Der „härteste Acker Deutschlands“ machte seinem Namen, mehr als jemals zuvor, alle Ehre. Zu den musikalischen Höhepunkten kam aber leider noch das unberechenbare „Sommerwetter“ der letzten 2 Jahre. Was 2011 bereits begann und vielen Festivalbesuchern ihren Sommer vermieste, setzt sich auch dieses Jahr fort und bringt allen Feierwütigen einen unangenehmen Mix aus Regen, Sonne, Sturm, Gewitter, Hitze und Temperaturen unterhalb der 20°C. Richtig schlimm wird es jedoch, wenn aus diesem meteorologischen hin und her ein solches Unglück entsteht, wie es dieses Jahr einige Gäste des With Full Force getroffen hat (wir berichteten am Montag).
Ein Bericht der Festivalhopper Yvonne und Gabriel.
Tag 1 – Freitag, 29.06.2012
Mit großer Vorfreude und der Sonne im Nacken, ging es auch dieses Jahr wieder nach Roitzschjora, auf den bekanntesten und härtesten Acker in ganz Deutschland. Das Wetter war so, wie man es Normalerweise von einem Full Force Wochenende kannte – pralle Sonne und Temperaturen über 30°C. Auch die Massen an feinsten Bands, welche die Veranstalter auch dieses Jahr wieder herangekarrt hatten, sollten ein tolles Festival versprechen aber was mussten unsere Augen vor Ort erblicken? Alles sah so anders aus, Mainstage, Tentstage, Zeltplatz…alles irgendwie verwirrend. Die Veranstalter haben scheinbar den altbekannten Lageplan des Geländes einmal komplett neu gestaltet, was bei vielen Besuchern zu Verwirrung und anfänglichem Unmut führte. Nachdem wir aber die ein oder andere Runde übers Gelände gedreht hatten, gewöhnten auch wir uns an die neue Aufteilung, auch wenn sie für häufige Wechsel zwischen Tentstage und Mainstage absolut ungeeignet war. Auch der Zeltplatz fiel den Neuerungen der Veranstalter zum Opfer, was aber auch etwas gutes hatte, da es jetzt einen seperaten Park-/Zeltplatz für Tagesbesucher und Presse/VIP/Gastro gab. Ansonsten war es das übliche Bild, Massen an Merch, Fressbuden und Getränkeständen.
Den musikalischen Anfang machten die fünf Amis von Skeletonwitch auf der Mainstage und Eyes Set To Kill, ebenfalls aus Amerika, auf der Tentstage. Die beiden Schwestern aus dem Hause Rodriguez stehen in Sachen Metalcore ihren männlichen Bandkollegen oder gar anderen Bands in nichts nach und ließen auch beim Force die Bühne kaum stehen. Wir bleiben im Zelt und somit bei den Belgiern von Do Or Die, welche sich in den letzten Jahren an die Spitze des europäischen Hardcore spielten. Eine ebenfalls immer bekannter werdende Band in der Szene sind Defeater, das Quintett aus Massachusetts, welches der Crowd mit eher dramatischem Hardcore einheizte. Nach Poison Idea standen die beatdown Ungetüme von Nasty auf dem Plan, die vier Belgier, die kein Blatt vor den Mund nehmen und das „wohlklingend“ verpackt und mit einer ordentlichen Portion Hass und Breakdowns dem Publikum um die Ohren prügeln.Den krönenden Abschluss machten die Meister des Coverns, und diese Band covert nicht irgendetwas, We Butter The Bread With Butter haben sich Kinderlieder auf die Fahne geschrieben. Die fünf Brandenburger brachten auch beim WFF die Masse zum toben, ob nun mit „remmi demmi“ oder „der Tag an dem die Welt unterging“, was leider etwas zutreffend war für diese Festival.
Die Mainstage teilten sich in der Zeit bereits Devil Driver und Insomnium, welche sich eher dem Death-Metal hingegeben haben. Richtig auf die Ohren gab es dann aber wieder von den Hardcore Urgesteinen von Madball. Die vier New Yorker um Freddy Cricien, der Madball nun schon seit fast einem viertel Jahrhundert am Leben erhällt, haben trotz der langen Musikgeschichte keineswegs an Charm und vorallem an Talent verloren, vorallem haben sie noch das Talent, Tausende von Menschen zu animieren sich im Pit die Schädel einzuschlagen. August Burns Red hielten die heiligen Bretter für die Kult-Punks von Pennywise warm. Ebenfalls seit fast 25 Jahren im Geschäfft, wissen auch die Skatepunker was es heißt seinen Fans und der eigenen Musik treu zu bleiben und weiterhin eine saubere Show abzuliefern.
