Europavox 2013 Teil II – ein journalistisches Gipfeltreffen

News am 29. Mai 2013 von Anne

lightshow eurovox 13Gerade am letzten Wochenende in Clermont-Ferrand (Auvergne, FRA) über die Bühnen des Polydôme gegangen, bot das Europavox Festival 2013 nicht nur ein interessantes Line Up für die Jäger und Sammler unter den Musikliebhabern, sondern auch eine journalistische Plattform für die Vertreter des europäischen Musikjournalismus.

Was die Meetings, der Austausch und das ein oder andere Gespräch so ergaben, folgt nun in Teil II des Festivalberichts. Zum Teil I bitte hier entlang.

Es begann am Donnerstag, dem 23. Mai, als sich viele junge Menschen bereits auf dem Intercity von Paris nach Clermont-Ferrand trafen und feststellten, dass das Europavox Festival 2013 das gemeinsame Ziel ist. Wo insgesamt 22 Nationen aufspielen sollten, hatten die Veranstalter keine Mühen gescheut und 20 Journalisten aus insgesamt 17 europäischen Staaten eingeladen. Wozu? Na um das musikalisch Beste aus Europa zu begutachten und gemeinsam zu diskutieren. Die grundlegenden Aspekte dabei: Wo liegen neue popkulturelle Strömungen und was sind die heißesten aufstrebenden Acts aus dem eigenen Land? Ein Nehmen und Geben, mit dem Augenmerk auf Promotion und Austausch, um idealerweise auch für die Zukunft ein starkes Netzwerk bilden zu können, welches die Vielfalt europäischer Musik stärkt und diese unter die Leute bringt.

lescop europavox13Die Taschen schnell im Hotel abgeworfen, gab es um 18Uhr im Entre Deux Villes, der Presselounge für alle Professionellen und Medienvertreter, den ersten Cocktailempfang. Es gab die Pressepässe, hipsterige Jutebeutel mit allerlei Infos und gewiss nicht zu verachtendes Fingerfood – die Atmosphäre zum Kennenlernen war geschaffen. So traf ich beispielsweise Guiseppe Zevolli aus Rom vom Indie-Eye-Network, Anna Brotkin für Rumba aus Finland, Patrick Conboy vom irischen State Magazin und Michael Kirchdorfer, der für das österreichische The Gap schreibt. Selbst Griechenland war zweimal vertreten, aber auch eine Menge osteuropäischer Kollegen wurde entsandt um in deren doch noch recht eigenwillige Musikszene Licht zu bringen. Slowenien, Polen, Tschechien, Litauen, Lettland – die Mischung war bunt, die Mischung war gut.

skip and die eurovox13In den kommenden Tagen war das Entre Deux Villes unser Anlaufpunkt. Ob zum verschnaufen zwischen zwei Konzerten, dem Plaudern bei Drinks oder dem Ort für ein Interview. Ich fühlte mich zu jeder Zeit stets gut aufgehoben. Nachdem also am Donnerstag noch die ersten Auftaktkonzerte gelaufen waren, ging es Samstag morgen um 10Uhr schon zum Meeting ins Polydôme. Es glich vielmehr einer A&R-Session auf der wir alle Gelegenheit hatten, eigene nationale Künstler vorzustellen und über die Musikszene eines anderen europäischen Landes unserer Wahl zu sprechen. Ein gemeinsames Musikhören und Abwägen, ein Kopfschütteln und Nicken, und die Frage, ob Tocotronic die größte deutsche Indieband aller Zeiten sei oder ob sie nicht schon in einer ganz eigenen Sphäre spielten. Und überhaupt – was ist eigentlich noch ‚Indie‘?

