Lest nun, wie es unserem Festivalhopper Thomas Helbig am Samstag auf dem Southside 2009 ergangen ist. Dabei gibt es nicht nur wieder von tollen Konzerten und der ein oder anderen lustigen Begebenheit zu berichten. Diesmal geht es auch richtig hoch hinaus. Viel Spaß beim Lesen!
Nach einer gewohnt unruhigen ersten Festivalnacht wachte man am Samstag unausgeschlafen und auf Grund der fehlenden Matratze unentspannt auf. Was als Erstes folgte, war eine deutliche Verwunderung: Wo zum Teufel sitzt dieser nervend zwitschendere Vogel? Schließlich kann man sich nicht daran erinnern am Tag zuvor in der näheren Umgebung Bäume oder sonstigen Pflanzenwuchs gesehen zu haben, der über plattgetretenes Gras herausragte. Zumindest diese Erinnerung konnte bei einem ersten Rundumblick, nachdem man aus seinem Zelt herausgekrabbelt war, bestätigt werden – nur der Aufenthaltsort des Vogels blieb ein Rätsel. Dafür zeigte ein schneller Blick zum Himmel erfreulicherweise – zumindest im Moment – noch keine richtig dicken Regenwolken. Stattdessen gab es einige blaue Flecken zu erspähen und sogar einen kreisenden Rotmilan, der sich wohl fragte, was die Mäuse auf seinem gewohnten Feld da auf einmal für ne Party feierten.
Nach einer Katzenwäsche, Zähneputzen und einem kräftigendem Frühstück war dann noch Zeit, um mal eine Runde über den Campingplatz zu drehen. Zu dieser frühen Stunde waren die meisten Leute noch mit den unterschiedlichsten Stadien des Aufstehens beschäftigt. Einige ganz Harte praktizierten allerdings schon jetzt die verschiedensten Trinkspiele. Wohl ein verzweifelter Versuch den Kater des Vorabends auszukontern oder eine seltsame Variante der Mundpflege. Während man diversen morgen-muffligen Personen, die sich auf dem Weg zum Duschzelt oder dem Kaffeestand befanden, auswich, konnte man den verschiedensten Akzenten lauschen und hörte auch schon die ersten Gitarren und Gesänge, bei denen unter Anderem jede Mutter von passierenden Festivalbesuchern besungen wurde.
Pünktlich zu den ersten Konzerten am Samstag gab es dann aber leider wieder die ersten Regentropfen, die sich im Laufe des Tages zum Teil sogar zu heftigen Schauern entwickeln sollten. Dies bedeutete einen erneuten Einsatz für die vielen Regencaps, die an vielen Stellen auf dem Festivalgelände glücklicherweise auch kostenlos verteilt wurden – alternativ konnte man natürlich auch einfach eine Mülltüte umfunktionieren. Das Wetter sollten den ganzen Tag wechselhaft bleiben und erst am späten Abend sich wieder etwas aufklären und ein paar Sonnenstrahlen hervorkommen.
Auf Grund des Regens und in Anbetracht der Tatsache, das die Konzerte auch an diesem Tag bis spät in die Nacht gehen werden, verließ man erst am Nachmittag den Schutz seines Pavillons auf dem Campingplatz in Richtung Festivalgelände. Erster Halt war das Konzert von The Living End auf der Blue Stage. Obwohl der Name einem bisher noch nicht so häufig über den Weg gelaufen ist, überzeugte die australische Rockband durch eingängige, geradlinige Lieder, die durch den Einsatz eines Kontrabasses als Bassinstrument eine erfrischende, andere Komponente erhielten. Echte Rockergene bewies dabei Sänger und Gitarrist Chris Cheney, als er seine volle Bierflasche als Bottleneck verwendete, dabei ausgiebig den Inhalt verschüttete, um schlußendlich den Rest in einem Zug zu leeren.
