Während die Lautstärke an den Bühnen sich durchweg sehen lassen kann, sind die Nächte beim Hurricane leiser als auf manchen anderen Festivals, weil hier ein generelles Verbot für Dieselgeneratoren herrscht und dadurch weniger laute Musik läuft. Wirklich ruhig wird es aber nie, selbst auf unserem abgelegenen Campingplatz wird auch nachts um vier noch Flunkyball gespielt und für die Musik gibt es schließlich auch noch Autobatterien. Das Flutlicht an unserem Campingplatz ist ausgefallen – da ist es dann auch egal, dass man das Straßenschild des „Highway to Hell“, an dem wir campen, nicht sieht, weil die Schilder auf dem Boden (und inzwischen unter irgendwelchem Dreck) liegen. Schade, dabei war die Idee so gut.
Wettertechnisch hingegen sieht es bisher sehr gut aus – wie schon am Tag zuvor – hier der Bericht vom Hurricane Freitag. Die Sonne scheint, es ist warm und trocken – das heißt, dass es sehr staubig ist, vor allem auf dem Festivalgelände wenn Moshpits entstehen, es heißt aber auch, dass Jacken überflüssig sind und wir nicht im Matsch campen müssen. Entsprechend ist das Festivalgelände bereits gut gefüllt, als ich um 17:30 nach einigen technischen Problemen endlich aus dem Pressezelt komme.
Thees Uhlmann spielt da gerade auf der Blue Stage und wenn er sagt, dass er sich noch vor einem Jahr nicht hätte vorstellen können mit seiner Band hier vor so vielen Leuten zu spielen, nimmt man ihm das ab. Casper ist für ihn einer der besten Typen der Welt und in einer Welt, in der Casper mehr Platten verkauft als Sido und Bushido zusammen, sieht er Hoffnung für die Zukunft. Für die zahlreich erschienenen Fans liefert er ein grandioses Konzert ab und natürlich fehlen auch „Und Jay-Z singt uns ein Lied“ und „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachsen den Fluss hinauf“ nicht.
Als nächstes stehen Florence + The Machine auf dem Plan. Eine Band der nachgesagt wird, durch ihre unglaubliche Bühnenpräsenz zu glänzen. Und in der Tat, als Florence auf die Bühne kommt und das erste Lied singt, bin ich sofort gebannt. Und während ihr Blick am Anfang noch scheinbar Arroganz ausstrahlt, wandelt er sich hinterher in pures Glück und Fassungslosigkeit, als die anwesende Zuschauermenge vollkommen ausrastet, obwohl nur der erste Akkord von „Shake It Out“ gespielt wurde. Der Wind, der sich auf dem Zeltplatz an Pavillons so zerstörerisch zeigte, ist nun ein willkommenes Mittel um Florence‘ großartiges Kleid wehen zu lassen und die faszinierende Stimmung zu untermalen. Auch musikalisch wird einiges geboten, sowohl vom ersten Album „Lungs“ als auch vom neueren „Ceremonials“. Und als Florence zu „Raise It Up“ dazu auffordert, möglichst viele Menschen auf Schultern zu tragen, bin ich vom Anblick des Publikums begeistert, obwohl ich mittendrin stecke.
Nach einem so überwältigenden Auftritt, bei dem mit breiten Klängen von Harfe bis Synthesizer epische Songs zu Partyliedern mutieren konnten, wenn einem danach war, sind Wolfmother, die inzwischen auf der Green Stage spielten, eine echte Enttäuschung. Vereinzelte Fans sprechen von „einer der größten Rockbands unserer Zeit“, aber die bewegungslose Masse spricht andere Worte.
Die vielen ähnlich klingenden Rocksongs stoßen auf wenig Begeisterung – kein Wunder, wenn nichtmal die Band selbst überzeugt wirkt. Vermutlich ist man auch an dieser Bühne besseres gewohnt, schließlich hatten Madsen zuvor einen grandiosen Auftritt hingelegt. Gelegentlich lässt es sich Mitklatschen und als am Ende der eine bekannte Song „Joker And The Thief“ gespielt wird, gibt es kurz Circle Pits, das war’s dann aber auch.
