MS Dockville 2014 – Don’t you forget about it

News am 20. August 2014 von Anne

Ihr seid geil SchildSchluss, aus, vorbei. Das wunderbare Spektakel, das den Namen MS Dockville ziert, ging vergangenes Wochenende in Hamburg-Wilhelmsburg an den Start, über die Bühnen, und erfolgreich ins Ziel. Eine mitreißende Fahrt bei Wind und Wetter, in Saus & Braus, bei der ich kaputt aber glücklich Sonntagabend um halb 10 etwas frühzeitig über Bord ging und an Land schwamm, um mich am verbleibenden Zipfel des Sonntags zu wärmen.

Es ist 3 Tage her, ich wachte heute morgen auf und fand tatsächlich ein Glitzerpartikelchen auf meinem Kopfkissen, wohl wissend, dass es vor Tagen noch mein Gesicht zierte. Im Bad stellte ich dann leicht entsetzt fest, dass das Pressebändchen auch noch mein Handgelenk umklammerte. Offenbar waren Dinge passiert, die mich nicht so leicht loslassen wollten. Ein Schmunzeln huscht über mein Gesicht, ich habe nichts als schöne Erinnerungen davongetragen.

Kulisse bei SonnenuntergangAnne, 25, Dockville-Debütantin, und aufgeregt wie das Innere eines Bienenstocks. Das war der Status, als ich Freitag das Gelände betrat und der Sehnerv erst einmal die Konturen dieser schönen Hafenkulisse abfahren musste. (Error 404: Sattsehen nicht möglich.)
Oh-Mh-Ah! Kleine Bühnen, große Bühnen, versteckte Bühnen, Bühnen im Grünen, Bühnen nebst Pflaster, Bühnen mit Ausblick.. Also gut, insgesamt waren es dann (nur) 6 Bühnen, und davon hatte jede ihren Kulisse mit Speichereigenen Charme. Fast jeder Act fand sein passendes Zuhause. Einen kleinen Grashang oder eine Treppe zum Abchillen seitlich der Bühnen zu haben, von wo man diese tatsächlich noch sehen kann und die Musik auch noch gut vernehmbar ist, das fetzt schon enorm. Es ist ja doch nicht mehr jeder so erpicht darauf, sich in die Massen zu stürzen und womöglich noch aus Versehen ins Moshpit zu geraten (uahh!). Ich schätze das ja. Sehr. Selbstverständlich zog es mich in die Masse, ist ja wohl klar. Ich bin überhaupt noch nicht alt.
Jedenfalls lautete die sofortige Notiz an mich: Location – 100 Punkte. *Ka-Ching!*

Das MS Dockville stand schon lange auf meiner To-Do-Liste. Warum? Wegen des – für meinen Geschmack – durchweg guten Line-Ups und seiner Artsyness.
Der Kunstspaziergang war demnach meine erste Amtshandlung. Das Wetter war zu dem Zeitpunkt noch erheiternd, das Gelände noch dünn besiedelt. Weil ich keinen blassen Schimmer hatte, was sich künstlerisch so beim MS Artville ergab, peilte ich die Kommunikationszentrale an und verlangte liebevoll nach einem Erklärbär. Es fand sich eine kleine Mini-Gang aus Kunstinteressierten zusammen, die sich bereitwillig vorbei an den Installationen führen ließ. – Schon schön, wie die Menschen fleißig ihren Flausen Ausdruck verleihen, unliebsamen Restgedanken ein kleines Kabinett widmen, und lauter bunte Klötzer an Schnüren in Bäume hängen, damit wir glucksend daran ziehen und uns wie kleine Kinder über die banalen Dinge des Lebens freuen dürfen. (Kunst kann ja so einfach sein!)

Gewächshaus im Regen Gewächshaus bei Nacht

Und dann tüfteln die da noch so Dinge zusammen, die aussehen wie ein geometrisches Gewächshaus, wo dem Drehbuch nach Pflanzen drüberwuchern sollten. Doch das Unkraut verweigerte sich rigoros, stattdessen wucherte am Ende wieder die Kreativität. Man machte also Light Art daraus und ließ das Gebilde auf’s Schönste strahlen. Nacht für Nacht zog es mich wie eine Motte mindestens einmal dorthin zum bunten Licht: Stehenbleiben,
innehalten, „Geil!“ sagen, rote Burgweitertanzen.

Die Krönung des ganzen künstlerischen Treibens: Man hat das Hamburger Stadtwappen nachgebaut, als kleine begehbare Burg. Weil der Mensch rauf will, wo er rauf kann, ist er da also schnurstraks hoch aufs Türmchen. Dann verweilt man da, genießt den Ausblick und denkt sich: Ich steh auf Hamburg! ..Das haben die doch wieder mit Absicht gemacht. <3

Und Musik, bitte!

