name im Line-Up zu lesen. Mit ihrem Sound passten sie auf jeden Fall gut zum Berlin Festival.
Auf der gleichen Bühne spielten am Abend Dumme Jungs – ein krasser Kontrast zum bisherigen Programm beim Berlin Festival! Electro im 6. Gang. Laut, lauter, am Lautesten ging es bei den beiden Berlinern zur Sache. Sie hätten vom Sound her auf jeden Fall auch gut in den Club XBerg gepasst, wo später noch Boys Noize und viele weitere Electro-Größen spielten.
Der erste Headliner präsentierte auf der Mainstage eine aufwendige Bühnenshow. Die Pet Shop Boys waren am Zug. Zu sehen gab es wechselnde Outfits, interessante Lichteffekte und eine stylische Bühnendeko. Tausende Besucher wollten sich dieses Spektakel nicht entgehen lassen und so war es ziemlich voll auf dem Rollfeld vor der Bühne. Es gab den typischen Pet Shop Boys 80s/90s Synthie-Pop. Weltbekannte Hits wie Go West oder It’s A Sin kamen gut beim Publikum an.
Am selben Ort spielten später Blur ein 90-minütiges Konzert. Laut Veranstalter war es wohl eines der besten Konzerte der Berlin Festival-Geschichte. Es kam mir so vor, als stünde die komplette Besucherbande vor der Mainstage. Die Band ist ein wahrer Publikumsmagnet und ein würdiger Headliner. Spätestens bei Song 2 stand niemand mehr still. Nach dem Konzert wurde es still auf allen Bühnen, weitergefeiert wurde im Club XBerg. Die Besucher konnten den inbegriffenen Shuttlebus-Service nutzen. Etliche Busse standen bereit und fuhren im 5-Minuten-Takt nach Kreuzberg. Das klappte sehr gut, anders als noch vor drei Jahren, wo wir eine gefühlte Stunde über das Rollfeld in kompletter Dunkelheit hin und her gefahren sind ohne den Ausgang nur ansatzweise zu erreichen. Also für den Shuttle-Service 2013 gibt es auf jeden Fall beide Daumen hoch. Die Arena und die beiden Clubbereiche waren gut gefüllt, aber es war noch ausreichend Platz vorhanden. Kein großes Gedränge und kein langes Anstehen an den Bars. Liveauftritte und DJ-Sets von Miss Kittin, Strip Steve und Boys Noize rundeten den Festivaltag gut ab. Tagsüber gab es Indie, Hip Hop, Pop und Rock und Nachts durfte dann zu Techno und Electro bis in die frühen Morgenstunden getanzt werden.
Der Samstag
Die Orsons spielten ein tolles Nachmittagskonzert bei strahlender Sonne. Auch hier war es schon gut gefüllt vor der Mainstage. Die vier Jungs wissen, wie man eine gute und unterhaltsame Show abliefert. Ihr Sound ist weit weg vom Gangster-Rap a là „Ich bin der Geilste … bla bla bla“. Mit Witz und unterhaltsamen Inhalt bringen sie ihre Musik an den Mann bzw. an die Frau. Wie OK Kid zählen die Orsons zu den absoluten Durchstartern im Festivaljahr 2013.
Nach den Orsons spielte die junge Engländerin Ellie Goulding auf der Mainstage. Mit ihrem Hit Lights eroberte sie in den vergangenen Wochen und Monaten etliche Charts. Sie ist wie geboren für die Bühne. Eine tolle Präsenz, ein starke Stimme und enorm viel Spaß – das alles steht für Ellie Goulding.
Neben den großen Bühnen gab es auch noch eine kleinere Bühne, wo eher noch unbekanntere Bands spielten. Die First We Take Berlin Stage (benannt nach dem Showcase-Festival First We Take Berlin, welches zwei Tage vor dem Berlin Festival stattfand) präsentierte unter anderem Mighty Oaks, Alin Coen und Teesy. Hier konnte man bis direkt vor die Bühne und hautnah die Musiker erleben.
Ding Ding, Headliner-Zeit! 19:15 Uhr gab Casper auf der Mainstage alles.
