Nach den schon unheimlich vielseitigen und Ereignis reichen Donnerstag und Freitag (wir berichteten) stand mit Samstag wohl der Höhepunkt des 23. Tanz- und Folkfestivals an. Dies merkte man spätestens beim Ansehen des riesigen Programms, welches man am heutigen Tag aufklappen bzw. selber sehr klein ausdrucken musste, damit es auf ein A4-Blatt passt.
Im Folgenden lest ihr nun den Bericht unseres Festivalhoppers Teliko, der sich wieder einmal auf den Weg gemacht hat, euch ein möglichst breites Spektrum bieten zu können.
Schon früh am Samstag spielte mit dem Keimzeit Akustik Quintett auf der Heidecksburg schon ein absoluter Hochkaräter. Neben einer leichten Verwunderung, warum Norbert Leisegang und seine Band schon um 14:30 Uhr spielte, sorgte dieser Fakt vor allem dafür das die Heidecksburg schon extrem früh bis an ihre Grenzen gefüllt war und das „rauf-/runterkommen von der Burg“ sich schon deutlich schwieriger gestaltete. Zwischenzeitlich musste der Zugang zum Burghof sogar, wie in Jahren zuvor bei der Verleihung der RUTH, sogar geschlossen werden. Musikalisch erfüllte das Keimzeit Akustik Quintett dann sämtliche Erwartungen. Mit einem Mix aus neu geschriebenen Liedern, diversen Klassikern und natürlich dem einen oder anderen Keimzeit-Song, sorgte das Akustik Quintett für einen ruhigen, stimmungsvollen und vor allem gut gelaunten Einstieg in einen langen Tag.
Generell muss man feststellen, dass das TFF in diesem Jahr deutlich voller wirkt, als in den Jahren zuvor. Trotz der vielen Spielerorte, des riesigen Gelände und obwohl einige Engstellen durch Umgestaltung schon entschärft wurden, gab es viele Momente, wo man warten musste und das Durchkommen erst durch die Hilfe von Security – oder sogar Polizei – halbwegs flüssig gestaltet werden konnte.
Im Anschluss an das Keimzeit Akustik Quintett konnte man bei dem Konzert von Dotschy Reinhardt etwas über die Reise der Sinti und Roma erfahren und musikalisch nachempfinden. Da die ursprünglichen Wurzeln der Sinti in Indien liegen – das Gebiet gehört inzwischen zu Pakistan – wunderte es nicht, dass das Konzert von Dotschy Reinhardt in den ersten zehn Minuten nur aus dem Spiel von Percussion und Sitar bestand. Nachdem Dotschy Reinhardt und der Rest der Band die Bühne betraten konnte man dann von der Reise und Geschichte der Sinti inspirierte Musik hören.
Unsere Berichte auf Festivalhopper stellen natürlich nur einen kleinen Teil der enormen Berichterstattung über das Tanz- und Folkfestival in Rudolstadt dar. Neben großen Rundfunk- und Fernsehanstalten sind natürlich auch viele kleinere Medienvertreter auf dem TFF dabei. So ließen wir uns auch nicht nehmen am Samstag die Thüringer Bürgerradios in der Stadtbibliothek zu besuchen, die es uns auch immer wieder ermöglichen bei Künstler-Interviews dabei zu sein.
Am Nachmittag wurde es dann auf der großen Bühne im Heinepark im wahrsten und positivsten Sinne des Wortes Queer. Die Las Kumbia Queers aus Mexiko und Argentinien sorgten aber vor allem wohl für den punkigsten und rockigsten Moment auf dem TFF 2013. So mischten sich über die Zeit ihre Punkwurzeln mit afro-kubanischem und lateinamerikanischen Cumbia. Heraus kam eine Musik die dem Publikum zusätzlich zu den eh schon hohen Temperaturen ordentlich einheizte. Besonders Spaß machte es dabei die verschiedenen Cover-Versionen – u.A. von The Cure – zu entdecken, die man auf Argentinisch/Mexikanisch und unter Beihilfe einer „Käsereibe“ so sicherlich noch nie gehört hat.
Neben den Konzerten, Vorträgen und Workshops sorgte am Samstag auch das Kinderfest im Heinepark für viele strahlende Gesichter – vor allem bei den kleinsten Besuchern. So war der Heinepark außerhalb des eigentlichen Festivalgeländes gefüllt mit Artisten, klassischem Kasperle-Theater, diversen Klettermöglichkeiten und viiiielem vielem mehr. Ist es immer wieder erstaunlich wie lange man kleinste Kinder bei den Konzerten sieht – ein Lob an die Eltern, die ihren Kindern große Ohrschützer aufsetzen – muss man dennoch immer wieder schmunzeln, wenn man einen der kleinen Knirpse sieht, die groß die Telefonnummer der Eltern auf dem Arm oder Nacken geschrieben haben. Auf dem TFF gilt wirklich „Vorsicht freilaufende Kinder„.