Dockville TimetableIch hatte ja im Grunde einen Ablaufplan und mir im Vorfeld zusammengestellt, was an Acts zu begutachten war, und jedenfalls: Es kam anders. Man ist ja nicht immer allein unterwegs und dann funken einem die Mitmenschen auch schon mal dazwischen und zerren dich woanders hin. Das ist okay. Man mag ja die Mitmenschen. Und überhaupt war ich nach einer Stunde auf dem Gelände bereits aufgeschmissen, weil ich meinen Plan & Timetable verlor, dessen schönes Design samt Haptik ich kurz zuvor noch gefeiert hatte (tusch!). Gott sei Dank haben talentierte Menschen diese Dockville-App gebaut. Die ist toll, da knie ich direkt noch mal nieder!

Was hat mich musikalisch also aus den Angeln gehoben und beeindruckt?

Liedfett haben am Freitag bei Sonnenschein mit Schmackes und Schnauze bestens gelaunt eröffnet. Schon bei Jungle kurz danach rutschte mir das Herz vor Freude in die Beine, die daraufhin nach Belieben vor sich hingroovten. Alter, diese Vibes – don’t you forget about it! 

jungle bühne Jungle von hinten Bühnen

Die Mighty Oaks lieferten dann im Anschluss leider wenig mighty folk. Das Feeling ergriff mich nicht, da hat es nicht gefunkt. Bühne zu groß, Sound verflüchtigt? Möglich. Auch St. Lucia waren nur so mittelprächtiges Vergnügen.  war hingegen niederschmetternd fantastisch, wie sie da wieder allzu oft in die Knie ging und sich alles absang, was wehtat im Herzen; als sie Slow Love in der Night Version performte, es plötzlich still in einem wurde, und dieses Fühlen ohne Filter ganz schön Überhand nahm. Oberkracher, diese Frau mit ihrer Power (Danke!).

Gelände mit Schwan Crowd Großschot

Alle Farben waren nicht ganz meine Farben, aber boten dennoch eine tolle Brücke ins Nachtprogramm mit dem wahrscheinlich besten Mittelstück eines Sets aller Zeiten (ja, das ist auch ein Prädikat). Hamburgs DJ-Garant Oliver Schories enttäuschte dann zu später Stunde ebenfalls nicht und hielt den Puls konstant hoch – einigen auf zu niedrigem Level, meinen Ohren schmeckt diese Gangart gelegentlich ganz gut. Das restless-leg-Wochenende war hiermit also eingeläutet, gehen war unmöglich und – hoppla Kollektiv Turmstraße, da bleib ich doch noch! Bis Punkt zwei Uhr nachts war ich im Rausch und auch nach nur der Hälfte des Sets war klar: das war noch eine Schippe besser als Schories.

Freitag, that’s that. Was sorgte im Innenohr sonst noch für Endorphinschübe? Unvergessen: Melokind am Freitag im Nest, der da einfach ein gigantöses Set auftischte, sowie Talul am frühen Samstagnachmittag in der Klüse, wo er nach Deephouse-Art einfach mal die schönsten Bässe ausrollte. In Erwartung vieler Ohrgasmen brach pünktlich am Sonntag um kurz vor 7 Uhr das Pilgertum aus: Chet Faker ward gesehen und brachte den Maschinenraum geländetechnisch zum Bersten – Full House & damit Jackpot, sag ich mal – völlig verdient! „We’re gonna keep warm in this rain.“ Als Flume danach schon im Sturmregen ansetzten, war ich nur noch eine schnappatmende Tanzmaschine. Da lacht das Herz, wenn solche Hypebeasts auch live ihren Skills gerecht werden. Einen Müh unverschämt empfand ich allerdings die Tatsache, dass Samy Deluxe auf der Hauptbühne derart die Lautstärke hochfahren ließ zum Finale am Sonntag, dass es für Flume im davor gelegenen Maschinenraum schon ein Schweres war, dagegen anzuspielen (not cool Samy, not cool).

Nils Frahm swNils Frahm und seinem Auftritt möchte ich einige zusätzliche Zeilen widmen. Denn was dieses Ausnahmetalent an diversen Tasteninstrumenten und mit lediglich zwei Armen zu Ton und Klang verhalf, war schlichtweg überirdisch toll. Angefangen mit Dub, über den normalen Wahnsinn mit einer Hand am Klavier und der anderen am Keyboard, hängte er sich später auch noch in den offenen Flügel, um die Seiten mittels Paukenschlägel direkt zu bearbeiten. Dazu gab es sensationelles Bühnenlicht und schönstes Nebelgewaber. Bei zeitweise strömendem Regen lieferte dieser Mann einen Soundtrack, zu dem die Welt hätte untergehen dürfen (guckstu hier). Das war verdammt erfüllend Nils, bis in die Spitzen.