Als nächstes standen eigentlich die fünf Herren von Lamb Of God auf dem Programm, jedoch gab es im Vorfeld reichlich Diskusionen über den Verbleib des Frontsängers. Dieser wurde angeblich verhaftet, da er für den Tod eines Fans verantwortlich gemacht wird, welcher bereits 2010 nach einem Konzert verstarb. Die Gerüchteküche ist am brodeln und so gibt es Aussagen wie: Tod nach einer Prügelei oder Tod nach dem Sturz von der Bühne. Der Sänger ist, laut Aussagen seiner Agentur, bereits wieder auf freiem Fuß. Als Ersatz für Lamb Of God spielten Emmure statt auf der Tentstage dann verdienterweise auf der Mainstage und knüppelten der Masse eine Menge Breakdowns um die Ohren, was ihnen reichlich Gedankt wurde.
Die Publikumsbeteiligung am heutigen Tage steigerte sich ins unermässliche, was aber auch an dem Auftritt der folgenden fünf Personen liegen könnte. Suicide Silence betraten die Bühne, gaben alles und bekamen es mit diversen Mosh- und Circlepits gedankt. Auch wenn Mitch seine Frisur auf Sommer umgestellt hatte, so blieb ihre Musik doch die alte und sowohl gesanglich als auch technisch hoch anspruchsvoll. Den musikalischen Ausklang gab es mit den vier Amis von Machine Head, welche eher zu den älteren Herren im Metalgeschäft zählen aber auch heute noch alles geben um ein entsprechendes Feedback von der Crowd zu bekommen.
Für uns endete der Abend hier, jedoch ging er für die ganz Harten noch gute fünf Stunden weiter. Knüppelnacht war angesagt und auch da wurde das ein oder andere Schmankerl aufgefahren, so reichten sich in dieser wohl härtesten und düstersten Nacht wieder sechs Grindcore, Death- und Blackmetal Bands die blutverschmierten Hände. Dark Funeral, Dying Fetus, Endstille, Nasum, Aborted und Debauchery saugten dann wohl auch noch das letzte bisschen Energie aus den Verbliebenen des ersten Tages des With Full Force 2012.
Tag 2 – Samstag, 30.06.2012
Das Wetter ließ auch am zweiten Tag die Besucher des Full Force nicht im Stich und so ballerte die Sonne mit gut 30°C eine weitere Röte auf den von gestern sonnenverbrannten Körper. Auch heute fielen uns wieder die neusten Modeerscheinungen der Festivalsaison auf: unzählige Menschen in Superheldenkostümen, Bubble-Tea und mehr und mehr moderner Metalcore. Fröhlich und etwas verblödet begann der heutige Tag mit den beiden vollblut Ossis von Elsterglanz, nur wenige Bands schaffen es als Opener, den Platz vor der Mainstage schon so zeitig, so brechend voll zum Toben zu bringen. Brennende Öfen, dicke tätowierte Stangentänzer und Leute mit Gartenutensilien, all das beinhaltet die Bühnenshow der Eisfelder. Eher lustig ging es auch weiter mit den Jungs von den Excrementory Grindfuckers, lustig im Sinne von Coversongs, welche der Menge auf Grindcorisch dargeboten wurden.
Und da die überleitung von Elsterglanz zu Grindcore gelang, warum sollte es dann nicht auch zu Deathcore und den fünf Amis von Carnifex klappen? Da dieses wahre gemetzel im Pit für den ein oder anderen zu dieser frühen Stunde aber doch etwas viel war, zeigten die verstreuten Überreste an Ausgelaugten und Demolierten, welche nach dem Auftritt vor der Bühne lagen. Die Tentstage wurde währenddessen von der elektronisch angehauchten Screamcore Variante des Metalcore und den sechs Jungs von Eskimo Callboy und im Anschluss von Texas In July vorgewärmt. Stick To Your Guns nutzten die Gunst der Stunde und ballerten dem vorgeheizten Publikum eine geballte Ladung Hardcore um die von riesen Tunneln durchsiebten Ohren. Etwas untypisch aber keineswegs unpassend für das Full Force, zeigten die drei Schweden von Perkele, dass es auch mit kultigem Oi!-Punk gelingt ein paar Metaller und Hardcorer zum Tanzen zu animieren.
