Hier folgt Bericht Teil zwei von unseren beiden Deichbrand-Reportern Christian und Marina. Weitere Bilder dazu könnt ihr hier in der Galerie finden. Der Matsch ist größtenteils getrocknet, einzelne weiße Schäfchenwolken ziehen über den babyblauen Himmel und es scheint, als wären alles Unglück der letzten Tage [wir haben darüber in Teil 1 des Deichbrand-Bericht geschrieben] vergeben worden.
Bereits früh ist das Deichbrand Festivalgelände voll mit Menschen und das ist auch kein Wunder, denn schon früh morgens hat das Programm angefangen.
Für uns beginnt der Tag mit der deutschen Elektropopband The Koletzkis. Die Band, benannt nach dem bekannten DJ Oliver Koletzki, der zusammen mit Sängerin Fran den Kern der Koletzkis ausmacht, beehrt bereits zum zweiten Mal das Festival an der Nordsee. Dass sie nochmal eingeladen wurden ist kein Wunder; The Koletzkis begeistern mit mitreißenden Beats und einer grandiosen Stimme, die zusammen eine Mischung ergeben, zu der man sowohl wunderbar tanzen, als auch einfach entspannt die Sonne genießen kann. Um nach vorne zu gelangen war ich leider nicht früh genug da, also entscheide ich mich für die zweite Variante und bewundere das Elektrowunder von weitem.
Ein bisschen weiter nach vorne geht’s bei der nächsten Band: Turbostaat, das ist Punkrock mit deutschen Texten, die provozieren, kritisieren und das mit Humor. Besonders auffallend ist die Stimme von Sänger Jan Windmeier, die sehr rau und kaum melodiös ist. Hier wird sehr viel Wert auf die Texte gelegt. Dem Deichbrand gefällt der Sound, der hart nach vorn geht und zum pogen einlädt, es fällt allerdings auf, dass viele Lieder sehr ähnlich klingen. Bei den Texten muss man mitdenken, bei den Refrains mitgröhlen, aber wirklich abwechslungsreich ist das nicht.
Danach folgt die Wiederbelebung des Rock’n Roll mit Dick Brave & The Backbeats. Hinter der Figur „Dick Brave“ steht Sasha, den man sonst nicht als kanadischen Rockabilly-Helden, sondern als deutschen Singer/Songwriter kennt. „Ein bisschen zugenommen hat er ja schon“ fällt auf, aber das schadet der Klangqualität natürlich in keinster Weise. Der Flair der 60er Jahre wird auf dem Gelände verbreitet; die Rocker übertragen sowohl aktuelle Songs von Bands wie Green Day oder Adele in den Stil des Rock’n Rolls, covern aber auch stilgetreu richtige Klassiker. Dieses Kontrastprogramm gefällt der Menge richtig gut, vor allem weil Dick Brave seine Rolle höchst authentisch spielt und auch der kanadische Akzent nicht fehlt.
Die Umbaupausen zwischen den Bands sind ziemlich kurz, es scheint wirklich alles zu funktionieren und das ist nach zwei Tagen Chaos endlich ein Lichtblick. So geht es nach einer kleinen Pause auch schon weiter mit einer Band, die ich schon voller Vorfreude erwarte: Irie Révoltés, die von der Waterstage der Menge mit einer feurigen Mischung aus Reggae, Ska und Hip Hop einheizen. Die Texte sind sowohl auf Deutsch, als auch auf Französisch geschrieben, was einem ein leichtes Urlaubsgefühl gibt. Mit ihren südlichen Klängen bereichern Irie Révoltés den Norden und lassen nichts still stehen. Vor allem bei „Soleil“ und „Travailler“ singen alle mit. Voller Energie tanzen die Jungs auf der Bühne, die Beine bewegen sich fast so schnell wie ihre Münder (und Französisch kann man hervorragend schnell singen!). Für eine Stunde klingt gute Laune pur aus den Boxen.
Langsam bekommen wir zwar Hunger, aber da wir schon mal in der ersten Welle angelangt sind, bleiben wir auch da, um uns The Sounds anzuhören. Mit Zigarette im Mund kommt Sängerin Maja der schwedischen Rockband auf die Bühne und verzaubert das gesamte Publikum sofort mit ihrem selbstbewussten Style. Es wird nicht viel geredet, aber umso mehr bewegt. In ihre Rockmusik haben The Sounds subtil Elemente des Pops gemischt und sind so international bekannt geworden. Ein kleines Liebesgeständnis an die Masse „Ich liebe euch alle“ bringt großen Jubel hervor. Schon ein bisschen kaputt und durchgeschwitzt geht es erstmal zum Zelt, nach fünf Bands ist die Pause wohlverdient. Doch da hält es uns nicht lange, denn der Headliner des Festivals sind für heute Abend angekündigt: die Beatsteaks.