Crowd High5 sw Smile in the rain

Was mir am Rande bei all dem Rummarschieren auffiel: Alle eskalierten im Rahmen ihrer Möglichkeiten, möchte man sagen. Mir sind wenig bis keine Totalausfälle auf dem Gelände begegnet. Das mag ich, dafür gibt’s Applaus.

antwoord swWer hingegen den Rahmen so völlig gesprengt hat und sich mit über einstündiger Show einfach mal eine eigene Zeitzone aufmachte? Ihr kennt Die Antwoord. 3-2-1 und alle Kinnladen waren unten. Das war derb, das war energetisch, und optisch auch ein bisschen  gruselig. Fällt wahrscheinlich schon unter Performance Art. However, musikalisch ist es nicht meine Wellenlänge, aber live gesehen haben sollte man die beiden Freakz aus Südafrika mal. Maybe u like em a lot.

War noch was?

 

barkasse menschenAch ja mensch! Boot gefahren bin ich ja auch noch, und zwar mit einer historischen Barkasse von den Landungsbrücken in St. Pauli direkt zum Festivalgelände auf der Elbinsel.
Es klang nach einer coolen Idee, das als weiteren Festivalshuttle anzubieten, und wurde daher von mir getestet. Ergebnis: Man rückt nett zusammen, schunkelt ein bisschen mit den Wellen, und schnackt mit anderen Festivälgängern. Ist mal was anderes Barkasse Boot Ankunftund bietet eine echt schöne Kulisse von Teilen der Hafenindustrie. Kam ein bisschen wie ne kleine Hafenrundfahrt daher und es gab auch recht alte Docks zu begutachten. Mit im Schlepptau hatte ich den Fotobeauftragten mit dem besseren Paar Augen, der auf den Namen Hinrich hört und die 30-minütige Fahrt in einigen Bildern festgehalten hat. Danke dafür! : )

Ansonsten hab ich noch Postkarten verschickt (Volltreffer), mir Sticker aufdrücken lassen, Gin Tonic verköstigt und mich an diesen vielen bunten Tieren auf Stäben erfreut, von denen eines höher hinaus wollte als das andere. Und wenn mal kurz der Akku leer war, hab ich im Pressecontainer eifrig Kekse in mich reinkonsumiert. Das war auch schön. Ich mag Kekse.

Am Sonntag hatte ich noch ein famoses kleines Interview mit der wunderbaren Majke Voss Romme alias Broken Twin, direkt nach ihrem Auftritt. (Nur Geduld, das kommt morgen.)

Menschen im RegenLange habe ich noch überlegt, was ich zum Wetter sage. Und ich sag jetzt nichts mehr dazu. Na gut, nur soviel: Ein Ausnahmefestival hat Ausnahmewetter. Das muss so. Das verkraften wir. Und wenn man einfach vom Jeverwagen zur Frittenbude wieder zur Cocktailbar und zum Falafelzelt am Abend vorbei in die Nacht taumelt – dann ist das auf der Elbinsel ein ganz wunderbares und friedliches Umherkreiseln, mit guten Menschen mit viel Aktionsgeist (Viva Con Agua z.B.), mit nachhaltigen Kompostklos und Jelly Belly Beans – wenn man es denn will.

ChillzoneDas MS Dockville ist eine rundum dufte Angelegenheit, mit viel Flair und Grün und lauschigen Nestern, mit schönen Ecken abseits der großen Besucherströme, wo die Seele baumeln kann. Wo auf anderen Festivals dieser Größenordnung nur noch Fläche ist, gibt es an der alten Schleuse wenigstens noch richtige Bäume zum Dranhängen und Büsche, in die man reinfallen und gepflegt knutschen kann. Nämlich. Also passt auf euer schnuckliges Buschwerk auf und holt im nächsten Jahr wieder heiße Eisen auf die Hamburger Bühnen, dann bin ich wieder an Bord. Es war mir eine schöne Premiere.

Fotos: Hinrich Carstensen für Festivalhopper.de
Noch nicht genug? Hier gibts noch mehr von dem heißen Scheiß.

Rockt auch: Die 20 genialsten Instagram-Schnappschüsse vom MS Dockville 2014.

 

Ein Kommentar zu “MS Dockville 2014 – Don’t you forget about it”

  1. Nummer 1: Alle Farben im Interview zum Festivalsommer sagt:

    […] ich werde jetzt testweise dieses Jahr das erste Mal richtig live spielen und zwar beim Dockville Festival. Und dort dann die beiden Sänger dabei haben. Und ich werde dort kompakt ein paar Lieder vom Album […]

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