Pflichttermin für uns auch dieses Jahr: Das M’era Luna in Hildesheim. In freudiger Erwartung ging es Freitag Abend um 21.00Uhr los, um dann – nach diversen autobahntechnischen Verspätungsgründen – gegen halb eins einzutreffen, fix Bändchen abzuholen, Zelte aufzubauen und auf erste Erkundigungstour zu gehen. Ein Festivalbericht der Festivalhopper Cutter und Veronika.
Wie auch letztes Jahr waren der Caravanstellplatz, die Zeltplätze sowie deren Wege gut organisiert und beleuchtet. Besondere Pluspunkte sammelten das Versorgungszelt mit überaus fairen Preisen (0,5l Bierchen für ’nen Euro) und die ausreichend vorhandenen hygienischen Einrichtungen (Fließwassertoiletten und Dixis, Waschgelegenheiten, Trinkwasserabfüllpunkt, Duschen). Wer aufgrund körperlicher Störungen bzw. Ausfallerscheinungen Probleme bekam, konnte sich auf den Plätzen wie auch dem Festivalgelände auf prompte Hilfe durch die Sanitäter verlassen. Zwischen Zeltplätzen und Festivalgelände befand sich der obligatorische Mittelaltermarkt mit seinen Einkaufsmöglichkeiten,. allerlei Gaukelei und netten Gerüchen (als besonders empfehlenswert stellten sich die Spätzle heraus). Auf das Festivalgelände an sich durfte ein gefüllter Tetrapak mitgenommen werden, es standen Geldautomaten sowie genug Buden zur Aufnahme kulinarischer Köstlichkeiten bereit und die Shoppingmeile war wieder mal mit ihren verschiedensten Ständen ein großer Anziehungspunkt. Des Abends konnte man bei Bedarfs den Discohangar aufsuchen, um dort zu hoppeln, neue Leute kennenzulernen oder einfach seinen Präsentiertrieben nachzugehen.
Das musikalische Line Up hielt wie jedes Jahr einen Kessel Buntes parat, wobei unsere Aufmerksamkeit am ersten Tag der Main Stage galt, an der es allerdings erst gegen 18.00Uhr besonders interessant wurde; während die Laibach-Darbietung einer netten Soundtrackunterhaltung – Ausnahme war der letzte Titel „Tanz mit Laibach“ – ähnelte und bei etlichen Leuten Kopfschütteln hervorrief, konnten besonders die EBM-Urgesteine Nitzer Ebb mit alten Klassikern und neuen Songs, sowie Publikumsliebling Unheilig auf pathetische Art und Weise überzeugen. Headliner Andrew Eldritch wußte ebenfalls mit seinen Sisters of Mercy -trotz nachlassender Stimme- einen durchaus netten Ausflug in die Bandgeschichte zu präsentieren.
Der Konzertbereich des Hangars erschien uns angesichts der Publikumsmassen schon am ersten Tag zu klein, um die Konzerte wirklich genießen zu können – ersichtlich durch diverse Schlangen am Einlaß. Bedauerlich an diesem Tag war, dass Qntal ihren Auftritt in der Halle absagen mußten, nachdem sich Bandmitglied Michael am Wochenende zuvor eine Verletzung zugezogen hatte. Fairerweise war dies schon rechtzeitig an den Eingängen zum Festival bekanntgegeben worden und auch ein Ersatz in Form von Ignis Fatuu war zur Stelle. Musikalisch sei zu erwähnen, dass uns am Freitag besonders positiv die mit 15-minütiger Verspätung angetretenen Das Ich auffielen, während Rotersand Minuspunkte durch fragwürdige Tanzkünste und eine langweilige Darbietung sammelten. Stimmungstechnisch kam letzteres scheinbar allerdings nicht zum Tragen, so dass sich die Gäste an der Hangar- wie auch der Außenbühne letztendlich den ganzen Tag über sehr gut unterhalten fühlten.
Den Sonntag begannen wir mit einem Ausflug zu den scheinbar gut motivierten The Others, die eine hübsch rotzige Horrordeathpunk-Rockshow hinlegten und feststellten, dass sie auf dem M’era Luna besser ankamen als in Wacken… wenig verwunderlich und es sei ihnen weiterer Erfolg gegönnt! Später stellten bei Saltatio Mortis etliche Mittelalter-Fans fest, dass es doch noch andere interessante Bands neben Subway to Sally geben kann. Anschließend ließ es Agonoize durch Einsatz diverser Flüssigkeiten und einem offensichtlichen Hang zu Küchenmessern im Hangar krachen. Gemäß dem Motto „Agonoize macht sexy“ wurde mithilfe von Liedern wie Schaufensterpuppenarsch über Get Out Of My Way und Glaubenskrieger bis Koprolalie sowie einer netten Schnippelshow ein gewisser Wohlfühlcharakter hervorgerufen, den nur wenige, insbesondere die Fotografen, nicht zu verstehen schienen, mussten letztere doch das ein oder andere mal ihre Knipsen in Deckung bringen. Und trotz des Ego- bzw. Beleidigungstrips von Sänger Chris – warum er ein „Fuck M’era Luna“-Shirt trug entzieht sich völlig meiner Kenntnis – lautet daher das Fazit: Diese Show ist auf jeden Fall ein- bis zweimal im Jahr sehenswert – auch wenn das Niveau dabei jammernd in der Ecke sitzt.