Vorne steppt der Bär, aber nach der Pause besteht keine Chance mehr nach vorne zu kommen, da ja trotz der vergleichsweise geringen Besucherzahl zwei Wellenbrecher aufgebaut wurden (zum Vergleich: In die ersten beiden Wellen bei Rock am Ring passen so viele Besucher wie hier insgesamt da sind). Leider ist die Stimmung auch entsprechend mies, ständig laufen Leute durch das Publikum und niemand ist so richtig begeistert, auch, weil der Sound nicht so gut ist und die Beatsteaks dafür dann doch zu wenig bekannte Hits spielen. Stattdessen werden einige Lieder gecovert, darunter seltsamerweise auch „Twist and Shout“ aus den Sechzigern.
So geht es nochmal zurück zum Zeltplatz und etwas später mit Campingnachbarn zum Festzelt. Ein Fehler, denn schon vor Fritz Kalkbrenner wird das Zelt wegen Überfüllung dicht gemacht. Es ist zwar noch Platz, aber wir wissen ja bereits, dass es sich irre aufheizt dort drin, so dass vermutlich vor allem Überhitzungsgefahr besteht. Aufgrund der schlechten Kommunikation der Securitys und des unkooperativen Publikums erfolgt erst gegen Ende des Sets wieder Einlass ins Zelt. Drinnen ist es dann tatsächlich brüllend heiß. Wer jetzt von Alkohol oder anderen Substanzen breit ist, hat verloren…
Fritz Kalkbrenner wird aber gebührend gefeiert und wenig später kommen dann auch Egotronic auf die Bühne. Die sind zwar betrunken und finden alles unglaublich lustig, auch, dass während dem Konzert eine Box herunterfällt, liefern aber dennoch eine grandiose Show ab. Da sich das Zelt nach Herrn Kalkbrenner deutlich geleert hat, ist es auch auszuhalten. So kriegen wir reichlich Beats um die Ohren geknallt, raven gegen Deutschland, sind überhaupt ziemlich kritisch und haben dabei jede Menge Spaß.
Den Abschluss machen Supershirt. Schade, dass das Audiolith-Triple durch den Ausfall von Frittenbude versaut wurde, aber an der Grandiosität der drei ändert das ja zum Glück nichts. „Nur Supershirt, und dann ganz lange nichts mehr“ – so werden wir begrüßt und darauf lassen wir uns gerne ein. Aber nach zwei Songs macht uns eine weitere Panne einen Strich durch die Rechnung: Es gibt Gasalarm („technische Probleme“) und das Zelt muss geräumt werden.
Zum Glück geht am Vegetarix-Stand eine Party und so feiern die noch verbliebenen Fans der elektronischen Musik mit Kichererbsenfrikadellen, Reispfanne und Dubstep draußen weiter, bis es Entwarnung gibt, weil es sich nur um einen Campingkocher und nicht um ein Leitungsleck handelte. Das Konzert geht weiter und es tropft immer noch Schweiß von der Decke – aber einige Songs später wird das Konzert abgebrochen, die Band ärgert sich noch kurz (anscheinend nicht zum ersten Mal) über das Festival und verlässt dann gezwungenermaßen die Bühne.
Damit der Samstag nicht mit so einem Ärger endet, machen die Verbliebenen von uns die Nacht schlicht durch und können so immerhin noch den wunderbaren Sonnenaufgang genießen. Danach geht’s dann noch etwas schlafen, bevor der letzte Festivaltag startet.
