Rock-A-Field 2014: Große Headliner im kleinen Luxemburg

News am 2. Juli 2014 von awi

Plastiktüten - Regen„Es müssen wohl alle Luxemburger hier sein, denn Luxemburg ist ziemlich klein“ stellte The Hives Sänger Pelle Almqvist die These am Sonntag beim Rock-A-Field 2014 auf. Ganz recht hatte er damit nicht, denn mit ca. einer halben Million Einwohner hat Luxemburg ein paar mehr Einwohner als Besucher auf dem im Grunde doch eher kleinen Festival waren. Mit ca. 20.000-25.000 Besuchern kann das Festival dennoch immer wieder mit großen Headlinern protzen. Dieses Jahr zum Beispiel mit zwei Headlinern, die beispielsweise bei Rock am Ring letztes Jahr (30 Seconds to Mars) oder dieses Jahr (Kings of Leon) das Line-Up anführten. Die 20.000 Besucher waren jedoch auch eher seltener wirklich Menschen aus Luxemburg: Ein internationales Publikum anlockend war die vorherrschende Sprache deutsch. Als Jared Leto von 30 Seconds to Mars einem Luxemburger ins Ohr flüsterte, er solle allen auf Luxemburgisch sagen, sie sollen sich gegenseitig auf die Schulter nehmen, verstand das nur ein Bruchteil. Dieses Jahr zum ersten Mal dreitägig, gibt’s für die lesefaulen erst mal ein Ranking des Wochenendes:

  • Meister Bass: Marteria vor Skrillex
  • Meister Nebel: Skrillex kurz vor Foals
  • Seltsamster Gesichtsausdruck: 1. Platz geteilt von Hives-Gitarristen & Haim Bassistin
  • Coolsten Kostüme: Shaka Ponk
  • Meisten Crowdsurfer beim Auftritt: The Hives
  • Größte Selbstverliebtheit auf der Bühne: Hives Sänger kurz vor Jared Leto (Thirty Seconds to Mars)
  • Größte Augenringe auf der Bühne: Wiz Khalifa
  • Meiste Regen bei einem Auftritt: Thees Uhlmann
  • Souveränsten Poser: Alter Bridge
  • Die meisten „Fucks“ bei Song-Ansagen: Foals
  • Die meiste Körperflüssigkeit auf der Bühne verteilt: The Hives
  • Seltsamste Bildershow auf dem LED Bildschirm: Skrillex (mit großem Abstand!)
Skrillex 2

Meister Nebel: Skrillex

Gewinner des Wochenendes: Claire, Foals, Marteria

Verlierer des Wochenendes: Thirty Seconds to Mars, CHVRCHES

 

We won't tell your mums

Obwohl vom Veranstalter ausdrücklich nicht empfohlen, reisten wir per Auto an, nicht zuletzt, um Montag wieder rechtzeitig zuhause in der Uni sein zu können. Der Parkplatz stellte sich, obwohl eher teuer (10 Euro für ein Wochenende), als ziemlich gut strukturiert heraus. Der Weg von Parkplatz zu Shuttle-Bus war machbar, der Weg durch den Wald zum Camping-Platz schon eher länger. Immerhin wurde man durch humorvolle Banner auf dem Weg bei Laune gehalten („If your Sex is on Fire, stay away from the woods“, „Hey, you nearly made it! 30 Seconds to Check-in“). Auch der Check-In stellte sich als unkompliziert heraus. Am Campingplatz angekommen dann zunächst etwas Ungläubigkeit: Auf den kleinen Platz sollen alle Besucher Platz haben? Der Campingplatz wirkte viel kleiner als erwartet. Platzprobleme gab es jedoch nicht; Mit einem separaten Campingticket für 15 Euro werden sich einige Besucher aus der näheren Umgebung überlegt haben, nicht dort zu Campen, sondern zu pendeln. Abgesehen davon war der Campingplatz ebenfalls gut strukturiert, es gab wassergespülte Toiletten, ein Fußballfeld + Tore und mit Sprühkreide abgesteckte Bereiche. Ungewohnt für den durchschnittlichen Festivalbesucher aus Deutschland: Verbotene Gaskocher und Grills wurden, wie angekündigt, rigoros von Securities beschlagnahmt. Ansonsten wirkten die Securities vom Camping-Platz aber generell überraschend freundlich, gelegentlich allerdings etwas unflexibel.

