Christmas Rock Night 2012: Ganz nah an den Bands

News am 12. Dezember 2012 von Konzertheld

Es geht mit Riesenschritten auf Weihnachten zu und wie jedes Jahr im Dezember finden sich im verschneiten Ennepetal in der Nähe von Hagen tausende Menschen zur Christmas Rock Night ein. Zwei Tage und eine Nacht gibt es hier auf zwei Bühnen christliche Rockbands, die mit den Besuchern die Adventszeit feiern. Ein etwas anderes Festival – viel kleiner, ganz anders orientiert, dadurch aber auch viel entspannter und viel mehr Nähe zwischen Bands und Fans.

Ich lande direkt mitten im Geschehen, als I Am Empire gerade die Main Stage betreten haben. Der Saal ist nur sehr locker mit Menschen gefüllt, am Freitagnachmittag bin ich nicht der einzige, der sich in aller Ruhe und ohne konkretes Ziel auf den Weg gemacht hat. Auch die Technik ist anscheinend noch nicht richtig wach – I Am Empire liefern zwar anständigen harten Rock, aber man versteht den Sänger kaum und alles klingt etwas matschig, da die Abmischung einfach schlecht ist. Auch stehen die Bandmitglieder teilweise fast im Dunkeln – ein paar stärkere Scheinwerfer wären sicher nicht verkehrt gewesen. Erst nachdem die Band mit einem Instrumentalteil zu einem Akustiksong übergeleitet hat, bessert sich der Sound etwas, und als es nach einer weiteren Instrumentalüberleitung mit hartem Rock weiter geht, fangen auch die Zuschauer an richtig zu feiern. Der Sänger reißt uns mit seinen ausdrucksstarken Gesten mit und gegen Ende des Konzertes merkt man: Jetzt sind alle angekommen, jetzt geht es richtig los.

Mein persönliches Highlight folgt kurz darauf, Good Weather Forecast übernehmen den großen Saal und präsentieren sich direkt selbstironisch: Wir sind zwar hier die wohl einzige nicht so harte Band, aber ihr dürft auch zu Popmusik Circle Pits machen, das ist ok! Und in der Tat, am Freitag sind Good Weather Forecast die wohl softeste Band – aber wenn man es so macht wie die sechs (?) Jungs aus Bayern, kann man auch mit Pop reichlich Energie rüberbringen und Leute begeistern. Gut gelaunte Songs motivieren zum Tanzen, zu Polonaisen und Circle Pits, die Bandmitglieder fliegen quasi über die Bühne und der Trompeter wagt sogar einen Rückwärtssalto von der Bassdrum. Bereits beim zweiten Stück ist die Stimmung so heiß wie zuvor bei den letzten Songs. Und als Sänger Florian mitten im Konzert die Geschichte von Manu erzählt, wie er von den Philippinen nach Deutschland kam, um ein besseres Leben zu bekommen, aber durch die gegensätzliche Umgebung alles nur noch schlimmer wurde und er immer wieder erfolglos versuchte sich umzubringen, hängt der ganze Saal gebannt an seinen Lippen. Nach dem Happy End der Geschichte – Manu erkennt, dass Gott ihn liebt und schafft es mit dieser Zuversicht, sich in seinem neuen Leben zurecht zu finden – singen wir gemeinsam den bekannten Worship-Song „Awesome God“.

Unten im kleinen Saal stapeln sich die Leute bei Children 18:3 dieweil bis draußen. Drinnen sieht man eine fette Party abgehen, aber auch immer wieder Leute raus flüchten, die die Hitze in dem niedrigen Raum nicht mehr ertragen. Immerhin ist hier der Sound besser – man darf sich nur nicht vor die Boxen stellen. Ein Glück, dass die meisten Bands auf beiden Bühnen spielen, einmal am Freitag, einmal am Samstag.

Auch bei Sacrety, die dort anschließend spielen, brennt die Hütte. Zwischendurch werden kurz Fenster geöffnet, so dass man draußen im Schnee verwirrte Menschen beobachten kann. Wenn die Luft gerade einigermaßen brauchbar ist, bietet der kleine Raum eine sehr schöne Clubatmosphäre. Auch an der Main Stage gibt es keinen richtigen Graben, aber hier an der Nebenbühne gibt es gar keine Trennung zwischen Zuschauern und Bühne, so dass man direkt vor der Band steht. So bekommen alle Konzerte hier unten eine sehr persönliche Note. Sacrety mischen elektronische Effekte und Hiphop-Stile in eine Hardrock/Metal-Basis – eine teilweise sehr eigenwillige, aber auf jeden Fall hart feierbare Kombination. Dagegen sind Disciple oben mit ihrem überraschungslosen Rock langweilig, trotz zwanzigjährigem Jubiläum.