Nach ausgewogenem Frühstück steht dann als erstes Russkaja (Bild rechts beim ringrocker warmup 2012) auf unserem Plan. Schon der Name gibt Auskunft über die Musik: russischer Ska. Die Band hinter Sänger Georgij Alexandrowitsch Makazaria kommt aus Österreich, die meisten Mitglieder sind aber original russischer Herkunft. Gesungen wird teils auf englisch, teils auf russisch. Normalerweise bemängele ich es immer, wenn zwischen den Liedern zuviel geredet wird, doch bei Russkaja sind die Ansagen zwischendurch ein Highlight. Frontman Georgij instruiert die Menge vor beinahe jedem Lied und bildet uns in Sachen russischer Autoherstellung und Tanz. Zuerst wird beim Lied „Psycho-Traktor“ ein großer Circlepit gebildet, in welchem wiederum ein gegenläufiger Circlepit ist, dann wird auf anschauliche Weise erklärt wie man tanzt: „Stellen sie sich vor, ihr seid in einem russischen Bus. Einem überfüllten russischen Bus, so voll wie japanische U-Bahn, also müssen sie sich mit einem Arm oben festhalten. Der Bus schüttelt bei der Fahrt und ihre Hüfte macht ganz automatisch ein sexy Dance“. Erst skeptisch, dann immer euphorischer werden die Arme in die Luft genommen, auch alle Tanzmuffel in der letzten Reihe lassen die Hüfte kreisen. Ein sehr bizarres Bild bei einem Skakonzert. „Geben sie sich hin der russischen Tundra!“ heißt es noch. An der leicht skurrilen Bühnenshow wirkt alles authentisch; der russische Akzent bei den Ansagen, die tanzenden Bläser, die Kleidung der Band. Nach der Ode an ein russisches Auto („Ist wie Trabi, nur nicht so schön“), hilft Russkaja dem Publikum noch alle ihre Probleme durch lautes Brüllen loszuwerden. Wer keine Probleme hat, der muss sich welche ausdenken, denn Georgij lässt nicht locker, bis es allen gut geht. Die Menschen sind Wachs in Russkajas Händen, was angesagt wird, wird von so gut wie jedem mitgemacht. Die Musik rutscht bei den ganzen Spielchen allerdings keineswegs in den Hintergrund und auch wenn man die Liedtexte nicht wirklich versteht, weiß man doch, wann Zeit zum mitgröhlen ist. Russkaja bieten eine einmalige Show und verstehen sich darauf, auch schon am frühen Nachmittag ordentlich Stimmung zu machen. Spaß garaniert!
Nicht weniger skurril, aber doch kontrastreich geht es auf der Fire Stage mit Skindred aus Newport weiter. Die fünfköpfige Band präsentiert eine Mischung aus melodischem Heavy Metal, Reggae und einem kleinen bisschen Hip Hop. Wer sich das nicht vorstellen kann, der sollte unbedingt mal reinhören, denn Skindred bieten ein abwechslungsreiches Sounderlebnis. Auch hier wird alles aus dem Publikum herausgeholt, es wird nicht locker gelassen bis alles bebt. Zur Not wird „Everybody bounce!“ auch fünfmal wiederholt, solange bis Sänger Benji Webbe zufrieden mit den tänzerischen Leistungen der Menge ist. Dabei ist eben jener auch nicht zimperlich; Das Publikum teilt sich, ein unentschlossenes Mädchen steht mitten auf der freigewordenen Fläche. Von der Bühne tönt nur ein „Oh come on, choose a side, bitch!“. Skindred buhlt nicht um Symphathie und das macht sie sympathisch. Skindred hauen einfach nur drauf. Endlich läuft mal alles rund beim Deichbrand. Die Stimmung ist super, die Sonne knallt, die Musik stimmt erst recht.
Nachdem wir uns kräftig verausgabt haben, gönnen wir uns erstmal eine Pause. Als wir danach zur Fire Stage zurück kehren, wird es dort gerade romantisch: Der Bühnenmoderator fragt nach allen anwesenden Pärchen und als dann Andreas auf die Bühne gebeten wird ahnen viele schon, was passieren wird. Andreas kniet vor seiner Freundin Sonja nieder und macht ihr einen Heiratsantrag. Die beiden sind seit einem halben Jahr fest zusammen und als Sonja unter Tränen ihr „Ja“ gibt, wird gejubelt. Glückwunsch an die beiden!
Nach diesem kurzen romantischen Input geht es weiter mit Jupiter Jones. Richtige Stimmung kommt nicht auf, in der Nachmittagshitze stehen viele einfach nur rum und mit dem ruhigen Pop trifft die Band einfach auf das falsche Publikum. „Wir sind übrigens Jupiter Jones und machen schon seit 10 Minuten Musik“ ist die erste Ansage von Frontmann Nicholas und ein paar Minuten danach muss er sich auch schon hinsetzen, um größere Anstrengung zu vermeiden, denn der Sänger hat Fieber. Solidarisch setzen sich auch die Menschen vor der Bühne auf den Boden. Viel besser wird die Stimmung trotzdem nicht; auch der Versuch, die sogenannte „Dreckschleuder“ (alle sollen Dreck in die Luft schleudern) der Donots zu imitieren funktioniert eher mittelprächtig. Ein bisschen Staub fliegt rum, aber die meisten im Publikum fühlen sich davon eher gestört als motiviert. Im Gegensatz zu Russkaja nerven die Ansagen bei diesem Konzert, vielleicht haben sich die Jungs ein bisschen überschätzt. Kaum sind Jupiter Jones da, sind sie auch schon wieder weg; nach 20 Minuten geht es Nicholas so schlecht, dass er medizinische Unterstützung braucht und das Konzert abbricht.
