Hinrich, 26 Jahre auf dem Zähler, born and raised in Eutin, studierter Bauingenieur. Ob er das erfolgreich macht, wissen wir nicht. Was wir wissen ist: er hat ein gutes Auge und fotografiert seit einiger Zeit schon von offizieller Seite für das MS Dockville in Hamburg.
Weil ich mehr über sein Schaffen erfahren wollte, habe ich mit Hinrich gesprochen und ihm dabei das ein oder andere Schmunzeln entlockt.
FH: Hallo Hinrich, schön dich zu treffen. Lass uns doch mal zurückreisen – wie bist du zur Fotografie gekommen?
H: Ich habe mit ca. 13 Jahren meine erste Kamera von meinen Eltern zum Geburtstag geschenkt bekommen. Es klingt sicher irgendwie klischeehaft, aber ich kann wohl sagen, dass sie den Grundstein gelegt haben.
FH: Nein, gar nicht. Eine schöne Vorstellung, so in die Fotografie reinzuwachsen. Vielleicht die beste Art überhaupt, denn als Kind lernt man ja bekanntlich schnell.
Was war denn deine erste Kamera?
H: Das war eine Olympus. Die genaue Bezeichnung weiß ich leider nicht mehr. Sie war aber definitiv zum Auf- und Zuklappen, was ich damals ziemlich cool fand (grinst).
FH: Was hast du fotografiert, bevor es sich um die Musik bzw. das Event drehte?
H: (schmunzelt) Da ich vom Land komme habe ich Trecker, Wiesen, Tiere und die Landschaft fotografiert. Häufig auch meine Geschwister und meine Eltern. Ich habe meine Kamera auch immer mit zu den tollen Dorf-Partys genommen.
FH: Nicht die schlechtesten Übungsmotive, wie mir scheint.
Heute bist Du immerhin schon länger der offizielle Fotograf für das bekannte Hamburger Dockville Festival. War das ein Meilenstein für dich?
H: Ich bin vor 3 Jahren das erste Mal zum Dockville gekommen. Meine Akkreditierung habe ich damals noch über einen Freund (an dieser Stelle: Danke Christoph Trabert!) erreicht, da er das Jahr zuvor schon akkreditiert war. Meine Bilder kamen wohl ziemlich gut an, sowohl beim Dockville Team, als auch bei Zeitschriften und den Besuchern, weshalb ich nun die letzten Jahre immer mit der Kamera vor Ort sein durfte. Das Dockville hat mich einen Riesenschritt nach vorne gebracht. Es war definitiv ein mächtiger Schub und damit auch ein großer Meilenstein. Danke an dieser Stelle auch noch einmal an Jean vom Dockville!
FH: Ich persönlich mag deine Bilder auch sehr gern, du hast den Blick für die Details. Fotografierst du seitdem hauptberuflich?
H: Ich fotografiere nicht hauptberuflich. Vom Beruf bin ich Bauingenieur. Ich hatte nie vor, die Fotografie zum Hauptberuf zu machen, da ich nicht wollte, dass ich fotografieren muss. Ich will fotografieren, wenn ich Lust dazu habe und ich möchte nicht auf das Geld angewiesen sein. Daher konnte ich auch schon häufig Aufträge von Künstlern annehmen, die nun nicht das Gehalt eines hauptberuflichen Fotografen bezahlen könnten.
FH: Das leuchtet ein. Ein Fotografie-Studium hat dich dennoch nie gereizt?
H: Nein, nicht wirklich. Vielleicht weiß ich aber auch nicht genug darüber, was in dem Studium alles gelehrt wird, aber ich sehe es für mich nicht als notwendig an. Vielmehr reizen würde mich eine Ausbildung bei einem sehr guten Fotografen. Ich will das praktische Lernen und mein Können dadurch noch weiter perfektionieren.
FH: Wo tätigst du den Auslöser die restlichen 362 Tage im Jahr, wenn das Dockville vorbei ist?