Da sich Winds Of Plague leider von ihrem Sänger getrennt haben, spielten als Ersatz The Sorrow. Mit Evergreen Terrace und All Shall Perish gab es nochmals von zwei Größen der Hardcore bzw. der Deathcore Abteilung den Gehörgang freigeblasen und die Gelenke gelockert bevor die vier Rocker von The Bones das Zelt an diesem Abend vorläufig abschlossen. Wem das alles nicht gefiel, der machte sich einfach auf den etwas längeren Weg zur Mainstage und ließ sich dort von den fünf Australiern von I Killed The Prom Queen mit etwas Metalcore berieseln.
Ektomorf und Meshuggah testeten die Boxen dann schon einmal auf ihre Strapazierfähigkeit, denn es folgten die finstersten und blutrünstigsten Amis an diesem Wochenende. Cannibal Corpse und ihr Massaker-Death-Metal gaben einem nicht wirklich die Möglichkeit zu tanzen oder zu moshen aber alle Headbanger kamen hier voll auf ihre Kosten und jeder konnte einmal sein grimmigstes Gesicht üben. Das zentralgelegene Holzhaus von Jägermeister beeindruckte das ganze Wochenende mit Livemusik und DJ’s, das Liveorchester hingegen übertraf alles, ca. 15 bis 20 MusikerInnen und TänzerInnen versammelten sich auf dem Balkon des Hauses und spielten zahlreiche Coversongs mit tollen Tanzeinlagen.
Immortal überbrückten die Zeit zu den Favoriten dieses Tages, Heaven Shall Burn betraten die Bühne und alle rasteten aus. Leider begann mit dem Auftritt von HSB auch die unschöne Seite des diesjährigen Full Force, Gewitterwolken zogen auf und der Himmel wurde immer wieder erleuchtet von zahlreichen Blitzen. „Der Himmel soll brennen“, so die Übersetzung des Bandnamen aber mit dem was Heute noch folgen würde, hätte wohl keiner gerechnet. Wenige Lieder spielten HSB bevor der Himmel anfing, alles was ging über die feiernde Crowd zu ergießen, was mit einem normalen Regen begann, endete in einem Wolkenbruch mit Platzregen und Hagel, Blitze schlugen nicht weit vom Festivalgelände ein und das Konzert musste teilweise unterbrochen werden. Viele Festivalbesucher und auch wir retteten uns ersteinmal ins Auto um das Unwetter abzuwarten, von Heaven Shall Burn haben wir leider nicht viel mitbekommen. Um Mitternacht gab es wie jedes Jahr noch ein wundervolles Feuerwerk und für uns endete der Abend daheim, umgeben von Blitzen aus allen Richtungen.
Tag 3 – Sonntag, 01.07.2012
Erholt vom gestrigen Unwetter informierten wir uns im Internet und bei Freunden auf dem Festival über die heutige Nacht und erfuhren Schreckliches. Wir hatten schon einen extra Artikel über das Gewitter vom Samstag – hier aber nochmal ein paar Details. Gegen zwei Uhr schlug auf dem Zeltplatz 1B ein Blitz in eine Cocktailbar ein und verletzte dabei 51 Personen, von denen neun schwerverletzt wurden und drei sogar reanimiert werden mussten. 25 Rettungssanitäter und 31 Leute der umliegenden Freiwilligen Feuerwehren waren Stundenlang damit beschäftigt sich um verletzte menschen zu kümmern und diese in umliegende Krankenhäuser zu transportieren. Die Mithilfe und die Besorgnis der anderen Festivalbesucher war enorm und so gelang es allen diese grauenhafte Situation zu überstehen. Das Wichtigste ist, dass niemand ums Leben kam.
Auf dem Festivalgelände angekommen war die gestrige Nacht Gesprächsthema Nummer eins aber die Stimmung war trotzdem super. Das Wetter hingegen meinte es heute jedoch nicht ganz so gut und somit blieb es den ganzen Tag bewölkt und wurde zunehmend kühler als die Tage zuvor. Aber trotz des Wetters und des tiefsitzenden Schreckens der Nacht, ließen es sich alle Gebliebenen nicht nehmen, auch am letzten Tag allen Bands ihre Beteiligung zu zeigen und somit hatten auch die Securitys alle Hände voll zu tun, bei anhaltenden Fluten an Stagedivern.
