Green Juice in Bonn: Wo die kleinen Bands groß rauskommen

News am 4. Oktober 2012 von Konzertheld

Green Juice 2012Wenn motivierte Jugendliche etwas wirklich wollen, können sie es durchziehen und daraus eine große Sache machen – das ist nicht nur meine Überzeugung, sondern Realität, wie das diesjährige Green Juice Festival in Bonn-Beuel-Neu-Villich mit einem neuen Besucherrekord eindrucksvoll gezeigt hat. Drei Schüler und Studenten zwischen 18 und 20 haben mit einer Menge Helfer ein Festival auf die Beine gestellt, was am Samstag 9000 Menschen anzog. Freunde und Bekannte halfen am Einlass und bei der Security, die Mütter machten das Catering und die Nachbarschaft half an den Verkaufsständen und mit Geduld.

Letztere war sicher bei einigen nötig, denn es wurde zwar nur bis 23 Uhr gespielt, aber der kleine Park, in dem das Festival in Bonn-Beuel-Neu-Villich (großartiger Name) stattfand, liegt direkt neben Wohnhäusern – der Einlass erfolgte zwischen zwei Häuserblocks, links eine Hecke, rechts Wohnzimmerfenster, mit Bauzäunen abgesperrt.

Beatiful Vile beim Green Juice 2012Nachdem wir feststellten, dass viel Wert auf Sicherheit gelegt wird, und vom Veranstalter persönlich unsere Pressepässe erhalten und Bändchen gekauft hatten, kam auch schon fast die erste Band auf die Bühne, Beautiful Vile. Ziemlich laut ging es los auf der vor allem ziemlich niedrigen Bühne und zunächst verschreckte uns der Sänger etwas, ein paar Gesangsstunden zum Achtzehnten würden sicher nicht schaden. Aber bei genauerem Hinhören zeigte sich, dass die Jungs richtig was drauf haben – alles andere als Four-Chords-Songs und was der Schlagzeuger da spielte, war anspruchsvoller und abwechslungsreicher als so manche Nummer von Profibands.

Kaum sind Beautiful Vile da, sind sie auch schon fertig. Alles Gute an die drei, da geht was! Bei uns geht dieweil leider nix, meine Kamera hat den Regen vom Seegeflüster nicht überlebt. Vielen Dank daher an Esther vom Green Juice, die uns die Fotos für diesen Artikel zur Verfügung gestellt hat!

Das Festivalgelände ist überschaubar, also verbringen wir die Umbaupause vor allem im Gras liegend. Bei strahlendem Sonnenschein ist das ja auch das Beste! Ansonsten werben hier Sponsoren für Fahrschulunterricht und Girokonten, es gibt natürlich Kölsch und Softdrinks, auch ein Red Bull-Zelt fehlt nicht. Apropos: Zum Bändchen gab’s auch nen Red Bull-Shot gratis. Coole Idee. Noch cooler: Nächstes Jahr belegte Brötchen und Würstchen um einen Frittenstand ergänzen! Schließlich sind Vegetarier unter euch und die wandern sonst ganz schnell zum nahe gelegenen Aldi ab. :)

Wir liegen noch im Gras, da geht es auf der Bühne weiter, The Spoilt hauen ein geiles Intro raus und überhaupt klingt der Sound sehr fett. Die Techniker machen hier echt einen guten Job. Leider müsste auch hier der Sänger nochmal an seiner Stimme arbeiten. Als es an den Mitsingteil geht, wird das Publikum stark gefordert, obwohl es schon sehr laut singt – wesentlich lauter als bei Auletta beim Seegeflüster am Freitag.

Montreal beim Green Juice 2012Anschließend geht es für uns einmal durch Beuel-Neu-Villich. Wir freuen uns über die gute Verkehrsanbindung und finden auch die Haltestelle, von der wir später wieder nach Hause kommen. Praktischerweise sind vom Festivalgelände aus gleich zwei Linien erreichbar, die einen Bahnhof anfahren – so kann man als Weitgereister über Bonn Hauptbahnhof oder über Siegburg/Bonn fahren.

