Wetter scheiße, Mucke geil. Knapper & präziser kann das diesjährige S´n´S nicht beschrieben werden. Während der Osten der Republik als Strafe für die Sünden im Umgang mit dem Soli-Zuschlag die Sinnflut am eigenen Leib ertragen musste, wurde auch das über dem Tal der Freiberger Mulde gelegene Kleinstädtchen Leisnig nicht von den scheinbar nimmer endenden Himmerlsergüssen verschont.
Deshalb gleich vorneweg: Der Schreiberling und Festivalpaparazzi war wetterbedingt leider nicht imstande alle Bands zu sehen bzw. auf Polaroid zu verewigen.
Ein Rückblick auf das letzte Wochenende: Vom 05.-07.08. fand das S´n´S 2010 statt . Ein Festivalbericht von Festivalhopper Kay.
So, nun zum Festival. Die Anfahrt gestaltete sich aufgrund der direkten Autobahnanbindung von Leisnig wie gewohnt recht unkompliziert. Im Gegensatz zum letzten Jahr fand das Festival nicht im Muldental, sondern an der ursprünglichen Festivallocation direkt nebend dem städtischen Schwimmbad statt. Waren Zeltplatz, Parkmöglichkeiten & Festivalgelände platztechnisch im Vorjahr noch etwas üppiger gestaltet, so ging es dieses Jahr deutlich enger zu Gange. Das Festivalgeände, bestehend aus einer Indoor-Location (Schützenhaus) und einer Outdoor-Stage war zwar recht klein, aber gut strukturiert. Getränke-,Vegan-Food- & Merch-Stände waren sinnvoll angeordnet und schnell zu erreichen.
Das diesjährige Line-up war im Gegensatz zum Vorjahr bescheidener anzusehen. Spielten 2009 noch absolute Szenegrößen wie Agnostic Front, Madball oder Heaven Shall Burn auf, wurden dieses Jahr etwas kleiner Brötchen gebacken, gerüchteweise wohl auch, weil das 2009´er Line-up & die Location dem Budget des Veranstalters stark zusetzten.
Nichtsdestotrotz, die Freude auf uns unbekannte Bands war geanuso groß, denn erfahrungsgemäß lässt sich hier stets der eine oder andere musikalische Leckerbissen ausmachen. Erfreulicherweise waren 2010 die Urväter der Hardkern-Musik in Form von 7 Seconds, Cro Mags & Slapshot vertreten, wenn auch längst nicht mehr in Originalbesetzung.
Tag 1 (Do. 05.08.2010):
Donnerstagabend angekommen, wurde nach ausgiebiger Parkplatzsuche erstmal das Camping-Areal aufgesucht. UNGLAUBLICH!!! Durch das Gelände eines landwirtschaftlichen Betriebes ging es direkt in eine anliegende Obstplantage, wo die Zelte zum Teil direkt in den Erntezeilen der Obstmonokultur errichtet wurden.
Dumm nur, dass am nächsten Morgen der Bauer mit entsprechender Erntetechnik eben jene Zeilen befahren wollte und daher einige Festivalbesucher weichen mussten. Irgendwo fand sich dann doch ein Plätzchen, falls nicht standen ja noch einige mobile Bauwagen auf dem Gelände, welche natürlich nicht verschlossen waren ;). Irgendwie erweckte der total verwinkelt angelegte “Zeltplatz” den Eindruck eines riesigen Abenteuerspielplatzes.
