Zaterdag – Der Samstag beim Pinkpop 2013 mit Graveyard, Ellie & den Kings

News am 18. Juni 2013 von Klimm Bimm

Roadsign - Pinkpop 2013Rise and Shine. Es ist Samstag – oder auf niederländisch „Zaterdag“. Die Abendunterhaltung auf dem Pinkpop 2013 kann sich durchaus sehen lassen.

Die offiziellen Angebote sollte man unbedingt wahrnehmen. Auf den Campingplätzen sieht man nämlich außerhalb der designierten Barbeque und Lounge-Flächen mangels Beschallungstechik am Abend nicht unbedingt viele Gesichter.

Es folgt der Samstagsbericht vom Pinkpop 2013.

Am Rand des Festivalgeländes werden im Freiluftkino Filme gezeigt. Am Freitag Fightclub, am Samstag The Hangover. Wer von den Strapazen des Tages zu geschafft ist um noch große Sprünge zu machen oder einfach keine Lust hat sich in die gut fünfzig Meter langen Schlangen vor den Partyzelten einzureihen, kann hier entspannt den Abend ausklingen lassen. Auf den Campingplätzen A und B sorgen mobile DJ-Stände für Beschallung aus verschiedenen elektronischen Genres. In den Partyzelten selbst gibt’s das typische Rock-Programm auf die Ohren. Um 3 Uhr geht offiziell das Licht wieder an. Wer tagsüber keine Gelegenheit dazu hatte, kann sich hier also noch eine Weile austoben.

© Sascha Teschner

© Sascha Teschner

Unser musikalisches Programm beginnt mit Graveyard. Das klingt vom Namen her schon mal ’ne Nummer härter. Ist es auch.

Ab 14:30 fliegen im Brand Bier Zelt vor der Bühne die ersten Zuschauer durch die Luft. Mit brachialen Schlagzeugparts, lautem Gröhlen, aber auch überraschend bluesigen Solo-Parts begeistern die vier schwedischen Hardrocker die Menge und ziehen trotz blauem Himmel und Sonnenschein beträchtliche Massen in das dunkle Zelt. Andere genießen draußen an der über die volle Breite geöffneten Eingangsseite synchron Musik und Wetter. Bis halb vier wird im Zelt geschrien, gejubelt und mit der Kopfbehaarung propellert. Graveyard verabschieden sich mit einem Hinterkopf-Gitarrensolo und den Worten „Let’s Rock“ von der Bühne. Wir sind überzeugt und notieren uns Graveyard unter der Kategorie „ordentlich auf die Fresse“.

Schlappe hundert Meter weiter links gibt’s im Anschluss Kontrastprogramm. Nur mit einer Akustikgitarre und einem Mikrofon ausgestattet spielt

© Pinkpop

© Pinkpop

Mike Rosenberg – besser bekannt als Passengerfiligranes und mitreißendes Pop-Material. Zwischen den Songs erzählt der Newcomer, dass er vor einem Jahr auf einer Rundreise noch in Amsterdam um die besten Plätze für Straßenmusik kämpfen musste. Wenn ein einzelner Kerl mit einer Gitarre in der Hand einem von der Mainstage eines großen Festivals herunter so eine Geschichte erzählt, kann man sich kaum noch dagegen wehren, den Mann auf Anhieb sympathisch zu finden. Das Publikum wirkt jedenfalls zufrieden.

Als nächstes steht Ellie Goulding auf dem Plan. Als wir ankommen, ist das Brand Bier Zelt schon ordentlich gefüllt. Selbst auf dem Vorplatz säumen dicht gedrängte Menschenmassen den Zelteingang. Volle Hütte. Wir quetschen uns durch.

Im Inneren schlägt uns eine Pop-Hymne nach der anderen entgegen.  Es dauert keine 30 Sekunden, bis ich mir den Ausruf „Meine Fresse, hat die eine geile Stimme!“ nicht mehr verkneifen kann.

