Rototom Sunsplash 2011 – Another World Is Possible – ein Rückblick

News am 8. September 2011 von Matze

Am Abend des 27. August ging die 18. Ausgabe des Rototom Sunsplash, des größten Reggae Festivals Europas, zu Ende. Nachdem das Rototom in Italien offensichtlich regelrecht kriminalisiert wurde, sahen sich die Veranstalter gezwungen, Italien zu verlassen und einen neuen Veranstaltungsort zu suchen.

Festivalhopper Matze und Volkmar berichten vom Rototom Sunsplash 2011.

So fand das Festival bereits im letzten Jahr im spanischen Benicàssim an der Costa del Azahar seine neue Heimat. Die Spanier erwiesen sich nun zum zweiten Mal als sehr freundliche Gastgeber und man kann nur hoffen, dass das Rototom Sunsplash noch lange in Benicàssim stattfinden wird.

In diesem Sommer verlängerten die Veranstalter das Festival, das im letzten Jahr bereits acht Tage dauerte, auf ganze zehn Tage. Ein Blick über den Zeltplatz offenbart ein sehr internationales Publikum. Neben den Spaniern waren viele Gäste aus Frankreich, Italien und Deutschland angereist – ein bunt gemischtes, ruhiges und friedliches Publikum, das schnell Freundschaften knüpft und einander hilft. Es ist ein gutes Gefühl zu erkennen, dass eine andere Welt möglich ist, in der man in Frieden zusammenlebt, in Harmonie und Respekt füreinander. Während andere, dreitägige Festivals viel zu schnell zu Ende gehen, hat man bei zehn Tagen Rototom Sunsplash eher das Gefühl umzuziehen und sich in eine andere Welt einzuleben.

Da wir, das sind Photograph Volkmar zusammen mit dem Verfasser dieses Artikels, unseren Flug nach Spanien recht kurzfristig buchen mussten, verpassten wir leider den ersten Festivaltag, und somit auch das Konzert von Stephen Marley auf der Main Stage. Anlässlich des 30. Todestages Bob Marleys war das Rototom in diesem Jahr seinem musikalischen Erbe gewidmet und sein Sohn Stephen machte an diesem Abend den Anfang dieses Erbe zu vertreten.

Am zweiten Festivaltag spät abends endlich angekommen, blieb uns nicht viel Zeit unser Zelt aufzubauen, um nicht eines der von mir am meisten erwarteten Konzerte des Rototom zu verpassen. Kurz nach Mitternacht trat Shaggy auf die Bühne und auch wenn diese Zeit für viele Spanier zu früh zu sein scheint, war der Platz vor der Main Stage gut gefüllt. Verglichen mit seinen üblichen Shows, dem ausgedehnten Intro und dem schon obligatorischen Übergang zu „Mr. Lover, Lover“, wirkte Shaggys Auftritt beim Rototom Sunsplash weniger pompös. Dabei lieferte er eine super Show ab und spätestens nach den ersten Tönen des „Baddaz Riddim“ gab es kein Halten mehr.

Während die Konzerte auf der Main Stage und Lion Stage meist gegen zwei Uhr zu Ende waren, ging es auf den übrigen Bühnen und in den Zelten erst richtig los. Angeheizt von den internationalen Superstars und europaweit bekannten Künstlern der Reggae, Dancehall und Ska Szene auf diesen beiden Bühnen luden der Ska Club, Dancehall Area, Dub Station, Free Yard und vier Independent Yards zum Feiern und Tanzen bis in die Morgenstunden ein. So konnte man problemlos die Nacht zum Tag machen, die in anbetracht der Temperaturen von über 35°C am Tag sowieso die angenehmste „Tageszeit“ war. An Schlafen im Zelt oder gar Ausschlafen war danach allerdings nicht mehr zu denken, denn spätestens ab neun Uhr war es wieder so heiß, dass man sehnsüchtig nach einem schattigen Plätzchen Ausschau hielt. An der Behauptung, dass in Benicàssim an mehr als 300 Tagen im Jahr die Sonne scheint, wollte während des Festivals keiner zweifeln.

Halbwegs ausgeruht begann der Abend meist an der Main Stage und das Festival offenbarte jeden Abend neue Highlights. Mit Inner Circle und Jimmy Cliff standen am dritten Abend zwei Urgesteine des Reggaes auf der Bühne. Inner Circle sind sicherlich hierzulande durch ihre Hits „Bad Boys“ und „Sweet (A-La-La-La-La-Long)“ eine der bekanntesten Reggae Bands überhaupt. Vor allem aber Jimmy Cliff überraschte, der trotz seines Alters vor Energie nur so sprühte und neben seinen bekannten Hits auch neue Stücke spielte. Besonders sympathisch wirkte der Auftritt durch seine beiden Nachwuchssänger, die ihn mit ebenso viel Energie begleiteten.

Für Richie Spice, der seinen Auftritt absagen musste, stand am folgenden Abend Gentleman auf der Bühne. Zusammen mit seiner Band, The Evolution, die zurzeit erfolgreich durch Europa tourt, lieferte er ein mitreißendes Konzert. Besonders bewegend war der Moment als Gentleman zum Schluss des Konzerts Richie Stephens auf die Bühne holte, um ihm für seine langjährige Unterstützung zu danken. Als wahrer Gentleman nahm er Stephens, dessen Sohn Cooper Cat in diesem Jahr erschossen wurde, mit auf Tour und gemeinsam sangen sie unter anderem Stephens Hit „Winner“.