Während anschließend auf der Green Stage die schwedische Indieband The Sounds spielte, galt es dem Stand vom Jugend-Radioprogamm Das Ding einen kurzen Besuch abzustatten. Der Hörfunksender zeichnete sich nicht nur durch die Moderation auf den einzelnen Bühnen aus, sondern auch durch eine umfangreiche mediale Begleitung des gesamten Festivals – angefangen von Fotos der Besucher bis hin zur kompletten Aufzeichnung und Live-Streaming der Konzerte. Dementsprechend ging es auch auf deren Stand zu, der zum Einen zum Chillen einlud, aber auch zum Tanzen zur Musik der Live-DJs. Doch nun war es an der Zeit, in die Luft zu gehen – und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Auf zum Jägermeister Hochstand! Während alle Festivalbesucher die Möglichkeit hatten, per SMS an einem Gewinnspiel teilzunehmen, hatten die Festivalhopper bereits im Vorraus einen Flug mit dem Hochstand gebucht. Nachdem man alle Gegenstände, die runterfallen könnten, abgelegt hatte – außer seiner Kamera, da gehen sie scheinbar davon aus, dass man die fest genug umklammert hält – wurde man mit einem 5-Punkt-Gurt bombensicher festgeschnallt. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung ging es dann per Kran in luftige 50m Höhe. Belohnt wurde dieses schwindelerregende Unterfangen mit einem fantastischen Blick über das gesamte Gelände. So konnte man unmittelbar die, zu Gogol Bordello vor der Green Stage feiernde Menge beobachten, aber auch das Meer aus Zelten sehen, sowie den nicht abreißenden Strom an Menschen, die vom Campingplatz in Richtung Festivalgelände unterwegs waren. Natürlich durfte bei einer solchen Promo-Aktion eine kleine Kostprobe der neusten Longdrink-Kreation mit Jägermeister nicht fehlen. Einen riesen Respekt an der Stelle aber auch an die Promo-Girls, die bei nasskaltem, windigem Wetter eine 10 Stunden Schicht absolvierten und nahezu ohne Pause immer wieder mit dem Stand hoch- und runterfuhren.
Nachdem man wieder festen Boden unter den Füßen hatte und das flaue Gefühl im Magen langsam nachließ, merkt man direkt ein anderes Gefühl – Hunger! Also galt es wieder mal eine Runde über das Festivalgelände zu drehen, diesmal jedoch mit dem konkreten Ziel, etwas nahrhaftes zu finden. Zu den üblichen Fast-Food-Angeboten wie Döner, Pommes, Hamburger und China-Nudeln gesellten sich dabei allerlei exotischere Angebote. Unter genau diesen entdeckte man jedoch ein absolutes Kronjuwel unter den Festivalessen. So gab es an einem indischen Stand eine köstliche, komplette Mahlzeit mit Vor- und Nachspeise für unglaubliche 5€. Derartig gestärkt konnte dem restlichen Abend nichts weiter im Wege stehen.
Dieser Abend sollte auch heiß starten. So stattet man beim Konzert von Nneka mal wieder der Red Stage im Zelt einen Besuch ab. Mit ihrem Mix aus Reggea, Soul und Hip Hop sorgte, die inzwischen in Hamburg lebende, Tochter eines Nigerianers und einer Deutschen für eine äußerst gelungene und schöne musikalische Abwechselung. Da störte noch nicht einmal das kleine Loch im Zeltdach ,durch das Wasser hereintropfte.
Anschließend ging es dann zu den Editors, die auf der Green Stage spielten. Mit ihrem Indie-Rock stellte die britische Band eine perfekte Einstimmung auf die folgenden Künstler auf der Green Stage dar. Dennoch war ihr Konzert überraschenderweise nicht so gut besucht. Scheinbar hat sich die Qualität der Editors, die sich in ihrem musikalischen Anspruch durchaus von vielen anderen Bands unterscheiden, die nur durch simples Drei-Akkord-Geschrammel brillieren, noch nicht bei allen rumgesprochen. Interessant zu beobachten war jedenfalls der Umgang von Frontman Tom Smith mit seinen Musikinstrumenten. Er ließ es sich unter Anderem nicht nehmen, auch einfach mal auf und über sein Piano zu steigen. Ein Verhalten, was man nicht unbedingt von einem abgeschlossenen Musikstudenten erwartet hätte.
Rein interessehalber ging es dann wieder zur Red Stage, um wenigstens ein paar Lieder von Dendemann live mitzuerleben. Inzwischen gestaltete sich der Weg zum Zelt allerdings schon deutlich schwieriger, da sich an allen Eingängen, der vom Regen aufgeweichte Boden in eine riesige Schlammwüste verwandelt hatte. Im brechend vollen Zelt angekommen, wurde man dann direkt von den Klimaverhältnissen erschlagen. Durch die unglaubliche Menge an feiernden Leuten herrschten im Inneren inzwischen sauna-gleiche Verhältnisse. Da flüchtet man schon fast wieder gern nach draussen.
Aber egal wie musikvernarrt man sein mag, irgendwann kommt jeder an den Punkt, an dem man zumindest für eine kurze Zeit mal etwas anderes machen muss, ausser zu tanzen und „nur“ den Konzerten zu lauschen. Auf dem Southside boten sich genau dazu – neben einigen anderen Möglichkeiten – mehrere Kicker-Tische an, die auch nahezu durchweg bespielt wurden. Diese waren zum Teil so gut platziert, dass man dennoch zumindest nebenbei die Bühnen im Blick hatte. Und hey, wer kann von sich schon behaupten eine spannende Kickerpartie gespielt zu haben, während gerade einmal 100m weiter Franz Ferdinand auf der Green Stage des Southside-Festivals gespielt hat.