Die Party beginnt wieder bei der nachfolgenden Band: Eisbrecher. Sie beschreiben ihre Musik als „elektronischen Trip-Rock“, werden zur Neuen Deutschen Härte gezählt und erinnern leicht an Rammstein. Dass die Münchener Humor haben, beweisen sie schon, als die erste Rolle Klopapier auf die Bühne fliegt: „Das nehmen wir mit, sind harte Zeiten heute.“ Eisbrecher sind eine der härteren Bands des Festivals und ein so gemischtes Publikum offenbar nicht gewohnt. Sänger Alexx merkt an, dass „alles sehr bunt hier“ ist, denn normalerweise sind sie eher in „schwarzen Kreisen“ unterwegs und auch die Bandmitglieder selbst sind alle in komplett schwarz gekleidet. Die Lieder von Eisbrecher sind ziemlich düster, werden aber höchst charmant präsentiert und schon nach wenigen Minuten will das Publikum die Kleider fliegen sehen. Alle Geschenke aus der Menge werden angenommen. Alexx setzt alle Hüte auf und freut sich über jede weitere Rolle Klopapier. Die Liedankündigungen sind aber nicht nur lustig, sondern teilweise auch hart provozierend: „Wir waren alle im katholischen Internat, auch wir wurden misshandelt, aber die Schokolade war gut!“ löst gröhlendes Gelächter im Publikum aus, aber nicht alle können drüber lachen. Auch der Bezug zur Heimat fehlt nicht: im Bayernoutift wird gejodelt, anschließend motiviert Alexx auch noch seine Bandkollegen zum Strippen und öffnet eigenhändig das Hemd des Bassisten Dominik.
Beim Lied „This is Deutsch“ wurde der Beat von Trios „Da Da Da“ verwendet, aber ob das noch vielen anderen aufgefallen ist, bleibt unklar. Es werden noch Küsschen an eine Dame in der ersten Reihe verteilt, dann dürfen bei „Miststück“ manche nochmal ins Mikro brüllen, während einer offensichtlich die Aufgabe falsch verstanden hat und süß seine Mama grüßt. Es wird unerwartet viel gelacht und auch Leute, die eigentlich nicht auf Neue Deutsche Härte stehen, kommen auf ihre Kosten.
Großes verspricht der Bühnenaufbau auf der Firestage, ein riesiger Bildschirm mit Ballustrade davor und zwei Podeste für Schlagzeug und Keyboard wurden errichtet. Die so aufwendig hergerichtete Bühne gehört Within Temptation, der niederländischen Metalband hinter Frontrau Sharon Janny. In extravagantem weißen Rüschenkleid und mit knallgrünem Lidschatten betritt diese eine Bühne, vor der überraschend wenig Menschen stehen. Auf der Bühne nebenan sind The Subways angekündigt und um einen Platz ganz vorne zu erhaschen verzichten viele auf die opulente Bühnenshow auf der Fire Stage. Doch Within Temptation lassen sich davon nicht stören, es gibt immer noch genug Leute, die sich das Konzert nicht entgehen lassen wollen. Mit einer phänomenalen Stimmgewalt voller Emotionen wird das Publikum mitgerissen. Die ganze Bühne wird genutzt, Podeste werden erklommen, man weiß einfach nicht wo man hingucken soll. Der große Bildschirm, auf dem zu den Liedern Videos laufen, die mal mehr und mal weniger passsen, wirkt aber eher negativ und ablenkend. Während Sharon von Hölle, Rache und gefallenen Engeln singt und ihr ganzes Talent auspackt und der Drummer zeigt, was er draufhat, wird der Band von ihrem eigenem Bühnenquipment die Show gestohlen. Ganze Geschichten werden erzählt, irgendwie wirkt alles ein bisschen übertrieben. Unzusammenhängend und manchmal einfach unpassend laufen die Videos im Hintergrund mit und auch die eingespielten Stimmen bei manchen Liedern nerven. Es muss viel Aufwand gekostet haben die ganzen Filme zu produzieren, aber gelohnt hat es sich nicht wirklich.