Den kompletten Kontrastpunkt zu dem Trubel auf dem Kinderfest setzen dann Árstíðir am anderen Ende des Heineparks auf der Konzertbühne. Zwar ist es immer noch ein Rätsel, wie man die Band eigentlich ausspricht, aber die sieben Isländer sorgten für absolute Gänsehaut. So war es nicht verwunderlich, dass sich viele, die Árstíðir gestern auf der Bühne Hauptmarkt schon gesehen haben, sich auch dieses Konzert nicht entgehen ließen. Sicherlich für einige Besucher des Festivals zu ruhig luden die sphärischen Klänge, der zum Teil sieben-stimmige Gesang und die minimalistische Einsatz von Gitarren, Geigen, Cello und ein Klavier zum Augenschließen und bewusst hören der Musik ein. Während es bei anderen Festivals auf ruhigen Konzerten oftmals zu störenden Zwischenrufen kommt, machte das Publikum auf dem TFF genau das nicht, wofür sich auch Árstíðir bedankte. Das Publikum selber bedankte sich nicht nur dadurch, sondern auch in dem sie die mitgebrachten CDs schon direkt nach dem Soundcheck bis lange nach dem Konzert kauften.
Keine zehn Minuten nach Árstíðir musste man komplett umdenken, wenn man den Weg von der Konzertbühne zur großen Bühne im Heinepark gefunden hatte. Nach dem extrem ruhigen Konzert von Árstíðir sollte die nächste Stunde wohl eine der intensivsten auf dem TFF 2013 werden. Die Szenen die sich dort abspielten erinnerten eher an ein Rock-Festival. Crowd-Surfing, unzählige Hände in der Luft, Mädels auf den Schultern ihrer Freunde und eine riesige Staubwolke, die den Heinepark mehr und mehr einhüllt – und das ohne das ein einziges Instrument auf der Bühne gespielt wurde. Doch was war passiert? Auf der Bühne hatte sich die österreichische Beatbox-Band Bauchklang eingefunden. Klar denken sich viele: Oh ja, Beatboxing kenn ich!“ doch durch Bauchklang lernte man erst einmal wirklich, was Beatboxing ist. Die Töne, die Bauchklang aus ihren Kehlen und Bäuchen erzeugten, ließen jeden Synthesizer alt und verstaubt aussehen. Raus kam eine hoch-moderne Mischung aus Hip-Hop, Dub und anderen elektronischen Musikrichtungen, die jedem größeren Club gut zu Gesicht stehen würde. Nicht verwunderlich das Bauchklang auch schon bei Welt- und Europameisterschaften angetreten sind.
Begleitet wurde das Konzert von Bauchklang von einem weiteren Novum. Erstmals wurde ein Konzert des TFF live, weltweit ins Internet gestreamt. Ein weiteres sollte am Ende des Abends folgen und vielleicht hat der ein oder andere es ja sogar von zu hause verfolgt.
Währenddessen kam es auf der Heidecksburg zur alljährlichen Verleihung der RUTH. Durch eine neu gebildete Jury ausgezeichnet wurden in diesem Jahr Mariana Sadovska (Hauptpreis), Lao Xao Trio (Förderpreis), Eva Sollich (Lebenswerk) und die Jazzkantine (TFF-Ruth, erstmals vergeben). Während sich die Besucher des TFF über Auftritte von drei der vier Preisträger freuen durften, durften sich die Preisträger über die verliehene RUTH als neue Porzellan-Skulpturen freuen. Ein wenig Schade, denn wir mochten die Holzschnitzereien von Ulf Geer.
Auf der Heidecksburg ging es zu späterer Stunde auch weiter mit der musikalischen Achterbahnfahrt durch die verschiedenen Musikrichtungen und -tempi. Brachten Árstíðir einen zum Träumen, Bauchklang zum wilden abgehen, sorgte das Balanescu Quartet auf der Burgterrasse wieder eher für einen nachdenklichen und ruhigen Moment. Angeführt von Alexander Balanescu gab das Quartett einen Rückblick auf ihre 20-jährige Bandgeschichte. Dabei erschloss sich sehr schnell, warum sie zu den angesehensten Streichern der Welt gehören. Weltruhm erlangten sie unter anderem durch ein Cover-Version des Kraftwerk-Liedes Model – reinhören lohnt sich!