Nach dem Einverleiben einiger alkohlhaltiger Kaltgetränke, wurde das Festivalgelände in Augenschein genommen sowie zum gemeinsamen Saunieren in die Indoor-Stage gerufen. Bei gefühlten 40 °C und 100% Luftfeuchtigkeit spielten die von uns eher als Underdogs klassifizierten sächsischen Lokalmatadore von Sick Times & Risk it! auf, welche im Stile vom punkigen Hardcore die ersten Moshs unter die noch frische Crowd brachten. Im Anschluss folgten Bleed Into One (Saarbrücken) & Strength For A Reason (PA, USA), welche dem Auditorium klassischen HC in die Gehörgänge prügelten. Schlusslicht von Tag 1 waren die Mannen um Ruiner (MD, USA) und Carpathian (Melbourne, Australia), die wieder zunehmend punkige Einflüsse unters Volk brachten. All in all alles aufstrebende Actors, welche man in Zukunft im Auge behalten sollte. Leider war der Saal völlig überfüllt, sodass von einigen sehenswerten Bands nur Fragmente bei uns angekommen sind. Nächstes Jahr bitte anders lösen!!!
Tag 2 (Fr. 06.08.2010)
Am Freitag schiffte es sich richtig derbe ein, sodass die Motivation die Nachmittags-Acts zu besuchen nicht die Größte war. Schwimmbad fiel wetterbedingt sowieso aus, also gings mal eben zum Essenfassen in die nächste Pizzeria.
Im Anschluss wurde die Mainstage von Bands wie Next Step Up (MD, USA), Something Inside (GER), SSS (Liverpool, GB), New Morality (Arhem, NL) , Bitter End (TX, USA), Cruel Hand (ME, USA), Miles Away (Perth, Australia) entjungfert. Trotz Pisswetter ließen sich die Hartgesottenen nicht lumpen und gaben für die Teils recht unbekannten Bands alles. Schön anzusehen, aber im nüchternen Zustand war der Daueregen echt unerträglich. Glücklicherweise lockerte es sich gegen Abend zunehmend auf, sodass die Menge an mosh-wütigen vor der Stage immer mehr zunahm. Dazu kamen die nun deutlich bekannteren Bands, wie War From A Harlots Mouth (Berlin, GER), welche die Deathcore-Fraktion erstmals auf ihre Kosten kommen ließ, wofür die fliegenden Extremitäten im Pit deutlicher Indikator waren.
Anschließend stieg die lebende Legende der Straight-Edge-HC-Bewegung in Form von 7 Seconds (NV, USA) auf die Stage und bot eine musikalische Reise zu den Wurzeln des HC, was sicher für die ca. 90 % des deutlich jüngeren Festival-Clientes eine Lehrreiche Stunde in Musikgeschichte war. Mit Despised Icon (QC,CA) gabs gleich im Anschluss den nächsten Leckerbissen, gaben doch die kanadischen Metaller vor kurzem erst ihre geplante Bandauflösung bekannt. Die Crowd war sich dessen bewusst und gab deshalb bei einem der letzten Deutschland-Gigs von DI nocheinmal Vollgas. Passend zur einsetzenden Dunkelheit kamen im Anschluss die dunklen Gestalten in Form der Death-Metaller um The Black Dahlia Murder (MI, USA) an die Oberfläche, wirkten unter den vielen Posi-Core-Vertretern doch iwie fehlplaziert. Krönender Abschluss bildeten die “Godfather of New-York-Hardcore” aka Cro Mags (NY, USA), mittlerweile ein bunt zusammengewürfelter Haufen u.a. aus dem SOIA-Gitarristen Craig Setari. Die Jungs verstanden es, dem alten Geist über die Boxen neues Leben einzuflößen, was durch eine Old-Shool-Moshpit mit viel Stagedives und ohne Violent-Dance-Gehampel entsprechend gewürdigt wurde.
Tag 3 (Sa. 07.08.2010)
Der neue Tag begann wie der alte endete – mit REGEN!!! Dummerweise musste ich unplanmäßigerweise einen Aufenthalt in der Notaufnahme der Leisniger Krankenhaus in Kauf nehmen. Messer & Alkohol sind in Kombination wohl eher nicht empfehlenswert. Naja, vier Nähte später durfte ich dann doch wieder zurück auf´s Festival, leider ohne Isolated (Quedlinburg, GER), For The Glory (P), Kvelertak (N), Gaza (UT,USA), Kylesa (GA,USA) & The Setup (B) gesehen zu haben. Seis drum, weiter gings mit der Deathcore-Kinderlieder-Coverband We Butter The Bread With Butter (Lübben, GER). Nicht mein Ding, dennoch interessant und der abgehenden Crowd nach zu urteilen sehr beliebt.