So bleibe ich dann auch unten, wo es mit Manafest noch mehr Richtung Hiphop geht. Band und Publikum sind wie besessen von der Musik – der Sänger, der seinen Glauben in einem amerikanischen Babelcamp gefunden hat, stellt zwischendurch fest: „You’re crazy. I like crazy!“ und hat fortan einen total irren Blick drauf. Der Drummer stimmt während dem Konzert seine Snaredrum um und wenn der „Tagungsraum 1“ bei Sacrety gebrannt hat, reißen wir ihn nun völlig ab. Keine einzige Pause wird dem Publikum gegönnt, wer eine braucht, muss raus. Dazu trägt sicher auch bei, dass die Fenster aufgrund der späten Stunde nun nicht mehr geöffnet werden dürfen…

Nach dem Konzert werfe ich kurz einen Blick in die Haupthalle, wo bei Fireflight aber schon wieder technische Probleme die Konzertstimmung trüben. Also auf nach nebenan – außer den beiden Konzertbühnen gibt es ja noch die Talk-Stage, auf der ebenfalls die gleichen Bands anzutreffen sind, hier aber einach zum lockeren Austausch mit dem Publikum. Leider erfahre ich dort, dass der Talk mit Good Weather Forecast ausfällt, da die Band drüben ein Akustikset spielt – denn Thousand Foot Krutch sind in München am Flughafen gestrandet und schaffen es nicht mehr zum Festival.

Stattdessen schließt der Freitag nun also mit einem spontan improvisierten Akustikset mit verschiedenen Bands, darunter Childen 18:3, die ein paar eigene Songs covern, und eben Good Weather Forecast. Die covern erstmal „DJ got us fallin‘ in Love“ zum Einstieg, womit sie erneut das Publikum auf ihrer Seite haben. Weiter geht’s mit „In The Light“, ein sehr bekanntes Lied aus der Worship-Szene. Und mir kommen langsam Zweifel, ob es mehr als eine Strophe gibt – keiner meiner Bekannten kennt mehr als eine Strophe und auch Good Weather Forecast wiederholen die einfach im Wechsel mit dem Refrain. Danach müssen wir uns leider auf den Rückweg machen – Übernachtungsgelegenheiten in der Turnhalle waren schon lange ausverkauft.

Nachdem der Freitag stimmungsmäßig ziemlich armselig angefangen hatte und wir ohnehin beide eine aufkeimende Grippe mitgebracht hatten, entscheiden wir uns, wieder erst am Nachmittag anzureisen. Damit bekommen wir noch das Ende von Children 18:3 auf der Hauptbühne mit – bei denen war gestern im kleinen Saal heftig was los, in der großen Halle wirkt es aber nicht mehr so heftig. Also nutzen wir die Gelegenheit, dass es an der Nebenbühne gerade nicht so voll ist, und besetzen die erste Reihe für das kommende Konzert von Arbaitnehmer.

Arbaitnehmer orientieren sich wie Good Weather Forecast eher Richtung Pop und fallen damit etwas aus der Reihe. Der kleine Saal ist diesmal auch nicht komplett voll, trotzdem freut sich die Band über jeden, der gekommen ist. Überhaupt wirken die Jungs ziemlich sympathisch. Und wenn ich von Pop rede, meine ich damit keine primitiven Four-Chord-Songs – was wir hier präsentiert bekommen, hat durchaus Niveau. Anspruchsvolle Rhythmen, immer wieder instrumentale Überleitungen. Zwischendrin wird einfach gebetet und Gott gedankt, anschließend singen wir gemeinsam „God of Wonders“ – was ganz wunderbar klingt, denn obwohl es dazu viele verschiedene Stimmen gibt, fügen sie sich alle zusammen, so dass Band und Publikum einen großartigen vielstimmigen Chor bilden.

Auf der Hauptbühne spielen nun Manafest, die kennen wir ja schon von gestern und das Set scheint sich auch nicht groß geändert zu haben. Also etwas Zeit sich mal umzusehen. Arbaitnehmer warben damit, heute gäbe es alles für 5€ an ihrem Merch-Stand. Und nicht nur das, die Band verkauft auch selbst – was hier überhaupt ziemlich üblich ist, an vielen Ständen sieht man die Bands selbst stehen und mit den Leuten reden. Auch im Gewusel beim Bühnenwechsel trifft man bekannte Gesichter. So viel Nähe zu den Bands wie hier bekommt man wohl selten!

Einen würdigen Abschluss bieten für uns dann Icon For Hire, die zwar aus den USA kommen, aber eine Menge Fans aus den Niederlanden angezogen haben. Überhaupt ist der Anteil ausländischer Besucher hier sehr hoch, gestern kam ich schon mit einem Pariser ins Gespräch und immer wieder hört man Leute englisch reden.

Icon For Hire bringen dann jedenfalls nochmal richtig Stimmung in die Haupthalle (und dank eigenen Technikern auch endlich mal vernünftigen Sound und brauchbares Licht). Die Band explodiert quasi auf der Bühne, Gitarren fliegen wortwörtlich durch die Gegend, selbst den Schlagzeuger hält es nicht auf seinem Hocker und die Sängerin redet so schnell, dass man sie kaum noch versteht. Mit ihrer Art sich zu bewegen erinnert sie mich ein bisschen an Hayley von Paramore. Das Publikum wird geteilt und dann gegeneinander aufgehetzt, wir springen reichlich und überhaupt geht hier die Party ab. Icon For Hire gehören definitiv zu den Bands, die richtig Bock auf dieses Festival haben, und so fahren wir zufrieden nach Hause.

Mein Fazit: Im nächsten Jahr muss die Technik definitiv besser werden – aber in diesem Festival steckt viel Potenzial und vor allem die Nähe zu den Bands hat mich total begeistert. :)

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