Open Source: Junge Künstler, elektronische Musik und super Atmosphäre

News am 3. Juli 2012 von Konzertheld

Bei einem Festival in mittlerer vierstelliger Größenordnung erwartet man nicht unbedingt internationale Gäste – trotzdem sind die ersten Besucher, die ich auf dem Weg zum Open Source treffe, aus Wisconsin in den USA. Sie machen gerade ein Auslandssemester in Bonn, hatten von zwei, drei Bands schonmal gehört und sind ganz begeistert, wie viel man in Deutschland unternehmen kann und wie gut man nach Düsseldorf kommt. Und während wir uns so unterhalten, erreichen wir auch schon den Shuttlebus, der von den regulären Buslinien zum Festivalgelände fährt und uns in wenigen Minuten zur Galopprennbahn transportiert.

Nach dem Einlass geht es für mich direkt zur Young Talent Stage, wo gerade Lina Kramer spielt, eine talentierte junge Songschreiberin, die mit einigen eigenen und ein paar gecoverten Songs gerade erste Bekanntheit erreicht und jetzt ihr erstes Album heraus gebracht hat. Leider bekomme ich nur noch die letzten beiden Songs mit, die überzeugen aber voll und ganz. Und an der kleinen Bühne haben sich deutlich mehr Leute versammelt als an der Carhartt Stage, die deutlich größer ist und viel mehr Zuschauern Platz bieten würde.

Auf der Carhartt Stage läuft aber auch ganz andere Musik. Während auf der Young Talent Stage jeder auftreten kann, der was drauf hat, spielen auf der Carhartt Stage ausschließlich Bands, die sich der elektronischen Musik verschrieben haben bzw. es legen DJs elektronische Musik auf. Den Opening Act machen dort Orson & Max Meyer, die eine sehr ruhige, entspannte Schiene fahren, in aller Ruhe ihre Platten mixen und sich erstmal eine rauchen. Den meisten scheint das aber trotz der Hitze zu entspannt zu sein.

Auch an der Main Stage bei Sizarr geht es entspannt zu – die Bühne liegt am Fuß eines kleinen Hügels, so dass man dort im Gras liegen und zuschauen kann oder aber vorne tanzen, ohne dabei den anderen die Sicht zu nehmen. Beides wird ausgiebig genutzt – einige sonnen sich, einige hören einfach zu und einige tanzen ausgelassen zum Indiepop, den man hier geboten bekommt. Selbst die Securitys genießen Wetter und Musik und unterhalten sich ganz entspannt mit mir über andere Festivals. Dass der Zeitplan schon jetzt verschoben ist, stört wirklich niemanden, denn die angenehme Atmosphäre auf dem überschaubaren Gelände macht alles wieder wett.

Die HipHopper von Epos hatte ich am Eingang schon getroffen – auch das ein schönes Merkmal der Atmosphäre hier, man trifft gelegentlich die Künstler, die zuvor noch auf der Bühne standen, einfach auf dem Gelände. Auch der Sänger von Sizarr ist z.B. gerade an der Young Talent Stage, als Epos dort auftreten. HipHop ist ja normalerweise gar nicht mein Ding, aber die Jungs wirkten schon am Eingang sympathisch und beweisen nun auf der Bühne, dass sie definitiv was auf dem Kasten haben. Sichtlich mit Spaß dabei ist es dann auch egal, als der Rapper mal den Text vergisst, denn die Improvisation kommt so fließend, dass es fast Absicht sein könnte. Und hier an der Young Talent Stage, die wie ein Wohnzimmer dekoriert ist, kommt es auch absolut nicht auf Perfektion an, sondern nur darauf, dass sich junge Künstler mal vor einem größeren Publikum ausprobieren können.

An der Carhartt Stage ist dieweil möglicherweise niemandem aufgefallen, dass die Bands gewechselt haben, denn immer noch wird elektronische Musik aufgelegt. Harmonious Thelonious werben mit einem Feuerwerk der Rhythmik und von Platte hören sie sich auch gut an – halt, es ist nur einer. Dass dutzende Instrumente von einer einzelnen Person gesamplet werden, ist schon sehr gewöhnungsbedürftig und auch mich zieht es zurück zur Young Talent Stage.

Dort ist mit This April Scenery die erste Rockband des Festivals eingetroffen. In das Wohnzimmer passen sie ganz wunderbar rein und auch wenn inzwischen einige Zuschauer den Rest des Festivals erkunden, ernten die Jungs viel Sympathie. Handfeste Musik mit viel Leidenschaft – da steckt definitiv Potenzial für die größeren Bühnen drin. Ganz passend zur Atmosphäre an der Bühne verkaufen sie anschließend noch ihr Album und T-Shirts auf einer Decke vor der Bühne.