Das Wichtigste und Schönste auf einem Festival sind und bleiben aber die Konzerte. Mit Disturbed auf der Blue Stage stand dabei als Nächstes wohl einer der „härtesten“ Acts auf dem diesjährigen Southside auf dem Programm. Dies zeigte nicht nur das große Metall-Schlagzeug, sondern auch der Auftritt von Frontmann David Draiman, der in „Hannibal Lecter“-Manier mit Maske und Zwangsjacke auf einer Sackkarre von einem Pflegern auf die Bühne gefahren wurde. Auch während des Konzerts zeigte Draiman eine sehr eigene Art, wie er sich auf der Bühne bewegte. Womit er aber absolut zu überzeugen wußte, war sein Stimme, die mit zunehmender Dauer durchaus noch besser wurde. Somit hatte er auch spätestens beim Genesis-Cover „Land of Confusion“ das Publikum absolut für sich gewonnen. Was folgte waren Klassiker wie „Stupify“ und ein ausgiebiges Medley ihrer bekanntesten Songs. Währenddessen begann auf der Green Stage das Konzert der Kings of Leon, die spätestens seit ihrem aktuellen Album „Only by the Night“ kaum noch aus Radio und Musikfernsehen wegzudenken sind.
Den Samstag abschließen durften allerdings zeitgleich zwei Bands, die unterschiedlicher kaum sein konnten. Auf der einen Seite spielte die Pop/Reggae-Formation Culcha Candela aus Berlin auf der für sie vermutlich viel zu kleinen Red Stage. Auf der anderen Seite stand mit Trent Reznor und seinen Nine Inch Nails (NIN) einer der absoluten Industrial Rock Ikonen auf der Blue Stage. Leider können wir euch an dieser Stelle nicht Berichten, was beim Konzert von Culcha Candela passiert ist. Was dafür aber auf der Blue Stage passierte war eine energiegeladene Show von der ersten bis zur letzen Minute. Da spielte es auch keine Rolle, dass nicht alle Elemente der zahllosen Lichttechnik der Nine Inch Nails funtkionieren wollten – die Bühne war dennoch teilweise taghell erleuchtet. Ebenso störte sich niemand mehr an dem Regen, der während des Konzerts wieder anfing. Was dagegen nicht geduldet wurde, waren Helga-Rufe eines Festival-Gängers, der wohl ins Zelt zu Culcha Candela nicht mehr reingekommen ist, aber dennoch noch etwas abgehen wollte und „La Mer“ als zu ruhig empfand. Nach einer klaren Ansage eines NIN-Fans zog er sich dann aber doch lieber aus dem im Vergleich zu den anderen Konzerten deutlich älterem Publikum zurück. Trent Reznor sorgte aber nicht nur in musikalischer Hinsicht für absolut glückliche Fans, sondern vergab auch das Festival-Souvenir schlechthin, als er seinen Schellring ins Publikum warf. Beim letzten Lied kam dann entgültig Gänsehaut Stimmung auf, als „Hurt“ gespielt wurde, was seit dem Cover von Johnny Cash auch ausserhalb der Dark-Szene bekannt ist. Überall flackerten Feuerzeuge auf und es wurde leise mitgesungen. Am Ende wollten viele dann wohl nicht so richtig wahr haben, dass das Konzert vorüber ist.
Nach diesem perfekten Abschluß des Festivaltages fielen viele einfach nur noch glücklich und zufrieden in ihre Zelte. Dabei stand noch ein kompletter weiterer Festivaltag mit vielen musikalischen Hochkarätern an…
Was am letzten Tag des Southsides 2009 noch so alles passiert ist, lest ihr im nächsten Bericht unseres Festivalhoppers Thomas Helbig. Bis dahin freuen wir uns über eure Kommentare und eigenen Geschichten.
Weitere Links:
23. September 2009 um 19:22
[…] Bericht: Southside 2009 – Der Samstag Veröffentlicht von Teliko am 23. September 2009 Abgelegt unter Festivalberichte, Festivalbilder, Festivalnews, Festivals 2009, Rock Festivals Keine Kommentare » Dir hat dieser Artikel gefallen und du möchtest auch in Zukunft immer auf dem neuesten Stand in Sachen Festivalnews bleiben? Dann abonniere jetzt unseren RSS-Feed für Festival News! (links auf den Button klicken und Newsreader auswählen) Ähnliche News-Einträge:Southside 2009 – Der erste Abend […]
1. Oktober 2009 um 11:47
[…] Bericht: Southside 2009 – Der Samstag […]
22. Juni 2010 um 15:38
[…] wir bei einer Akkreditierung im nächsten Jahr wieder bereit, ausführlicher zu berichten (so wie 2009). Der Bedarf und die Nachfrage nach dem “Southside 2010 Bericht” ist auf […]