Den Konzertabend auf der Heidecksburg abschließen, durften dann Nuala Kennedy und ihre Band. Waren in Anbetracht des langen Tages sicherlich viele über die Sitzmöglichkeiten – diesmal im Gegensatz zu Freitag bewusst aufgestellt – vor der große Bühne Heidecksburg froh, wurden sicherlich alle für das Ausharren bei inzwischen doch deutlich frischeren Temperaturen entschädigt. Die gefeierte Flötistin Nuala Kennedy spielte ein tolles Konzert mit irischen und schottischen Einflüssen, wofür die Muschelförmige Bühne und die beeindruckende Location der Heidecksburg die perfekte Kulisse bot.
Neben der Musik beeindruckend war vor allem auch die Lichtshow. Viel zu selten werden die Möglichkeiten, die die einzelnen Bühnen auf dem TFF bieten, genutzt. Ist es sicherlich nur begleitendes Beiwerk trägt eine ansprechende Lichtshow doch viel für ein unvergessliches Konzerterlebnis bei.
Von vielen sehnsüchtig erwartet und als Höhepunkt des TFF gehandelt, spielten zum Abschluss des Samstages auf der großen Bühne im Heinepark die neuseeländische Formation Fat Freddy’s Drop. Offenbar erwartete auch die Festival-Organisation einen etwas größeren Andrang. So wurde im Laufe des Nachmittags extra noch ein zusätzlicher Wellenbrecher vor der Bühne installiert. Neben der Übertragung ins Internet stellen Fat Freddy’s Drop vor allem aber wohl einen weiteren Beweis für eine scheinbare Verjüngung bzw. Modernisierung des TFF dar. So spielen Fat Freddy’s Drop mit ihrer einzigartigen Mischung aus Dub, Reggae, Soul und Jazz sonst eher auf Festivals, wie Roskilde oder dem Summerjam einen Tag später. Wußte die Musik von Fat Freddy’s Drop zwar sicherlich musikalisch zu überzeugen, muss man vergleichende am Ende des Abends aber doch sagen, dass im Verhältnis dazu Bauchklang das Publikum deutlich mehr mitgerissen hat.
Dennoch war auch Fat Freddy’s Drop ein schöner Abschluss des Samstages auf dem 23. Tanz- und Folkfestival. Unglaublich, wie schnell drei Tage TFF schon wieder vorüber gezogen sind. Glücklicherweise gibt es aber noch einen vierten!
7. Juli 2013 um 21:51
es wäre toll,wenn bauchklang zum tff.in rudolstadt 2014 wieder spielen würde.so geile musik war das…
7. Juli 2013 um 22:25
Nix von Käpt’n Peng? was da los? :-O
8. Juli 2013 um 15:39
[…] dem längsten Festivaltag am Samstag erwartete das Publikum des TFF auch am Sonntag noch ein nahezu kompletter Festivaltag mit […]
11. Juli 2013 um 02:50
Das Leonard-Cohen-Project gefiel mir am besten. Tolle Gitarrenmusik und ein ausdrucksstarker Sänger mit Feeling. Schade, dass die nur so eine kleine Bühne im Amtsgerichtshof hatten, warum eigentlich? Ich bin da hin, weil ich es im Radio hörte und hatte Mühe, noch in den Hof hineinzukommen. Nächstes Jahr bitte wieder, aber dann auf einer großen Bühne.
18. Juli 2013 um 03:20
Nicht ein einziger Schnappschuss von unARTig. Nix für die Ewigkeit…
Verbleibe mit traurigen Grüßen…
20. Juni 2014 um 16:19
[…] get ready”. Ebenso berichteten wir von allen Festivaltagen, Donnerstag, Freitag, Samstag und […]
7. Juli 2014 um 23:14
[…] auf den Tag genau vor einem Jahr Dotschy Reinhardt ebenfalls auf der Bühne auf der Burgterasse am Samstag beim TFF 2013. Ihre moderne, absolut clubtaugliche Musik mit den orientalischen Klängen durch die Sitar knöpfte […]
6. Juli 2015 um 00:11
[…] unrecht wurde bei der Anmoderation für Sorceress an den Auftritt von Fat Freddy’s Drop beim TFF Rudolstadt 2013 erinnert. Sorceress klingen grundlegend mit ihren TripHop und Deep Electronic Soul sehr modern. […]