Zu Montreal, die die krankheitsbedingt ausfallenden Eternal Tango vertreten, sind wir wieder da. Die Band wurde innerhalb einer halben Stunde gebucht – am Tag vor dem Festival. Respekt dafür! Natürlich ist es schade, dass Eternal Tango kurzfristig ausfallen, und nicht jeder wusste davon, so gibt es enttäuschte Gesichter, als der Moderator den Ausfall ankündigt. Trotzdem bleiben viele da – und werden nicht enttäuscht. Montreal haben diesen Sommer z.B. schon Bochum Total gerockt und auch hier in Bonn sind sie bestens aufgehoben!

Mit Montreal erreicht nicht nur die musikalische Qualität einen Höhepunkt, auch die Stimmung ist inzwischen wesentlich besser. Das Gelände ist voller geworden, es wird nun reichlich gepogt und getanzt und ein Zuschauer mit besonderen akrobatischen Fähigkeiten wird auf die Bühne geholt: „Kannst du das während dem nächsten Song die ganze Zeit machen?“

Headbangen beim Green Juice 2012Außerdem gibt es einen Gruß an die 5BUGS, die als nächstes auftreten werden. Montreal widmen ihnen einen Song und sehen auch darüber hinweg, dass die Band im Backstage des Taubertal-Festivals Essen an die Wände geworfen hat: „Das nächste Chili geht auf mich!“ Überhaupt positionieren sich Montreal offen zu anderen Künstlern. „Wenn man in Hamburg über die Grenze fährt, muss man aufpassen, dann wachsen einem sofort blonde Haare, man kriegt ne Plautze und heißt Thees Uhlmann.“

Der Umbau geht fix und ein paar Gespräche später spielen 5BUGS ihr letztes Festival für immer. Die Jungs machen den Eindruck, als wäre es ihnen scheißegal, ob das Konzert gut wird und wer da vor der Bühne steht, es gibt kaum Ansagen, Lieder werden runtergespielt und man versteht den Text oft kaum vor lauter Genuschel. Den Zuschauern ist es allerdings genauso egal wer da spielt, es wird heftig gefeiert, viele sehen sich dabei die Band gar nicht an. Ein ganz schön abschließender Abschluss und ein deutlicher Unterschied zur sehenswerten Perfomance beim Open Flair.

Zuschauer beim Green Juice 2012Das Parkgelände füllt sich nun deutlich, der Gewinner im Bekanntheitsgrad sind eindeutig Bakkushan, die den Abend und das Festival beschließen sollen. Erst einmal gönnen sie sich aber einen ausgiebigen Soundcheck und stimmen sich mit ihren Technikern ab – als Band von Welt muss man schließlich eigene Techniker mitbringen, auch wenn die anwesende Crew einen ausgesprochen guten Job macht. Hätten sie es mal lieber gelassen – als das Konzert anfängt, steht das Mikro des Sängers unter Strom und beim zweiten Song müssen sie gleich wieder abbrechen, weil er so nicht singen kann. So unterhaltsam es war, ihm dabei zuzusehen, wie er ständig eine gewischt kriegt, so genervt sind wir nun von der erneuten Verzögerung.

Wie das so ist, wenn Dinge nerven, wird Bier getrunken und im Moshpit stellt sich nun die merkwürdige Kombination aus jungen Festivalneulingen und angetrunkenen Hardcore-Konzertbesuchern ein. Ein eher chaotischer Zustand und so ist auch bei uns etwas die Luft raus, obwohl Bakkushan nach behobenen Technikproblemen einen anständigen Auftritt abliefert und kräftig rockt.

So mache ich mich auf den Weg zur Straßenbahn, um nach Hause zu fahren. Das Green Juice hat eindeutig gezeigt, dass auch junge bzw. neue/weniger bekannte Künstler viel zu bieten haben. Mein persönliches Highlight waren jedenfalls ausgerechnet Montreal, die mit ihrer ausgelassenen Stimmung einfach am Besten auf dieses Festival passten. Denn gut gelaunt waren hier wirklich die meisten – sicher nicht zuletzt, weil viele hier ehrenamtlich und damit freiwillig arbeiten. Und wäre es nicht so weit weg, wäre ich sogar am Sonntag zum Abbau nochmal hingefahren – denn da darf jeder mithelfen, der Lust hat.

Text: Christian Gredig / Fotos: Esther Völlmecke

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