Zu All for Nothing (NL) ging dann richtig die Post ab. Einfach nur echt krass, wie die Frontfrau Cindy mit ihrer Stimme eine akustische Dampfwalze auf die Fans vor den Brettern loslässt. Anschließend zockten Nasty (B), welche die Tough-Guy-Fraktion bediente. Vorletzter Act war Converge (MA, USA), die Urväter des Mathcore und absoluter Publikumsmagnet, da selten in Deutschland live zu sehen.
Das Festivalende markierte niemand anderes als das Boston-HC-Urgestein Slapshot (MA, USA). Für mich einer der besten Gigs überhaupt. Die Fans wurden von Jack „Choke“ Kelly voll eingespannt, sowohl beim Singen als auch während der Liedüberleitung, wo unter anderem der Geschmack deutscher Schnitzel kritisiert wurde. Es ist schon sehr faszinierend wie dieser Mann nach nunmehr 25-jährigen Bandbestehen immer noch abgeht und dabei mit einem unverkennbaren Blick wie ein Wolf über die Bühne schleicht, immer auf der Jagd nach dem nächsten Stagediver, der als Strafe für das unerlaubte Betreten seiner Bühne schonmal an den Füßen über selbige geschleift wird.
Fazit: Das heimliche Motto des S´n´S 2010 war wohl „Back to the roots„, womit die Rückkehr auf das alte Festivalgelände sowie das Old-School-Line-up nicht besser beschrieben werden können. Sehenswerte Acts, ein total kurioser Zeltplatz & viele entspannte Menschen lassen keine anderen Schluss zu – PFLICHTTERMIN: S´n´S 2011!!!
Unser Reporter Kay berichtete ebenfalls über das S’n’S 2009, zu unserem S’n’S Vorbericht 2010 geht es hier und wie immer zum Schluss der Hinweis auf die S’n’S Webseite www.sucksnsummer.de.
16. August 2010 um 02:36
Hey Kay,
wirklich ein netter und vorallem ehrlicher Bericht. Gibt es eine Möglichkeit, noch mehr Fotos zu Gesicht zu bekommen?
Liebe Grüße aus Hamburg
16. August 2010 um 09:56
Hey Ole,
weitere Pics werden in den nächsten Tagen upgeloadet…
Cheers
16. August 2010 um 11:51
Super!
Gerade die von All for Nothing und Carpathian interessieren mich.
Cheers
22. August 2010 um 03:21
Der Verfasser dieser Festivalkritik hat es stilistisch bestens auf den Punkt gebracht. Seine Hand wird auch wieder heile Also hoffentlich auf ein tolles familiäres Festival nächstes Jahr!!!
PS. VeganFood war urst lecker!
MFG aus WB
24. August 2010 um 09:51
Hi, wie sieht’s auf mit den Fotos? Mich würden ebenfalls All for Nothing, Carpathian, Ruiner und Cruel Hand interessieren. Cheers aus Berlin, Jan
24. August 2010 um 13:16
Bin momentan in Irland… Hab aber den Jungs von FH schon Bescheid gegeben, dass die restlichen Pics hier verlinkt werden. Leider kann ich nicht mit Bildern von den gewünschten Bands dienen, da die Cam wetterbedingt häufig an der Tasche bleiben musste (ist nicht mein Eigentum)…
Don´t be sad – nächstes Jahr gibts wieder Sonnenschein & viel mehr Pics
1. Juli 2011 um 14:21
[…] Kay berichte bereits die letzten beiden Jahren (S’n'S Bericht 2010, S’n'S Bericht 2011) vom Hardcore-Festival schlechthin: dem Sucks´n´Summer. Und da er stets […]