„Indie is dead. Don’t be so easily defined.“

Gewollt ist vor allem, was noch originell ist, was einen eigenen Drive hat, was unverkennbar klingt – sei es in Sprachen, die sich einem nicht erschließen. Es fielen Namen wie Mugison (IS), Marcia (PT), Zebra Island (EE), Ólöf Arnalds (IS), Tenfold Rabit (EE) und ich selbst ergänzte aus der niederländischen Szene: I am Oak, The Black Atlantic, Afka, Tessa Rose Jackson, Aafke Romijn, Go Back To The Zoo. Für Deutschland warf ich Namen wie Me And My Drummer, Children, Wrongkong, Fenster, Dance On The Tightrope, Lùisa, und selbstverständlich Dillon in den Raum. Ob es sich die Macher des Europavox letztlich alles anhören und auch für gut befinden, wird sich zeigen. However, das Interesse am Austausch war groß. Weil ich zudem mehr aus Veranstalterperspektive wissen wollte, nutzte ich die Gelegenheit beim Journalistenbrunch am Samstag, auf dem wir die bisherigen Festivalhighlights diskutierten, einige Worte mit Manager François Missonnier zu wechseln. Er bestätigte meine Vermutung, dass das Line Up das wichtigste und gleichzeitig herausforderndste sei (frei aus dem Englischen übersetzt):

„Mit unserem Vorhaben, hier neue und interessante Künstler zu präsentieren, geben wir ein Versprechen ab. Wir brauchen euch und euer Wissen dazu. Vieles schwappt nicht oder viel später auf den französischen Musikmarkt herüber und wir kennen zu wenig Anlaufpunkte in den anderen europäischen Märkten. Der Austausch mit Europas Musikjournalisten ist Teil des Erfolgsrezepts für das Europavox.“

A: Wer entscheidet letztlich, wer es in das Line Up schafft? Wie lauten die Kriterien?

„Wir sind eine kleine Gruppe von Leuten, die mit dem Hören und Finden von Künstlern beschäftigt ist. Jeder hat so sein Genre, in dem er sich besser auskennt, für das seine Ohren mehr gespitzt sind. Wir sind aber allen Musikrichtungen aufgeschlossen. Vielleicht machen wir im nächsten Jahr einen Metal-Abend. Das gab es noch nicht. 
Bands, die in Frage kommen, müssen natürlich schon etwas veröffentlicht und ein Management haben. Außerdem müssen sie Bühnenerfahrung mitbringen, denn wir sehen uns alle Acts vorher auch live an, bevor wir sie nach Clermont-Ferrand holen.“

vitalic vitalizrBei allen „Einsendungen“ der Medienkollegen aus Europa will man natürlich eine Balance finden, sagte er abschließend, und natürlich werden auch im nächsten Jahr wieder etliche französische Künstler ihren Anteil am Festival haben, denn Frankreich hat weit mehr Talente als Daft Punk und Phoenix zu bieten. Beispielsweise den derzeit erfolgreichsten französischen Electro Act VITALIC VTLZR (rechts), der vergangenes Wochenende mit großartiger Light Show entertainte.

Auch Radio France ist interessiert an außerfranzösischen Neuheiten und bat um ein Gespräch. Neue Musik will das Land, über den Tellerrand blicken und mitreden können. Also wurden auch hier viele Emailadressen über die Tische geschoben.
Bleibt festzuhalten: Wir waren sehr gefragt und bestens versorgt – ein tolles Zusammenkommen, bei dem man nicht den Eindruck hatte, es sei eine einmalige fixe Angelegenheit – im Gegenteil, ein stabiles Netzwerk sei das Ziel.

War das nun das Beste aus Europa? Das lässt sich pauschal schwer festmachen. Letztlich hat auch immer der persönliche Geschmack seine Finger im Spiel, denn Musik funktioniert für jeden schließlich anders.
In jedem Falle kann ich mich bei den französischen Festivalmachern (im Übrigen die gleichen Drahtzieher vom Rock en Seine) für das Schaffen dieser Plattform und der hier bestens gelungenen Organisation nur bedanken, denn auch mir persönlich hat das viele Einblicke und spannende Gespräche ermöglicht. Trotz aller Anstrengungen – der Spaßfaktor war groß.
In diesem Sinne: Merci à vous et à bientôt.

In der Galerie findet Ihr auch ein paar selbstgeschossene Bilder (leider hatte ich keinen Fotopass und durfte nur sehr eingeschränkt knipsen).

[Artikelfotos / Foto Credit: Florent Giffard]

Ein Kommentar zu “Europavox 2013 Teil II – ein journalistisches Gipfeltreffen”

  1. Nummer 1: Europavox 2014 mit frischem Wind aus der europäischen Musikszene sagt:

    […] Ort. Sie hat ihre Eindrücke vom Europavox 2013 in zwei Festivalberichten geschildert (Teil I und Teil II). Eventuell ist auch in diesem Jahr wieder einer unserer Reporter in Clermont-Ferrand am Start, um […]

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