© Sascha Teschner

© Sascha Teschner

Ellie Goulding ist eine dieser Künstlerinnen, die man als Rock-Fanatiker nicht unbedingt kennt. Man hat aber bei unheimlich vielen Songs das Gefühl, dass man sie irgendwo schon mal gehört hat, ohne dabei zu wissen, welcher Name dahinter steht. Das Bandgefüge macht einen sehr authentischen Eindruck und wirkt gar nicht so, als wären auf die Schnelle ein paar Studiomusiker für eine Tour zusammengecastet worden. Da geht richtig was ab auf der Bühne. Nachdem sich während Your Song die ersten 30 Reihen spontan zu einem Chor formieren und Ellie & Band durch das letzte Drittel der Show wiederholt mit Unmengen von Applaus überschüttet werden, geht das Spektakel zu Ende. Von dem Genre selbst kann man halten, was man will. Fakt ist aber: Wer sich die Chance entgehen lässt, Ellie Goulding live zu sehen, verpasst ein unfassbares Singer/Songwriter-Talent.

Wenige Minuten später stehen bereits Thirty Seconds to Mars auf der Hauptbühne. Erste Erkenntnis: Klingt live irgendwie viel wärmer als auf Platte! Bei dem was auf der Bühne passiert, könnte man das Ganze anstelle der PA aber auch über ein altes Küchenradio laufen lassen und trotzdem in vollkommen begeisterte Gesichter blicken.

Frontmann Jared Leto lässt auf dem Pinkpop seine Entertainer-Qualitäten durchblicken Bild: © Saskia Bosch

© Saskia Bosch
Frontmann Jared Leto lässt auf dem Pinkpop seine Entertainer-Qualitäten durchblicken

Jared Leto lässt den Entertainer raushängen. Mitten im Song wird erstmal angehalten, um zu fragen ob, die Leute im Publikum gute Laune haben. Ein Typ im Zebrakostüm wird auf die Bühne geholt und als Dolmetscher engagiert. „Ask these people if they want to go fucking crazy and shit themselves!“ Sekunden später springen mit geschätzten 40.000 Quadratmetern Publikum so viele Leute im Takt, dass der Gleichgewichtssinn eine Fehlermeldung ausspuckt. Error. Der Boden bewegt sich. Nach dem zweiten Song sagt Leto ganz nebenbei ins Mikrofon „In case you didn’t know – we’re Thirty Seconds to Mars“. Als müsste man das nach der Aktion noch irgendjemandem erklären.

Die Publikumsanimation ist in vollem Gange, zu Beginn von This is War wird zunächst ein ad-hoc-Sprechchor organisiert, der das Lied mit wiederholten Schreien einleitet.

Thirty Seconds to Mars - Pinkpop 2013This is War! This is War!“

Mitten im Song werden bunte Plastikballons in das Publikum gelassen. Das liefert nicht nur schöne Bilder, sondern gibt dem Ganzen auch eine interessante Dynamik. Der Langeweile wird keine Chance gelassen. Wir fühlen uns unheimlich gut unterhalten.

Die Musik rückt fast schon in den Hintergrund. Die Band wirkt zwischendurch – im besten Sinne – unvorbereitet. Da wird auch mal auf der Bühne diskutiert welcher Song als nächstes gespielt werden soll. Die Ruhe muss man erstmal haben. Es wird ein Kompromiss gefunden – „We’ll just play a little bit of a new song and then we’ll play another one“.

A propros neue Songs: Auch von Thirty Seconds to Mars steht für 2013 eine neue Platte in den Läden. Für Do or Die ist außerdem ein Live Video in der Mache, für dessen Produktion auch auf dem Pinkpop 2013 gefilmt wird.

Suchbild: Wo ist Jared?Uns scheint schon wieder die Sonne in’s Gesicht. Thirty Seconds to Mars spielen Kings and Queens. Hinterlegt mit stimmigem Videomaterial neigt sich das Set dem Ende. Leto ist aber noch nicht fertig. „Who wants to be on stage? You? – You? – And you?“ Bei der Ansage denken wir noch, der Herr Leto holt jetzt drei bis vier Hanseln auf die Bühne, die da oben ein bisschen tanzen dürfen. Weit gefehlt. „Who else wants to be on stage!?!“ Sekunden später stehen so viele Fans auf der Bühne, dass die Fernsehteams im Kamerasucher Wo ist Walter? spielen müssen. Vom Rest der Band sieht man fast gar nichts mehr. Die Masse auf der Bühne verschmilzt zu einer einzigen Party. Konfetti. Schluss. Geil.

Wir verlassen mit einem breiten Grinsen die Mainstage und fragen uns, wer oder was das noch toppen soll.

