Nachdem ich nun erfolgreich das Passwort vom Laptop meiner französischen Kollegin geknackt habe, kann ich nun auch fix ein paar Zeilen schreiben. Es gibt auch Rechner für die Presse, aber die sind gerade belegt.
Festivalhopper Stephan schreibt vom belgischen Dour Festival.
Die Autofahrt war trotz ihrer knappen sieben Stunden sehr angenehm. Die Autobahn in Belgien ist aber etwas öde. Zu beiden Seiten hohe Bäume die einem keinerlei Blink ins Land erlauben. Den einzigen Blick den man auf Belgien erhaschen konnte, war nach der Autobahnausfahrt die Gegend um Mons und der kleinen Stadt Dour. Es handelt sich dabei um ein sehr gemütliches kleines Städchen, dass teilweise sehr schöne Gebäude besitzt, sich aber auch viele zerfallene und verlassene Häuser einreihen. Zum Dour Festival verwandelt sich diese idyllische verträumte Ortschaft dann in eine reißende Metropole die vollkommen aus ihren Nähten platzt.
Die Idee Lebensmittel erst in Belgien zu kaufen ist natürlich noch etwas verbesserungswürdig. Leider haben wir erst nach der Autobahnausfahrt angefangen Lebensmittelläden zu suchen. Diese waren aber unglaublicher weise fast leer geplündert. Der erste Schock ereilte uns, als mein deutsches Eineurostück im Einkaufswagen zwar steckte, aber die Wagensperre sich nicht rührte. Natürlich funktionierte es dann mit einem französischen Eineurostück. Der Supermarkt selbst war buchstäblich vom reisenden Volk ausgekauft. Obwohl ausgekauft der falsche Begriff ist. Es gab noch alles, aber alle Billig-Produkte waren gnadenlos vergriffen. Dies umfasst Toastbrot, Konservendosen, Cola, Bier und zuguter letzt Küchenrolle. Wir stellten uns aus der verbliebenen Auswahl eine neue Festival Verpflegung zusammen. Beim Bier gab es eine erfreuliche Überraschung. Wir ergatterten die letzte Palette Kaiser Bier, ein Billigbier aus Holland. Trotz des erwartungsvollen Namens war der Geschmack nur durchschnittlich. An der Kasse dann die nächste Überraschung, dass die Artikel alle teurer waren, als angepriesen. Ob dies ein Versehen beim Barcode war, oder Absicht des Verkäufers oder eventuell Marktstrategie des Supermarktes, soll hier mal nicht weiter ausgeführt werden.
Angekommen in Dour war es zuerst etwas verwirrend den Eingang zu finden. Zwar waren immer mal ein paar Schilder aufgestellt, es hätten aber ruhig ein paar mehr sein können. Vielleicht war man auch nur von der teilweise sehr schönen Altstadt abgelenkt. Ansonsten klappte die Anmeldung ohne Probleme, da die Security und das Steward Personal sehr hilfsbereit und freundlich waren. Nachdem wir die erste Ladung Sachen aus dem Auto geladen hatten, und mit dem praktischen Shuttel Service vom VIP Parkplatz zum Zeltplatz gefahren waren, traf der nächste Schlag ein. Alkohol ist auf dem Gelände verboten. Eine katastrophale Neuigkeit. Glasflaschen sowieso, aber diesmal auch Alkohol?! Es war ein schrecklicher Anblick, Menschen sassen verzweifelt, am Boden zerstört vor dem Einlass und zwangen sich ihre enormen Mengen mitgebrachter Paletten an Bier, Wein, Schnapps und Rum zu trinken. Zu sehen, wie vier Leute acht Paletten Bier vernichten lässt einen ehemaligen Ilmenauer Studenten Erinnerungen an den Bierathlon erwecken (Bierathlon= Veranstaltung zum Bergfest: pro Team vier Leute, ein Kasten, ein Berg. Anm.d.R.). Andere waren sogar so verzweifelt, dass sie ihren Alkohol verschenkten oder sogar wegschütteten. Ein grauenhafter Anblick. Als Bürger der ehemaligen DDR kannte ich mich natürlich mit Zäunen und Mauern bestens aus und konnte dank winziger Lücken im Hochsicherheits-Wachschutzsystem gelang es uns trotzdem kleine Mengen Alkohol aufs Campinggelände zu bringen. Anderen gelang dies auch, teilweise sogar in grösserem Umfang, der mysteriöse Bierbaron lässt grüßen.