Rise Against hingegen erzielen mehr Gegenliebe – ihr Auftritt fängt zu spät an, sorgt aber sofort für Begeisterung und zahlreiche Moshpits. Auch an den Rändern wird heftig gepogt und vereinzelt flüchten Zuschauer weiter nach hinten, um der harten Party zu entkommen. Auf vier Stellwänden werden songbegleitende Videos auf der Bühne abgespielt und Rise Against lassen sich feiern. Teilweise geht es aber recht rücksichtslos zu und einige Fans haben sich den Frust über Wolfmother offensichtlich weg getrunken.
Ganz anders Bonaparte auf der im letzten Jahr zur Open Air-Bühne ausgebauten Red Stage. Da zuvor City & Colour ausfielen und M83 vorgezogen wurden, können die Jungs sogar zehn Minuten eher anfangen. Mit wilden Kostümen von Tieren über die heiße Putzfrau bis hin zu Robotern und Computern kriegen wir schon rein optisch eine grandiose Show geliefert, aber auch zur Musik kann kräftig gefeiert werden. Schon als zweiter Song wird „Anti, Anti“ rausgehauen, aber auch die weniger bekannten Songs kommen beim Publikum gut an. Manche sind überraschend ruhig – so wird aus einem gerade vorbereiteten Circle schon mal eine Tanzfläche, weil der Punkt, an dem das Moshen losgeht, einfach nicht kommt. „Wir sind keine Menschen“, „Computer in Love“ und „Too Much“ sind natürlich auch dabei. Nach dem Konzert fordert das Publikum energisch Zugaben – die gibt es dann auch zunächst, bis der Strom ausfällt. Aber da das Publikum weiter mehr fordert, ignorieren Bonaparte diese kleine Komplikation und feiern im Dunkeln weiter. Schließlich gibt es noch Taschenlampen, laute Rasseln und jede Menge Bühnendeko und Kostüme, mit denen man noch Lärm und Stimmung machen kann!
Geflasht von dem Auftritt höre ich mich ein bisschen um, was die Fans von Blink-182 halten. Die Meinungen gehen auseinander; diejenigen, die die Band schon mal vor zwei oder drei Jahren gesehen habe, sind begeistert, denn dieses Mal ist es viel besser, andere sind enttäuscht, weil sich vieles gleich anhört. „All The Small Things“ sticht da noch etwas hervor – und dann gibt es noch diesen seltsamen Zugabenteil, in dem plötzlich jede Menge Synthesizer vorkommen und der sich so gar nicht mehr nach Blink anhört.
Den Tagesabschluss macht dann Beardyman an der White Stage. Schon fast ein Geheimtipp und mit Justice und Garbage spielt auch harte Konkurrenz, aber während des Auftrittes füllt sich das Zelt. Zu Recht, denn Beardyman ist mehr als ein wild gestikulierender, hüpfender Beatboxer. Er ist der Held des Vocal Live Samplings. Mit unüberschaubar vielen Loop- und Effektgeräten wird alles, was er gerade ins Mikro gibt, zu Beats und Rhythmen und die Zuschauer toben, denn es entsteht nicht nur ein genialer Song nach dem nächsten, Beardyman feiert hinter seinem schlichten Holztisch auch selbst eine kleine Party. Fünf Minuten nach dem regulären Ende – Justice draußen sind schon fertig – werden minutenlang Zugaben gefordert und zum Leiden der Securitys gibt es die auch. Natürlich nicht einen einzelnen Song – was als Mix aus einem deutschen Schlager und Kool&The Gangs „Celebration“ startet, endet mal wieder in einem treibenden Dancemix. Nach 20 Minuten Überziehungszeit gibt es keine Freigabe mehr für weitere Zugaben, aber das Publikum denkt trotzdem gar nicht daran zu gehen. Beardyman ist definitiv der meistgefeierte Auftritt des Abends!
Vom Hurricane berichtet der Konzertheld – dies ist der zweite von drei Artikeln, den Bericht vom Freitag kann man hier lesen. Die bisher im Artikel verwendeten Bilder stammen aus dem Pressebereich des Hurricane und wurden von „zahni“ und dem „titus“ Fotografen gemacht.
8. Juli 2012 um 02:08
[…] Bühnen auf die Fans. Natürlich kommt das Hurricane 2012 nicht drei Tage (Freitag hier, Samstag da) ohne Regen aus, aber zu Zebrahead haben sich trotzdem etliche Zuschauer eingefunden. Die nutzen […]
20. August 2012 um 19:27
[…] Hurricane: Samstag […]