Zum Finale auf der Water Stage geben sich The Subways die Ehre. Aufgeregt und voller Euphorie stehen schon massenhaft Menschen vor der Bühne, doch trotzdem kann ich noch einen einigermaßen guten Platz ergattern. Nach einer kurzen Überprüfung der Textsicherheit durch den N-Joy-Moderator geht es auch schon los. Über der Bühne prangt in großen roten Leuchtlettern „Helga“, unten stehen die drei britischen Indierocker schon bereit und präsentieren ihr Hit-Album „Money and Celebrity“. Sänger Billy versteht es, so richtig Stimmung zu machen, bei „Rock’n Roll Queen“ kocht die Menge förmlich über. Viele stürzen sich nach oben, denn Stagediving ist zwar der Alptraum der Securitys, gehört aber für viele zu einem guten Konzert dazu. Wenn Billy auf die Boxen klettert drehen alle durch und lauschen gehorsam seinen Anweisungen: In der Mitte des nächsten Songs werden alle Instrumente gestoppt, außer dem Bass: „and when Charlotte plays this sexy baseline, I want to see circlepits all around!“ („und wenn Charlotte diese sexy Baseline spielt, dann will ich überall Circlepits sehen!“). Tatsächlich, Bassistin Charlotte spielt einen aufputschenden Bassrythmus und mitten in der Menge bildet sich ein Loch, welches immer größer wird. Als endlich alle losrennen fällt die Hälfte der Fans um. The Subways sind zufrieden mit ihrem Publikum: „That were the best circlepits in this festival season“ lobt Billy. Es gibt mehr großartige Spielchen mit dem Publikum. Das übliche kollektive Hinsetzen ist dabei, dann wird abwechselnd Lärm gemacht; erst vorne alle, dann hinten alle und schlussendlich lässt der heißgeliebte Sänger sich von seinen Fans tragen und herumreichen.
Nach den Subways sind wir zwar alle glücklich, aber auch müde und durch den jetzt so völlig fehlplatziert wirkenden Clueso auch etwas unmotiviert. Aber Monsters of Liedermaching kann man sich nicht entgehen lassen und auch Spit Spit Club, die für die Aftershowparty auflegen werden, haben schon einen guten Ruf vorausgeschickt. Mit den Monsters beginnt es eher ruhig, aber die sechs Musiker, die nächstes Jahr ihr zehnjähriges Bestehen feiern, putschen die Stimmung schnell hoch. Wie gewöhnlich steigt die Temperatur im stickigen Zelt schon bald ins scheinbar unermessliche, Schweiß fließt in Strömen, aber das hält die Deichbrandbesucher nicht davon ab, das Finale des Festivals gebührend zu feiern. Großen Wert legen die Monster auf ihre Texte; voll Witz und Ironie, manchmal mit einem leichten Hauch von Irrsinn, besingt die skurrile Gruppe eine breite Palette an Themen und kennt dabei keine Tabus. Die auffallend unterschiedlichen Songs erklären sich dadurch, dass die Mitglieder des bizarren Ensembles eigentlich autonome Musiker sind und, natürlich stark unterstützt vom Rest der Gruppe, auch Songs aus dem eigenen Repertoire vortragen. Die sechs wortgewandten Männer geben zusammmen ein so harmonisches Bild ab und zeigen selber so viel Spaß an der Sache, dass selbst die müdesten Menschen in der Menge von der Euphorie angesteckt werden und sich auch beim geforderten Moshpit nicht zurückhalten. Der Versuch noch einmal anständig zu pogen endet in einem lachenden Menschenhaufen, dass mit dem Stehenbleiben hat dann im engen Zelt doch nicht mehr funktioniert.
Wer nun immer noch Energie hat, hat jetzt bei einem langen DJ-Set der Hamburger DJs Spit Spit Club die Gelegenheit zu tanzen bis er umfällt. Bis morgens halb 5 kommen Unmengen guter tanzbarer Musik zum Einsatz. Die beiden DJs beweisen ihr Können, indem sie die Crystal Castles, Nirvana und The Ting Tings mit Charts und elektronischen Klängen mischen ohne dass es fehlplatziert wirkt. Immer wieder tanze ich bis keine Energie mehr da ist und dann kommt doch wieder noch ein pushender Song. Zum Schluss werden noch die totalen Klassiker rausgehauen (wie Song 2 von Blur) und sogar die Mitarbeiter tanzen auf der Bühne bis die DJs von den Securitys rausgeworfen werden. Ein absolut grandioser Abschluss mit einem zum Festival passenden abrupten Ende, nachdem einfach nur noch schlafen angesagt ist.
20. August 2012 um 19:28
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26. September 2012 um 11:24
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