Der Zeltplatz war 18 Uhr bereits prall gefüllt. Zwar gab es einen extra Campingplatz für Presse und Helfer, aber wir wollten ja das belgische Flair aufnehmen, und wo kriegt man das besser, als unter belgischen Festivalcampern. Knapp zwei Kilometer vom Festivaleingang entfernt zu sein, dient außerdem der körperlichen Fitness. Die besten Zeltplätze war bereits ab 14Uhr vergeben, und ab 16Uhr gab es dann nur noch die weiter entfernten Möglichkeiten. Die Zeltplätze waren in drei Bereiche geteilt A,B,C. Wobei A den Delüxzeltplatz darstellt, auf dem man schon fast theoretisch terroristische Wasserflaschenattakten vom Zelt aus aufs Festivalgelände katapultieren konnte. Die Bilder Zeigen Platz A bis zum Horizont. Nach einer kurzen Baumreihe folgt dann Platz B. Dieser ist etwa 5 Minuten vom Platz A entfernt, aber bei weitem größer. Platz C ist dann nochmal ne ganze Ecke vom Platz B entfernt, und schliesst den Campingplatz ab. Es schliesst sich aber in nicht allzuweiter Entfernung ein Windpark an, der einen Wunderbaren Sonneruntergang offenbart.Toiletten und Wasserhähne gibt es in regelmäßigen Abständen. Duschen selbst habe ich noch keine gesehen, sind wohl aber gegen eine Benutzungsgebühr(2€) vorhanden. Wobei hier für alles Gutscheine verwendet werden. Für Essen und Trinken braucht man immer ein paar Gutscheine. Diese sind aber nur im 5er bzw 10ner Paket zu bekommen. Ein Vorteil dabei ist aber, dass es an den Essenständen meist wenig Wartezeit gibt, genauso wie auch an den Ticketschaltern. Der Ticket-Packetsatz ist zwar nicht kleiner stückelbar, verkürzt aber die Wartezeiten, da weniger oft angestanden werden muss. Ein 5er Paket Tickets für Trinken bzw 1oer Paket für Essen kosten jeweils gleich 10 Euro. Wobei die Preise akzeptabel sind. Das 0,25l Bier kostet 2Euro. Original belgische Pommes kosten 3Euro. Zwar brauch man nur einmal beim Ticketkauf Bargeld zücken, ist dann aber immer auf die Ticketläden angewiesen, diese sind aber ganz gut verteilt.
Das Wetter überraschte am gestrigen Tage genauso wie heute. Wunderbare warme Temperaturen, und das tolle Gefühl schweißgebadet im Zelt aufzuwachen. Nicht nur der Sonnenschein, auch die Sommerbekleidung von der ein oder anderen entzückenden Frau lassen einen ebenfalls erstrahlen. Heute auf dem Festivalgelände selbst der nächste Schock: das absolute Verbot Essen oder Trinken mit in den Festivalbereich zu nehmen. Taschen werden peinlichst kontrolliert und selbst Tetrapaks zum wegschütten aufgefordert. Jegliche Mixgetränke sind ebenfalls verboten. Wasserflaschen auch nur nach Diskussion und dann unter Obacht den Deckel zu entfernen, um eine harmlose, unschuldige Wasserflasche nicht in ein bösartiges Wurfgeschoss und Hilfsmittel des internationalen Terrorismus zu verwandeln. Oder zumindest nur um die Flugbahn zu verraten, und den gefürchteten Wasserflaschenwerferterrorist zu enttarnen. Erstaunlich wie ein kleiner Plastikdeckel aus dem Elexir des Lebens eine gefürchtete Waffe machen kann. Für meinen Rucksack mit Trinksystem hätte man mich fast erschossen. Den durfte ich dann wieder zurückbringen. So ist man komplett auf die Festivalverpflegung angewiesen. Wasser dann als 0,3 l Flasche für ebenfalls 2€. Wasserhähne gab es auf dem Festivalgelände leider keine, dafür gab es aber einen Servicestand mit freundlichen Bediensteten die Feuchtigkeitstücher, Sonnencreme und Hautcreme verteilten. Dies trug dazu bei, dass die Jugend recht clever mit schmuggelndem Alkohol vorging.
Bandmäßig waren gleich ein paar positive Überraschungen dabei. Freddy Loco and the gordos ska band verhießen bereits von weiter Ferne schicke Klänge. Selah Sue ist wirklich eine Empfehlung für jeden verträumten Kuschelsüchtigen. Amenra kommt gut an Heaven Shall Burn ran und besteht unter anderem aus einem Frontman der nur mit dem Rücken zum Publikum singt. Friendly Fires wurden leider gecancelt. Isis(haben was von System of a Down) und Dr Lektroluv wurden mir wärmstens empfohlen, da gehts auch gleich hin. Der Abschluss für heute wird wohl Deadmau5 sein, die ich schon fast in einem Atemzug mit Paul Kalkbrenner nennen möchte.
Festivalhopper Stephan ist für uns unterwegs, er schrieb auch schon vom Dour Day 0.
18. Juli 2009 um 18:54
[…] in Belgien folgt hier der dritte Teil des DOUR Festivaltagebuchs vom Festivalhopper Stephan [Teil 1 hier]. Geschrieben wurde der Bericht übgrigens auf einem der 4 Presserechner unter ständiger […]
20. Juli 2009 um 14:23
[…] bei anderen Festivals in Europa haben uns Berichte von schlechtem Wetter erreicht – unser Reporter beim Dour hat auch vom Donnerstag und Freitag von Schlechtwetter berichtet. Die Festivalisten zu Besuch beim […]
22. Juli 2009 um 12:26
[…] schreibt Tagebuch vom DOUR Festival in Belgien – es sind insgesamt 5 Teile geworden [Tag 0 – Tag 1 – Tag 2 – Tag 3]. Mittlerweile ist er auch gut wieder daheim angekommen, hat jede Menge Dour Bilder […]
19. Mai 2010 um 00:02
[…] Festivalhopper Stephan schreibt vom belgischen Dour Festival. [HierTag2 und Tag1] […]