Ein Rückblick auf das 5. Blackfield Festival am letzten Wochenende (23. und 24. Juni 2012) wie immer im Amphitheater in Gelsenkirchen.
Tag 1:
Im Gegensatz zum letzten Jahr begann alles mit strahlendem Sonnenschein am Samstag. Geplagt von Personalmangel dieses Mal alleine unterwegs, erwartete mich bei Ankunft am bevorzugten Parkhaus in unmittelbarer Nähe des Festivalgeländes die erste Überraschung… es war schon relativ besetzt, was auf eine hohe Besucherrate schon zur Mittagszeit schließen ließ. Soviel zum Thema günstiger (ca. 5,- Euro p.d.) Parkgeheimtip. Diese Annahme sollte sich dann voll bestätigen.
Das Blackfield wartete dieses Jahr zum ersten (und hoffentlich nicht letztem) Mal schon vor dem eigentlichen Festivaleinlaß mit einem kleinen eintrittsfreien Mittelaltermarkt auf, den ich flugs besuchte. Der Größenordnung des Marktes entsprechend befanden die meisten der befragten Gäste die gebotene Auswahl als überdurchschnittlich gut – und dieses Urteil ist durchaus zu bestätigen. Der Markt wurde allerdings dominiert durch ein großes, Eintrittsbändchen-pflichtiges Zelt, in dem dieses Jahr zum ersten Mal eine zweite Bühne ihre Heimat gefunden hatte. Zu dieser kurz und knackig: Auch wenn die auf der Zeltbühne gastierenden Bands spielerisch durchaus zu überzeugen wussten, mangelte es doch an vernünftig klingender Beschallung, die Bands wie In Legend (Piano? Welches Piano?) bzw. deren Publikum zu schaffen machte. Daß das Zelt an sich am Sonntag trotz strömenden Regens erst um ca. 13:00 Uhr (wg. Soundchecks?) für Gäste freigegeben wurde ist auch etwas schade.
Enorme Pluspunkte hingegen sammelte die Idee des schon genannten eintrittsfreien Mittelaltermarktbereichs, auf dem sich dementsprechend nicht nur Bandpublikum, sondern auch szenenfremde Personen tummelten, die einfach mal die Nase ins bunte Treiben der Gruftischar steckten, das ein oder andere Kleinod kauften und sich beispielsweise am Rahmbrot labten. Reges Interesse fanden auch die aufgestellten Dixi-Klos, von denen dem Anschein nach bestimmt ein paar mehr Platz und Besucher gefunden hätten.
Nach erfolgtem Rundgang holte ich mir am eigentlichen Festivaleingang ohne Probleme in kürzester Zeit das benötigte Bändchen ab und begab mich Richtung Hauptbühne, in der Absicht dort musikalischen Genüssen frönen zu dürfen – was sich anfangs schwieriger als gedacht gestaltete; X-Divide (-) als Opener langweilte und die sehr überzeugenden The Exploding Boy (++) waren – für mich unverständlicher Weise – hier schon als zweite Band gesetzt. Interessant bei deren Auftritt: Sie verzichteten in ihrem Set auf den Song „London“ – vielleicht aufgrund schlechter Erfahrungen diesbezüglich beim WGT? Immerhin gab es verhaltene Zugaberufe, die mit einem Song belohnt wurden.
Es folgten Pakt (o) mit etwas eintöniger aber nicht aktiv langweilender Musik, die Gothpopper She wants Revenge (+) mit einem sehr gefallenden Auftritt und die etwas bemüht wirkenden EBMer Grendel (o) – sprühende Funken sind nun mal nicht alles. End of Green (+) wussten letztere Scharte auszuwetzen, so dass es mit gehobener Laune an Dreadful Shadows (++) ging, die mit Frontmann Sven Friedrich inzwischen als Garant für eine musikalisch saubere und gute Unterhaltung stehen.
Dank der Tatsache, daß die Hauptbühne im Gelsenkirchener Amphitheater mit dem Rücken zum Rhein-Herne-Kanal steht, wurde mir im Laufe des Nachmittags auch eine wichtige Erkenntnis zuteil… die Gemeinsamkeit von Agamemnon und Einstein: Beide Schiffe transportieren Schrott auf dem Kanal. Bleibt nur die Frage, wer den Booten diese Namen gibt und warum.