Den Opener auf der Mainstage machten Guns Of Moropolis aus dem Schwabenland, welche der Menge schon einmal den Mund für Gojira und Kill Devil Hill wässrig machten. Wenig im Zeichen des eher modernen Metalcore stand der heutige Tag und somit genau richtig für die Urgesteine des eher traditionellen Metalcore aus Massachusetts, Unearth zeigten den Jungspunden was es heißt Metalcore der alten Schule zu machen. Ebenfalls etwas länger im Geschäfft sind Pro Pain, welche seit 20 Jahren ihrem Stil treu bleiben und keinerlei Versuche in andere Richtungen unternehmen. Wem das bis dato alles etwas zu old-school metallig war, der hatte natürlich auch heute wieder die Wahl und konnte sich vor der Tentstage von den eher hardcorelastigen und punkigen Klängen beschallen lassen.
So machten Tenside den Opener am heutigen Tag und übergaben das Mikro an die fünf Kalifornier von Xibalba. Mit den Crushing Caspars gab es dann auch mal wieder etwas Metalcore von ein paar Ostdeutschen. Früher für ihre Mischung aus Hardcore und Metal verpöhnt, gehören sie und ihre Musik heute zur Standartausrüstung eines guten Festivals. Punkrock und Streetpunk gab es dann von Serum 114 aus Frankfurt/Main und Toxpack und wiedereinmal zeigte sich, dass es auch in Deutschland hervorragende Bands gibt und die Auswahl an verschiedenen Musikrichtungen enorm ist.
Für alle, die auch auf etwas Reggae und Ska stehen, für die waren die Street Dogs genau das richtige und gaben einen schönen Einstand für die Hardcore Legende Comeback Kid aus Kanada, welche auch beim WFF alles gaben und die Menge veranlassten, sich im Moshpit gegenseitig die Knochen zu brechen. Den vorläufigen Abschluss machten die Amerikanischen Folkpunker von Flogging Molly. Die Mainstage teilten sich derweilen Trivium aus Florida und die persönlich lang erwarteten Broilers aus Düsseldorf.
Dieses Quintett, welches eine Mischung aus Oi!, Punkabilly und Ska in die Gehörgänge des Publikums zaubert und diese Musik absolut massentauglich macht, schafft es natürlich auch beim Full Force die Meisten zum Tanzen zu veranlassen. Auch einfühlsame Lieder wie „Ich bin bei dir“ kommen gut an und so gelingt es sogar, dass ein Großteil der Meute ihren Geliebten auf die Schultern nimmt und mit den Broilers feiert. Wesentlich härter wird es dann wieder mit den fünf Finnen von Children Of Bodom. Das EM-Finale scheint an Wichtigkeit und Reiz verloren zu haben, nachdem die Deutschen rausgeflogen sind, so gab es zwar eine Liveübertragung jedoch nicht in einer gesonderten Spielpause vor Soulfly. Beruhigten Gewissens, keine zwei Stunden sinnlos warten zu müssen, ging es nun also noch zu der letzten Legende am heutigen Tag.
Die vier Brasilianer um Maxe Cavalera sind immernoch so aktiv im Musikgeschäfft wie die unzähligen Jahre zuvor, musikalisch bleiben sie immer Soulfly, auch wenn ihre Töne auf dem neuen Album deutlich härter geworden sind. Live gibt es weiterhin eine gesunde Mischung aus Metal und typisch brasilianischen Klängen. Eine kleine Aufregung gab es jedoch kurz vor dem Auftritt der vier, als sich der Himmel dunkel färbte und eine riesen Wolkenfront über die Bühne rollte, außer ein paar Regentropfen brachte diese zum Glück aber nichts.
Für alle die immer noch nicht genug hatten, gab es bei The Last Supper dann noch musikalische Ergüsse von Eläkeläiset, Einherjer und Fleshgod Apocalypse.
Alles in allem war es trotz einiger gravierender Zwischenfälle ein wundervolles With Full Force 2012 und im Gegensatz zum letzten Jahr wieder fast so wie man es gewohnt ist.
Mit riesiger Vorfreude blicken wir voraus auf das With Full Force 2013, wenn es zum 20. mal heißt: Der härteste Acker Deutschlands erwartet Euch!!!
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