H: Die Hauptzeit ist natürlich der Sommer mit den Festivals. Ich war schon beim Wacken, auf dem Lunatic, Portland, dem Campus Open Air in Hamburg, beim Deichbrand und anderen Festivals. Da ich Mitglied beim Originalton e.V. bin, fotografiere ich auch für diesen ehrenamtlichen Verein noch ab und zu Konzerte. Und dann kommen natürlich noch die Aufträge auf Hochzeiten, Events, Gigs von DJs etc. hinzu. Häufig fotografiere ich auch einfach nur für mich mit Freunden. Dann machen wir unsere Sonntags-Foto-Tour durch Hamburg.
FH: Du bist also auch Anfrage im privaten Bereich unterwegs? Wo findet man den Output deiner Fotoprojekte und -aufträge?
H: Ja, man kann mich quasi buchen bzw. in jedem Falle anfragen. Den Output lade ich eigentlich immer, sofern es der Kunde erlaubt, auf meiner Internetseite hoch. Ab und an veröffentliche ich auch einige Bilder über meine offizielle Facebook-Seite.
FH: Gleich auf der Startseite findet man die aktuellen Deichbrand Fotos – die sind ein Traum!
Aber sag mal Hinrich, man hört immer wieder, die Branche sei hart und Geld verdienen ließe sich mit (Event-) Fotografie keines mehr. Kannst du das bestätigen?
H: Ich denke, dass das stimmt. Ich sehe mich auch nicht als der „kommerzielle“ Eventfotograf. Für mich steht auf Festivals, Konzerten etc. weniger die Band im Mittelpunkt wie eigentlich für alle sonstigen Fotografen, sondern mehr die Atmosphäre und das Publikum und die Art wie die Band mit dem Publikum interagiert. Viele verbinden mit Konzert und Eventfotografie die Nahaufnahmen des Frontsängers oder des Gitarristen.
FH: Das kann ich bestätigen.
H: ..damit möchte ich nicht verbunden werden (grinst). Ich bin kein Fotograf, der in erster Linie das Bild im Kopf hat, welches sich am besten verkaufen lässt, sondern vielmehr, welches die Stimmung am schönsten festhält.
FH: Zugegeben, der Ansatz gefällt mir. Ein Festival lebt ja vor allem von den Menschen und der Stimmung, die sie verbreiten.
Sprechen wir über dein Equipment. Womit fotografierst du am liebsten? Wie stehst du zur Analogfotografie?
H: Ich habe mir nach meiner ersten Spiegelreflexkamera (Canon 350D) nun vor einiger Zeit die 5Mark2 gekauft. Dazu habe ich noch einen Blitz von Canon (430 EXII) und 3 Objektive, vom Weitwinkel über Festbrennweite bis hin zum Telezoom, mit dem ich auch am liebsten fotografiere. Das Bokeh ist dort einfach genial. Mit der Analogfotografie hatte ich bis jetzt noch wenig Berührung. Ich würde aber sicher die Bearbeitung der Bilder vermissen, da ich mich auf die Bearbeitung häufig schon freue. Aber dennoch finde ich die Analogfotografie spannend. Bilder selbst zu entwickeln hatte ich auch schon immer vor. Irgendwann werde ich mir so ein Set noch kaufen. Gut, dass du mich daran erinnerst (lacht).
FH: Bearbeitest du deine Bilder klassischerweise mit Photoshop?
H: Ich bearbeite meine Bilder nur mit Adobe Lightroom. Detaillierte Retusche mache ich keine. Irgendwann fange ich eventuell mal mit Photoshop an, aber Lightroom reicht mir bis heute vollkommen aus. Mein Ziel ist es nicht ein „Foto“ zu erstellen, welches ich im übertragenen Sinne in der Realität so nicht aufgenommen habe. Alle Filter, die ich in Lightroom verwende, habe ich selbst erstellt und mir über die Jahre zusammen gebastelt. Ich habe noch nie irgendwelche vorprogrammierten Filter von anderen verwendet. Der eigene Umgang mit meinen Bildern ist mir wichtig.
FH: Das sieht man ihnen an. Welche war deine schönste Erfahrung als Eventfotograf auf einem Festival?