Während die mexikanischen Hocico (o) – die NICHT Hodschiko ausgesprochen werden, verdammt! – einen musikalisch souveränen, treibenden Act aufs Parkett legten, erledigte ich eine Besichtigungstour durch die im Festivalbereich aufgebauten Stände. Resultat hier: Seit Bestehen des Festivals eine solide Kontinuität an Ständen, die alles anbieten, was man braucht; von Kleidung inkl. Regencapes (die noch eine wichtige, bunte Rolle am Sonntag spielen sollten) über Tonträger und Festnahrung (löblich: Obst im Becher) bis hin zu Getränken. Einzig der Kaffee nötigt einem in jedem Jahr eine gewisse Wartezeit ab. Die Ernährungspreise im Allgemeinen waren auch in diesem Jahr nicht als günstig, sondern eher als gehoben-festivaltypisch zu bezeichnen.
Mit dem ersten Schiffströten ging es pünktlich wieder vor zur Bühne, um das Highlight des Tages zu genießen: Oomph! (++) in Matrosenanzügen. „Reifer“ geworden, sich selbst nicht unbedingt ernst nehmend, sauberer sowie melodiöser klingend und mit einer Tüte textlich ansehnlicher Songs im Repertoire wusste eine Spaß habende Combo die Besucher zu begeistern. Prädikat: Sehr gute Live-Band!
Zum Tagesabschluß wurde VNV Nation (+) aufgeboten. Hier teilten sich die Meinungen der Zuschauer deutlich; während die eine Fraktion eine eher langweilige Elektro-Show wahrnahm, feierten andere deren Hymnen und erfreuten sich an der Lichtshow. Ich persönlich fand sie durchaus in Ordnung, stelle mir aber dezent die Frage, ob das Duo inzwischen nicht zu oft als Headliner gesetzt wird.
Ranking erster Tag:
- Oomph!
- The Exploding Boy
- In Legend
Tag 2:
Es goß… aus Kübeln… Katzen und Hunde… Bindfäden… ätzend! Der Veranstalter tat mir leid, ich tat mir leid, aber fest eingepackt und übel gelaunt ging es los zu Culture Kultür (+), um die beiden letzten Lieder mitzubekommen und festzustellen, dass man gerne alles gesehen hätte. Wie auch Exploding Boy am Vortag eine Fehlbesetzung zu dieser frühen Zeit. Aber dann machten mir die – wie immer silbern glänzenden – Mitglieder von Stahlmann (++) nicht nur mit „Haß mich“ Spaß. Sie machten durchgängig Spaß! Und nicht nur mir; von ca. 40 Besuchern antworteten bei einer anschließenden Befragung 14 Personen in Bezug auf Stahlmann ebenfalls einfach nur mit „Spaß!“. Dütt gibt mir zu denken – geht unsere Individualität flöten? Egal. Für Stahlmann ist es auf jeden Fall ein positives Feedback.
Die folgenden seit Jahren bekannten Solitary Experiments (o) gaben standardgemäß netten Synthiepop zum besten, zu den wesentlich rockigeren Tönen der NDHler Megaherz (+) wachte sogar ein musikbewanderter Bekannter begeistert auf und für das miese Wetter wurde es anschließend bei Funker Vogt (o) vor der Bühne sogar recht voll. Gereicht wurde zur musikalischen Unterhaltung ein wenig Pyro an Nebel, was allerdings auch nicht über einen durchschnittlichen, statisch wirkenden Auftritt hinweg tröstete.
Es folgte ein sogenannter „Wie immer“-Auftritt; die Minimal-Elektroniker von Welle:Erdball (++) um Frontmann Honey machten wie immer Stimmung, brachten die nun unüberschaubare Masse an bunten Regencapes wie immer in Bewegung und baten wie immer auf nette Art und Weise um Unterschriften für den Tierschutz. Wie immer gerne zugeschaut!
Gegen 17:00 Uhr dann spielten Agonoize (+) zum Tanze auf und trotz Regens folgten diverse Anhänger des derben Elektros ihrem Ruf. Der raue Charme Chris L.’s und seiner Mannen wurde wie immer durch eine Menge Kunstblut verstärkt, so dass auch jeder ohne Mühe etwas davon abbekommen konnte. Da Agonoize sich auftrittsmäßig nicht gerade rar macht und man vorne stehend nach dem Auftritt regelmäßig aussieht wie ein erfolgloser Chirug nach dem ersten Eingriff, folgte ich allerdings lieber nach kurzer Zeit dem Rufe von Eric Fish & Freunde (+). Während es draußen noch plädderte, genoß ich gute Hüpfmusik inklusive einer Coverversion von Police’s „Message In A Bottle“ – welche allerdings von Sting & Co deutlich angenehmer klingt. Vielleicht waren 1-2 Takte mehr zuviel des Guten.