Bombay Bicycle ClubNachdem alles eingerichtet war, das obligatorische „Wir-haben-alles-aufgebaut-Bier“ weg war, begann der musikalische Teil des Wochenendes mit Bombay Bicycle Club. Als eher unspektakuläre bzw. ruhigere Band ein guter Einstieg. Obwohl nett bekanntermaßen die kleine Schwester von Scheiße ist, war es bei BBC wohl eine Stiefschwester, eine gutaussehende noch dazu. Insgesamt spielte die Band aus England nämlich ein solides Set, das mit dem Titelsong des letzten Albums noch gut hätte abgerundet werden können. Vielleicht waren Bombay Bicycle Club jedoch auch schon mit dem Kopf beim großen Glastonbury Festival, was parallel stattfand und wo sie am Sonntag danach auftreten würden. Insgesamt 10 Acts aus dem Rock-A-Field Line-Up spielten außerdem vorher oder nachher ebenfalls auf dem Glastonbury, angefangen vom Headliner Skrillex über Interpol und Foster The People zu Ellie Goulding.

Alter BridgeAlter Bridge zeigte im Anschluss den kommenden Bands, wie man souverän und cool beim Spielen posiert. Mit zwei exzellenten Gitarristen legte die Band einen musikalisch qualitativ hochwertigen Auftritt hin, der jedoch noch eher mittelmäßig gut besucht war. Schade: Auf Festivals spielen Alter Bridge ihren popigsten Song „Watch over you“ meist nicht, was ein schöner Konterpunkt zu (zugegebenermaßen ziemlich fetten) ausufernden Gitarrensoli gewesen wäre.

Als Co-Headliner für den Abend kamen Sportfreunde Stiller nun noch vor 30 Seconds to Mars auf der Hauptbühne. Die langjährigen Bandkollegen sind musikalisch bei weitem nicht auf einem Level mit Alter Bridge zuvor (was sie auch immer wieder gerne in ihrem Song „1. Wahl“ persiflieren), machten aber das Beste aus ihren Möglichkeiten und wirkten insgesamt sehr sympathisch und auf dem Boden geblieben. Auf die Frage des Sängers Peter, für welches Team die Besucher des Festivals in der WM seien, zeigte sich, dass erstaunlich viele Belgier angereist sind, scheinbar noch mehr als Deutsche – und das bei einem Auftritt einer deutschsprachigen Band.

Sportfreunde StillerIhren WM-Song spielten die Sportis trotz laufender WM nicht. Vielleicht ist es ihnen mittlerweile auch zu blöd geworden, alle vier Jahre das Jahr zu ändern. Außerdem passt „’54, ’74, ’90, 2014“ auch silbenmäßig gar nicht in den Song :P Gegen Ende durfte dann der Tontechniker auch noch mal einen Song auf der Gitarre spielen, Sänger Peter wechselte zu den Drums und Drummer Flo sang ein Stück, zum Schluss gab’s dann noch mal Konfettikanonen.

Beim Umbau zu 30 Seconds to Mars wunderte manch einer sich, weshalb die Bühne so leer war. Hatte 30 Seconds to Mars nicht mal einen Schlagzeuger? Der Bruder & Drummer von Jared Leto, Shannon, sitzt, wie sich herausstellte, in den USA im Gefängnis, weil er betrunken Auto gefahren ist.

30 Seconds To MarsKein Wort davon von seinem Bruder beim Auftritt am Freitag. Generell wirkte Jared Leto allerdings auch eher, als sei es ihm eigentlich egal, ob das Publikum sich wundert, warum kein Schlagzeuger da ist. Mit einer Mischung aus Bademantel, Zwangsjacke & Laborkittel, einer Krone auf dem Kopf und Sonnenbrille erinnert er an eine Kombination aus Jesus und dem Dealer aus Pulp Fiction und zeigte damit wohl sehr deutlich, dass man auch als Oscar-Preisträger vor Modesünden nicht gefeit ist.

30 Seconds To Mars 2Die Drums kamen derweil vom Playback (wurden aber immerhin noch mal neu eingespielt, es waren nicht die Studio-Version Drums), wie auch sonst ziemlich viel bei dem Auftritt. Als bei Kings & Queens die E-Gitarre von Jared nicht funktionierte, war eine solche Playback-Soundwall aufgebaut, dass man nur merkte, dass die Gitarre nicht übertragen wurde, weil ein Techniker zwischenzeitlich auf die Bühne stürmte und was an der Funk-Anlage der Gitarre fummelte und Jared kurzzeitig aufhörte zu spielen. Wieder in Betrieb war Jared scheinbar so überrascht davon, dass seine Gitarre nicht von Playback kommt, dass er es nur schaffte, die Hälfte des Textes ins Mikro zu singen.

„I’ll remember this moment as long as I live“ verkündete er danach dennoch hochtrabend. Mit so viel Fake-Pathos wäre er selbst beim Cast eines B-Movies für seine schlecht gespielten Emotionen ausgelacht worden.

30 Seconds To Mars PublikumSpäter legte er sich dann eine Akustikgitarre um und behauptete „I’ll play anything you
like“ und ließ die Fans ein paar Songnamen rufen. Wer das Programm von Thirty Seconds to Mars schon kannte, wusste ohnehin, dass jetzt „The Kill“ kam, völlig gleichgültig, was gerufen wird. Diese Schein-Interaktivität bestimmte den ganzen Auftritt; Die Menschen, die er auf die Bühne holte, schienen ihn eher zu nerven. Ganz übel nehmen konnte man ihm es nicht, wenn jeder, der auf die Bühne stapfte, zunächst mal ein Selfie machte. „Fucking Selfie“ kommtentierte er, ließ sich dann aber doch zu einem Selfie mit einem niederländischen Mädchen im Kuhkostüm auf der Bühne überreden.