Währenddessen spulten The 69 Eyes auf der Main Stage routiniert ihr Programm herunter, Feindflug konnten hiernach in der Halle durch ihren ewig gleich klingenden Sound leider nicht an Agonoize anschließen und es folgte für mich die mainstagige (positive) Überraschung des Abends mit den Editors; kannte ich bis dato nur ihr Lied „Papillon“, so stieg meine Begeisterung minütlich. Gäbe es für die Combo eine Schublade, würde ich sie derzeit auf Platz 1 der „Dark Indierock“-Charts setzen. Mit viel Esprit und gutem Zusammenspiel wussten sie auch die Menge zu überzeugen, ersichtlich an dem bestens gelaunten Publikum im nun sehr gut gefüllten Bereich vor der Hauptbühne.
Frühzeitig hüpften wir dann gen Hangar, um uns davon zu überzeugen, dass die Elektro-Alteier Skinny Puppy – wie schon auf dem Amphi in Köln – eine gnadenlos gute Show böte. Wir wurden nicht enttäuscht! Einziges Manko: Das eigentliche Hineingelangen in die Halle war ein Krampf und es herrscht an dieser Punkt definitiv ein eklatanter Verbesserungsbedarf.
Das verdiente folgende Freßpäuschen verbrachten wir am Stand der NEGAtief-Redaktion, trafen nette Leute, plauschten mit dem einen und anderen Künstler und stellten auch dieses Jahr wieder fest, dass man auf dem M’era Luna niemals die angebotene „chinesische“ Nahrung zu sich nehmen sollte, da sie einfach grottig ist. Da uns das letzte Jahr wie auch der gestrige Tag gelehrt hatten nicht zu spät dem Einkaufen zu frönen, wurde auch dies nun zu den Klängen von In Extremo – welche stimmgewaltig ihrem Pyrotrieb folgten – abgehakt, um keinesfalls die Headliner des Tages zu verpassen. Nach den letzten Hangar-Bands war es komischerweise ein Leichtes, noch 10 Minuten vor Konzertbeginn in die Halle zu gelangen, um einen vorderen Platz zu ergattern. Die EBMer Combichrist geizten ebenfalls nicht mit bekanntem Liedgut, so dass die Masse freudig das Tanzbein schwang. Gedankt sei hierbei den vielen Knicklichtern, die scheinbar sehr erfolgreich der Tanzextremitäten-Sortierung dienten und uns später zuverlässig den Weg zum Ausgang leuchteten. Bleiben zwei Fragen: 1. Kennen Neonbunnies die Erfindung des Deostifts?, 2. Wieso benötigen manche Personen 3qm zum Armeschlenkern? …in der Schule klappte der Hampelmann damals doch auch auf geringerem Raum. Egal…
Placebo standen auf dem Plan und boten eine Show für jedermann, wie am nun bunter gemischten Volke gut zu sehen war. Auch wenn sich die Soundkulisse der Songs doch desöfteren glich, war jedes Lied für sich doch treibend, der Gesang Brian Molkos verbreitete gute Stimmung und sorgte bei uns für eine verspätete Abfahrt. Selbst der dann am Zeltplatz auffallende Diebstahl unserer Pfandflaschentüten (wie jedes Jahr) konnte die Laune nicht sonderlich trüben und so begaben wir uns nach Zeltabbau des späten Abends zurück in heimische Gefilde… selbstverständlich inklusive üblichem Stau bei Hannover.