Auf der großen Bühne sorgten alsbald Saltatio Mortis (+++) bei endlich aufhörendem Regen für meine persönliche Überraschung; persönlicher Musikgeschmack hin oder her… ich habe in letzter Zeit keine Band erlebt, die es so gut schafft, einen tollen musikalischen Auftritt mit sichtlich viel Vergnügen sowie einer gelungenen Performance zu kombinieren und es dabei immer versteht auch das Publikum einzubinden. Besonders Sänger und Wirbelwind Alea gefiel durch diverse Sprungeinlagen, seine Nähe zum Publikum (dem wortwörtlich eine tragende Rolle zukam) und sein Playback zu Joan Jetts „I love Rock’n’Roll“ nach Ende der Show, als die Bühnenmitarbeiter schon fleißig das Set abbauten.
Nachdem sie letztes Jahr ziemlich früh aufgrund technischer Mängel abbrechen mussten, überzeugten dieses Jahr auch Combichrist (+) mit ihren aggressiven Elektroklängen und Andy LaPleagua nutzte die gesamte Bühnenbreite dermaßen aus, dass sich manch einer fragte, ob es dafür Wegegeld gäbe.
Nach dieser Mixtur aus verschiedensten musikalischen Stilrichtungen hätte ich nun gerne auch noch In Extremo gesehe, die Uhr besagte allerdings etwas anderes und so fuhr ich grummelnderweise gen Heimat, um Fotos und Bericht vorzubereiten, bevor mich am nächsten Tag der Arbeitsalltag wieder einholen sollte.
Ranking zweiter Tag:
- Saltatio Mortis
- Stahlmann
- Welle:Erdball
Zusammenfassend ist über das 5. Blackfield Festival zu schreiben: Das Preis/Leistungs-Verhältnis stimmte, die Veranstaltung war zum ersten Mal ausverkauft, der Sound vor der Hauptbühne war wesentlich besser als im letzten Jahr, die Sanis durften wieder mal Langeweile schieben, Mittelaltermarkt und Zeltbühne sorgten dagegen für steigende Kurzweil, im Gegensatz zu Mainstream-Festivals gab es keine Gewalttätigkeiten und die Verantwortlichen beweisen das gewisse Händchen für eine kontinuierlich gute Mischung der Bands und Stände.
Daher beide Däumchen hoch – das Blackfield steigerte weiterhin seine Qualität und wäre inzwischen aus der Szene schlecht wegzudenken!
Als Trost für alle, die daheim blieben: Das sechste Blackfield Festival befindet sich in Planung und wird am 29. / 30. Juni 2013 stattfinden, der VVK startet im August.
Bericht & Fotos: Cutter, weitere Blackfield Bilder in der Galerie
6. September 2012 um 17:19
[…] auf ein ausverkauftes Blackfield Festival 2012, das prallgefüllte Amphitheater Gelsenkirchen (hier unser Bericht vom Blackfield 2012 – da die Bilder) und ein rundum begeistertes Publikum. Die Veranstalter freuen sich über […]
5. November 2012 um 13:54
[…] Aufgrund neuer Auflagen für den Platz der Zeltbühne, war man mit dem Betreiber des Amphitheaters in Verhandlungen und konnte erst jetzt neue Bands fürs Blackfield 2013 ankündigen. Die zweite Bühne wird man 2013 nicht anbieten, da damit deutlich höhere Kosten verbunden wären, die sich auch auf die Ticketpreise ausgewirkt hätten. Die Konsequenz daraus erfüllt vielen Festivalgängern einen Wusch: das kommende Blackfield wird zum 3-Tagesfestival. “Ein ausverkauftes Blackfield Festival, das prallgefüllte Amphitheater Gelsenkirchen und ein rundum begeistertes Publikum haben den 5. Geburtstag unseres Festivals zu einem unvergesslichen Erlebnis werden lassen.”, schreiben die Veranstalter. Hier geht’s zu Festivalhopper Cutters Rückblick auf das Blackfield 2012. […]