Am Festivalfreitag noch als ganz normaler Besucher vor den Bühnen inmitten der anderen Fans unterwegs und nun auf der großen Bühne vor tausenden Zuschauern. Es gab einen Mix aus alten, bekannten Songs wie Auf und davon und So Perfekt und neuen Songs vom aktuellen Album zu hören. Casper gehört zu den Künstlern, die zu 100 % hinter dem stehen, was sie machen. Er ist mit so viel Energie und Spaß bei der Sache und lebt quasi seine Musik auf der Bühne. Ich habe ihn schon einige Male live spielen sehen und es ist immer wieder eine Freude ihm und seiner Band zuzuschauen.
Ruhiger ging es dann auf der Zippo Stage bei Dillon zur Sache. Die Show hat mir in diesem Jahr nicht allzu gut gefallen, war mir insgesamt alles zu düster (lichttechnisch und auch vom Sound her). Ihre beiden Tracks Tip Tapping und Thirteen Thirtyfive waren dennoch ein Ohrenschmaus. Mit zarter Stimme und technoiden Klängen lieferte sie eine minimalistische Show ab.
Geballte Frauenpower gab es dann später auch auf der Mainstage, wo Björk die wohl interessanteste Show des Berlin Festivals 2013 spielte. Ich habe mich vorher nie allzu sehr mit der Musik von Björk beschäftigt, also bin ich ganz unvoreingenommen zu ihrem Auftritt. Und mein Fazit: Was war das denn für ein geiler Scheiß? Björk stand mit hippem Frauenchor (um die 20 flippigen Mädels) auf der Bühne und trug selber ein Pusteblumen-Kostüm. Musikalisch war dieser Auftritt ganz ganz stark. Der Frauenchor war sehr hochklassig und tanzte zudem noch wild mit, wie man es von einem Chor nicht erwarten würde. Der Auftritt von Björk war ein absolutes Highlight in diesem Festivalsommer!
Auf der Zippo Encore Stage gab es dann noch Indie-Rock-Musik vom feinsten, denn Klaxons spielten. Für mich eine der besten Indie-Bands, die ich jemals live sehen durfte. Eine volle Stunde gaben sie Vollgas und zogen das Publikum in ihren Bann.
Den krönenden Abschluss auf der Mainstage lieferte Fritz Kalkbrenner. Viele Besucher versammelten sich noch ein letztes Mal vor der Bühne, um den Abschluss des Berlin Festivals auf dem Tempelhofer Rollfeld zu feiern. Etwas schneller präsentiere Fritz ein knackiges 75-minütiges Live-Set. Da er alle Vocals bei seinen Tracks selbst einsingt, war es auch nicht verwunderlich, dass er live zu seinen Beats sang. Im letzten Jahr spielte sein Bruder Paul das Abschluss-Set und nun er. Mindestens genauso gelungen ist ihm dieser Auftritt.
Wie schon am Freitag, ging es nach den Konzerten weiter im Club XBerg. Dort feierte das Pariser Label Ed Banger sein 10-jähriges Jubiläum. Mit dabei waren Para One, Breakbot, Busy P, Justice und Sebastian. Viele der Besucher sind extra wegen den Ed Banger Jungs gekommen. In den anderen Floors ging es etwas ruhiger zur Sache (Deep House, Tech House, 80s etc.).
Claptone, die Round Table Knights und Shir Khan heizten den Arena Club ordentlich ein. Im Glashaus wechselten sich die DJs bei Disco Chinesisch ständig ab. Bis zum Morgengrauen wurde ausgelassen getanzt und weiter gefeiert, bis das Berlin Festival 2013 seinem Ende entgegen sah.
Das Berlin Festival lockte in diesem Jahr ca. 20.000 Besucher an und war ein voller Erfolg. Als fester Bestandteil der Berlin Music Week geht es auch im nächsten Jahr wieder weiter. Wer dann im Line-Up alles so auftaucht, erfahrt ihr natürlich bei uns zuerst!
Alle Infos zum Berlin Festival 2013 gibt es auf www.berlinfestival.de.
[Fotos: Thomas Helbig]
2. April 2014 um 12:31
[…] Damit bieten sich den Veranstaltern noch mehr Möglichkeiten, tolle Acts für das Lineup zu buchen. Bei den European Awards wurde das Berlin Festival 2013 mit dem Preis für das beste Lineup ausgezeichnet. Im letzten Jahr konnte man mit Top-Stars wie Björk, Blur oder den Pet Shop Boys punkten – hier ist unser Bericht zum Nachlesen. […]