Fazit / Kritik zum M’era Luna 2010:
Das M’era Luna ist gut organsisiert, wenn auch nicht so familienfreundlich wie ähnliche Festivals. Kulinarisch wurde für jeden etwas geboten, wenn auch das Angebot – laut Gästen – nicht so gut wie im letzten Jahr gewesen sei. Besonders positiv kamen bei uns die hygienischen Einrichtungen – inklusive dem tollen Toilettenpapierangebot – in diesem Jahr an. Scheinbar wurde noch weiter verbessert. Der Einlaß zum Bühnenbereich war vorbildlich gestaltet und das Personal freundlich. Desweiteren wurde – trotz der Bandfülle – der Zeitplan gut eingehalten. Däumchen hoch! Fiel uns Freitags der Vorgang des Einparkens mithilfe der Ordner sehr positiv auf, so wunderten wir uns ab Samstag doch sehr, dass viele Autos wild in der Gegend standen und dadurch etliche PKW anderer Gäste blockierten. Vielleicht wären samstags und sonntags ein, zwei Ordner mehr besser. Als sehr angenehm empfanden wir dagegen die leicht gestaltete Abfahrt am Sonntag Abend – dank guter Zusammenarbeit zwischen Veranstalter und Polizei. Weiterhin gibt es den alljährlichen OK-Daumen für die Idee der Pfandsäcke zur Verhinderung wilder Müllkippen.
Negativ fiel vielen Gästen hingegen die ein wenig unfreundliche Hinausschubserei von der Shoppingmeile nach Auftritt der jeweils letzten Bands des Tages auf. Verbesserungsvorschlag an dieser Stelle: An passenden Stellen Schilder aufstellen, auf denen die abendliche Schließungszeit bekannt gegeben wird, so dass es erst gar nicht zu Irritationen kommt. Desweiteren wirkte es auf einige Leute sehr befremdlich, dass mehrere Becks-Stände zum Auftritt der Hauptband kein Bier mehr ausschenkten. Außerdem hätte einigen der Getränkeverkäufern vorher das Rechnen beigebracht werden sollen – viermalige falsche Herausgabe von Wechselgeld (grundsätzlich zu wenig) an einen Gast ist für zwei Tage einfach zuviel. Dies ist allerdings alleinige Sache der Standinhaber und sollte nicht negativ auf den Veranstalter zurückfallen.
Uns persönlich fielen fortwährend die Männchen von zwei bis drei Campinggruppen sehr junger, alkoholisierter Besucher auf, welche sich besonders stolz durch lautes, asoziales Verhalten hervortaten. Hierbei sei an die Adresse der ruhigen Personen innerhalb dieser Kreise gerichtet: Haltet doch bitte Eure Leute im Zaum. Dann werdet Ihr wenigstens noch ernst genommen und… letztendlich fällt doch alles auch auf Euch zurück.
Zum Schluß sei erwähnt, dass es bei diversen Redaktionen für Unmut sorgte, dass man zum Teil mehrere Jahre hintereinander nur sogenannte Geländefotopässe erhielt, welche kein Fotografieren vor den Bühnen zulassen. Hiervon waren leider auch wir das zweite Mal betroffen, so dass wir keine eigenen gescheiten Künstler-Aufnahmen haben und man sich die Frage stellen kann, ob der Veranstalter wohl keine Publicity mehr braucht und man sich lieber auf andere Festivals konzentrieren sollte.
Veronika gefiel Agonoize besonders gut und auf Feindflug hätte sie verzichten können. Cutter gefiel Nitzer Ebb besonders gut und auf Unheilig hätte er verzichten können.
Bericht: Veronika + Cutter
Fotos: Cutter + n.n.
Wir berichteten zuletzt über den diesjährigen M’era Luna Zeitplan, unser Reporter Cutter war auch letztes Jahr (2009) auf dem M’era Luna, zudem sei noch zu erwähnen, dass die ersten Details fürs M’era Luna 2011 bereits feststehen.
18. August 2010 um 13:17
[…] http://www.festivalhopper.de/news/2010/08/13/nachbericht-mera-luna-2010-flughafen-hildeheim/ […]
7. Dezember 2010 um 09:39
[…] geht’s zu unserem M’era Luna Rückblick 2010, weiteres zum M’era Luna Festival gibt es hier bei uns und auf http://www.meraluna.de, hier […]
19. Juli 2011 um 11:39
[…] jedes Jahr die schwarze Szene Deutschlands zu verschiedenen Orten. Mit WGT, Blackfield, Amphi und M’era Luna sind auch die willigsten Festivalbesucher gut beschäftigt und haben eigentlich keinen Grund […]
27. Juli 2011 um 10:07
[…] nicht? Eventuell doch! Wie in jedem Jahr öffnet am 13. und 14. August der Flugplatz zu Hildesheim seine Pforten, um Ströme dunkel gekleideter, kultivierter Menschen einzulassen, welche sich im […]
16. August 2011 um 10:54
[…] sicherheitstechnischen Gründen durchaus verständlich ist). Verwunderlich! Daher – wie auch schon nach dem M’era Luna 2010 – an dieser Stelle unser Appell an die Veranstalter, zusätzliche Kosten für […]