Wenn der eigene Bruder im Gefängnis sitzt und die USA kurz vor einer Tour nicht verlassen darf, ist man sicherlich nicht der glücklichste Mensch der Welt. Wirkt sich diese eher schlechte Laune auf die Qualität des Auftrittes aus, bekommt man als Band jedoch schnell die Quittung dafür: Jared, der Auftritt war gar nichts. Daran konnte auch keine aufwändige Lichtshow und Konfettikanonen ewas ändern. Hemmungslos begeistert schienen bei dem Auftritt nur die 14-16-Jährigen Kreisch-Fans unter den Zuschauern.

 

MarteriaVon Thirty Seconds to Mars zu Marsimoto: Wie ECHTE Emotionen auf der Bühne gehen, zeigte im Anschluss Marteria als Late-Night Act. Mit wohl einem der stärksten Auftritte und bester Stimmung des Wochenendes zelebrierte Marteria eine Stunde lang vor allem seine beiden „Zum Glück in die Zukunft“ Alben. Nach „Bengalische Tiger“ war die Stimmung nicht zuletzt durch ein Bengalo in der Nähe des Technikturms so aufgeheizt, dass Marteria im Rausch sein Funkmikro nach dem Song nach hinten warf und dabei fast seine Backgroundsängerinnen traf. Die schauten etwas irritiert, ein Techniker eilte herbei und das kurze Technik-Problem Intermezzo zeigte, dass diese Aktion ganz und gar nicht geplant war. Als er wieder ein Mikro hatte, entschuldigte sich Marteria für die Aktion und meinte, das das mal so passieren kann, wenn man von der Situation überwältigt ist.

Selfie Wand nachtsMarterias ehrliche Begeisterung färbte auf die Zuschauer ab, während der Bass bei Marteria selbst mit Gehörschutz kurz vor der Schmerzgrenze war. Für Hiphop natürlich richtig fett, noch einen Ticken mehr Druck als bei Skrillex am Tag danach auf der Hauptbühne, aber etwas weniger Bass hätte auch gereicht. Begeistern konnten auch die Backgroundsänger, die sich mehrere Male aus dem Hintergrund lösten und mit Marteria vorne auf der Bühnenkante sangen. Eine der Sängerinnen aus Rio de Janeiro präsentierte als kleines Interlude außerdem mal einen brasilianischen Samba Rhythmus mit strobo-Brasilien Flagge auf dem Hintergrund LED.  Nach Marsimoto Showelementen und den wohl längsten 20 Sekunden des Festivals am Ende entließ Marteria und Band die verschwitzten und begeisterten Zuschauer zum Campingplatz.

 

5 Kommentare zu “Rock-A-Field 2014: Große Headliner im kleinen Luxemburg”

  1. Nummer 1: Sonntag beim Rock-A-Field – Tag der Familienbands sagt:

    […] der letzte Tag beim Rock-A-Field Festival 2014 in Luxemburg startete nass (Bericht vom Freitag / Bericht vom Samstag). Nachdem nur noch ein leichter Nieselregen übergeblieben war, begannen wir, […]

  2. Nummer 2: Von Summer- zum Rainjam: Marteria & Freunde beim Summerjam Freitag 2014 sagt:

    […] den Headlinerslot definitiv ausfüllen konnte. Nachdem er unter anderem bei Rock am Ring und beim Rock-A-Field begeisterte, schaffte er es auch beim Summerjam, die Menge auf seine Seite zu ziehen – auch wenn das […]

  3. Nummer 3: Der Samstag beim Deichbrand 2014: Watt’n Festival! sagt:

    […] momentan auch einfach einer der besten Live-Acts aus Deutschland, der schon gezeigt hat, dass er internationale Headliner mit seiner aktuellen Liveshow in den Schatten stellen kann. Wie schon beim Summerjam wird vor allem der Part seines Alter Egos […]

  4. Nummer 4: Wilde Safari beim Serengeti Festival sagt:

    […] Statt wie auf anderen Festivals, die mit abwechselnden Spielplänen arbeiten (Bspw. Deichbrand, Rock-A-Field) einige Minuten Zeit dazwischen zum Wechseln zu geben, fing die Band beim Deichbrand in derselben […]

  5. Nummer 5: Muse zum Rock a Field Jubiläum sagt:

    […] ist bekannt, dass es “Große Headliner im kleinen Luxemburg (2014)” auf die Bühne bringt. Hier geht es zu unseren Rückblicken auf das letzte Rock a Field […]

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