Auf der Brand Bier Stage spielen derweil C2C. Das französische DJ-Kollektiv scheint den Geschmack der Pinkpop-Besucher ausgesprochen gut zu treffen. Der in rötliches Vorabendlicht gehüllte Mob steht wenige Minuten nach Anfang bereits vierzig Meter weit um das Zelt herum. Hier ist nichts mehr zu holen. Wir ziehen weiter zur 3FM Stage, auf der gerade die Jungs von Phoenix stehen.

Phoenix - Pinkpop 2013Bei unserer Ankunft stecken die Franzosen gerade noch im Pre-Chorus zu Girlfriend. Kurz darauf gibt’s mit Trying to be cool schon den ersten Song von der neuen Platte zu hören. Die Kombination aus warmem Licht und synthesizer-gestützen Pop-Klängen erzeugt eine wohlige Stimmung, die sich irgendwie nach Urlaub am Mittelmeer anfühlt. Passend zur Szenerie wird Love Like a Sunset mit verschiedenem neuen Material gemischt. In der Mitte des Songs spielt die Band ein breites Instrumental-Rock-Intermezzo. Die Bässe wummern. Die Telecaster von Gitarrist Christian Mazzalai schneidet sich im Offbeat durch den Mix. Zurück zum Ende von Love like a sunset. Vocals. Langsamer Ausklang. Grandios.

Nach der Präsentation weiteren Materials vom neuen Album Bankrupt! wird das Hitreel eingespannt. Die Menge tanzt zu Armistice und 1901 durch die Abendsonne, die sich schonwieder verdächtig nahe dem Horizont nähert. Fünf Minuten vor dem Soll ist Schluss. Nach der Verabschiedung schraubt Frontmann Thomas Mars kurzerhand seine Mikrofonkapsel ab und wirft sie ins Publikum. Sicherlich ein schönes Souvenir! Wir wünschen uns aber, er hätte sie vorerst behalten und uns stattdessen mit einer Zugabe belohnt. – Kann man nichts machen. In der Summe lieferten uns Phoenix mit einem gefühlt kurzen, aber durchweg gelungenen Auftritt den perfekten Soundtrack für einen lauen Sommerabend.

Es wird langsam kalt. Die letzten Sonnenstrahlen quälen sich durch die Baumwipfel. Der Auftritt der Headliner Kings of Leon steht an.

Kings of Leon - Pink Pop 2013

© Sascha Teschner

Ähnlich wie The Killers am Vortag bestreiten die Kings of Leon eine von Anfang an sehr atmosphärische Show. Erste Ansage. „What a beautiful evening.“ Nächster Song. Die Kings haben eine gute Mischung aus Altem und Neuem dabei. Für ausschließliche Fans der früheren Alben: Ja, genau. Die Songs, die entstanden sind „bevor die so schrecklich poppig wurden“.

Gerade in den älteren Stücken wie Molly’s Chambers zeigen die Herren Followill, was sie auf ihren Instrumenten alles können. Mit reißenden Gitarrensoli werden potenzielle Genrekritiker in die Schranken gewiesen.

Nach drei Songs zum Ausrasten werden wieder ruhigere Töne angeschlagen – es gilt schließlich, ein geschmacklich breit gefächertes Publikum zu befriedigen. Vor tiefrotem Abendhimmel schieben sich ruhige, sustainreiche Melodien über den Platz vor der Mainstage. Sänger Caleb schreitet in einer kurzen Pause der eher wortkargen Performance zum Mikrofon und haucht „I wish I had something to say… really…“ und entfernt sich leicht gebeugt mit einer langsamen Drehung wieder vom Mikrofon. Wir finden das vollkommen in Ordnung. Lieber die eigene Musik für sich sprechen lassen als künstlich den Hampelmann zu spielen.

Zwanzig Minuten vor Schluss geht’s mit Hardrock und Lichtgewitter nochmal so richtig zur Sache, bevor der Publikumsgesang im großen Finale während Use Somebody und Sex on Fire streckenweise die PA übertönt. Nach den üblichen Danksagungen verlassen die Kings of Leon mit den Worten „I’m sure we’ll see you all real soon“ als letzter Act des Tages die Bühne.

Wir sagen dazu: „Sehr gerne“ und beschließen damit den Samstag des Pinkpop 2013.

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