Da das diesjährige Rototom ganz im Zeichen Bob Marleys stand, waren neben Stephen Marley auch Ziggy, KyMani und Rita Marley eingeladen. Den Anfang machte am sechsten Festivalabend Ziggy Marley. Ein wenig enttäuschend war, dass Rita Marley, auch wenn sie groß angekündigt war, lediglich am Ende des Konzertes auf die Bühne kam. Zusammen mit Ziggy sang sie „One Love“ und verschwand relativ schnell wieder von der Bühne. Wesentlich energiegeladener war die Show von Ky-Mani Marley, der an diesem Abend der Headliner war. Seine Songs waren schneller, gingen gegen Ende des Konzerts mehr in Richtung Dancehall und rissen das Publikum mehr mit.

Ein weiteres, lang erwartetes Konzert war das von Capleton. Kaum ein Musiker bringt so viel Dynamik und Ausdruck auf die Bühne und schafft es das Publikum damit anzustecken. Er ist für mich einer der ganz großen Dancehall und Reggae Artisten, der das riesige Publikum mit seiner grandiosen Show fesselte. Lediglich die übertrieben vielen „Pull up’s“ nervten ein wenig. Auch wenn diese zum Dancehall dazugehören, nahmen sie jedoch jeden Flow aus der Show und Energie aus dem Publikum. Denn kaum wurde der Riddim schneller und der Funke sprang auf die tanzende Menge über, wurde es mit einem „Pull up“ wieder auf den Boden zurückgeholt und fast zum Stillstand gebracht.

Ein wenig irritierend war, dass das Publikum selbst bei den großen Headlinern des Festivals nie wirklich nach Zugaben gerufen hat. Hierzulande gehört es schon irgendwie zum guten Ton die Bands wieder auf die Bühne zu rufen und ihnen damit Anerkennung zu zollen. Nicht, dass das Publikum des Rototom die Künstler nicht zu schätzen wusste, doch kaum hatten die Bands die Bühne verlassen, löste sich die Menge auf und konnte nur von einem Moderator zusammengehalten werden, der das Publikum solange anheizte, bis es „Otra, Otra“ schrie. Dass es auch anders geht, bewiesen die Massen in der Dubstation. Den großartigen Auftritt von Iration Steppas würdigte das Publikum mit minutenlangen Zugabe-Rufen.

Sehr erfreulich war, dass die Dubstation erheblich vergrößert wurde. Der von mehreren Boxentürmen umgebene und mit einem großen, iglu-ähnlichen Zelt überdachte Bereich war wesentlich größer als im letzten Jahr. Mit ihrer angepriesenen 30.000 Watt Anlage brachte das französische Soundsystem Blackboard Jungle die Dubstation zum Beben und verbreitete eine Atmosphäre, der man sich kaum entziehen konnte. Neben den schon legendären Persönlichkeiten der Dub-Szene, wie Jah Shaka, Aba Shanti und Jah Observer, begeisterten vor allem die französischen Soundsystems um Webcam HiFi, OBF, Blackboard Jungle und Stand High. Mit ihrem sehr derben Dub brachten sie die tanzende Menge fast jede Nacht zur Ekstase, so dass man ganz die Zeit vergaß.

Gegen Ende des Festivals wurde bekannt gegeben, dass das Rototom Sunsplash in diesem Jahr 230.000 Besucher verzeichnen konnte und darf sich damit wohl als das größte Reggae Festival weltweit nennen. Wirklich bemerkt hat man diesen großen Besucheransturm jedoch nicht. Auf dem Zeltplatz fand man genügend Platz und auch vor den Duschen und WCs gab es kaum Warteschlangen. Lediglich vor der Main Stage ging es, während die Headliner des Abends spielten, etwas enger zu. Waren dort jedoch die Konzerte zu Ende, verteilten sich die Massen auf all die vielen anderen Bühnen und Zelten, so dass man nie wirklich das Gefühl hatte, dass es zu eng werden könnte.

Wir freuen uns, dass die 19. Ausgabe des Rototom im nächsten Jahr wieder in Benicassim stattfinden wird. Denn trotz der vielen Besucher wirkte das Festival sehr entspannend.

Die sehr gute Organisation spiegelte sich auch in den vielen Aktivitäten und Veranstaltungen neben den Konzerten wider. Auch wenn das Festival rund um die Uhr etwas zu bieten hat und es nie langweilig wurde, eignet sich das Rototom durch seine Lage auch zu einem Strandbesuch und zur Entspannung. Die weitere Umgebung hat auch einiges zu bieten, und ein Besuch des nahegelegenen Valencias ist empfehlenswert. Sowohl auf dem Festivalgelände als auch in dessen Nähe gibt es so viel zu entdecken, dass die Zeit nie so recht reichen will – ein Grund mehr dem Rototom Sunsplash im nächsten Jahr wieder einen Besuch abzustatten. Denn wie Luciano während seines Konzertes berechtigt von der Bühne rief:

This festival is one of the best!

Wir berichteten bereits im Voraus über das Rototom 2011 „10 Tage Festival + Urlaub in Spanien“, weiteres zum Festival gibt’s auch auf www.rototom.com.

2 Kommentare zu “Rototom Sunsplash 2011 – Another World Is Possible – ein Rückblick”

  1. Nummer 1: Europas größtes Reggae Festival: Rototom Sunsplash 2012 | Festival News sagt:

    […] Reggae-Festival der Welt. Wer sich einen Eindruck über das Festival machen möchte, kann hier unseren Bericht über Rototom 2011 […]

  2. Nummer 2: Rototom Sunsplash – 20th love edition sagt:

    […] in Italien startete, wuchs über die Jahre immer weiter an und fand bereits wie im Jahr 2011 (Festivalhopper berichtetete) bis zu 11 Tage statt. Dabei bot es immer mehr Raum für Kunst und Kultur und weitere Bühnen für […]

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