Aber apropos Festival erkunden. Außer den drei Bühnen gibt es ja auch noch die Open Squares und verschiedene andere Stände. So präsentieren sich hier andere musikalische Aktionen und Künstler, das Filmfest Düsseldorf ist dabei und vom Open Studio gibt es eine Kunstinstallation, die sich mit verschiedenen Songs auseinandersetzt. Auf besonders großen Zulauf stößt der Stand von Lemonaid – dort kann man sich seine Limonade für nur einen Euro selber herstellen. Damit bekommt man hier die günstigsten Getränke des Festivals – und unterstützt eine gute Sache, denn Lemonaid arbeitet ausschließlich mit fair gehandelten Rohstoffen und auch sonst mit nachhaltigen Rohstoffen. Die Idee einer einfachen Limonade stammt dabei aus Sri Lanka, wo der Gründer des Unternehmens mal gearbeitet hat – dort gibt es an jeder Ecke Stände mit frisch gepresstem Limettensaft. Und wer nicht selber pressen, lieber eine andere Geschmacksrichtung oder Eistee statt Limonade (zuckerfrei und ebenfalls aus fairem Handel) möchte, kann diese Getränke am Stand nebenan erwerben.

An der Main Stage spielen inzwischen The Hundred In The Hands (THITH). Die sind zu dritt – Schlagzeuger, Gitarrist und singende Synthi-Spielerin – und machen an sich eher ruhigen Indietronica, aber mit so viel Leidenschaft, dass es einen sofort zum Tanzen mitreißt. Das Publikum ist sowieso schon voll in Stimmung und auch meine Kollegen und mich reißt es im Fotograben mit. Dabei stellen sich alle drei selbst in den Hintergrund und scheinen zwischendurch ganz zu vergessen, dass sie gerade vor mehreren tausend Menschen spielen – so spielt die Band ein Konzert in völliger Hingabe und das Publikum erlebt es in begeisterter Faszination.

Ebenfalls mit viel Leidenschaft, aber deutlich lauter dabei sind Mouse On Mars, die anschließend auf der Carhartt Stage spielen. Zwei Producer, ein Schlagzeuger und alle drei gehen voll in ihrer jeweiligen Aufgabe auf. Der Schlagzeuger spielt präszise wie ein Uhrwerk und friert bei jedem Break selbst mit ein. Die Producer samplen sich heiß – mit ihrer eigenen Stimme, zusätzlichen Trommeln oder auch einer alten Drehsirene, wie sie im Krieg verwendet wurde. Die Bühne versinkt ständig im Nebel und wir bekommen ein Feuerwerk der elektronischen Klänge geboten. Und wenn sich selbst Leute mit schütterem grauen Haar an mir vorbei drängen, um weiter vorne mehr zu feiern, läuft definitiv alles richtig!

Den Abschluss des Tagesprogramms liefern dann Beirut auf der Hauptbühne. Die wirken durch ihre Kleidung sehr seriös, fast schon spießig – aber als ersten Song gibt es gleich „Santa Fe“, das Publikum tobt und es ist klar, spießig wird das hier nicht, sondern ausgelassen und spaßig. Mit Bläsern, Kontrabass und Akkordeon gibt es Folk vom Feinsten und inzwischen ist der Bereich vor der Bühne dicht gefüllt und auch auf der Tribüne sitzen etliche Zuschauer. Seitlich davon liegen aber auch immer noch die, die lieber entspannen wollen – und wo könnte das besser gehen, als bei so einem Konzert, auf einer weichen Wiese in den warmen Strahlen der langsam untergehenden Sonne?

Nach diesem Abschluss fahren die jüngeren und gestylten ins Stahlwerk, um dort weiter zu feiern, die anderen zurück zum Bus. Der Shuttlebustransfer klappt wieder einwandfrei und während im Stahlwerk noch nicht viel los ist, ist der Außenbereich gut gefüllt, denn dort wurde Sand aufgeschüttet und eine Strandbar und ein Pool aufgebaut. Im Club tanzen einzelne Menschen zum DJ, später gibt es in der Halle mit der Antilopen-Gang das erste Livekonzert. Das Stahlwerk liegt günstig, in der Nähe gibt es 24 Stunden geöffnete Fastfoodketten und der Bahnhof ist mit der U-Bahn nur wenige Minuten entfernt. Für mich ist das Festival nach einer Runde Chillen im Club hier zu Ende – aber die Atmosphäre des Tages lebt hier mit den nach und nach eintreffenden Tagesbesuchern auch in der Nacht weiter und noch bis nachts um fünf spielen in der Halle Livebands und im Club legen verschiedene DJs auf.

Hier gibt’s mehr Bilder von Open Source 2012.

2 Kommentare zu “Open Source: Junge Künstler, elektronische Musik und super Atmosphäre”

  1. Nummer 1: Und plötzlich ist man VIP. - Konzertheld.de sagt:

    […] langen Objektiven zu sitzen und Artikel zu schreiben, während draußen das Festival tobte.Beim Open Source war ich auch zum Fotografieren, aber dank des besseren Wetters und der Tatsache, dass das Festival […]

  2. Nummer 2: Open Source 2013: Für alle von allem etwas sagt:

    […] Schon im letzten Jahr fiel es positiv auf durch seine angenehme, entspannte Atmosphäre, das interessante Konzept dreier Bühnen gemischt mit verschiedenen Projekte in den “Open Squares” und die vielfältige Musikauswahl. […]

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