H: Da muss ich jetzt kurz mal nachdenken. Das ist noch gar nicht lange her: Auf dem Deichbrand 2013, als ich mit dem Fototeam auf der Firestage stand, die Menge gejubelt hat und wir ein Gruppenfoto auf der Hauptbühne gemacht haben. Anschließend durfte ich dann noch im Sonnenuntergang aus dem Helikopter das Festivalgelände fotografieren, während unter mir der Headliner Die Toten Hosen gespielt haben. Das war schon grandios (grinst).
FH: Ein Hobby so ausleben zu können, scheint für viele der Traum. Wie schafft man das?
H: Ich hatte eigentlich nie den Gedanken wirklich mit dem Fotografieren Geld zu verdienen. Warum es bei mir bis heute so gut funktioniert hat, ist eigentlich recht einfach. Ich hatte einige Hilfe von Freunden und tolle Connections. An dieser Stelle Danke! Es gehört natürlich auch dazu nicht locker zu lassen und am Ball zu bleiben, E-Mails zu schreiben, nachzufragen ob Interesse besteht und was wichtig ist: Eigeninitiative zu zeigen!
FH: Kein ‚Aber‘?
H: Schattenseiten gibt es meiner Meinung nach keine. Was mich nur stört, ist der Bilderklau im Internet, der rapide zugenommen hat. Damit hat wohl jeder Fotograf zu kämpfen.
FH: Wird man dich in diesem Jahr wieder auf dem Dockville-Gelände als Fotografen antreffen?
H: Definitiv, ja! Darauf freu ich mich schon lange.
FH: Und deinen Arbeitsalltag am Dock kann man sich wie vorstellen?
H: Kurz gesagt: Am Tag fotografieren, in der Nacht Fotos bearbeiten und dann kurz schlafen gehen.
FH: Ich nehme an, du bist ein musikaffiner Mensch. Was hältst du vom diesjährigen Dockville Line-Up? Entspricht das deinem persönlichen Musikgeschmack?
H: Das Line-Up erfüllt definitiv meine Erwartungen. Von A bis Z ist wieder alles dabei. Aber ich muss ehrlich gestehen, dass ich auf ein Festival nicht nur wegen der Bands gehe. Die Location ist für mich sehr wichtig, die Menschen und natürlich die Stimmung, die ich immer wieder genieße.
FH: Dann verrat mir doch mal: Welche drei Acts möchtest du selbst nicht verpassen?
H: Wenn nur Dope D.O.D. kommen würde, dann wäre das Line-Up auch top! Auf den Auftritt freue ich mich am meisten! Dann definitiv Die Orsons und meine Bekannte, Luisa! Tolle Musikerin!
FH: Für welches Festival oder Event würdest du unbedingt mal fotografieren wollen?
H: Ich möchte unbedingt auf das Melt! als Fotograf. Einmal die großen Bagger und von einem dieser auch das Gelände fotografieren, das wär’s. Die Selektion ist aber sehr hart. Häufig nur mit Print-Auftrag. Den kann ich leider noch nicht bieten. Aber vielleicht macht das Melt! Team dort mal eine Ausnahme?!
FH: Ich drücke die Daumen, dass es irgendwann klappt. Was planst du für die Zukunft?
H: Sehr nah in die Zukunft geblickt: Schöne Fotos vom Dockville für die Besucher zu machen (schmunzelt). Sonne ist übrigens erwünscht! Etwas ferner in die Zukunft geschaut, möchte ich meinen Hauptberuf als Bauingenieur und meine Fotografie einfach bestmöglich verbinden, so dass ich beides weiterhin verwirklichen kann. Ich würde gerne weitere interessante Themen in einer Reportage fotografisch festhalten, wie z.B. die Projekte von Viva con Agua im Ausland oder die von anderen Initiativen. Auch politische Themen im Ausland würden mich reizen.
FH: Das klingt spannend. Ich wünsche dir maximale Erfolge und vor allem viel Sonne für das anstehende Dockville. Lieben Dank für das Gespräch, Hinrich.
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